Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

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Axel
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Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Axel »

Anlässlich zur Landtagswahl hier in Sachsen habe ich mal vermehrt drauf geachtet, wie die Berichterstattung aussag. Und ich war geschockt. Was da in der „Analyse“ vom Leder gezogen wurde, ging und geht auf keine Kuhhaut. Ein paar Buzzwörter: „Volksparteien verlieren an Zustimmung“, „Die Wähler wechseln zur AfD“ und all das Bullshitbingo.

Sicher, man könnte auf den Gedanken kommen, wenn man allein den Stimmenanteil im Vergleich zur Vowahl herannimmt:

Bild

Sieht übel aus in dieser Prozentgrafik, nicht? Man darf aber folgendes nicht vergessen:
- 2014 betrag die Wahlbeteiligung 49,1%, 2019 66,6%. 2014 haben 1 659 497 Menschen abgestimmt, 2019 waren es 2 188 535.
- Ergo: Dass der Stimmenanteil insgesamt anders wird, ist logisch bei so einer großen Differenz.

Jetzt kommen wir aber zu den wirklich interessanten Zahlen! Nämlich die absoluten Zahlen der Listenstimmen (im Klammern die Zahlen von 2014):
CDU: 695 494 (645 414)
SPD: 167 378 (202 396)
Linke: 224 411 (309 581)
Grüne: 186 846 (93 857)
AfD: 595 530 (159 611)

Und schon sieht das Ergebnis komplett anders aus, als in den gern genutzten Prozentgrafiken:
- Die CDU konnte sogar mehr Listenstimmen für sich gewinnen!
- Die SPD ist nicht so stark abgestürzt, wie es in den Prozenttabellen aussieht. Nur knapp 35 000 Stimmen weniger.
- Lediglich die Linke hat deutlich mehr verloren.
- Die Grünen dagegen Stimmen verdoppelt!

In den Medien wurde in den letzten Tagen gerne das Bild verbreitet, dass es einen starken Schub nach Rechts in Sachsen gab. Richtig ist aber: Zusammengenommen sind die demokratischen Parteien, also CDU, SPD, Linke und Grüne, auf mehr Stimmen gekommen! Es fand gar kein Rechtsruck statt!

Und das beweist auch die Wählerwanderung nach infratest dimap, die ich in folgender Grafik mal zusammengefasst habe:

Bild

Hier sieht man: Die AfD hat recht viele Stimmen von der CDU und einige von den Linken bekommen. Aber der absolute Großteil kommt von den ehemaligen Nichtwählern. Wir erinnern uns: Die Wahlbeteiligung ist massiv gestiegen.
Man sieht aber auch: Ebenfalls konnten auch die demokratischen Parteien, allen voran die CDU, ordentlich Stimmen von den Nichtwählern generieren. Was bei der CDU wohl vor allem den den Wahlkampf von Ministerpräsident Michael Kretschmer liegt, der hier seit voriges Jahr bereits durch noch so kleine Dörfer und Kleinstädte tourte um die Menschen zu Bürgergesprächen und dergleichen einzuladen.

Jedenfalls haben die demokratischen Parteien mehr Stimmen im Vergleich zu 2014 bekommen und selbst die SPD konnte den schlussendlichen Verlust sehr in Grenzen halten. Zumal in einem Land wie Sachsen, wie sowieso mehr Wechselwahl betrieben wird. Stammwahlkultur gibt es nur bei der CDU im größeren Ausmaß.


Ich frage mich also: Warum wird Wahlberichterstattung allein anhand der prozentualen Stimmverteilung betrieben? Warum nutzt man denn nicht einfach die eigentlichen Zahlen einer Wahl? Die prozentuale Stimmverteilung ist allein gut um eventuelle Koalitionsmöglichkeiten festzustellen. Lässt aber besonders bei starken Schwankungen der Wahlbeteiligung weder einen Vergleich zu, noch kann man an Prozenten ablesen wie eine Partei wirklich abgeschnitten hat. Oder ob in der Bevölkerung ein „Rechtsruck“ stattgefunden hat. Und was da beim Wahlabend besonders auf Phoenix nicht alles fabuliert wurde.

