Gendern in der deutschen Sprache

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Stuttgarter
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Stuttgarter »

laerchen hat geschrieben: 21. Jul 2018, 09:32 Diese Studien sind für mich immer ein bisschen schwierig. Warum werden Kinder ausgewählt? Weil sie am leichtesten zu beeinflussen sind?
Also meine Theorie wäre, dass Kinder ausgewählt werden, weil sie eben noch nicht so beeinflusst worden sind wie Erwachsene: Ein naiver Blick auf die Welt ohne die ganzen durch die Sozialisierung angelernten Denkweisen.
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IpsilonZ
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von IpsilonZ »

laerchen hat geschrieben: 21. Jul 2018, 09:32 Hörer_innen ist für mich einfach kein Wort. Ich kann mit dem Ausdruck einfach nichts anfangen. Mit Pause klingt das für mich einfach albern und es ist wirklich kein Deutsch. Ohne Pause spricht man nur von Hörerinnen und es gibt kein generisches Femininum. Ich muss immer den Aufwand aufbringen das ganze in Deutsch zu übersetzen. Damit hat sich der Sinn einer Sprache aber wohl verabschiedet.

Liebe Hörer und Hörerinnen bedeutet : "Liebe Hörer unter besonderer Berücksichtigung der weiblichen Hörer".
Bei Liebe Hörerinnen und Hörer besteht das Problem, dass das Generische hinter dem Spezifischen steht. Ich versuche das ganze schlicht als Hörer zu begreifen. Aber schlussendlich klingt es halt einfach nur falsch. Gerade weil ich mir denke, dass der Sprechende glaubt, dass Hörer nicht generisch ist.
Gut, hier können wir uns wohl einfach darauf einigen, dass wir verschiedene Meinungen haben. Und es geht ja wie schon besprochen nicht einzig um Männer und Frauen sondern auch um jene, welche sich woanders einordnen. Deswegen würde ein "Hörerinnen und Hörer" dem nicht gerecht werden.
IpsilonZ hat geschrieben: 20. Jul 2018, 23:19 Die strukturelle Ausgrenzung von Frauen seit Jahrtausenden durch Sprache wäre nicht frauenfeindlich?
Ist das Beispiel von Coti86 überhaupt relevant? In der Geschichte ist das Geschlecht des Chirurgen zumindest vollkommen irrelevant und nebenbei kann der Chirurg heutzutage durchaus männlich sein. Was wird dadurch belegt? Das ich mehr männliche Chirurgen kenne als weibliche? Irgendein Geschlecht weise ich der Person ja eh zu.
Vielleicht haben wir verschiedene Definitionen von dem Wort "-feindlich"? Eine Ausgrenzung von anderen muss für mich noch nicht feindlich gesinnt sein. Ich glaube nicht, dass Leute mit feindlicher Gesinnung Frauen gegenüber, diese systematisch mit der Sprache abstrafen wollten.
Durch das Beispiel wird gezeigt, dass die meisten wohl mit einem männlichen Chirurg rechnen und deswegen erst einmal deutlich irritiert sind, da die Geschichte in dieser Variante wenig Sinn macht.
IpsilonZ hat geschrieben: 20. Jul 2018, 23:19Diese Studien sind für mich immer ein bisschen schwierig. Warum werden Kinder ausgewählt? Weil sie am leichtesten zu beeinflussen sind? Ich habe ja auch nichts gegen eine spezielle Form: Automechaniker und Automechanikerinnen existiert grammatikalisch bereits seit Ewigkeiten und hat überhaupt nichts mit gendern am Hut. Hat aber gegenderte Sprache auch einen Vorteil gegenüber dieser Form?
Ich denke mal weil die Kindheit die prägendste Zeit für einen Menschen ist. In dieser Zeit entwickeln sich die ersten Träume und Berufswünsche. Ich weiß aber auch nicht ganz was du damit meintest, dass Kinder am leichtesten zu beeinflussen sind. Was hätte das mit der Studie zu tun?
IpsilonZ hat geschrieben: 20. Jul 2018, 23:19 Naja, das Problem ist ja, dass du die Gegenseite in eine Ecke rückst, die einfach ziemlich falsch ist. Wirft man jemanden vor nicht gendergerecht zu sprechen, ist das ein für mich unzulässiger Angriff auf die Person und erhitzt Debatten vollkommen unnötig. Weiterhin erhebt man sich direkt auf ein moralisches Podest, denn man selbst ist ja gerecht. Ich bleibe bei gegenderter Sprache.
Das Wort ähnlich wie "kindgerecht" oder "artgerecht". Wenn ich ein Tier nicht artgerecht halte, dann bin ich kein schlechter Mensch und tue ihm Unrecht, sondern biete ihm zum Beispiel zu wenig Auslauf oder gebe ihm nicht das richtige Futter. Ich tue ihm aber kein Unrecht an.
Papiertigger hat geschrieben: 21. Jul 2018, 09:41 Dafür ist das Rätsel aber ein untaugliches Beispiel, weil es gar kein generisches Maskulinum enthält. Der Chirurg ist männlich, also ein Vater des Kindes.
In welchem Fall wäre es denn ein echtes generisches Maskulinum und in welchem nicht? Keine Fangfrage, ich weiß es wirklich nicht.
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Stew_TM
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Stew_TM »

Die Sprache ist seit jeher im Fluss; es werden Wörter aus anderen Sprachen übernommen, bekannte Bedeutungen verändern sich.
Das Wort 'geil' kenne und benutze ich beispielsweise seit meiner Grundschulzeit. Der Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/geil) definiert geil unter anderem als: "(oft abwertend) gierig nach geschlechtlicher Befriedigung, vom Sexualtrieb beherrscht, sexuell erregt". Diese Bedeutung war mir zu diesem Zeitpunkt aber selbstverständlich nicht bewusst, erst Jahre später bin ich darauf aufmerksam geworden. Für mich und meine gesamte Generation im heutigen Alter von Anfang/Mitte 20 stand und steht geil immer in folgendem Kontext: "(salopp) in begeisternder Weise schön, gut; großartig, toll".
Für diese Bedeutungsveränderungen gibt es zahlreiche Beispiele, sie lassen sich auch in anderen Sprachen beobachten (ganz spontan fallen mir im Englischen/Amerikanischen etwa 'gay' und 'hobo' ein).

