Privatisierung des Wassers

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Axel
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Privatisierung des Wassers

Beitrag von Axel »

ARTE hat vor drei Tagen eine sehr interessante Dokumentation über die Privatisierung des Wassers auf YouTube veröffentlicht:
https://www.youtube.com/watch?v=5xuqdSKlJMs

Darin geht es darum, wie in den letzten Jahren in Australien Wasser massiv privatisiert wurde und wie derzeit auch in den USA privatisiert wird. Wie Wasser zu einer Ware an der Börse wird. Und je mehr Hitzewellen und Dürreperioden es gibt, desto mehr Profit. Unbedingt mal anschauen!

Mich hat die ganze Doku einfach nur sprachlos gemacht! Wer verdammt nochmal lässt sowas nur zu?
vicsbier
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Re: Privatisierung des Wassers

Beitrag von vicsbier »

Axel hat geschrieben: 6. Jan 2020, 14:16 ARTE hat vor drei Tagen eine sehr interessante Dokumentation über die Privatisierung des Wassers auf YouTube veröffentlicht:
https://www.youtube.com/watch?v=5xuqdSKlJMs

Darin geht es darum, wie in den letzten Jahren in Australien Wasser massiv privatisiert wurde und wie derzeit auch in den USA privatisiert wird. Wie Wasser zu einer Ware an der Börse wird. Und je mehr Hitzewellen und Dürreperioden es gibt, desto mehr Profit. Unbedingt mal anschauen!

Mich hat die ganze Doku einfach nur sprachlos gemacht! Wer verdammt nochmal lässt sowas nur zu?
Ich habe Verwandte in den USA und Australien. Nicht alle sind da glücklich mit den konservativen Regierungen. In Deutschland ist das m.E. nicht der Fall, aber man muss da vorsichtig sein, dass die EU dies nicht doch irgendwann erlaubt.
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XfrogX
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Re: Privatisierung des Wassers

Beitrag von XfrogX »

In Österreich war die Übergangs Regierung so klug und hat das gleich mal per Verfassung verboten.

Wobei ich bei sowas, nie den Sinn in einer Privatisierung verstehe, wenn’s billiger geht ohne dafür an Qualität oder so zu sparen, warum sollten das der Staat nicht auch schaffen. Ahja er hält sich an alle Gesetze, und kann bei Fehlern die Verantwortung nicht auf jemand anderen abschieben. Und Fehler in der Grundversorgung sind immer schlecht für die Bevölkerung, also sollte uns daran gelegen sein dort alles sicher und sauber ablaufen lassen, nicht mit dem höchsten Gewinn oder den geringsten kosten.
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Jon Zen
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Re: Privatisierung des Wassers

Beitrag von Jon Zen »

In der Theorie ist eine Privatisierung für Güter dann sinnvoll, wenn man dadurch den Wohlstand der Gesellschaft steigern kann (klassicherweise im Gesamten, aber man kann auch von Quantilen ausgehen, z.B. die unteren/oberen 60% der Bevölkerung würden profitieren).
Trinkwasser, bei uns häufig als öffentliches Gut wahrgenommen (das heißt, wir mussten nicht mit unseren Nachbar darum konkurrieren und haben keinen Besitz darüber), wird immer mehr zu einem Gut mit Rivalität.

Eine Privatisierung könnte Anreize setzen, bessere Technologien zur Erstellung von Trinkwasser (z.B. Entsalzungsanlagen) und zur Minderung des Verbrauchs (z.B. effizientere Bewässerungsanlagen) zu entwickeln, weil die Firmen damit Gewinne erzielen könnten.
In gewissen Rahmenbedingungen akzeptieren wir das bereits seit langem, die Regentonne ermöglicht es z.B. jedem Hobbygärtner "sein eigenes Wasser" einzufangen, welches ansonsten ins Grundwasser gelangen würde und so der Gesellschaft zur Verfügung stünde.

Auch könnte ein Unternehmen, welches Entsalzungsanlagen baut, argumentieren, dass das Salzwasser aus dem Meer, ein öffentliches Gut ist, welches quasi unendlich verfügbar ist, und sie deswegen "ihr" Trinkwasser verkaufen dürfen.

Kritisch wird es aber wenn der Staat sein Trinkwasser verkauft, um das es bereits Konkurrenzkämpfe gibt.