Mich ärgert sowas, denn es ist unseriös. Die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache als das was die Medien seit Tagen über Sachsen verbreiten.
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Sebastian Solidwork
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Schon Mal überlegt warum nicht über die größte Wählergruppe bei Bundestageswahlen berichtet wird?
Die Nichtwähler und die Wahlbeteiligung.

Damit würden Journalisten die Politik bzw. das politische System, von der sie mehr oder weniger abhängig sind, kritisieren. Speziell die Regierung, egal welche.
Wer Infos von der Regierung will, sollte sich mit ihr gut stellen. Tilo Jung wirbelt mit JungUndNaiv da gerade viel Staub auf in der Bundespressekonferenz.

Zu Sachsen:
Vermutlich ist der Bericht über einen möglichen Rechtsruck, dass es mehr Zuschauer/Quote/Klicks generiert. Sensationsjournalismus. Genauer zu berichten bedeutet selbst größere Zusammenhänge verstehen und kommunizieren zu müssen.
Vielleicht ist es auch eine sehr platte Art etwas gegen die AfD tun zu wollen. Man möchte die Wähler verschrecken, mach dem man nicht in der Lage ist inhaltlich die AfD vor zu führen. Klappt aber vielleicht nicht so gut und bestärkt Wechselwillige "Jetzt erst recht!".

Ich sehe leider kaum das die Ängste (nicht die Lösungen!) der AfD-Wähler ernst genommen werden und sich jemand inhaltlich um sie kümmert. Es ist nur eine ständiges Bashing.
Ein volles Systemversagen (oder es funktioniert, allerdings mit negativen Auswirkungen. Wie auch eine Falle)
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Schlagerfreund
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Schlagerfreund »

Welche Ängste? Bundesländer mit absurd geringen Anteilen von "Ausländern" und Flüchtlingen? Wer Im Jahr 2019 die AFD wählt, der hat zumindest mit rechtsradikalen Inhalten kein Problem, oder findet sie aktiv gut. Wer sich durch die realen Probleme abgehängt sieht wie z.B. die Schere zwischen Arm und Reich und andere katastrophale Probleme, der muss nicht AfD wählen.

Ansonsten teile ich deine Meinung zur Berichterstattung nicht. Zumindest in den Formaten die ich lese und die sich eher verbreitet sind wurden folgende Aussagen getroffen.

SPD und CDU haben "nicht so stark" verloren wie gedacht.
AFD erschreckend hoch
Grüne bleiben hinter ihren Erwartungen zurück
Linke hat katastrophale Verluste.

Interessant ist das viele Leute in Sachsen die AFD zwar gut finden, aber laut eigener Aussage Zweifel an ihrer Kompetenz haben.

Ansonsten ändert ein anderer Blick auf Statistiken ja auch letztendlich nichts an den tatsächlichen Ergebnissen und Auswirkungen. Fakt ist das die AfD die mit Abstand zweitstärkste Kraft in Sachsen ist und "nur" 5% hinter der CDU liegt und weit vor anderen Parteien. Wie gesagt trauen viele Leute die ihre "Ansichten" teilen ihr einfach nur nicht die Kompetenz zu diese umzusetzen.
imanzuel
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von imanzuel »

Schlagerfreund hat geschrieben: 6. Sep 2019, 23:32 Welche Ängste?
Wenn man zu den Leuten sagt, dass für Kindergärten und Schule kein Geld da ist (während die Fachkräfte in den Schulen/Kindergärten völlig am verzweifeln sind, weil Mittel überall fehlen), weil es für andere Sachen benötigt werden (unter anderem auch Umweltschutz), dann muss man zumindest dass denen besser erklären und deren "Ängste" nehmen. Die werden sicherlich keine Grünen und auch nur bedingt SPD etc. wählen.

Ist übrigens ein echtes Beispiel. Wenn die betroffene Person so verzweifelt ist, dass die darüber fertig ist das ihre Kinder in Schulen müssen wo es drunter und drüber zugeht (und das ist noch untertrieben) eine alternative wie Privatschule es aus finanzieller Sicht nicht zulässt, dann kommt man mit "hippe" Themen wie Umweltschutz, Gender-Zeugs usw. nicht weit.

