meisterlampe1989 hat geschrieben:Ich sage: "Ich mache mir sorgen, dass das stehende Werk von Kevin Spacey jetzt in Verruf gerät". Daraus wird, dass ich fordere Übergriffe zu ignorieren, Opfer mundtot mache, den Tätern eine Bühne biete.
Ich sage: "Ich verstehe deine Sorge. Aber ich denke, dass die Ursache für die negative Neubewertung von Kevin Spaceys Werk Kevin Spaceys Verhalten ist. Dieses Verhalten kann man nicht rückgängig machen. Was bliebe sonst? Das Verhalten geheim zu halten kann ja wohl keine Lösung sein."
Und damit habe ich
dir einen persönlichen Vorwurf gemacht? Tut mir leid, wenn das so rübergekommen ist, so war es nicht intendiert. Ich bitte dich aber auch um die hier im Forum hin und wieder angemahnte "wohlwollende Auslegung" meiner Beiträge.
meisterlampe1989 hat geschrieben:Der Grundkonflikt ist hier, wie stark man Kunst vom Künstler trennen kann. Ich sehe, wenn ich einen Film schaue immer nur den Charakter darin und nicht die Privatperson.
Dass das jeder Mensch für sich persönlich entscheiden kann, steht doch außer Frage. Diese Perspektive hat Heretic weiter oben IMO sehr anschaulich beschrieben, gleichzeitig aber auch Verständnis für andere Ansichten signalisiert.
Und mir wird es bspw. schwer fallen, "American Beauty" - einen Film, dessen von Spacey gespielte Hauptfigur eine Affäre mit der minderjährigen Freundin seiner Tochter anfängt - nochmal mit denselben Augen zu sehen wie früher. Dass mir die Freude an dem Film vermiest wurde, liegt aber an Kevin Spaceys Übergriffen, nicht etwa an der Aufdeckung selbiger. Da orientiere ich mich an der Daumenregel: "Don't shoot the messenger." Damit mache ich aber niemandem einen Vorwurf, dem die von dir geschilderte Trennung von Künstler und Privatperson gelingt.
Vinter hat geschrieben:Ich kann SOWOHL die Opfer ernst nehmen ALS AUCH die Grundrechte der Beschuldigten wahren.
Es gibt aber kein Grundrecht auf Popularität - überall auf der Welt fliegen jeden Tag unzählige Menschen aufgrund viel weniger schwerwiegenden Fehlverhaltens aus ihrem Job. Und da missachte ich Kevin Spaceys Grundrechte, wenn ich gutheiße, dass er aufgrund sexueller Übergriffigkeit, die er nicht einmal abstreitet, von Netflix usw. gefeuert und vorerst nicht als Hauptdarsteller engagiert wird? Wer hat denn gefordert, dass der Mann ohne Gerichtsverhandlung in den Knast soll? Hier im Thread glaube ich niemand (die Beiträge von heute tagsüber konnte ich noch nicht alle lesen).
Es ist wirklich schade - IMO sogar fahrlässig - wenn beim Thema sexuelle Gewalt einfach alles durcheinander geworfen wird, das irgendwie damit zu tun hat. Hier im Thread ging es zunächst ja um Spacey, und weder sein Fall noch Harvey Weinsteins sind gleichzusetzen mit medialen "Hexenjagden" - das verhöhnt IMO die (übrigens überwiegend weiblichen
) Opfer der historischen Hexenjagden und "echter" neuzeitlicher medialer Hexenjagden, das ist respektlos gegenüber den journalistisch sauber recherchierten Stories renommierter Zeitungen, wie der New York Times, die diese Welle losgetreten haben, indem es sie mit boulevardesken Klatschblättern in einen Topf wirft und es ist den Opfern gegenüber respektlos, die mutig genug waren, sich an die Öffentlichkeit zu wenden.
Wenn Kevin Spacey sich öffentlich zu einer rassistischen Gewalttat bekannt hätte, hätten wir dann hier auch Beiträge im Thread, die darauf hinweisen, dass man - unabhängig vom konkreten Fall Spacey - doch bitte bedenken müsse, dass die Unschuldsvermutung zu gelten habe und ja auch immer mal Menschen fälschlicherweise einer rassistischen Gewalttat beschuldigt würden?
Natürlich muss vor Gericht die Unschuldsvermutung gelten - immer und für jeden, aber das ist selbstverständlich! Wieso muss man das ausgerechnet bei sexueller Gewalt immer wieder betonen?
Und es mag ja sein, dass manchen hier feministische Kommentare unter Online-Artikeln, Youtube-Videos oder sonstwo übel aufstoßen, aber ich bin es ehrlich gesagt auch leid, mich für derartige Kommentare rechtfertigen zu müssen, sobald ich eine Position einnehme, die als "irgendwie feminisitisch" wahrgenommen wird - zumal es
hier nicht einmal um Feminismus geht. Welche politische/ideologische Richtung kommt schon gut dabei weg, wenn man sie anhand in ihrem Namen verfasster Internetkommentare bewertet?
Und wer einfach "irgendwie links" argumentiert, wäre ganz sicher auch nicht dazu bereit, sich jedes Mal für alles zu rechtfertigen, was sich links nennt - beispielsweise das Regime von Nordkorea.