Der Hinweis darauf, dass das generische Maskulinum seit jeher Bestandteil der indogermanischen Sprachfamilie ist, ist aus meiner Sicht kein Argument gegen die damit verbundene Diskriminierung. Auch wenn etwas über Jahrhunderte möglicherweise nicht ausgrenzend (oder sogar frauenfeindlich) gewesen sein mag, kann es das im heutigen Kontext durchaus sein.

Ich würde mich aber nichtmal unbedingt der Argumentation der 'Neutralität' des generischen Maskulinums anschließen:
laerchen hat geschrieben: 20. Jul 2018, 22:55 Die Annahme, dass durch die vergangene und derzeitige Ungleichbehandlung der Frau, die Sprache als ein uraltes Konstrukt ebenfalls frauenfeindlich ist, ist doch vollkommen absurd und lässt sich überhaupt nicht belegen. Wer weiß auch schon wie die Urindogermanen gelebt haben?
Belegen kann ich es nicht. Absurd erscheint es mir aber keinesfalls. Wenn bei der Entwicklung der Sprache, bereits hauptsächlich die Männer 'das Sagen' hatten, könnte man die Sprache durchaus per se als diskriminierend bezeichnen. Nur weil das schon sehr lange her ist, die Gesellschaft sich über Jahrhunderte daran gewöhnt hat und es für einen selbst als Individuum auch durchaus kein Problem darstellen kann, entkräftet das nicht die Position derjeniger, die dies heute kritisieren und versuchen zu verändern. Bis zur Aufklärung und zur französischen Revolution 1789 hat man auch noch die Herrschaft der absolutistischen Könige als gottgegeben hingenommen.

Ich selbst stand der ganzen Thematik des Genders in Sprache die längste Zeit ebenfalls sehr skeptisch gegenüber. Mir ging es dabei vor allem um die Lesbarkeit, und auf der anderen Seite konnte ich die Vorteile nicht sehen. Darin fühlte ich mich bestätigt, als ich mein Studium aufnahm und die Frauen in meiner Projektgruppe ebenso kritisch eingestellt waren. In unseren Projektberichten mussten wir allerdings gendern, da unsere Fakultät sehr großen Wert darauf legt. Auch in verschiedenen Lehrveranstaltungen wird dies thematisiert. Und ich muss sagen, durch die Auseinandersetzung damit im Rahmen des Studiums (und auch im Privaten) hat sich meine Sicht auf das Thema ziemlich verändert. Wenn meine Kommilitoninnen kein Problem damit haben, 'mitgemeint' zu sein und sich dadurch nicht diskriminiert fühlen, ist das - ganz ironiefrei - sehr schön für sie. Das bedeutet, dass sie so emanzipiert sind, dass sie sich nicht über die Sprache definieren müssen. Aber das gilt eben nicht für alle Mädchen und Frauen, die in ihrem Leben weiterhin struktureller und ideologischer Diskriminierung ausgesetzt sind. Mittlerweile ist das durchaus die Mehrheitsmeinung in meinem Freundeskreis, auch unter ehemaligen Skeptikern, zu denen ich mich auch zähle.
Letztendlich ist die Lesbarkeit - im Vergleich zur potentiellen Diskriminierung der Hälfte der Gesellschaft - ein ziemlich schwaches Argument. Wenn man es zulässt, gewöhnt man sich auch an das Lesen von gegenderten Texten.

Und nein, selbstverständlich ist der 'nicht-gendernde' Teil der Bevölkerung dadurch nicht ungerecht oÄ. Mir selbst fällt es unfassbar schwer, mir das beim Schreiben von Texten anzugewöhnen (beim gesprochenen Wort natürlich nochmal ungleich schwerer). Aber das bedeutet nicht, dass man es nicht zumindest versuchen kann.
laerchen
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von laerchen »

IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31Gut, hier können wir uns wohl einfach darauf einigen, dass wir verschiedene Meinungen haben. Und es geht ja wie schon besprochen nicht einzig um Männer und Frauen sondern auch um jene, welche sich woanders einordnen. Deswegen würde ein "Hörerinnen und Hörer" dem nicht gerecht werden.
Doch, durch das generische Maskulinum. Das Maskulinum ist einfach generisch weil es keine Aussage über das Geschlecht der Person trifft. Ein Hörer ist eine Person, dessen Geschlecht einfach nicht näher spezifiziert wird.
IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31 Durch das Beispiel wird gezeigt, dass die meisten wohl mit einem männlichen Chirurg rechnen und deswegen erst einmal deutlich irritiert sind, da die Geschichte in dieser Variante wenig Sinn macht.
Die Frage ist doch, ob das durch die Sprache passiert oder durch unsere täglichen Erfahrungen. Die Frage warum wir bei einem Chirurgen an einen Mann denken, ist tatsächlich sehr relevant für die Gleichberechtigung, sie ist nur einfach keine sprachliche.
IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31 Ich denke mal weil die Kindheit die prägendste Zeit für einen Menschen ist. In dieser Zeit entwickeln sich die ersten Träume und Berufswünsche. Ich weiß aber auch nicht ganz was du damit meintest, dass Kinder am leichtesten zu beeinflussen sind. Was hätte das mit der Studie zu tun?
Meine Kindheitsberufwünsche waren ziemlicher Quatsch und hielten wahrscheinlich 5 Minuten :ugly:. Die Frage die ich stelle ist, ob sich der Effekt auch noch bei Jugendlichen und Erwachsenen zeigt. Bringt die Umstellung auf gegenderter Sprache hier noch Vorteile?
IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31 Das Wort ähnlich wie "kindgerecht" oder "artgerecht". Wenn ich ein Tier nicht artgerecht halte, dann bin ich kein schlechter Mensch und tue ihm Unrecht, sondern biete ihm zum Beispiel zu wenig Auslauf oder gebe ihm nicht das richtige Futter. Ich tue ihm aber kein Unrecht an.