Mein Eindruck des aktuellen politischen Zustand ist es halt, dass man wirklich nicht mehr den Leuten - also allen - zuhört. Wenn jemand sagt, man möchte keinen Ausländer im Dorf haben, und selbst einer ist schon zuviel - ja sorry, dann ist es klar. Ich glaube da ist jeder Dialog unnötig. Man sollte aber nicht davon ausgehen, dass jeder der aus Protest so 'ne Grütze wie die AfD wählt ein Nazi ist oder deren Ansichten teilt - auch wenn diese Wähler klar solche Leute in der Partei ala Höcke akzeptieren. Reiner Protest halt. Es bringt halt nichts wenn die Politik, speziell die Grünen als auch die SPD gefühlt nur Politik für die finanzielle gut aufgestellte Mittelschicht macht. Zumindest so kommen die rüber. Die sollten mal aufs Land fahren (ich kann hier nur praktisch von Bayern und Hessen sprechen), die haben andere Probleme als Umweltschutz und LGBTQ-Themen.

(mir ist es übrigens bewusst das die SPD, Grünen und vor allem speziell Die Linke eben solche Themen wie finanzielle Ungleichheit genügend haben. Das Problem ist, dass man davon in den Medien nicht wirklich viel mitkriegt. Da gehts primär um "Gegen Nazis (AfD), pro Flüchtlinge, pro LGBTQ-Rechte, pro Umweltschutz, etc. Und das sind alles Themen, die die arme Bevölkerung halt nicht die Bohne interessiert. Diese Themen lösen nicht deren Probleme)
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Axel
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Axel »

Man muss sich ja einfach nur mal anschauen, WO die AfD gewählt wird. Das schlüsselt das Statistische Landesamt nämlich wunderbar auf: https://wahlen.sachsen.de/LW_19.php

Es sind vor allem die Gegenden, die abgehängt sind. Mittelsachsen, Erzgebirge und dergleichen. Das sind die Leute, die in der Vergangenheit eben nicht gewählt haben und jetzt eben Protest wählen. Eben aus dem Grund: Wenn Politiker und Wessis von oben herab sagen „Welche Ängst habt ihr denn? Eure Häuser sehen doch toll aus!“, dann verletzt das. Wieder einmal. Nach einer langen Reihe von Verletzungen und Demütigungen seit der Vereinigung. Es geht hier auch nicht um Ausländer, damit hat die AfD hier in der Fläche auch keinen Wahlkampf betrieben. Sondern es geht um folgende Themen:

- Infrastruktur! Mit Bus und Bahn bist Du hier stundenlang im Erzgebirge unterwegs. Schlechte Anschlüsse, marode Schienen, kaum Busverkehr. Selbst von Chemnitz aus, also direkt neben dem Erzgebirge, braucht es 2-3 Stunden um einen bestimmten Ort im Erzgebirge zu erreichen. Was Du mit Auto in ner halben Stunde erreichen kannst.

- Sterbende Orte: Wenn in der Kleinstadt keine Schule mehr ist, kein Arzt mehr da ist, es keine Einkaufsmöglichkeit mehr gibt, dann frustriert das die Menschen dort. Außerdem: Seit 1990 sind extrem viele junge Leute weggezogen. Ältere Menschen sind von ihren Kindern und Enkelkindern getrennt! Auch das frustriert enorm! Denn die Kinder kommen eben nicht zurück. Wieso denn auch? Es gibt ja nichts mehr... Und das sind die Orte, die am stärksten AfD wählen! Auch weil da in den letzten 10-15 Jahren nur noch die CDU vor Ort war. Grüne oder SPD haben sich da schon lange verabschiedet. Da hängen nicht mal Wahlplakate in diesen Ortschaften. Da hat die AfD ein mehr als leichtes Spiel!

- Ärztemangel! Den gibt es nicht nur in den vor sich dahinsiechenden Orten, sondern abseits von Leipzig und Dresden überall! Auch hier in Chemnitz, Zwickau oder im Vogtland. Versuch hier mal einen Hausarzt zu finden. Viel Spaß. Da wurde schon Anfang der 2000er gewarnt. Getan wurde nichts. Mit den Folgen, dass hier eine echt medizinische Versorgung eben nicht mehr sichergestellt ist.

