Rassismus, Pegida, Demokratie und Veggieday

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meisterlampe1989

Rassismus, Pegida, Demokratie und Veggieday

Beitrag von meisterlampe1989 »

Ausgliederung der Off Topic Diskussionen aus dem Thread zu Kingdom Come: Deliverance.
Andre Peschke hat geschrieben:
Don Mchawi hat geschrieben: Das dürften in etwa die Gründe sein, warum Jan 'Rassismus' in der entsprechenden Form definiert bzw verwendet.
Wie gesagt - ist eine unter unterschiedlichen Theorien und Begriffsauffassungen.
Nachdem Jan nun wirklich schon genug Kritik einstecken muss, hier nochmal die Korrektur: Diese Aussage kam von Christian Huberts, nicht von Jan.

Andre
Ich finde die Aussage trotzdem problematisch, egal von wem sie kommt. Aufgrund der Geschichte (Sklaverei, Unterdrückung, Rassengesetze, Völkermorde etc.) und auch der noch heute bestehenden gesellschaftlichen Probleme und Machtstrukturen ist es natürlich ungleich schlimmer und verachtenswerter, wenn ein Weißer zu einen Schwarzen "Nigger" sagt, als wenn ein Schwarzer zu einem Weißen "Weißbrot" oder wie in den USA ""Cracker" sagt.

Aber ist es hilfreich, wenn eine benachteiligte Ethnie selber ausgrenzende Begriffe verwendet? Und vor allen Dingen pauschalisierend? Nicht jeder Weiße ist ja automatisch aufgrund seiner Hautfarbe ein "Gegner". Ich würde sogar sagen, dass trotz einigen reaktionären Aussetzern, wie z.B. Trump, heute eine überwältigende Mehrheit der Weißen, keine Rassisten sind. Da bin ich fast auf der Seite derer, die wiederum Ausdrücke wie "Weißbrot" oder "Cracker" als ebenfalls rassistisch empfinden. Sie sind ja auch quasi als Konter gemeint.

Ich denke dass die schwarze Community mit solchen Ausdrücken eher Mitstreiter verschreckt.

Und da haben wir noch gar nicht besprochen, dass die Genralbehauptung "Der Weiße an sich ist privilegiert" oft nicht stimmt. Häufig zwar nur gefühlt, aber oft auch ganz real.

Das ist eine der großen Schwächen der heutigen liberalen Identitätspolitik.
Zuletzt geändert von NobodyJPH am 1. Feb 2018, 09:39, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Moderationshinweis eingefügt
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Aber ist es hilfreich, wenn eine benachteiligte Ethnie selber ausgrenzende Begriffe verwendet? Und vor allen Dingen pauschalisierend?
Niemand hat behauptet, dass die Verwendung von Beleidigungen hilfreich wäre.