Wenn ich mein Kind nicht kindgerecht erziehe, bin ich ein schlechtes Elternteil. Wenn ich meinem Hund das falsche Futter gebe und kaum mit ihm rausgehe, bin ich ein schlechter Hundehalter und natürlich schade ich dabei meinem Kind und meinem Hund. Wenn du das nicht so siehst, ist unsere Vorstellung von Kind- und Artgerecht ziemlich verschieden.
Aber selbst wenn deine Definition stimmt, ist Gendergerecht immer noch ein blöder Begriff. Aus meiner Sicht ist das generische Maskulinum bereits ausreichend, denn es schert sich nicht um das Geschlecht. Warum sollte ich also eine nicht gendergerechte Sprache sprechen?
IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31 In welchem Fall wäre es denn ein echtes generisches Maskulinum und in welchem nicht? Keine Fangfrage, ich weiß es wirklich nicht.


Es ist ein generisches Maskulinum. Das gibt es natürlich auch im Singular.
Stew_TM hat geschrieben: 21. Jul 2018, 13:43 Belegen kann ich es nicht. Absurd erscheint es mir aber keinesfalls. Wenn bei der Entwicklung der Sprache, bereits hauptsächlich die Männer 'das Sagen' hatten, könnte man die Sprache durchaus per se als diskriminierend bezeichnen. Nur weil das schon sehr lange her ist, die Gesellschaft sich über Jahrhunderte daran gewöhnt hat und es für einen selbst als Individuum auch durchaus kein Problem darstellen kann, entkräftet das nicht die Position derjeniger, die dies heute kritisieren und versuchen zu verändern. Bis zur Aufklärung und zur französischen Revolution 1789 hat man auch noch die Herrschaft der absolutistischen Könige als gottgegeben hingenommen.
Und wie? Haben die Männer den Frauen verboten zu sprechen? Gab es Versammlungen, in denen Männer über die Sprache entschieden haben und Frauen durften zu Hause bleiben? Ich halte es für absurd, zu denken, dass Frauen nicht einen ebensogroßen Anteil auf die Entwicklung der Sprache gehabt haben wie Männer. Denn seit jeher gilt, dass 50% der sprechenden Bevölkerung weiblich sind.
Ich weiß wirklich nicht, wie so eine Sprachherrschaft des Mannes überhaupt entstanden sein soll. Vor allem auf struktureller Ebene. Was haben sich die Urindogermanen denken müssen um eine strukturelle Unterdrückung zu erzeugen? "Heute erstellen wir das Genussystem, aber zuerst nur mit Neutrum und Maskulinum um dann später das Femininum hinzuzufügen und Frauen zu unterdrücken, da das generische Maskulinum Frauen nur mitmeint?"
Nein, es handelt sich dabei um einen Prozess, den natürlich niemand geplant hat. Die Sprache hat sich organisch entwickelt und wird seit jeher durch den Gebrauch definiert und verändert. Aber Frauen sprechen genausoviel wie Männer und bestimmen dadurch genauso mit.
Sorry wenn ich jetzt ein wenig albern wurde. Ich verstehe aber wirklich nicht, wie die Männer das geschafft haben sollen.
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IpsilonZ
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von IpsilonZ »