- Wenn Kretschmer in Wahlkampf verspricht „1000 neue Polizisten!“ dann hat das einen Grund. Über Jahre wurde hier in dem Bereich massiv eingespart! Mit dem Ergebnis, das Polizisten im normalen Stadtbild eine Seltenheit geworden sind. Trägt nicht unbedingt zum Sicherheitsgefühl der Leute bei.

- Ganz wichtig ist aber: Wann immer ein Bürgermeister etwas für seinen Ort umsetzen will: Es wird immer erstmal abgelehnt seitens der Landesverwaltung. Man muss für jedes noch so kleine Vorhaben ewig kämpfen. Das illustriert der Bürgermeister von Augustusburg, Dirk Neubauer, sehr schön in seinem Buch. Die Folge: Die Menschen haben eben nicht das Gefühl, dass sich irgendwas bewegt. Was wiederum zu sehr viel Vertrauensverlust führt, denn die Menschen fühlen sich eben auch allein gelassen. Ein sehr heftiges Beispiel ist auch der Anschluss an das Fernnetz der DB von Chemnitz. Seit der Vereinigung kämpft Chemnitz darum, dass hier mal die Schienen elektrifiziert werden, sodass endlich auch mal ICE Züge nach Chemnitz fahren können. Jahrzehntelang hat sich nichts getan. Im Gegenteil: Mittlerweile fahren nichtmal Regionalzüge der DB nach Chemnitz. Stand jetzt: 2030 spätestens soll der Anschluss ans Fernnetz kommen. Vielleicht. Wenn ihr Glück habt. Und das bei einer Großstadt mit über 220.000 Einwohnern. Solche Erfahrungen frustrieren ebenfalls ungemein.


Da gibt es noch viel mehr Dinge. Jedenfalls: Das sind alles Dinge, damit hat die AfD hier Wahlkampf gemacht. Die Flüchtlingsdebatte war hier nur der Link zu der Erzählung: „Wenn Leute von außerhalb kommen, ist plötzlich Geld da. Wo euch doch seit der Wende erzählt wurde, dass man unbedingt sparen müsste.“ Auch wenn das massivst verkürzt ist, es klingt sehr einleuchtend für die Menschen hier. Wann immer hier was gefordert wurde: „Kein Geld da, wir müssen sparen. Jammert mal nicht so rum!“

Das sind alles Dinge, die weiß man wenn man hier lebt. Wenn man Ortskenntnis hat. Und die könnte man eben auch wissen, wenn man hier mal recherchieren würde. Aber das tut man in den westdeutschen Redaktionsstuben nicht. Da ist es einfacher die paternalistische Erzählung zu bedienen: „Mit Demokratie, da haben es die Ossis halt nicht so.“ Und DAS frustriert hier die Leute nochmal weiter, triggert sie, macht sie wütend. Weil man dann weiß: Ihr nehmt uns immer noch nicht ernst.

(Und wer jetzt sagt: „Ist bei uns im Westen ja nicht anders“ ... Das was hier passiert, wird in den nächsten Jahren eben auch bei Euch im Westen passieren! Hier schlägt das nur schneller in den Wahlergebnissen durch, weil im Osten sehr viel weniger Menschen leben und ein Großteil dessen ländlich statt urban.)
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Alienloeffel
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Alienloeffel »

DU beantwortest dir deine Eingangsfrage doch selbst: Es wird über die StimmenANTEILE gesprochen und/oder die Verteilung im Parlament. Das ist am Ende nunmal die wichtigste Größe nach einer Wahl.
Es wird ja auch oft gesagt, dass es höhere Wahlbeteiligung gab und eben die AfD viele Nichtwähler mobilisieren konnte. Das viele andere Parteien netto mehr Stimmen bekommen haben wusste ich nicht. Das hätte man in der Tat mehr in den Vordergrund stellen können.
Ich finde es aber schon frech, dass du so ein Fass aufmachst, das dann "falsche Berichterstattung" nennst und damit auf jeden fall so unseriös und reißerisch daher kommst wie du es anderen vorwirfst.
Sebastian Solidwork hat geschrieben: 6. Sep 2019, 23:06 Schon Mal überlegt warum nicht über die größte Wählergruppe bei Bundestageswahlen berichtet wird?
Die Nichtwähler und die Wahlbeteiligung.