Gleichwohl verwendet nicht "die Ethnie" ausgrenzende Begriffe, sondern Einzelperson tun das. Es gibt nicht "die schwarze Community", ebenso wenig wie es "die weiße Community" gibt. Weder nennen "die Schwarzen" alle Deutschen einen "Nazi", noch sagen "die Deutschen" zu allen Schwarzen sowas wie "Untermensch", o.Ä. Ich würde hier stärker differenzieren. Nur weil man sagt, dass die eine Form von Diskriminierung in einem historischen Kontext - Sklaverei, usw. - angesiedelt und aufgrund struktureller und institutioneller Rahmenbedingungen schwerwiegender ist, heißt's ja nicht, dass diskriminierende Beleidigungen gegenüber Weißen unproblematisch seien. Aber der qualititative Unterschied sollte doch evident sein. Weiße wurden weder in Nordamerika noch Europa je strukturell oder institutionell diskriminiert, nicht-Weiße schon.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Aber ist es hilfreich, wenn eine benachteiligte Ethnie selber ausgrenzende Begriffe verwendet? Und vor allen Dingen pauschalisierend?
Terranigma hat geschrieben:Gleichwohl verwendet nicht "die Ethnie" ausgrenzende Begriffe, sondern Einzelperson einer Ethnie tun das. Weder nennen "die Schwarzen" alle Deutschen einen "Nazi", noch sagen "die Deutschen" zu allen Schwarzen sowas wie "Untermensch", o.Ä. Ich würde hier stärker differenzieren. Nur weil man sagt, dass die eine Form von Diskriminierung in einem historischen Kontext - Sklaverei, usw. - angesiedelt und aufgrund struktureller und institutioneller Rahmenbedingungen schwerwiegender ist, heißt's ja nicht, dass diskriminierende Beleidigungen gegenüber Weißen unproblematisch seien. Aber der qualititative Unterschied sollte doch evident sein. Weiße wurden weder in Nordamerika noch Europa je strukturell oder institutionell diskriminiert, nicht-Weiße schon.
Hey, es geschehen noch Zeichen und Wunder! Terranigma und ich sind uns mal einig in diesem Thread! :mrgreen:
Zum qualitativen Unterschied: siehe oben.
Hinzu kommt - wenn wir über die konkrete Situation hier im deutschsprachigen Raum reden - dann noch der quantitative. Ich kenne da keine Zahlen zu, also alles "anekdotische Evidenz", aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich als Weißer in Deutschland im Alltag jemals rassistisch beschimpft worden wäre. Ich weiß nicht, ob es viele PoC im deutschsprachigen Raum gibt, denen es genauso geht. Spürt ihr wirklich ganz konkret am eigenen Leib alltäglichen Rassismus "gegen Weiße" und glaubt ihr, dass der in der Breite wirklich so eine große Rolle spielt?
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von meisterlampe1989 »

Terranigma hat geschrieben: Niemand hat behauptet, dass die Verwendung von Beleidigungen hilfreich wäre.
Ja. Das stimmt. Aber auch wenn ein qualitativer Unterschied besteht, finde ich Relativierungen falsch.
Terranigma hat geschrieben:Gleichwohl verwendet nicht "die Ethnie" ausgrenzende Begriffe, sondern Einzelperson tun das. Es gibt nicht "die schwarze Community", ebenso wenig wie es "die weiße Community" gibt. Weder nennen "die Schwarzen" alle Deutschen einen "Nazi", noch sagen "die Deutschen" zu allen Schwarzen sowas wie "Untermensch", o.Ä. Ich würde hier stärker differenzieren.


Mich stört doch auch diese Einteilung in "Wir und Die". Aber es gibt sie ja leider - auf BEIDEN Seiten. Ich stehe BlackLivesMatter z.B. kritisch gegenüber, weil sie sich klar in Abgrenzung gerieren.
Terranigma hat geschrieben:Weiße wurden weder in Nordamerika noch Europa je strukturell oder institutionell diskriminiert, nicht-Weiße schon.
Ja. Deswegen habe ich ja diesen Quasi-Disclaimer vorangestellt:
meisterlampe1989 hat geschrieben:Ich finde die Aussage trotzdem problematisch, egal von wem sie kommt. Aufgrund der Geschichte (Sklaverei, Unterdrückung, Rassengesetze, Völkermorde etc.) und auch der noch heute bestehenden gesellschaftlichen Probleme und Machtstrukturen ist es natürlich ungleich schlimmer und verachtenswerter, wenn ein Weißer zu einen Schwarzen "Nigger" sagt, als wenn ein Schwarzer zu einem Weißen "Weißbrot" oder wie in den USA ""Cracker" sagt.


Peninsula hat geschrieben: Spürt ihr wirklich ganz konkret am eigenen Leib alltäglichen Rassismus "gegen Weiße" und glaubt ihr, dass der in der Breite wirklich so eine große Rolle spielt?
Hier wird was falsch verstanden. Es gibt keinen systemischen Rassismus gegen Weiße. Das behaupten nur Irre, wie White Supremicists. Ich hoffe mal, dass Du mir das nicht unterstellst.

