COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Ziemlich beängstigend finde ich übrigens aktuell folgende Meldung: "Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban strebt in der Coronakrise mehr Macht für sich an. Seine Regierung legte einen Gesetzentwurf vor, der es ihm ermöglichen würde, im Rahmen eines Notstands von womöglich unbegrenzter Dauer per Dekret zu regieren" https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... e627742c55
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schneeland
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von schneeland »

Nachdem Axel das Thema schon ansprach: die Stiftung Deutsche Depressionshilfe stellt ein Online-Programm für Betroffene jetzt kostenlos zur Verfügung (Quelle: aerzteblatt.de). Zur Qualität kann ich nichts sagen, aber vielleicht hilft es dem/der einen oder anderen.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Es gibt auch erste Studien über die Quarantänemaßnahmen in China was psychosoziale Folgen betrifft. Rund die Hälfte der Menschen leiden demnach an Angststörungen. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... Quarantäne.
21% berichteten von Konflikten in der Familie und am Arbeitsplatz und immerhin noch 19% leiden unter Angst, Unruhe und Schlaflosigkeit aufgrund der Medienberichte zur Pandemie.

Das unterstreicht auch meine Befürchtungen und Thesen weiter vorne im Thread. Denn übertragen wir das mal auf Deutschland. Mal angenommen die ganzen drastischen Maßnahmen die jetzt aktiv sind, dauern nicht nur bis Mitte April. Sondern vielleicht bin in den Mai oder gar den Juni hinein. Dann werden auch wir auf diese Werte kommen. Wir haben 82 Millionen Einwohner in Deutschland. Bei 47% Angststörungen wären da schon um die 40 Millionen Menschen. Aber auch Konflikte als Folge dieser Maßnahmen werden zunehmen, sicherlich auch häusliche Gewalt. Und auch Angst und Unruhe darf man nicht unterschätzen.

Wenn die jetzigen Maßnahmen verhältnismäßig kurz bleiben, also bis Mitte April, dann kann sich ein Großteil der Menschen IMO wieder davon relativ autark regenerieren über mehrere Monate. Jetzt haben wir aber ein Problem: In den letzten Wochen kam immer wieder: Bis Mitte April, bis Ostern gehen die Einschränkungen. Die Menschen stellen sich darauf ein. Also Hoffnung! Wenn nun aber gesagt wird bis dahin: „Es muss verlängert werden“, DANN bekommen all diese negativen Folgen einen riesigen Schub. Weil diese eine Hoffnung zunichte ist. Dann ist es zu spät. Selbst wenn die Regierung dann noch sagt „bis mitte Mai“ wird das nichts mehr nützen. Weil ja schon einmal solch ein Versprechen nicht eingehalten wurde. Deswegen sage ich mir selbst auch: „Das wird noch Monate dauern!“ - Wenn nicht, cool! Aber diese Enttäuschung will ich nicht haben. Mal ein Beispiel wie pessimistisches Denken am Ende auch positive Folgen haben kann. :mrgreen:

Jedenfalls: Sollte das alles geschehen, kommen wir in eine enorm kritische Phase. Angststörungen, Paniken, Depressionen und so weiter werden schlimmer, je länger sie gehen. Je länger diese einschränkenden Maßnahmen, desto schlimmer die psychosozialen Folgen. Wichtig wäre dann, wenn das öffentliche Leben wieder hochgefahren wird, dass diese vielen Millionen Menschen extrem zeitnah behandelt werden! Nun muss man aber wissen, dass die Wartezeiten für Psychotherapien schon in den letzten Jahren teilweise über ein Jahr betrugen! Weil wir zu wenige Praxen haben. Aber auch weil die Gesundheitskassen wie die AOK für die Notwendigkeit von Praxen in einer Stadt teilweise noch mit Zahlen aus den 90ern arbeiten.