Sorry, dass ich den ersten Teil jetzt mal rausnehme, aber ich glaub wir laufen Gefahr uns im Kreis zu bewegen. Du sagst, es gibt keine überzeugenden Belege, welche dafür sprächen, dass Sprache eine (bedeutende) Auswirkung auf die Wirkung auf die Gesellschaft haben. Ich sage, es gibt Dinge die dafür sprechen.
Wie schon anfangs im Thread gesagt, wir werden in diesem Thread wohl zu keiner entgültigen Lösung oder Einigung kommen, die für alle gilt. :)
laerchen hat geschrieben: 21. Jul 2018, 14:08 Und wie? Haben die Männer den Frauen verboten zu sprechen? Gab es Versammlungen, in denen Männer über die Sprache entschieden haben und Frauen durften zu Hause bleiben? Ich halte es für absurd, zu denken, dass Frauen nicht einen ebensogroßen Anteil auf die Entwicklung der Sprache gehabt haben wie Männer. Denn seit jeher gilt, dass 50% der sprechenden Bevölkerung weiblich sind.
Ich weiß wirklich nicht, wie so eine Sprachherrschaft des Mannes überhaupt entstanden sein soll. Vor allem auf struktureller Ebene. Was haben sich die Urindogermanen denken müssen um eine strukturelle Unterdrückung zu erzeugen? "Heute erstellen wir das Genussystem, aber zuerst nur mit Neutrum und Maskulinum um dann später das Femininum hinzuzufügen und Frauen zu unterdrücken, da das generische Maskulinum Frauen nur mitmeint?"
Nein, es handelt sich dabei um einen Prozess, den natürlich niemand geplant hat. Die Sprache hat sich organisch entwickelt und wird seit jeher durch den Gebrauch definiert und verändert. Aber Frauen sprechen genausoviel wie Männer und bestimmen dadurch genauso mit.
Sorry wenn ich jetzt ein wenig albern wurde. Ich verstehe aber wirklich nicht, wie die Männer das geschafft haben sollen.
Das war ja ein Punkt, den ich schon früher aufgemacht hatte. Es geht hier nicht um eine feindlich gesinnte, verschworene Männerherrschaft, die sich im Geheimen vorgenommen hat die Frauen jetzt mal richtig schön zu unterdrücken. Also erfinden wir ungerechte Sprache, verbieten ihnen unsere Arbeit zu machen und falls sie mal unzufrieden mit ihrer Situation sind, gibts ja noch Frauengold. Nein. Das sind DInge, welche sich durch eine partriarchalisch geprägte Gesellschaft entwickelt haben. Was die genauen Ursprünge dafür sind oder ob es überhaupt einen festgen gab, kann ich nicht sagen. Da stecke ich nicht in der Materie.
Aber klar, die Vorstellung, dass Männer aktiv geplant haben eine nicht gendergerechte Sprache zu entwickeln ist wohl albern. Es geht darum, dass in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft es einfach als selbstverständlich galt, dass man Frauen beim generischen Maskulinum schon "mitmeinen" kann.

Und das sind Dinge die man mMn durchaus hinterfragen und wenn man zu bestimmten Schlüssen kommt (dank Studien etc.) auch darüber diskutieren kann, wie man dem entgegen wirkt.
Papiertigger
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Papiertigger »

IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 12:31
Papiertigger hat geschrieben: 21. Jul 2018, 09:41 Dafür ist das Rätsel aber ein untaugliches Beispiel, weil es gar kein generisches Maskulinum enthält. Der Chirurg ist männlich, also ein Vater des Kindes.
In welchem Fall wäre es denn ein echtes generisches Maskulinum und in welchem nicht? Keine Fangfrage, ich weiß es wirklich nicht.
Das generische Maskulinum wird im Plural und im generalisierenden Singular verwendet, wenn keine Aussage über das Geschlecht getroffen werden soll oder kann, aber nicht, wenn man eine konkrete Person bezeichnet. Eine konkrete Chirurgin ist nicht "der Chirurg" sondern "die Chirurgin", vice versa.
Zuletzt geändert von Papiertigger am 21. Jul 2018, 15:21, insgesamt 1-mal geändert.
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HerrReineke
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von HerrReineke »

Zu dem Themenkomplex, warum Sprache - auch ohne dass Männer diese absichtlich und als böse Verschwörung - nicht inkludierend und genderneutral entstanden ist:

Ein relativ simples Beispiel das mir spontan einfällt zur Entwicklung der Sprache wäre z.B. das Wort "Wähler". Man kann es heutzutage natürlich als generisches Maskulinum begreifen und damit Menschen jeden Geschlechts die wählen dürfen bzw. gehen darunter fassen. Historisch ist das Wort zu einer Zeit entstanden, in der daran gar nichts generisch war, denn nur Männer hatten ein Wahlrecht - Frauen mussten sich dieses teils Jahrhunderte später mühsam erkämpen. Damals hätte einen jeder ausgelacht wenn man gedacht hätte, damit wären natürlich auch Frauen generisch (mit)gemeint, da das Wort ja geschlechtslos wäre ("haha, Frauen die wählen dürfen!"). Insofern hat es bereits einen Wandel in der Bedeutung gegeben.

Gerade bei Berufsbezeichnungen fallen mir sehr schnell viele Begriffe ein, die Berufe bezeichnen, die Frauen schlicht nicht ergreifen durften (Arzt, Kapitän, Soldat, Schornsteinfeger etc.). In vielen anderen Bereichen hat es sich dann vermutlich später einfach unreflektiert durchgesetzt bzw. wurden Wortstämme übernommen, ohne dies anzupassen (ich würde da z.B. an "Arbeiter" denken, wo später z.B. der "Sozialarbeiter" entstammte - und spontan würde ich die Behauptung aufstellen, dass in der sozialen Arbeit mehr Frauen als Männer unterwegs sind).

Umgekehrt lässt sich das selbstverständlich auch beobachten, man denke z.B. an die Krankenschwester. Hier ein generisches Femininum anzunehmen klingt fast schon lächerlich. Insbesondere zum Zeitpunkt der Wortentstehung.

All dies unter dem Vorbehalt, dass mir das spontan grad so in den Sinn gekommen ist und keinen Anspruch auf Richtigkeit hat; aber sicherlich dürfte sich da mit googeln was zu finden lassen bzw. in der linguistischen Literatur.
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Axel
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Axel »

IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 14:46 Das sind DInge, welche sich durch eine partriarchalisch geprägte Gesellschaft entwickelt haben. Was die genauen Ursprünge dafür sind oder ob es überhaupt einen festgen gab, kann ich nicht sagen. Da stecke ich nicht in der Materie.
Ähm... Wie lange gibt es unsere deutsche Sprache? Seit mehreren Jahrhunderten? Wie lang war dagegen Gesellschaft patriachalisch geprägt? Doch nur im 19. und im frühen 20. Jahrhundert! Und da war die Sprache, wie wir sie heute kennen, schon "fertig" ausdefiniert.
Frage: Was weißt Du über das Frauenbild im 16., 17. und 18. Jahrhundert? Wie kommst Du darauf, dass jegliche Gesellschaften in diesen Jahrhunderten patriarchalisch waren? Der Patriarchat kam doch erst mit der Industialisierung im 19. Jahrhundert?