Es geht um den Diskurs, der gestört wird, wenn BEIDE Seiten ausgrenzende Begriffe für die jeweils andere Gruppe verwenden. Die Bewertung wie schlimm das in einem gesellschaftlichen und historischen Kontext ist, spielt dabei keine Rolle, weil kein Mensch gerne ausgegrenzt wird. Es geht darum, dass man liberale Mitstreiter verschreckt. Solche Idioten wie die vom Klu-Klux-Klan kann man gerne "Cracker" nennen; es geht mir um liberale Weiße, die sich eigentlich mit in den Kampf gegen Rassismus und Gleichheit einsetzen würden, die dann aber trotzdem als "Nachfahren der Sklavenhalter" gesehen werden, wie es manche schwarzen Gruppen in den USA tun.

Die Wut der Schwarzen, besonders in den USA, ist gerechtfertigt und verständlich. Aber so geht der Diskurs in die falsche Richtung und führt zu noch tieferen Gräben.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

Zunächst mal habe ich ganz bewusst den deutschsprachigen Raum erwähnt, weil ich die Diskussion aus den USA ausschließlich über die Medien verfolge und den hiesigen Diskurs immerhin noch mit meiner persönlichen Alltagsrealität abgleichen kann, in der trotz Wohnung mitten in einem "Multikulti"-Viertel Rassismus mir (als Weißem) gegenüber keine Rolle spielt.

Meine Einschätzung zu Black Lives Matter in den USA bringt dieser Comic sehr schön auf den Punkt:
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Ja. Das stimmt. Aber auch wenn ein qualitativer Unterschied besteht, finde ich Relativierungen falsch.
Relativierung heißt dem Wortsinn nach "in Beziehung setzen", nicht "Verharmlosen".

Und wenn man beide Sachverhalte, Diskriminierung von Weißen in Europa/Nordamerika und Diskriminierung von nicht-Weißen in Europa/Nordamerika in Beziehung setzt, dann gibt es da - wie du sagst - einen qualitativen Unterschied. Dass dir das wie eine "Verharmlosung" vorkommt, das ist eben dein Empfinden. Ich würde aber ungerne auf Gefühlsebene reden, sondern sachlich konstantieren, dass die Diskriminierung von Weißen kein Kernaspekt der nordamerikanischen oder europäischen Geschichte ist, die Diskriminierung von nicht-Weißen allerdings schon. Das erscheint mir in der Sache unstrittig.

Wenn ich sage, dass der Holocaust - ich weiß, kein Thread ohne Nazi-Vergleich! - von größeren Aumaß ist als der Völkermord in Ruanda, wird man daraus wohl auch nicht die Aussage ableiten können, ich würde den Völkermord in Ruanda verharmlosen oder damit suggerieren, dass der Völkermord in Ruanda kein Problem, o.Ä. gewesen sei. Ich sage lediglich: "A war von größeren Ausmaß als B." Das ist ein Sachurteil, kein Werturteil.
Peninsula hat geschrieben:Hey, es geschehen noch Zeichen und Wunder! Terranigma und ich sind uns mal einig in diesem Thread! :mrgreen:
Ich glaube, wir sind uns im Grunde gar nie so uneins, sonder nur in den Details. Aber bisher war es ja zumeist halt eine sehr ... naja, kleinteilige Detail-Diskussion. Da wirkt das Kleine gerne mal Groß. ;)
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von meisterlampe1989 »

Terranigma hat geschrieben: Ich würde aber ungerne auf Gefühlsebene reden, sondern sachlich konstantieren,
Wir können gerne ein Proseminar daraus machen, aber das geht an der Realität vorbei. Bei dem Thema stehen unweigerlich persönliche Gefühle im Mittelpunkt, weil es eben Identitätspolitik ist, die - wie der Name sagt - die Identität der Menschen betrifft.