Also: Schon in den vergangenen Jahren war es schwer Therapien zu bekommen. Und wenn nun ein großer Prozentsatz der Menschen nach einer langen, strikten Einschränkung Therapie braucht, ist das schlicht nicht zu managen. Auf keinen Fall. Und das ist deswegen so katastrophal, weil diese Krankheiten leider auch chronisch werden, wenn sie nicht therapiert werden. Cheonische Krankheiten kann man zwar auch therapieren, das kann dann aber teilweise Jahre dauern. Und gehen wir mal optimistisch ran und sagen: 25% nach einer mehrmonatigen extrem einschränkenden Zeit kommen mit Angststörungen, Depressionen und anderen Beschwerden raus. Kann sich ja jeder ausrechnen wieviele das sind...

Weiter vorne im Thread hat ja jemand angezweifelt, dass aufgrund dieser Maßnahme die psychischen Krankheiten sonderlich stark steigen werden. Die ersten Zahlen aus China sprechen eine andere Sprache. Uns kann nur zu wünschen sein, dass es nicht noch zu Katastrophen wie in Italien kommt. Dann gesellt sich auch noch eine handfeste Posttraumatische Belastungsstörung bei vielen Menschen dazu.
Rince81
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Axel hat geschrieben: 22. Mär 2020, 22:28 Das unterstreicht auch meine Befürchtungen und Thesen weiter vorne im Thread. Denn übertragen wir das mal auf Deutschland. Mal angenommen die ganzen drastischen Maßnahmen die jetzt aktiv sind, dauern nicht nur bis Mitte April. Sondern vielleicht bin in den Mai oder gar den Juni hinein. Dann werden auch wir auf diese Werte kommen. Wir haben 82 Millionen Einwohner in Deutschland. Bei 47% Angststörungen wären da schon um die 40 Millionen Menschen. Aber auch Konflikte als Folge dieser Maßnahmen werden zunehmen, sicherlich auch häusliche Gewalt. Und auch Angst und Unruhe darf man nicht unterschätzen.
Was du hier machst ist hochgradig unseriös. 47% von 2.144 Anrufern eines psychologischen Dienstes in Wuhan klagen über Angststörungen. 2.144 Anrufer bei 11 Millionen Einwohnern. Du kannst doch auf dieser Basis nicht ernsthaft 47% der Deutschen eine drohende Angststörung diagnostizieren.
Erste statistische Daten einer Auswertung von Anrufen eines psychologischen Dienstes in Wuhan (2.144 Hotline-Anrufe im Zeitraum vom 4. bis 20. Februar), die das DCAPP-Fachnetz auswertete, ergaben, dass rund 47 % der Anrufer Angststörungen, 20 % Schlafstörungen, 15 % somatoforme Symptome, 16 % depressive Symptome und 1,4 % andere emotionale Zustände (wie Einsamkeit, Müdigkeit und Unruhe) aufwiesen. 39 % der Anrufer suchten Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben des alltäglichen Lebens (Einkaufen, Verkehr, Umgang mit einer medizinischen Diagnose und Behandlung und Erwerb von Schutzmasken).

Knapp 19 % der Anrufer berichteten von Angst, Unruhe und Schlaflosigkeit, die durch Medienberichte über die Pandemie verursacht wurden. Knapp 16 % waren von Panik, einem Engegefühl in der Brust und anderen somatoformen Symptomen betroffen. Rund 21 % hatten psychosoziale Probleme, wie zwischenmenschliche Konflikte in der Familie oder am Arbeitsplatz.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Rince81 hat geschrieben: 22. Mär 2020, 22:57 Was du hier machst ist hochgradig unseriös. 47% von 2.144 Anrufern eines psychologischen Dienstes in Wuhan klagen über Angststörungen. 2.144 Anrufer bei 11 Millionen Einwohnern. Du kannst doch auf dieser Basis nicht ernsthaft 47% der Deutschen eine drohende Angststörung diagnostizieren.
Dann lass es von mir aus 15 oder 20% sein. Was immer noch enorm viel wäre und das jetzige System nicht ansatzweise auffangen wird können. Denn meiner Ansicht nach ist die psychische Betreuung bereits zusammengebrochen, Sonst würde es nicht solch absurd langen Wartezeiten geben.