Damit würden Journalisten die Politik bzw. das politische System, von der sie mehr oder weniger abhängig sind, kritisieren. Speziell die Regierung, egal welche.
Wer Infos von der Regierung will, sollte sich mit ihr gut stellen. Tilo Jung wirbelt mit JungUndNaiv da gerade viel Staub auf in der Bundespressekonferenz.
...
Bitte was?
Frag doch mal Andreas Scheuer, Julia Klöckner, Anja Karliczek oder AKK ob das auch so sehen.... Kritisieren der Politik ist die Aufgabe der Journalisten und die meisten sind sich dessen bewusst und tun das auch mit sorgfältiger Arbeit. Lass mal die Kirche im Dorf.
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Axel
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Axel »

Alienloeffel hat geschrieben: 7. Sep 2019, 07:59 DU beantwortest dir deine Eingangsfrage doch selbst: Es wird über die StimmenANTEILE gesprochen und/oder die Verteilung im Parlament. Das ist am Ende nunmal die wichtigste Größe nach einer Wahl.
Es bleibt aber eben NICHT bei der schnöden Frage wie das Parlament sich nun zusammensetzt. Gleichzeitig werden auch Fragen nach einem Rechtsruck und dergleichen gestellt. Und das geben eben die Zahlen nicht her. Gleichzeitig werden in Features vom DLF die negativen Erfahrungen mit der Treuhand kleingeredet oder es wird ernsthaft in einigen Medien darüber gemutmaßt, wie man denn den Osten die Demokratie näher bringen könnte. Es wird immer diese Erzählung hochgehalten: Die da im Osten sind böse Leute.

Dieses Ostbashing ist ja nicht erst seit der Wahl der Fall, sondern streng genommen seit 30 Jahren. Hier in diesem Blog wird das medienkritisch aufgearbeitet: https://einwende.de

Die Folge ist doch: Stelle Dich mal als Sachse jemanden außerhalb vor. Du bekommst mindestens die Frage „Das ist doch das Bundesland mit den ganzen Nazis“. Und schon wird man in eine Ecke gestellt. Und das nervt echt nur noch. Oder wenn in „sozialen“ Medien man regelrecht angefeindet wird, wenn man aus dem Osten kommt...
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Schlagerfreund
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Schlagerfreund »

Fakt ist Stimmenanteile und die Verteilung im Parlament die wichtigste Aussage sind. Der Rest ist ja auch übrigens bei jedem Wahlamt und auch online frei verfügbar. Wenn "die Medien" über einen Rechtsruck sprechen, dann ist ein Wahlergebnis wie in Sachsen auch "nur" ein Teil davon. Der Rechtsruck findet ja auch außerhalb von Wahlen statt. Man gucke sich einfach mal die Gesellschaft an und Entwicklungen bei Polizei, Bundeswehr, Medien und halt auch der Politik. Natürlich ist Sachsen nach rechts gewandert.

Richtig ist auch das es nicht nur Nazis in Sachsen gibt. Da reicht für mich oft ein Blick vor die eigene Haustür oder nur ein wenig weiter. Der Fehler den ich aber sehe und den sehe ich besonders oft im Osten, ist das man permanent versucht das klein oder weg zu reden. Da geht dann "der Ossi" auch gerne mal in die bequeme Rolle des Opfers und legt jede Verantwortung ab. Dabei braucht gerade (und ja gerade) der Osten mehr gute Leute, die Position zu den Werten des Grundgesetzes Stellung beziehen und diese verteidigen.

Dieses Verhalten egal ist das was den schlechten Ruf von z.B. Sachen ausmacht. Dieses Verhalten ist durch Fernsehen und zuletzt durch das Internet nämlich viel transparenter geworden. Natürlich gibt es das nicht nur im Osten, aber wenn man politisch über Sachsen spricht, dann darf man das nicht ausklammern.


Ansonsten scheint das Eröffnungsthema des Threads auch nur ein Steigbügel zu sein um uns zu erklären wie schlecht man es in Ostdeutschland hat. Ein transparenterer und ehrlicher Titel wäre wohl gewesen:

Warum wird im Osten so viel über Nazis berichtet?