Wenn ein Arbeiter in Michigan in den USA 3 Jobs hat, 15 Stunden am Tag arbeitet und trotzdem seine Familie nicht ernährt bekommt, hört er sei privilegiert und deswegen dürfe man ihn als "Cracker" bezeichnen, dann nimmt er unweigerlich eine Verteidigungsposition ein und macht argumentativ die schotten Dicht. Die Historie, mit der er ja tatsächlich nichts zu tun hat (Die Erbsünde und Sippenhaft gehören in die Bibel) und die aktuelle gesellschaftliche Situation, zu der er maximal unterbewusst beiträgt, interessieren diesen Menschen in diesem Moment nicht.

Dasselbe gilt auch hier in Deutschland etwa für Hartz4-Empfänger oder Geringverdiener. Wenn die hören sie seinen aufgrund ihrer Hautfarbe privilegiert... da geht doch das Messer in der Tasche auf.

Was meinst du, warum Populisten immer besonders gegen die Eliten wettern und sich als Kümmerer darstellen? Und es wird ihnen so leicht gemacht, diese Leute einzusammeln.
Terranigma hat geschrieben: IWenn ich sage, dass der Holocaust - ich weiß, kein Thread ohne Nazi-Vergleich! - von größeren Aumaß ist als der Völkermord in Ruanda, wird man daraus wohl auch nicht die Aussage ableiten können, ich würde den Völkermord in Ruanda verharmlosen oder damit suggerieren, dass der Völkermord in Ruanda kein Problem, o.Ä. gewesen sei. Ich sage lediglich: "A war von größeren Ausmaß als B." Das ist ein Sachurteil, kein Werturteil.
Auch hier. Das ist sachlich richtig. Aber unterhalte dich mal mit Angehörigen von Opfern in Ruanda, ob die dir da zustimmen....
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Wenn ein Arbeiter in Michigan in den USA 3 Jobs hat, 15 Stunden am Tag arbeitet und trotzdem seine Familie nicht ernährt bekommt, hört er sei privilegiert und deswegen dürfe man ihn als "Cracker" bezeichnen, dann nimmt er unweigerlich eine Verteidigungsposition ein und macht argumentativ die schotten Dicht.
Das ist ja sein Problem, dass er aus einer statistischen Aussage "Weiße sind im Durchschnitt priviliegter als nicht-Weiße" die falsche Verallgemeinerung "Alle Weiße sind priviligiert und allen Weißen geht es gut" macht. Ich sage es mal bewusst polemisch: Ich kann mir auch fiktive Dummköpfe vorstellen, welche nicht verstehen, dass eine statistische Aussage, die sich auf den Vergleich zweier Sozialgruppen im Durchschnitt bezieht, nicht jeden Einzelfall adressiert und sich deswegen empören. Aber das macht die Aussage nicht unwahr und ist auch kein Argument in der Sache.

Wahre Aussagen bleiben wahr, auch wenn Einzelpersonen sie in den falschen Hals bekommen mögen und auch wenn sie nicht der Lebensrealität eines jeden Einzelnen entsprechen. Und dass Weiße im Durchschnitt priviliegter sind als nicht-Weiße ist eine wahre Aussage, unabhängig davon, wie man selbst darüber befindet. Deswegen war Christians Aussage diesbezüglich im Podcast auch in der Sache zutreffend.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von meisterlampe1989 »