Jeder Gewinn, der damit erwirtschaftet wird, senkt gleichzeitig den Gesamtwohlstand.
Beispiel: 5 Bauern streiten sich um das Wasser für ihre Felder. Sie beschließen, dass einer von ihnen ab jetzt für die Verteilung zuständig ist, aber letztlich gibt es nur noch 4 Bauern, die ihre Felder bewirtschaften können. Besser 4 als keinen Bauer, aber hätten sie sich von Beginn an einigen können, hätte die Gesellschaft 5 Bauern gehabt. Hätten die Bauern zuvor jeweils 100 € verdient, müssten sie jetzt 20€ an den 5. Abgeben, der Wohlstandsverlust beträgt 100€, bzw. 20% für jeden der Bauern.

Wir verlassen uns darauf, dass der Staat "unser umkämpftes Trinkwasser" möglichst fair und ohne zusätzliche Gewinne (die nochmal zusätzlich den Wohlstand senken, mathematisch nachweisbar) an uns Bürger und dann an Unternehmen verteilt.
Dabei sollten wir Bürger immer Priorität haben, weil wir ohne Wasser sterben.
Erst danach sollten Unternehmen kommen. Hier wäre es denkbar, dass der Staat höhere, individuelle (je nach Branche) Gebühren verlangt, um so
1. die Wassereffizienz für die Unternehmen wichtiger zu machen
2. dass die Gesellschaft vom Verkauf ihres Rohstoff "Trinkwasser" finanziell profitiert (vgl. Erdöl)

Erreicht der Staat diese Schritte, gibt es keinen Grund, seine Trinkwasserlizenzen zu verkaufen. Selbst hohe Schulden wären dafür kein Grund, da eine Privatisierung in diesem Fall die Anfangsinvestitionen für das private Unternehmen ausgleichen müssten.
Es gibt dem Staat, dem Land oder der Kommune praktisch nur einen Kredit auf Kosten des Trinkwassers. Das sind Mafiamethoden. Gerade in Niedrigzinszeiten wäre ein solcher Schritt unvorstellbar dumm.

Es gibt aber noch einen zweiten Fall, bei dem die Privatisierung mehr Sinn macht:
Ein Dienstleister ist in der Lage, das Trinkwasser günstiger und/oder fairer zu verteilen und trotzdem einen angemssenenen Gewinn zu machen. Ein Grund dafür könnte ein Staatsversagen sein (z.B. wenn der Staat korrupt ist oder nicht in der Lage ist, neue Methoden umzusetzen), oder dass ein Unternehmen einen bessere Software besitzt, welche z.B. die Preise für die Unternehmen besser steuern können. Also eine Win-Win Situation.
Dabei wäre es wichtig, dass ein solcher Trinkwasserlizenzvertrag genau reglementiert wird, um tatsächlich ein Gewinn für alle zu sein.

Edit: Ah sehe gerade, dass auch in der Doku auf die Preissterung zur besseren Verteilung eingegangen wird.

Fazit
: Es wird mehr Trinkwasser nachgefragt, als vorhanden ist. Dabei wird es immer bedeutender, wie die Wasserversorgung gesteuert wird. Der Bürger muss hier immer an erster Stelle stehen. Am besten ist es, wenn der Staat eine faire Wasserversorgung selbst gewährleistet.
Viele Staaten werden dabei aber Hife brauchen von privaten Unternehmen, weil diese mehr Know-How und bessere Strukturen haben werden.
Dabei darf sich jedoch nie ein Staat dem Unternehmen verkaufen, muss für seine Bürger Sorge tragen und Verantwortung übernehmen.
Denn Trinkwasser ist kein Spiel, Trinkwasser ist Leben.
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Voigt
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Re: Privatisierung des Wassers

Beitrag von Voigt »

Zwei Sachen die mir auffalen Jon Zen.

Das Wasser knapp wird gilt nur regional, in Europa haben wir einen starken Wasserüberschuss, und wir deutsche im speziellen sparen sogar zuviel Abwasser. Ist ein großes Problem für unser Abwassersystem was vor Jahrzehnten gebaut wurde, mit eigentlich dem Gedanken dass die Abwassermenge steigen wird mit der Zeit. Die Rohre müssen jetzt teilweise teuer ausgewechselt werden in kleinere Varianten.
Daher zumindest in Europa/Deutschland braucht es keinerlei Wettbewerb um "umämpftes Trinkwasser".

