Mich nervt auch so allerlei.derFuchsi hat geschrieben: ↑11. Apr 2019, 13:12Nebenbei nerven mich auch andere Sprachvergewaltigungen wie das in der Grundschule für einige Jahre beliebte "schreiben nach Gehör" oder sowas wie buchstabieren heute "F" "G" "H" statt "Eff" "Ge" "Ha" (Eltern wissen was ich meine) das hat nicht nur was mit dem Geschlechterthema zu tun und letzteres scheint ja auch zu funktionieren.
Ich arbeite an einer Grundschule wo ganz selbstverständlich auch Schreiben nach Gehör praktiziert wird, nebst klassischer Arbeit mit Fibeln, Abschreibtexten, u.ä. Wieso? Damit Kinder möglichst früh eigene, für sie bedeutungsvolle Texte schrieben und einen positiven Bezug zum Schreiblernvorgang entwickeln können, was umgekehrt sehe schwer fällt, wenn man Kinder nur Worte schreiben lässt, die zuvor explizit eingeübt wurden. In dem Fall würden die Kinder nämlich erst gegen Mitte der 2. Klasse langsam anfangen können, eigene Texte zu schreiben, weil erst zu dem Zeitpunkt das Alphabet soweit eingeführt ist. Mir ist keine Grundschule bekannt, die ausschließlich Schreiben nach Gehör praktiziert, sondern dies ist eine unter vielen Methoden, um bestimmte Lernziel zu erreichen. Dennoch liest man im Internet stets die Mär, dass - ohne Kenntnis der Hintergründe - dies die einzige Lehrmethode an Grundschulen sei.
Ebenso hat auch die Aussprache der Buchstaben einen für die Kinder sehr pragmatischen Grund: 'eff' ist die Bezeichnung für den Buchstaben 'f', aber die Bezeichnung entspricht nicht dem Lautwert, welchen der Buchstabe repräsentiert. Wenn man einem Kind 'eff' sagt, dann hört das Kind zwei Laute, eben 'e' und 'f' aber interpretiert dies nicht als Bezeichnung für den Buchstaben 'f'. Warum sollte es auch? Die Unterscheidung zwischen Lautwert und Bezeichnung des Buchstabens im Alphabet ist einem 6-Jährigen unbekannt. Wenn du ein Wort wie 'Affen' buchstabierst, würdest du daher sagen: 'a', 'eff', 'eff', 'en'. Ein Kind, dass noch ganz am Anfang des Schrifteewerbs steht, würde die Schreibung des Wortes dann aber eben auch so wahrnehmen, eben weil du es so sagst: 'aefefen'. Und das ist falsch. Den Lautwert von Buchstaben als Bezeichnungen zu nutzen hat weiterhin den pragmatischen Vorteil, dass Kinder so eigenständig mit Anlauttabellen arbeiten können, um sich in freien Schreibphasen eigenständig unbekannte Worte zu erschließen. Ebenso hilft es das phonetische Bewusstsein zu schulen, eben weil ein 'f' halt auch 'f' und nicht 'eff' gesprochen wird. Wenn ein Kind den Buchstaben 'f' mit dem Laut 'eff' assoziiert, wird es schwieriger sein den Laut 'f' in gesprochener Sprache herauszuhören, eben weil 'f' nicht dem Laut 'eff' entspricht. Wenn du 'Foto' sagst, aber das Kind den Buchstaben 'f' als Graphem für den Laut 'eff' abgespeichert hat, wird es in 'Foto' kein 'f' hören, eben weil die Lautabfolge 'eff' in diesem Wort nicht existiert.
Soll heißen: wenn man die Absichten, Ziele und Hintergründe für bestimmte Vorgehensweisen nicht versteht, liegt es nicht immerzu daran, dass die anderen dumm sind und ihr Handwerk nicht verstehen. Anstatt sich aufzuregen, könnte man auch nachfragen. Die Sprache wird nicht "vergewaltigt", allerhöchstens durch solche Metaphern.