Terranigma hat geschrieben: Das ist ja sein Problem, dass er aus einer statistischen Aussage "Weiße sind im Durchschnitt priviliegter als nicht-Weiße" die falsche Verallgemeinerung "Alle Weiße sind priviligiert und allen Weißen geht es gut" macht.
Diese differenzierte Sicht, findet in der Debatte aber keine Anwendung. Es wird immer gesagt, der Weiße an sich, sei privilegiert. Oder wahlweise wied der "Angry-White-Man" beschworen.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Diese differenzierte Sicht, findet in der Debatte aber keine Anwendung. Es wird immer gesagt, der Weiße an sich, sei privilegiert. Oder wahlweise wied der "Angry-White-Man" beschworen.
Der Weiße ist ja auch privilegiert, im Vergleich zum nicht-Weißen. Strukturelle oder instutionelle Diskriminierung gegenüber Weißen existiert in Europa und Nordamerika nicht. Wenn dies in der Debatte nicht stets sprachlich präzise formuliert wird, dann sollte man den Leuten da auf die Finger klopfen und sie anhalten, präziser zu formulieren. Aber auch das ist ja für die Wahrhaftigkeit der Aussage nicht relevant. Ich versuche insofern gerade noch zu verstehen, wo genau deine Kritik ansetzt. In der Sache hast du bisher ja nicht widersprochen.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von meisterlampe1989 »

Terranigma hat geschrieben:Ich versuche insofern gerade noch zu verstehen, wo genau deine Kritik ansetzt. In der Sache hast du bisher ja nicht widersprochen.
Meine Kritik ist, dass man mit aus- und abgrenzenden Wörtern wie "Weißbrot" oder "Cracker" diesen Diskurs eher stört. Es geht nur um den Diskurs.

Ich habe in meinem ersten Beitrag zu dem Thema bereits damit eingeleitet, dass es natürlich strukturelle und institutionelle Diskriminierung gegen Schwarze gibt und "Rassismus gegen Weiße" ein Hirngespinst von White Supremecists ist. Und allein aufgrund der Historie eine rassistische Beleidigung von einem Weißen gegenüber einem Schwarzen sehr sehr (und um es ganz deutlich zu machen:) SEHR viel schlimmer als andersherum ist und wo man aufgrund des nicht vorhandenen Machtgefälles sogar berechtigt bezweifeln kann, ob es sich dann überhaupt um Rassismus handelt.

Sachlich unterscheiden sich unsere Position keinen einzigen Millimeter.

Du machst aber, meiner Ansicht nach, denselben Fehler wie ganz viele andere Menschen und nimmst die Gefühle aus der Debatte. Und damit eröffnet man eben Populisten Tür und Tor.
Es nützt nichts sich hier in einem Forum auf Sachlichkeit zu einigen, wenn das in der Debatte da draußen keine Rolle spielt.

Der beispielhafte Arbeiter aus Michigan, empfindet es als Zumutung, wenn man sagt "der Weiße" ist privilegiert. Ihm ist der ganze historische und gesellschaftliche Ballast dieser Frage vollkommen Schnurz, er hat berechtigte andere Sorgen. Außerdem darf er gar nichts zu Schwarzen sagen, weil er ja dann sowieso Rassist ist (eine Position vieler linksliberaler in den USA) und wenn er dann jemanden wie Trump in den Arm läuft, der sagt: Ich bringe dir bessere Jobs und ich lass dich mit Political Correctness in Ruhe, wird er nach der Wahl in der liberalen Küstenpresse, wie der New York Times, als "Angry White Man" verspottet.

Damit schafft man eine solide Basis dafür, den nächsten Populisten-Präsidenten heranzuzüchten.

Das ist alles - natürlich viel weniger plakativ, aber trotzdem treffend - auf Europa und seine ganzen Rechtspopulisten zu übertragen.

Anstatt zu sagen: "Du darfst das nicht so empfinden, weil...!", sollte man auf die Leute mit der Frage zugehen: "Was kann man ändern, um das Gefühl zu ändern?".
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

Der Insert Moin Podcast hat nun auch eine Folge zu KC:D veröffentlicht. Also für deren Abonenten auch schon früher.

https://insertmoin.de/imf2101-debatte-u ... runch-kw4/" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich selber habe es noch nicht gehört, aber ich würde fast annehmen, dass für alle die aufmerksam diesen Thread verfolgen es wenig neue Erkenntnisse geben dürfte. Das ist bitte nicht als Abwertung von Insert Moin zu verstehen, sonder dass hier einfach weitgehend erschöpfend diskutiert wurde mittlerweile bzw. sich in eine allgemeinere Diskussion bewegt.