Dann bei deiner Parabel mit den 5 Bauern die zu 4 Bauern werden, aber einen den Beruf des Trinkwasserverwalter wird, sehe ich nicht wie dort den Wohlstand sinkt. Kannst du das noch besser ausführen? Denn es wird das Land des 5ten Bauern frei, was die anderen 4 Bauern unter sich aufteilen können, womit deren Einkommen potentiell steigt. Das Einkommen des Wasserverwalters ist auch nicht verloren, sondern kann für Zeug ausgegeben werden.
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Jon Zen
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Re: Privatisierung des Wassers

Beitrag von Jon Zen »

Zum deinem ersten Punkt:
Das stimmt wohl, hört man doch immer wieder, dass Komunen sauberes Wasser in die Abwasserrohre pumpen müssen, weil sie für einen höheren Bedarf geplant wurden.
Das gilt aber z.T. weltweit auch für die Zukunft: Auf der einen Seite haben wir eine immer höhere und reichere Bevölkerung. Daraus wird die These abgeleitet, dass wir in X Jahren zu wenig Trinkwasser besitzen.
Dass aber gleichzeitig viel Trinkwasser eingespart werden kann, wird in der Diskussion eher als Aufruf an den Konsumenten und weniger als Prognose für die Zukunft verwendet.
So hat z.B. Bill Gates viel Geld dafür investiert, aus Abwasser Trinkwasser herzustellen (https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... e-vor.html). Würden große Entsalzungsanlagen energieärmer und günstiger arbeiten und gleichzeitig eine praktikable Infrastuktur für den Wassertransport aufgebaut werden, gäbe es vielleicht keine Trinkwasserarmut in der Zukunft (bzw. nicht in diesem Maße, wie jetzt behauptet).
Ein weiterer Faktor zur Reduktion des Trinkwasserverbrauchs kann unser zukünftiger Fleischkonsum sein, welcher die größten Teile der Landwirtschaft für sich beansprucht - und dabei extrem viel Wasser beansprucht, für die Tiere und deren Futterpflanzen. Auf der einen Seite wird dieser steigen, durch mehr Wohlstand in z.Z. armen Ländern, aber auf der anderen Seite setzen sich immer mehr Fleischersatzprodukte durch, wodurch es vorstellbar ist, dass wir (in den Industriestaaten) in 20 Jahren wesentlich weniger Fleisch konsumieren als heutzutage, also auch hier Trinkwasser einsparen. Es gibt bestimmt viele weitere Faktoren, die durch verbesserte Technologien und Ansätze den Verbrauch senken werden.

Zum zweiten Punkt:

Ich wollte damit den Wohlstandsverlust, der durch den Wandel von öffentlichen zu Almenden Güter entsteht verdeutlichen (z.B. hier sieht man ein Planspiel zu Almenden Güter: https://www.umweltbildung.at/cgi-bin/cm ... asisid=421&). Bei öffentlichen Güter muss man keine Zeit darauf "verschwenden", wer es nutzen kann, darf und sollte. Verwaltung kostet immer Geld, weil die Personen stattdessen auch Güter produzieren oder Serviceleistungen anbieten könnten. Aber ohne Verwaltung bricht alles zusammen, bzw. beim Beispiel mit Trinkwasser und den Bauern würden die Felder verdorren.

Hier nochmal die Parabel anders dargestellt:

Angenommen: vereinfachten Wirtschaft ohne Geld, nur mit Waren, jeder Bauer produziert 2000kcal an Nahrung pro Tage, jeder nutzt die maximale Fläche an Ackerland, welche er bearbeiten kann
Problem: Wasserknappheit, ohne Einigung versucht jeder Bauer für sich so viel wie möglich Wasser zu horten --> die Ernten verderben --> 0kcal
Lösung: ein Bauer kümmert sich zu 100% um die Wasserverteilung
Folge: Es werden zwar nur noch 8000 kcal an Nahrung pro Tag produziert (1600 kcal pro Bauer), was besser ist, als 0kcal, aber schlechter als die 2000kcal pro Bauer beim öffentlichen Gut
[falls das Wasser für weniger als 8000 kcal ausreicht, hätte man nur im Vergleich zum öffentlichen Gut weniger Ertrag --> aber der 5. Bauer könnte auch einen anderen Beruf ausüben, z.B. Jäger]
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