Die Antwort auf diese Frage wäre aber zu einfach: Weil es dort so viele gibt.
toxic_garden

Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von toxic_garden »

Axel hat geschrieben: 7. Sep 2019, 09:59oder es wird ernsthaft in einigen Medien darüber gemutmaßt, wie man denn den Osten die Demokratie näher bringen könnte.
gibt da da Quellen zu? In Anbetracht der Tatsache, dass die Wahlbeteiligung relevant höher war als bei den letzten Wahlen, schwant mir die üble Vorahnung, dass hiermit gemeint sein könnte, der Ostdeutsche hat gefälligst die richtigen Parteien zu wählen. Was schon wieder von einem sehr fragwürdigen Demokratieverständnis zeugen würde....
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Axel
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Axel »

toxic_garden hat geschrieben: 7. Sep 2019, 13:54 gibt da da Quellen zu? In Anbetracht der Tatsache, dass die Wahlbeteiligung relevant höher war als bei den letzten Wahlen, schwant mir die üble Vorahnung, dass hiermit gemeint sein könnte, der Ostdeutsche hat gefälligst die richtigen Parteien zu wählen. Was schon wieder von einem sehr fragwürdigen Demokratieverständnis zeugen würde....
Es sind Kommentare wie dieser hier. „Schaut mal bei uns gibt es auch „Veränderungen“ und wir haben doch auch keine Nazis gewählt. Ihr schadet der Demokratie.“ Und das wieder so oberlehrerhaft. Das schwirrt im Subtext sehr häufig besonders in Kommentaren mit.
Man muss den Leuten nicht erklären, dass das Nazis sind. Wissen die. Und genau deshalb ist die AfD so attraktiv für Protestwähler: Es soll den anderen so richtig weh tun. Jahrelang hat man es mit Nichtwählen versucht. Die Folge war, dass man sich dran gewöhnt hat, statt auch das als einen Protest zu werten. Ich rede von Menschen, die seit 30 Jahren mit ansehen wie ihre Orte aussterben. Für diese Menschen kann es garnicht mehr schlimmer kommen in ihren Augen.

Man kann auch nicht sagen, dass es in der Fläche so viele Alternativen gäbe:

CDU = Seit 30 Jahren Regierung. Unter denen ist eben alles schlechter geworden. Siehe Aufzählung weiter oben.

SPD = Der hängt immer noch die Agenda 2010 im Nacken.
Linke = Wird hier immer noch von vielen Leuten als SED-Nachfolge gesehen. Damit unwählbar.
Grüne = Findet in der Fläche garnicht statt! Die machen nur Wahlkampf wo es bequem ist: In den Städten. Die gehen garnicht in die Kleinstädte und Dörfer, dort hängen auch keine Plakate. Man wählt keine Partei, die sich klar erkennbar nicht für die eigenen Region interessiert. Kann man sehr schön auch bei den Wahlergebnissen nachvollziehen: Auf dem Land liegen die Grünen bei 2-3%.
FDP = War hier noch nie relevant.

Also wird die AfD zur übergroßen Regierungspartei CDU als perfekte Protestpartei wahrgenommen. Auch weil diese sich genauso gegeben hat und damit Wahlkampf betrieb. Und auch hier wieder spielen die Medien eine entscheidende Rolle: Seit Jahren wird übermäßig viel vor der AfD gewarnt und sich drauf fokussiert. Auch und besonders das macht die AfD als Protestpartei so interessant. Ich bin der Meinung: Hätte man nicht diesen extremen Fokus auf die AfD gelegt, dann wäre sie auch nicht als Protestpartei wahrgenommen.
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Sebastian Solidwork
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Axel hat geschrieben: 7. Sep 2019, 16:48 ...
Ich bin der Meinung: Hätte man nicht diesen extremen Fokus auf die AfD gelegt, dann wäre sie auch nicht als Protestpartei wahrgenommen.
Kann ich nur zustimmen. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung.
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„Schönheit ist auch immer ethisches Empfinden.“

Umweltschutz beginnt im Geldsystem.
Fix the system!