Und wahrscheinlich wird auch eine Auseinandersetzung mit der Art wie IM es diskutiert wenig neues bringen.
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Naitomea
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Naitomea »

Naja. Jochens Aussage, dass Metal erstmal per se etwas unpolitisches ist, haben sie durch ein Interview mit einem Redakteur vom Metal Hammer zumindest schon mal differenzierter betrachtet.
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Vinter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Vinter »

meisterlampe1989 hat geschrieben:
Ich finde die Aussage trotzdem problematisch, egal von wem sie kommt. Aufgrund der Geschichte (Sklaverei, Unterdrückung, Rassengesetze, Völkermorde etc.) und auch der noch heute bestehenden gesellschaftlichen Probleme und Machtstrukturen ist es natürlich ungleich schlimmer und verachtenswerter, wenn ein Weißer zu einen Schwarzen "Nigger" sagt, als wenn ein Schwarzer zu einem Weißen "Weißbrot" oder wie in den USA ""Cracker" sagt.
Sehe ich in der Tat ähnlich. Hinter der bloßen Feststellung, dass sich jemand rassistisch verhält, steckt ja erstmal keine qualitative Aussage. Es ist selbstverständlich, dass ich als weißer im Deutschland erheblich leichter damit zurechtkomme, wenn man mich rassistisch beschimpft, als wenn ich schwarz wäre und jeden Tag mit subtilen und offenen Formen des Rassismus zu kämpfen habe.

Aber deswegen gleich Rassismus derart umdefinieren, das er qua Definition nur von Weißen ausgehen kann? Wem soll das nützen? Das ist natürlich wunderbar zum Virtue Signaling, viel mehr Sinn sehe ich da nicht. Entweder ich bin überzeugt, dass Weiße kein Rassismus treffen kann, dann ist die Einschränkung unnötig. Oder ich möchte hier eine Agenda betreiben, dann ist die Einschränkung unredlich.

Statt von Rassismus, Sexismus, Antisemitismus (bei denen imho die passive Rolle des Opfers im Vordergrund steht) spricht man auch allgemeiner von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Hier steht imho der aktive Täter im Zentrum des Begriffs und hier versteht man intuitiv, dass natürlich auch nicht - weiße Menschen anderen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe feindlichen gegenüber treten können.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

meisterlampe1989 hat geschrieben: Es geht um den Diskurs, der gestört wird, wenn BEIDE Seiten ausgrenzende Begriffe für die jeweils andere Gruppe verwenden. Die Bewertung wie schlimm das in einem gesellschaftlichen und historischen Kontext ist, spielt dabei keine Rolle, weil kein Mensch gerne ausgegrenzt wird. Es geht darum, dass man liberale Mitstreiter verschreckt. Solche Idioten wie die vom Klu-Klux-Klan kann man gerne "Cracker" nennen; es geht mir um liberale Weiße, die sich eigentlich mit in den Kampf gegen Rassismus und Gleichheit einsetzen würden, die dann aber trotzdem als "Nachfahren der Sklavenhalter" gesehen werden, wie es manche schwarzen Gruppen in den USA tun.

Die Wut der Schwarzen, besonders in den USA, ist gerechtfertigt und verständlich. Aber so geht der Diskurs in die falsche Richtung und führt zu noch tieferen Gräben.
Ich tu mir schwer mit dem Gedanken, dass nachvollziehbare Wut zur Desolidarisierung von jemand führen sollte, der das Problem als solches erkannt hat.