Es ist wieder derselbe Duktus: Die bösen Männer!

Aber ich sage Dir mal was: Gehe mal raus auf die Straße. Frage einfach mal auf gut Glück Frauen nach ihrer Meinung ob Sprache durchgendert werden soll. Ich bin mir zu 100% sicher: Die allermeisten Frauen werden Dich mit großen, fragenden Augen anschauen und achselzuckend weitergehen. Einfach weil das außerhalb von akademischen Elfenbeintürmen schlicht kein Thema ist.
Es ist übrigens interessant, dass bei diesen Themen ausgerechnet Männer ganz vorne mit dabei sind, wenn es darum geht Regeln aufzustellen. Gibt es eine Umfrage unter Frauen, wie die das so sehen?
Zuletzt geändert von Axel am 21. Jul 2018, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von lolaldanee »

HerrReineke hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:18 Umgekehrt lässt sich das selbstverständlich auch beobachten, man denke z.B. an die Krankenschwester.
Verdammt, du warst zu schnell, das Beispiel wollte ich auch bringen, allerdings in der Schlussfolgerung genau anders herum:

Ich habe einen Bekannten, der ist Krankenschwester, und den bezeichne ich auch regelmäßig so ;) Das Wort "Heilpfleger" könnte ich natürlich auch benutzen, aber warum in aller Welt SOLLTE ich? Kein Mensch, der nicht in der Branche ist, weiß (zumindest bei uns in der Gegend) was da genau gemeint ist, während sich unter Krankenschwester jeder was vorstellen kann, und im Zweifelsfall ist "Das ist Hans, er ist Krankenschwester" sogar noch ein bisschen lustig.

Ich finde man darf den Menschen schon ein bisschen zutrauen zwischen einer Berufsbezeichnung und einer konkreten Aussage zum Geschlecht zu unterscheiden, auch wenn ich die subtilen Eindrücke die da mitschwingen nie leugnen möchte, ich finde nur ihre Bedeutung wird massiv hochgespielt.
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von lolaldanee »

MitSchmackes! hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:25 Ähm... Wie lange gibt es unsere deutsche Sprache? Seit mehreren Jahrhunderten? Wie lang war dagegen Gesellschaft patriachalisch geprägt? Doch nur im 19. und im frühen 20. Jahrhundert! Und da war die Sprache, wie wir sie heute kennen, schon "fertig" ausdefiniert.
Frage: Was weißt Du über das Frauenbild im 16., 17. und 18. Jahrhundert? Wie kommst Du darauf, dass jegliche Gesellschaften in diesen Jahrhunderten patriarchalisch waren? Der Patriarchat kam doch erst mit der Industialisierung im 19. Jahrhundert?
Also, das halte ich dann doch für eine sehr gewagt Auslegung des Wortes Patriachat... Nur weil die Frauen nicht zu allen Zeiten in der Geschichte gleich unterdrückt waren, heißt noch lange nicht, dass sich eine systemische Benachteiligung nicht durch die komplette Menschheitsgeschichte zieht.
Soweit ich weiß, variiert zu allen Zeiten nur die Stärke der Dominanz der Männer. Selbst heute leben wir ja eindeutig noch in einer von Männern dominierten Gesellschaft, es hat sich zwar einiges gebessert, aber von echter Geleichberechtigung ist man schon noch weit weg.

Von einigen südamerkianischen Stammenskulturen abgesehen habe ich noch nie von einer NICHT patriachlischen Gesellschaft gehört. Da hätte ich jetzt gerne wirklich umfassende Beispiele, die nicht nur als Ausnahmen die Regel bestätigen, denn das wäre mal richtig Interessant.
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von HerrReineke »

lolaldanee hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:29 [...]das Beispiel wollte ich auch bringen, allerdings in der Schlussfolgerung genau anders herum:

[...]

Ich finde man darf den Menschen schon ein bisschen zutrauen zwischen einer Berufsbezeichnung und einer konkreten Aussage zum Geschlecht zu unterscheiden, auch wenn ich die subtilen Eindrücke die da mitschwingen nie leugnen möchte, ich finde nur ihre Bedeutung wird massiv hochgespielt.
Okay, das war vielleicht nicht deutlich genug: Mir ging es ausschließlich um die Genese des Wortes, nicht darum, ob man als halbwegs aufgeklärter Mensch nicht in der Lage sein sollte eine Berufsbezeichnung von dem Geschlecht der ausübenden Person zu trennen.
lolaldanee hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:29 und im Zweifelsfall ist "Das ist Hans, er ist Krankenschwester" sogar noch ein bisschen lustig.
Was aber ja auch nur lustig sein kann, weil man bei Krankenschwester sowohl vom Wort her als auch aus - ich nenne es einfach mal: Erfahrung und Sozialisation - viel eher mit einer weiblichen Person rechnen würde. Humor funktioniert halt vor allem auch als Bruch zwischen Erwartung und (Auf)Lösung.