Wovon man eben nicht ausgehen darf, dass am Ende alles so weiterlaufen wird. Ich finde das schrecklich, dass psychosoziale Themen immer wieder bagatellisiert und beiseite gewischt werden!
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Darkcloud
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Darkcloud »

Axel hat geschrieben: 22. Mär 2020, 23:09

Dann lass es von mir aus 15 oder 20% sein. Was immer noch enorm viel wäre und das jetzige System nicht ansatzweise auffangen wird können.
Naja dann gehst du immernoch davon aus das mindestens 15000 mal so viele psychologische Betreuung brauchen wie da angerufen haben. Du gehst also davon aus das sich da maximal jeder 15000ste meldet.
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DickHorner
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von DickHorner »

Ach Axel... Gut 1000 Menschen rufen in China bei einer Hotline an und bekommen per Ferndiagnose übers Telefon (fällt Dir was auf?) den Stempel Angststörung.
Abgesehen davon, dass die Situation hier überhaupt nicht mit der dortigen vergleichbar ist - dort dürfen die Menschen nicht Mal die Wohnung verlassen - werden bei der überwältigenden Mehrheit die Symptome in dem Moment verfliegen, in dem die Maßnahmen beendet sind.
Daraus jetzt 40 Millionen Behandlungsbedürftige zu machen finde ich wirklich abenteuerlich.
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Ines
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Ines »

Ich weiß nicht, ob wir mit großen Anstiegen zu rechnen haben, weil die Zahlen eh schon so hoch sibd (laut DGPPN gibt es eine 12-Monats-Prävalenz von 27,8% für alle psychischen Erkrankungen, die Hälfte der Personen leidet mindestens unter einer Angststörung). Natürlich ist Isolation nicht gut und ich bereite mich durchaus auf Krisen vieler Menschen vor, weil ambulante Versorgungsstrukturen wegbrechen, aber letztlich weiß im Augenblick niemand, welche Folgen das alles haben wird. Menschen mit sozialen Ängsten und Angst vor Menschenmassen sind derzeit eher entlastet, da ist die Unterbrechung der Therapiemöglichkeiten blöd.
Wir versuchen bei uns, ansprechbar zu sein und telefonisch Kriseninterventionen anzubieten. Auch in Sachen Telemedizin ist jetzt viel mehr möglich, sodass man laufende therapeutische Prozesse nicht immer ganz unterbrechen muss. Wegen der Wartezeiten bieten mittlerweile einige psychiatrische institutsambulanzen und Beratungsstellen eine Begleitung an, bis ein Therapieplatz gefunden und due Therapie begonnen wurde. Das ust aber regional sehr unterschiedlich.
Wenn alle schön zuhause bleiben, die das können, bleiben wir auch gesund und können eine Versorgung für Menschen in psychischen Krisen aufrecht erhalten (um das jetzt mal ganz weit runter zu brechen)
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Ines
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Ines »

Ich bin heute noch auf eine Information der deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie für Menschen in psychischen Krisen bei Isolation hingewiesen worden. Da gibt es einerseits mehr oder weniger die üblichen Tipps, aber auch Kontaktnummern und Adressen:

https://www.dgvt-bv.de/fileadmin/Aktuel ... uation.pdf
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Tsuran
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Tsuran »

Ines hat geschrieben: 24. Mär 2020, 16:42 Ich bin heute noch auf eine Information der deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie für Menschen in psychischen Krisen bei Isolation hingewiesen worden. Da gibt es einerseits mehr oder weniger die üblichen Tipps, aber auch Kontaktnummern und Adressen:

https://www.dgvt-bv.de/fileadmin/Aktuel ... uation.pdf
Ich habe mir das gerade interessehalber durchgelesen, und bin irgendwie stolz auf meine Familie. Das was da unter "Aktiv gestalten" und "Kinder und Jugendliche unterstützen" steht haben wir automatisch gemacht. Wobei es mir als recht pragmatisch direkter Mensch sehr schwer fällt die immensen Folgen dieser Krise meiner Tochter beizubringen. Es schmerzt mich wenn sie da kindlich naiv und fröhlich voller Erwartung sitzt und meint es würde nach den Osterferien wieder "normal" weiter gehen. Andererseits halte ich es auch für falsch Kindern irgendwelche Märchen zu erzählen von denen ich weiß, dass sie nicht wahr werden können.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Ich habe ja inmer mal wieder auf Jennys „Einmischen“ Podcast hingewiesen. Auch jetzt wieder: https://podcaste97de5.podigee.io/112-oh ... ehts-nicht
Denn: Sie hat in einem Talk Inge Hannemann zu Gast. Gemeinsam sprechen die beiden über die Folgen der Corona-Krise für finanziell schwache Menschen. Also Hartz IV Leistungsberechtigte, prekär Beschäftigte und so weiter. Auch ein hochspannender anderer Blick auf die Zeit gerade. Denn die Regierung nutzt leider die Krise um radikal neoliberale Politik zu machen und soziale Standards zu senken.