Ich wurde in vielerlei Hinsicht privilegiert geboren - als Europäer, Weißer, christlicher Mann. Was "in meinem Namen" schon alles an Unheil über die Welt gebracht wurde und wird, geht auf keine Kuhhaut: Kreuzzüge, Massenmord, Kolonialisierung, Sklavenhaltung, Unterdrückung von Frauen und Minderheiten. Seit ich sozial denken kann, bin ich mir dessen bewusst und tu alles, damit die Welt wenigstens in meinem kleinen Umfeld ein wenig besser wird. Davon lass ich mich auch nicht abbringen - egal, ob mich Türken als "Nazi" oder "Kartoffel", Frauen als "schwanzgesteuert" oder irgendwer sonst als irgendwas sonst bezeichnen (was alles schon vorgekommen ist). Allenfalls beschließe ich, mit den unmittelbaren Personen nichts zu tun haben zu wollen - aber es wird nie dazu führen, dass ich deshalb meine Überzeugung und den Kampf für eine gerechtere Welt aufgebe.
Jochen

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Jochen »

Naitomea hat geschrieben:Naja. Jochens Aussage, dass Metal erstmal per se etwas unpolitisches ist, haben sie durch ein Interview mit einem Redakteur vom Metal Hammer zumindest schon mal differenzierter betrachtet.
Meine Aussage, dass was bitte wie?

Ich bin ja eigentlich übers Wochenende Skifahren und kann mich hier leider nicht so beteiligen, wie ich das sonst täte ... aber wenn mir idiotische Dinge in den Mund gelegt werden, hört der Pistenspaß auf ;)
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Naitomea
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Naitomea »

Ah, die Forenregeln gelten für Moderatoren offenbar nicht.

Es geht um die Aussage um ca. 1h11m im Podcast. Dazu könnte man bei IM noch mehr erfahren, weil es ja hiess, dass es da wahrscheinlich nichts Neues gibt. Wie relevant das für die Gesamtdiskussion ist, mag jede Person selbst entscheiden.
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

Naitomea hat geschrieben:Ah, die Forenregeln gelten für Moderatoren offenbar nicht.

Es geht um die Aussage um ca. 1h11m im Podcast. Dazu könnte man bei IM noch mehr erfahren, weil es ja hiess, dass es da wahrscheinlich nichts Neues gibt. Wie relevant das für die Gesamtdiskussion ist, mag jede Person selbst entscheiden.
An dieser Stelle wurde von Jochen paraphrasiert: Er sagt nicht das Metal unpolitisch sei, er beschreibt Metalfans die sich selbst MÖGLICHERWEISE erstmal für unpolitisch halten.
Eventuell hätte er das noch deutlicher ausdrücken sollen, aber ich fand das kam schon rüber.

Ich finde diese ganze Musik(Shirt)-Angelegenheit hier das uninteressanteste Indiz und mir ist die ganze die Problematik von "Grauzonen"-Bands in verschiedensten Musikgenres durchaus bekannt, weshalb ich da gerne mit großen Schritten drüber hinwegsteige. Da muss man genau hinschauen und ich halte es bei so einem Fall wie hier höchstens für ein Indiz.
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Tom
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Tom »

Andre Peschke hat geschrieben:Immerhin: Diese Diskussion hat mein Interesse am Spiel erheblich gesteigert. ^^
Das geht mir in der Tat ähnlich. Hilft die ganze Diskussion KC:D eventuell am Ende sogar?

Das fände ich jedenfalls ironisch, denn ich würde dem ursprünglichen Blogbeitrag unterstellen, genau das Gegenteil beabsichtigt zu haben.
Don Mchawi
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Don Mchawi »

Andre Peschke hat geschrieben:
Nachdem Jan nun wirklich schon genug Kritik einstecken muss, hier nochmal die Korrektur: Diese Aussage kam von Christian Huberts, nicht von Jan.