Andererseits kann man das auch als Indiz für ein wirksames generisches Maskulinum nehmen, denn im umgekehrten Fall ("Das ist Svenja, sie ist Arzt" [sic]) wäre ich eher irritiert, dass nicht Ärztin gesagt wurde und nicht belustigt über den Bruch zwischen Beruf(sbild) und ausübender Person :think:
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von IpsilonZ »

Papiertigger hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:13 Das generische Maskulinum wird im Plural und im generalisierenden Singular verwendet, wenn keine Aussage über das Geschlecht getroffen werden soll oder kann, aber nicht, wenn man eine konkrete Person bezeichnet. Eine konkrete Chirurgin ist nicht "der Chirurg" sondern "die Chirurgin", vice versa.
Hab ich, hatte dabei aber nicht rausgelesen, dass das generische Maskulinum nur in einem dieser beiden Fälle genutzt wird. Und wenn man mir sagt "du solltest zu einem Arzt gehen" habe ich genauso erstmal nen Mann im Kopf weil... ist ja keine Ärztin.
Der Verdacht beim genannten Beispiel ist ja erstmal, dass "der Chirurg" nicht wichtig ist und "sein" Geschlecht irrelevant ist. Deswegen funktioniert der Twist ja auch erst. Im Normalen würde "Chirurgin" als spezifisch und "Chirurg" als allgemein hingenommen werden.
Ob das ganze dann am Ende von der Form her so perfekt ist, keine Ahnung. Aber es wird ein generisches Maskulinum angedeutet und dann am Ende etwas auf den Kopf gestellt. Ich finde schon es funktionierst.
Ist jetzt aber auch eine etwas sehr spezielle Diskussion, denke ich. ^^
MitSchmackes! hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:25 Ähm... Wie lange gibt es unsere deutsche Sprache? Seit mehreren Jahrhunderten? Wie lang war dagegen Gesellschaft patriachalisch geprägt? Doch nur im 19. und im frühen 20. Jahrhundert! Und da war die Sprache, wie wir sie heute kennen, schon "fertig" ausdefiniert.
Frage: Was weißt Du über das Frauenbild im 16., 17. und 18. Jahrhundert? Wie kommst Du darauf, dass jegliche Gesellschaften in diesen Jahrhunderten patriarchalisch waren? Der Patriarchat kam doch erst mit der Industialisierung im 19. Jahrhundert?
Mein Eindruck bisher war, dass das Patriarchat schon ein paar hundert-tausend Jahre alt ist. Es ist doch auch recht verbreitet, dass die Frau im Mittelalter als Mensch minderer Art gesehen wurde. Und das wäre wieder eine Entwicklung aus einer männlich-geprägten Gesellschaft.
MitSchmackes! hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:25Es ist wieder derselbe Duktus: Die bösen Männer!
Nein. Ich hab in meinem Post ganz bewusst geschrieben, dass es keine Verschwörung des bösen Mannes war, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung. Keine Ahnung wodurch ich jetzt diesen Eindruck erweckt habe.
MitSchmackes! hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:25Aber ich sage Dir mal was: Gehe mal raus auf die Straße. Frage einfach mal auf gut Glück Frauen nach ihrer Meinung ob Sprache durchgendert werden soll. Ich bin mir zu 100% sicher: Die allermeisten Frauen werden Dich mit großen, fragenden Augen anschauen und achselzuckend weitergehen. Einfach weil das außerhalb von akademischen Elfenbeintürmen schlicht kein Thema ist.
Es ist übrigens interessant, dass bei diesen Themen ausgerechnet Männer ganz vorne mit dabei sind, wenn es darum geht Regeln aufzustellen. Gibt es eine Umfrage unter Frauen, wie die das so sehen?

Soweit ich weiß arbeiten und forschen sehr viele Frauen in diesem Bereich. In diesem Thread haben sich auch schon ein paar Frauen beteiligt.
Und wenn ich jetzt rausgehe und Leute darauf ansprechen, ohne dass sie irgendwelche Hintergründe oder Studien kennen oder sich jemals Gedanken darüber gemacht haben, ja natürlich werden sie mich komisch angucken.

Wenn ich zu Leuten gehe, die noch nie vom Klimawandel gehört haben und sie warne "ey, Leute. Achtung. Die Erde wird wärmer. Das ist schlecht!", dann werden die sich wahrscheinlich auch verständnislos angucken.
(und falls jemandem das Beispiel nicht passt: nehmt irgendein anderes, erstmal abstraktes Ding und konfrontiert Leute die sich damit nicht auseinandergesetzt haben damit)
Stuttgarter
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Stuttgarter »

IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:48 Soweit ich weiß arbeiten und forschen sehr viele Frauen in diesem Bereich. In diesem Thread haben sich auch schon ein paar Frauen beteiligt.
Und wenn ich jetzt rausgehe und Leute darauf ansprechen, ohne dass sie irgendwelche Hintergründe oder Studien kennen oder sich jemals Gedanken darüber gemacht haben, ja natürlich werden sie mich komisch angucken.

Wenn ich zu Leuten gehe, die noch nie vom Klimawandel gehört haben und sie warne "ey, Leute. Achtung. Die Erde wird wärmer. Das ist schlecht!", dann werden die sich wahrscheinlich auch verständnislos angucken.
(und falls jemandem das Beispiel nicht passt: nehmt irgendein anderes, erstmal abstraktes Ding und konfrontiert Leute die sich damit nicht auseinandergesetzt haben damit)
Korrekt. Ganz abgesehen davon ist die Meinung von "Mensch auf der Straße" nun wirklich nicht das Kriterium, wenns um die Frage geht, ob was richtig und wichtig ist oder nicht.

Zu dem "Vorwurf"
MitSchmackes! hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:25 Es ist übrigens interessant, dass bei diesen Themen ausgerechnet Männer ganz vorne mit dabei sind, wenn es darum geht Regeln aufzustellen. Gibt es eine Umfrage unter Frauen, wie die das so sehen?
Also meiner Wahrnehmung nach sind es vor allem Frauen, die konsequent die Verbreitung einer gerechten Sprache betreiben. Einige grüne Politikerinnen fallen mir da spontan ein - und hier im Podcast Nina.