Ab 1:49:03 gehts los.
zackzackab
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von zackzackab »

Axel hat geschrieben: 24. Mär 2020, 18:41 Ich habe ja inmer mal wieder auf Jennys „Einmischen“ Podcast hingewiesen. Auch jetzt wieder: https://podcaste97de5.podigee.io/112-oh ... ehts-nicht
Man kann immer über den Ausbau des Sozialsystems diskutieren. Ich persönlich bin auch der Meinung, dass man zur Deckung des sogenannten Regelbedarfs höhere Pauschalsätze zahlen sollte. Ich wähle selbst auch entsprechende Partien. Es ist aber politisch unrealistisch, dass es in der aktuellen Krisensituation zu einer umfassenden Sozialreform kommt. Das mag man bedauern oder falsch finden, ist aber so.

Indem man so unstrukturiert, unspezifisch und realitätsverzerrend darüber spricht, was das aktuelle Sozialsystem derzeit für Menschen in Not leisten kann und leistet, wie das der verlinkte Podcast tut, hilft man den Hilfebedürftigen in der aktuellen Lage nicht weiter. Und ein substantiierter Beitrag zur Diskussion unabhängig von der derzeitigen Lage ist er auch auch nicht. Im Gegenteil unterbleiben unter dem entstehenden Eindruck, der Staat böte ohnehin keine Hilfe, im Ergebnis möglicherweise die nötigen Anträge, wo tatsächlich ein Anspruch auf Sozialleistungen denkbar ist und hilfreich wäre. Auch in diesem Thread wurde ja schon irrtümlich geschrieben, dass Leistugen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht dabei helfen können, die Miete zu zahlen, weil der beanspruchbare Geldbetrag dafür nicht ausreichen könne. Ich kann den Podcast nach allem, was ich gehört habe, bis ich in Anbetracht des Dargebotenen ausmachen musste, nicht empfehlen.

Bei dieser Gelegenheit erneuere ich das Angebot, das ich bereits früher im Thread gemacht habe: Falls jemandem hier im Forum aktuell Einkünfte wegbrechen und er sich unsicher ist, welche Sozialleistungen für ihn in Frage kommen könnten, dem kann ich dazu gerne als jemand vom Fach Hinweise geben. Sozialleistungen zu beantragen ist nicht schön. Der richtige Antrag kann aber in der aktuellen Lage möglicherweise dabei helfen, die Miete, den Regelbedarf, Kinderbetreuungsgebühren u.ä. zahlen zu können. Anfragen zur Vermeidung einer Antrags-Odyssee bei derzeit nicht immer gut erreichbaren Ämtern daher gerne per PM.
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Naitomea
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Naitomea »

Axel hat geschrieben: 24. Mär 2020, 18:41 Ich habe ja inmer mal wieder auf Jennys „Einmischen“ Podcast hingewiesen.
Ich kann mit dem Podcast nicht viel anfangen. Der hat immer was von 'jetzt erklär ich euch abgehobenen da oben aus der Großstadt mal, wie es wirklich abläuft' und ich denk mir als jemand, der aus der gleichen Region kommt und auch nicht besonders weit oben ist 'nee, hör auf für mich zu sprechen'.
Mit welcher Selbstverständlichkeit da politisches Handeln als offensichtlich falsch abgetan wird, während sie natürlich weiss, wie es besser geht, finde ich oft sehr unangenehm. Vor allem, weil da, wenn man mal einen Schritt zurück geht, dann doch wenig konkretes rumkommt und zumindest ich am Ende auch nicht schlauer bin.
Dass in dem Podcast dann auch noch ehemalige AfD-Leute wie Franziska Schreiber ziemlich unkritisch hofiert werden, ist ne Sache, die den Thread sprengen würde.