Andre
Danke für die Korrektur und Entschuldigung für den Fehler.
Peninsula hat geschrieben: Meine Einschätzung zu Black Lives Matter in den USA bringt dieser Comic sehr schön auf den Punkt:
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Quelle: http://chainsawsuit.com/comic/2016/07/0 ... ended-cut/" onclick="window.open(this.href);return false;
Sehr sehr gut... kannte ich noch nicht, bringt es wirklich perfekt auf den Punkt. Danke dafür!
meisterlampe1989 hat geschrieben:
Auch hier. Das ist sachlich richtig. Aber unterhalte dich mal mit Angehörigen von Opfern in Ruanda, ob die dir da zustimmen....
Nur kurz am Rande... Ich bin sehr häufig in Ruanda und (das bleibt ja fast nicht aus) habe auch viel Kontakt mit Angehörigen des Genozids, mich selbst sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Der Umgang in Ruanda mit dem Thema ist häufig ein sehr sachlicher, einer vielleicht präziseren Aussage (Ausmaß betreffend der absoluten Opferzahlen oder der Fläche auf dem der Genozid ausgeübt wurde; 'Ausmaß' allein könnte man schon drüber diskutieren (wobei die Frage wäre, was der Mehrwert davon wäre) würden die Angehörigen glaube ich nicht widersprechen.





Ich glaube bei der Diskussion um Begriffe, Ausgrenzungen, Empfindungen etc gibt es in der Tat zwei valide Ansätze.
Einmal die Diskussion an der Sache, die strukturellen Rassismus etc herausarbeitet. Das wäre ein wenig die Ebene, auf der ich Terras Argumente sehe.
Trotzdem glaube ich auch, dass Meisterlampes Ebene sehr wichtig ist. Denn diese Erkenntnisse und Definitionen sind wichtig, bleiben aber in einem Elfenbeinturm, wenn wir (als Menschen, die die Bedeutung von Privilegien einer gesellschaftlichen Gruppe erkennen) darin scheitern, auch Mitmenschen dafür zu sensibilisieren. Und ich glaube auch, dass pauschale Äußerungen oder auch Bezeichnungen ('Kartoffel') bei sehr vielen Menschen eine Gegenreaktion auslösen, nach der es schwer ist, zu ihnen durchzudringen. Außerdem liefert sie das von uns allen wahrscheinlich schon zur Genüge gehörte Scheinargument 'die nennen uns ja auch Kartoffel, also kann ich so auch Kanacke rufen' - das bei Menschen, die in dem Bereich nicht sensibilisiert wurden, erstmal logisch klingt.
Ich habe viele Seminare mit jungen (mehrheitlich weißen) Deutschen u.a. zu solchen Themen gehalten. Es ist immer schwer, zu jemanden durchzudringen, der das erste Mal damit konfrontiert wird, dass es qualitative Unterschiede zwischen pauschalen Bezeichnungen einer anderen Gruppe gibt und dass er selbst wahrscheinlich unterbewusst schon oft Rassismus ausgeübt hat - wenn auch oft mit guten Absichten.
Da ist eine gewisse Sensibilität sicher nicht fehl am Platze.

Deswegen sehe ich da schon einen Unterschied, zwischen Strukturen heruaszuarbeiten und diese dann zu vermitteln.
Ich glaube, dass bei sehr vielen gesellschaftlich wichtigen Diskussionen in der Öffentlichkeit letzteres vernachlässigt wurde. Und genau das führte in meinen Augen zu den heutigen sehr großen Gegenbewegungen zu Feminismus, Antirassismus, Gleichbrechtigung von Homosexuellen und generell Political Corectness. Gucke ich auf Deutschland (und Länder in ähnlichen Kulturkreisen) ist das ein akutes Problem. Daher halte ich die Diskussion, wie Sensibilität gegenüber Gruppen und ein weniger ignoranter Umgang mit diesen vermittelt werden kann (ohne von 'oben herab' zu argumentieren) für absolut überfällig.
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