Abgesehen davon, denke ich, dass ich auch als Mann das Recht habe, mich für mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einzusetzen. :)

Und es geht im großen und ganzen immer noch nicht um "Regeln". Hier im Thread wird immer wieder vehement darauf gepocht, dass sich Sprache nunmal entwickelt. Genau das passiert grade: Es werden neue Sprachformen in Umlauf gebracht. Ob sich jene auf lange Sicht durchsetzen oder nicht - das liegt an der Gesellschaft. Wenn genügend Menschen die neuen Formen und die Begründung dafür sinnvoll finden, werden sie sich durchsetzen. Das ist ein absolut demokratischer Vorgang. Und rein gar nix, was verordnet wird.
Papiertigger
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Papiertigger »

IpsilonZ hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:48
Papiertigger hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:13 Das generische Maskulinum wird im Plural und im generalisierenden Singular verwendet, wenn keine Aussage über das Geschlecht getroffen werden soll oder kann, aber nicht, wenn man eine konkrete Person bezeichnet. Eine konkrete Chirurgin ist nicht "der Chirurg" sondern "die Chirurgin", vice versa.
Hab ich, hatte dabei aber nicht rausgelesen, dass das generische Maskulinum nur in einem dieser beiden Fälle genutzt wird.
Das wollte ich damit nicht sagen. Mir ging es darum, dass ein generisches Maskulinum meinem Sprachverständnis nach hier fehl am Platze ist und richtigerweise ein geschlechtsspezifisches Maskulinum oder Femininum verwendet werden sollte bzw. richtigerweise erwartet wird, und der Rezipient des Rätsels daher meiner Meinung nach auf unlautere Weise vom "Erzähler" getäuscht wird. Naja, wie dem auch sei... ;)
Voigt
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Voigt »

HerrReineke hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:44 Andererseits kann man das auch als Indiz für ein wirksames generisches Maskulinum nehmen, denn im umgekehrten Fall ("Das ist Svenja, sie ist Arzt" [sic]) wäre ich eher irritiert, dass nicht Ärztin gesagt wurde und nicht belustigt über den Bruch zwischen Beruf(sbild) und ausübender Person :think:
Ist dem wirklich für euch so? Für mich klingt es ganz normal wenn man sagen würde, Svenja sie ist Arzt. Ist halt generisch für mich.

Auch wenn ich sage: Ich gehe mal zum Arzt, meine ich damit die Berufsbezeichnung unabhängig vom Geschlecht. Die meisten Ärzte die ich besuche sind weiblich, vielleicht daher?
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HerrReineke
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von HerrReineke »

Voigt hat geschrieben: 21. Jul 2018, 19:47 Ist dem wirklich für euch so? Für mich klingt es ganz normal wenn man sagen würde, Svenja sie ist Arzt. Ist halt generisch für mich.

Auch wenn ich sage: Ich gehe mal zum Arzt, meine ich damit die Berufsbezeichnung unabhängig vom Geschlecht. Die meisten Ärzte die ich besuche sind weiblich, vielleicht daher?
Für mich ist es tatsächlich (jedenfalls inzwischen) so, wenn damit eine klar erkannbare Person gemeint ist. "Ich gehe mal zum Arzt" ist für mich auch generisch und relativ egal (rein vom Sprachempfinden). Ich gehe zu "meinem Arzt" funktioniert für mich nur, wenn er männlich ist, sonst ist es "meine Ärztin" - lustigerweise macht es da allein der Satzbau, wenn ich "ich gehe zum Arzt" sage und damit eine Ärztin meine ist es vom Sprachempfinden wieder egal.... :think:

Es funktioniert auch anders immer noch, aber in so konkreten Fällen hört sich das für mich inzwischen teilweise falsch an, wenn die Geschlechter offensichtlich nicht zusammenpassen - und ich einen passenden Begriff dafür kenne. Weshalb das bei der 'männlichen "Krankenschwester"' für mich tatsächlich weniger seltsam klingt, weil mir da nicht ad hoc eine auch der Grammatik entsprechenden männliche Version einfällt (ja, "Heilpfleger" geht, aber ehrlicherweise habe ich das in der Praxis so gut wie nie gehört bisher - ich habe einfach zu wenig Berührung mit diesem medizinischen Bereich - mir ist der Begriff bis vorhin nicht eingefallen und ich musste grad auch nochmal nachgucken, was es denn genau war).

Ich würde also schlussfolgern, dass mein Sprachempfinden irgendwo auf der Strecke zwischen generisch und konkret steckengeblieben ist bisher :shock: :ugly:
Quis leget haec?
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Feamorn
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Feamorn »

Voigt hat geschrieben: 21. Jul 2018, 19:47
HerrReineke hat geschrieben: 21. Jul 2018, 15:44 Andererseits kann man das auch als Indiz für ein wirksames generisches Maskulinum nehmen, denn im umgekehrten Fall ("Das ist Svenja, sie ist Arzt" [sic]) wäre ich eher irritiert, dass nicht Ärztin gesagt wurde und nicht belustigt über den Bruch zwischen Beruf(sbild) und ausübender Person :think:
Ist dem wirklich für euch so? Für mich klingt es ganz normal wenn man sagen würde, Svenja sie ist Arzt. Ist halt generisch für mich.

Auch wenn ich sage: Ich gehe mal zum Arzt, meine ich damit die Berufsbezeichnung unabhängig vom Geschlecht. Die meisten Ärzte die ich besuche sind weiblich, vielleicht daher?
Ich glaube schon, dass bei sowas persönliche Erfahrungen eine große Rolle spielen.