Aber was mich mal interessieren würde, welche Vorgehensweise du persönlich in der aktuellen Situation vorschlagen würdest. Weil am Anfang des Threads klang es so, als wenn niemand auf Dr. DrOsten hört und sofort harte Maßnahmen her müssen, und als dann harte Maßnahmen absehbar waren, wirkte es so, als wenn du sie plötzlich überzogen fandest.

Für Leute, denen gerade die soziale Unterstützung des Staates zu kurz kommt, kann ich übrigens den Twitter-Account von Marina Weisband empfehlen, die in den letzten Wochen an richtig tollen Aktionen beteiligt war und unterstützt und gesammelt hat, wie zum Beispiel nebenan.de, aber auch viele Tipps für den Umgang mit Kindern oder Angtstörungen.
https://twitter.com/Afelia
Ines hat geschrieben: 23. Mär 2020, 08:19 Ich weiß nicht, ob wir mit großen Anstiegen zu rechnen haben,
Ich halte diese Rechnungen auch für zu einfach. Ich hab irgendwo den Spruch aus Rom gelesen 'von 'jedeR kennt jemanden, die oder der den Job verloren hat' sind wir jetzt bei 'jedeR kennt jemanden, die oder der einen Menschen im Umfeld verloren hat' angekommen'.
Die Alternative zu den Kontaktverboten ist also keine Situation, die unbedingt zu weniger psychischen Problem führt.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Naitomea hat geschrieben: 24. Mär 2020, 22:22 Aber was mich mal interessieren würde, welche Vorgehensweise du persönlich in der aktuellen Situation vorschlagen würdest. Weil am Anfang des Threads klang es so, als wenn niemand auf Dr. DrOsten hört und sofort harte Maßnahmen her müssen, und als dann harte Maßnahmen absehbar waren, wirkte es so, als wenn du sie plötzlich überzogen fandest.
Ich finde es schlimm, wenn versucht wird sich zu überbieten ohne zu schauen ob jede harte Maßnahme überall auch wirklich notwendig sind. Also schauen wir uns mal die Landkreise im RKI-Diagram an: https://experience.arcgis.com/experienc ... ge/page_1/

Da hast Du auch jetzt noch Landkreise wie Elbe-Elster, Wittenberg oder das Altenburger Land, wo jeweils nicht mal 20 Fälle nachgewiesen sind. Braucht es da wirklich diese harten Einschränkungen demokratischer Grundrechte? Und das geht bei ganz vielen eher ländlichen Gebieten so, wenn Du mal so durchschaust. Da sind echt einige Landkreise wo es tagelang keine neuen Infektionen gibt. Oder tagelang nur 1-2 neue nachweisbare Infektionen.

Da hat mir Anfangs auch ein wenig die Sensibilisierung gefehlt für demokratische Grundrechte. Halt wie Bewegungsfreiheit und so weiter. Denn diese einzuschränken sollte ja nur gegeben sein, wenn es auch angemessen ist. Und das sehe ich gerade bei den ländlichen Landkreisen so garnicht. Meine heutige Meinung wäre also eher, das diese Instrumente nicht nur je Bundesland unterschiedlich zu handhaben wären, sondern je nach Landkreis. Und das wäre rechtlich eben auch sehr viel besser IMO. Und wo ich ja auch Sorge habe, dass jetzt versucht wird am Infektionsschutzgesetz nachträglich herumzudoktern um bereits erlassene Maßnahmen hinterher rechtskonform zu bringen. Finde ich sehr undemokratisch! Vor allem wenn das einfach so komplett ohne den nötigen parlamentarischen Verlauf geschieht. Pandemie hin oder her, demokratische Gepflogenheiten sollten auch jetzt nicht hintenan stehen. Sondern sogar ganz im Gegenteil. Mit einigen Gesetzen hat man es ja schon getan, wie den Wegfall der Personaluntergrenze oder der Aufhebung des Arbeitsverbots am Sonntag. Wer garantiert denn, dass das NACH der Krise wieder zurückgenommen wird? Das sind halt Dinge wo ich richtige Bauchschmerzen aktuell habe.