Der Sinn des Lebens ist, dass Menschen voller Sinn das niemals wissen müssen. - Gunter Dueck in Omnisophie
toxic_garden

Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von toxic_garden »

Axel hat geschrieben: 7. Sep 2019, 16:48Es sind Kommentare wie dieser hier. „Schaut mal bei uns gibt es auch „Veränderungen“ und wir haben doch auch keine Nazis gewählt. Ihr schadet der Demokratie.“ Und das wieder so oberlehrerhaft. Das schwirrt im Subtext sehr häufig besonders in Kommentaren mit.
wow. Ich habe mich tatsächlich nun mal durch den ganzen Text gequält. Das ist wirklich mit Abstand das Dümmste und Arroganteste, was ich zu der Wahl bis jetzt gehört habe. Alleine dieser Abschnitt zeigt schon, dass sich da jemand einfach nur seine Verbitterung von der Seele schreiben wollte und nicht mal im Ansatz Interesse daran hatte, eine tatsächliche Analyse der Gründe zu suchen:
Vielleicht benutzt der eine oder andere die Unzufriedenheit im Osten ja auch nur, um endlich mal da sein Kreuz zu machen, wo er selbst ideologisch auch hingehört: gegen Ausländer, egal, woher sie kommen, egal, wie lange sie bei uns leben. Und gegen die lästige Demokratie.
Die Relativierung durch "der eine oder andere" bringt da auch nichts mehr. Die Message ist klar: wer diese Partei wählt, ist ein Ausländer hassender, , demokratiefeindlicher, ideologisch vollverblendeter Trottel. Alleine die Aussage "wer zur WAHL gegangen ist um mit seiner STIMME eine Partei zu WÄHLEN, die mir nicht passt, ist wahrscheinlich ein Demokratiefeind" treibt mir echt wieder den Puls in die Höhe. Ich habe wirklich gedacht, dass es inzwischen deutlich mehr Medien schaffen würden, die Gründe für den Erfolg der Blauen nicht mehr einfach mit Polemik weg brüllen zu wollen, sondern tatsächliche Ursachenforschung zu betreiben. Entsprechende Artikel sind aber leider wohl immer noch mehr Ausnahme als Regel. :roll:
Rince81
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Re: Warum wird falsche Wahlberichterstattung betrieben?

Beitrag von Rince81 »

Axel hat geschrieben: 6. Sep 2019, 22:41 In den Medien wurde in den letzten Tagen gerne das Bild verbreitet, dass es einen starken Schub nach Rechts in Sachsen gab. Richtig ist aber: Zusammengenommen sind die demokratischen Parteien, also CDU, SPD, Linke und Grüne, auf mehr Stimmen gekommen! Es fand gar kein Rechtsruck statt!
Der einzige Grund, dass kein Rechtsruck stattfand ist, dass Sachsen schon immer so war - die Leute nun aber auf einmal Wählen gehen weil sie meinen eine "Alternative" gefunden zu haben... 2004 haben mehr als 9% der Sachsen bei ihrer Landtagswahl stolz wie Bolle ihr Kreuz bei der NPD gemacht und da soll man sich nun über AfD Wähler wundern? Stimmt Axel, einen Rechtsruck gab es nicht - aber anders als du meinst. Sachsen war schon immer das Bundesland wo es gewaltige Probleme gab Konservative von Nationalisten fernzuhalten, wo alles irgendwo Linker als die SPD als linksradikal und schlimmer als Rechte galt, irgendwelche Nazis aber mit der CDU verbandelt waren. Sächsische Zustände sagt doch dem einen oder anderen noch was, oder?

Das kommt nicht von irgendwoher und hat absolut NICHTS mit den vorhandenen Probleme zu tun die du nennst. Ich habe Familie und Freunde in Sachsen und was die aus ihrem Umfeld erzählen ist selbst für jemanden aus Mecklenburg erschreckend. Da sind die Nazis im Bildungsbürgertum angekommen und verankert. Ihr glaubt man müsste deren "Sorgen" ernst nehmen? Wacht auf...

Klar gibt es auch ein Protestwählerpotenzilal denen es scheißegal ist wofür die AfD steht. Die haben früher Linkspartei gewählt, deren Schreckpotenzial hat sich aber verbraucht seit sie vielerorts mitregieren und in Thüringen den Ministerpräsidenten stellen. Also wählt man heute eben AfD um die Denkzettel zu verpassen und ja, solche Typen muss man dringend ihr Demokratiedefizit erklären...
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