Andererseits verstehe ich das Problem insgesamt etwas subtiler. (Kurzer Spoiler, ich im großen und ganzen Laie, das sind jetzt weitestgehend Mutmaßungen, auch basierend auf der Bisherigen Diskussion.)
Ich verstehe das Problem folgendermaßen: Wenn irgendwo steht "der Arzt", stellt man sich dann wirklich eine geschlechtslose, abstrakte Person vor? Oder nicht doch das für einen selbst assoziativ nahe liegende Bild? Ich denke von mir persönlich, dass eher letzteres der Fall sein wird. Natürlich weiß ich, dass es kein Mann sein muss, aber ich hatte lange fast ausschließlich männliche Ärzte und dementsprechende Assoziationen im Kopf. Das ist nun noch kein Argument gegen das generische Maskulinum, da man da gut argumentieren kann, dass sich das Problem mit diverserer Geschlechterverteilung in Berufen von alleine Auswachsen müsste.
Wirklich spannend wird es für mich daher eher, wenn man zu Begriffen kommt, zu denen keine feste Assoziation besteht. Dann kommt nämlich die Situation, dass ich mir durchaus gut vorstellen kann, dass ein maskuliner Bezeichner dazu führt, dass man sich eben auch einen Mann vorstellt, wenn man eben nicht schon irgendwie für einen Begriff geprägt ist. Und dann ist man eben sehr schnell bei der These, dass ein kleines Mädchen beispielsweise nicht die Idee kommt, dass sie Programmierer* werden könnte, weil es eben ein "der" ist und den Zusammenhang kann ich mir gut vorstellen.

* stellvertretend für irgendeine Berufsbezeichnung, mit der man nicht ständig Berührung hat

Jetzt habe ich eine Argumentation aufgebaut, die mit Voigts Posting gar nicht mehr viel zu tun hat, entschuldige bitte. Ich lasse das als meinen Beitrag zur Gesamtdiskussion trotzdem mal stehen.
Siel
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Siel »

Ich gebe Feamorn absolut Recht!
Es kommt wohl tatsächlich aus einer Subjektiven/Persönlichen Sichtweise!
Ich habe in Markkleeberg (Nähe Leipzig) bis zu meinem 12 Lebensjahr einen Kinderarzt gehabt, denn ich mit Frau Doktor angesprochen habe! Wie bereits erwähnt, der Titel, ist für mich genderneutral! Die Anrede war immer wichtig!
Ich habe nix gegen das -in an einem Titel, aber die Verallgemeinerung im Sprachgebrauch im Plural klingt einfach falsch!
Um es zu präzisieren, am Anfang hab ich tatsächlich ist gedacht das Nina eine Weibliche Gruppe von Entwicklern meint, da ich die kurze Unterbrechung beim Reden nicht wahrgenommen habe. Erst im späteren Verlauf der Unterhaltung würde mir klar was sie meinte! Dennoch dieser Anhang -Innen sollte nicht in den Sprachgebrauch Einzug finden als Ankürzung! Bitte Nina, nimm dir die 2 Sekunden Zeit und sagt bitte beide Formulierungen, wenn es sein muss. Entwickler und Entwicklerinnen! Alles andere hört sich falsch im Sprachgebrauch an!
Stuttgarter
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Stuttgarter »

Siel hat geschrieben: 21. Jul 2018, 21:32 Bitte Nina, nimm dir die 2 Sekunden Zeit und sagt bitte beide Formulierungen, wenn es sein muss. Entwickler und Entwicklerinnen! Alles andere hört sich falsch im Sprachgebrauch an!
Wenn ichs recht in Erinnerung habe, hat sie hier im Forum schon unmissverständlich klargestellt, dass sie das auf keinen Fall anders machen wird. :)
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Feamorn
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Re: Gendern in der deutschen Sprache

Beitrag von Feamorn »

Stuttgarter hat geschrieben: 21. Jul 2018, 21:38
Siel hat geschrieben: 21. Jul 2018, 21:32 Bitte Nina, nimm dir die 2 Sekunden Zeit und sagt bitte beide Formulierungen, wenn es sein muss. Entwickler und Entwicklerinnen! Alles andere hört sich falsch im Sprachgebrauch an!
Wenn ichs recht in Erinnerung habe, hat sie hier im Forum schon unmissverständlich klargestellt, dass sie das auf keinen Fall anders machen wird. :)
Und auch gut begründet.

Ich habe das nicht geschrieben, aber ich habe weder mit dem Binnen-Strich, -Stern oder sonst was ein Problem und auch nicht mit der Art und Weise das zu sprechen. Klar ist das, wenn man es so hört, zunächst mal ungewohnt, aber was mir bei Folge 1 schon auffiel war, dass ich das, glaube ich, im Kopf ohnehin schon immer so "gesprochen" haben (also gelesen, ihr wisst, was ich meine).
Ist das alles gegen meine Gewohnheiten und seit Jahrzehnten gebildete und gewohnte Ästhetik? Keine Frage, aber ich habe absolut kein Problem damit, das so zu akzeptieren und mich auch ehrlich gesagt schon dran gewöhnt (habe heute endlich Folge 2 gehört).
Ich finde die Diskussion darum alleine aus dem wissenschaftlichen Standpunkt heraus interessant, also die Untersuchung was Sprache wie bewirkt oder bewirken kann und hoffentlich irgendwann die Erkenntnis, wie man mit der Thematik optimal umgeht. Sei das der Ansatz mit gutturaler Pause oder sonst irgendeine Idee die noch kommen mag.

@Siel: Bei der Verwendung der beiden Formulierungen fehlen halt leider diejenigen, die sich weder als männlich noch als weiblich identifizieren.
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