Man versucht halt täglich Handlungsfähigkeit vorzutäuschen. Inge Hannemann hat ja im oben verlinkten Podcast beispielsweise angemahnt, dass es zwar ganz nett ist, wenn jetzt die Bundesregierung bei der Beantragung von Hartz IV erstmal auf die Vermögensüberprüfung verzichtet. Gleichzeit sind die Hotlines aber jetzt bereits dauerhaft überlastet und sie zweifelt an ob das Personal überhaupt ausreicht um den kommenden Run abarbeiten zu können. Schon durch das Kurzarbeitergeld mussten wohl Mitarbeiter intern umgeschichtet werden, damit man DAS irgendwie hinbekommt.

Noch ein eigenes Beispiel: Die Ausgangseinschränkungen hier in Sachsen. Ich war heute mit meiner Freundin 3 oder 4 Stunden in Chemnitz unterwegs. Und haben uns das mal angeguckt: Nirgendwo war auch nur einer von der Polizei oder vom Ordnungsamt zu sehen. Bürger aber auch kaum. Da denke ich mir: Da könnten sich jetzt Gruppen treffen, es würde erstmal kaum jemand mitbekommen. Habe heute auch mit dem Michael Freitag, Chefredakteur der L-IZ und der Monatszeitung LZ, telefoniert. Der war gestern und heute in Leipzig unterwegs, hat viele Fotos und Videos gedreht, Interviews gemacht, etc. Und auch er erzählt mir ähnliches aus Leipzig. Hier und da kleine Streifen die besonders die ganzen Läden und Geschäfte kontrollieren. Sonst aber auch kaum Präsenz.

Also was ich sagen will: Man haut jetzt nen Haufen neuer Verfügungen jeden Tag raus, aber so richtig umsetzen kann das niemand. Man hat den öffentlichen Dienst in den letzten Jahren so dermaßen zusammengespart, dass das jetzt alles kaum jemand abarbeiten kann. Das ist neben meiner Bedenken ob das alles so wirklich verfassungsmäßig ist, mein Hauptproblem. Dass das wirklich alles wirklich notwendig ist... Oder ob man nicht einfach nur im puren Aktionismus verfallen ist und so versucht der Bevölkerung Handlungsfähigkeit zu simulieren.

Aber noch was positives:
https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/ ... index.html

Alexander Kekule klang im letzten Podcast sehr zuversichtlich. Etwa das er schätzt, dass ca. 80% der Erkrankten wenig bis keine Symptome zeigen und so auch die Dunkelziffer sehr hoch ist. Und während man noch medial wie politisch im Krisenmodus ist, die Durchseuchung der Gesellschaft bereits begonnen hat. Es werden ja nach wie vor nur die getestet, die schwerere Symptome aufzeigen. Also das die eigentliche Zahl der Infizierten bereits in die hunderttausende geht und es viele schlicht nicht merken. Das hat mir heute nochmal extra viel Ruhe und Optimismus gegeben.
Und wenn dem so ist, muss man aber erst recht zumindest mal kritisch hinterfragen, ob solche Dinge wie Ausgangsbeschränkungen auf breiter Fläche wirklich angebracht ist. Besonders wenn man gegenüberstellt, dass es halt Grundrechte sind, welche die Grundpfeiler unserer Demokratie sind. Und auch ob die immer noch mediale Hysterie noch so angebracht ist. Ich erlebe mittlerweile auch die Menschen in meinem Umfeld wieder sehr viel ruhiger und das ganze Thema scheint in den Gesprächen auch wieder abzuflachen. Was mir ebenfalls sehr viel Ruhe gerade gibt.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Ich schüttel mit dem Kopf, da unser Föderalismus mit 16 Bundesländern bei der Koordination solcher Massnahmen an seine Grenzen stößt, du möchtest das nun auf 294 Landkreise verteilen? :shock:

Diese ländlichen Kreise sind im Regelfall die, die kein dicht gelegenes Krankenhaus und keine Intensivbetten haben. Da sind 20 Fälle im Landkreis mit Option auf mehr schon ein Problem und das es da kaum neue Infektionen gibt, liegt an den gerade geltenden Einschränkungen...
Zuletzt geändert von Rince81 am 25. Mär 2020, 02:31, insgesamt 3-mal geändert.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Rince81 hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:24 Ich schüttel mit dem Kopf, da unser Föderalismus mit 16 Bundesländern bei der Koordination solcher Massnahmen an seine Grenzen stößt, du möchtest das nun auf 294 Landkreise verteilen? :shock:
Ein wenig mehr Vertrauen in die Kommunen, wenn ich bitten darf. ;) Also was ich meine: Gibt ja auch in jeder kleinen Kreisstadt Gesundheitsämter. Und ich denke, dass man da durchaus auch kommunal schauen kann ob nun jede Maßnahme die wirklich passende ist.
Rince81 hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:24 und das es da kaum neue Infektionen gibt, liegt an den gerade geltenden Einschränkungen...
Nein, die jetzt geltenden Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen werden erst in 1-2 Wochen in den Zahlen sichtbar. Die Inkubationszeit beträgt 5-6 Tage und die Leute werden erst mit entsprechenden Symptomen getestet. Und es kann ja auch bis zu ein, zwei Tagen dauern bis eine Zahl vom örtlichen Gesundheitsamt zur RKI-Statistik kommt.
Wir sind jetzt also gerade mal zur Anfangszeit der Schulschließungen. Wenn aber schon bei bestimmten Landkreisen seit Tagen kaum Anstieg zu sehen ist, dann liegt das daher nicht an den Maßnahmen. Ist ja auch nicht so, dass es nicht allgemein regional enorme Unterschiede gäbe. Im Vergleich zu Teilen Bayerns, BaWü und NRW sind die ost- und norddeutschen Länder allgemein weniger betroffen. Und auch in Städte wie Bielefeld gibt es nach wie vor nur 11 Fälle. Dort ist seit Tagen kein neuer Fall dazu gekommen. Oder Hof an der Saale: Immerhin 47.300 Einwohner und aktuell gerade Mal 12 Fälle. Oder Passau: 14 Fälle bei einer Einwohnerzahl von 52.540 Einwohnern.

Da sollte man IMO wirklich regional schauen ob jede harte Maßnahme, gerade wenn wir von Grundrechten reden, auch wirklich überall gleichermaßen angebracht ist. Daher sollte man den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit geben. Das könnte auch Teile der Wirtschaft viel Leid ersparen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von zackzackab »

Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Ich finde es schlimm, wenn versucht wird sich zu überbieten ohne zu schauen ob jede harte Maßnahme überall auch wirklich notwendig sind.
Bitte schreibe konkret, um welche Situation es Dir geht und wer sich überbieten soll. Wenn Du so vage bleibst, wie die von Dir empfohlene Podcasterin, kann man sich an Deiner Meinung nicht argumentativ abarbeiten, weil unklar bleibt, was Du konkret kritisierst.

Ein Beispiel:

Geht's Dir in der Zitierung um die Situation am Anfang der Krise, wo jede Kommune ihr eigenes Süppchen gekocht hat?
Falls ja, wäre es seltsam, dass Du gerade im Thread dazu aufgerufen hast, man solle der Kommunalverwaltung in Ausprägung der Gesundheitsämter die Entscheidung über die konkreten Maßnahmen überlassen und ihnen Vertrauen, wenn Du es bei *dieser* Auslegung Deiner zitierten Aussage selbst nicht tust.

Im Übrigen ist es - auch wenn Du es machst - unseriös, eine Ferndiagnose zur Angemessenheit der geltenden Maßnahmen allein auf Basis der Infektionszahlen des RKI zu den einzelnen Landkreisen zu treffen. Die sind eine wichtige Entscheidungsgrundlage, aber ohne verantwortungsvolle Deutung wertlos. Außerdem zitierst Du selbst Herrn Kekule damit, dass die Zahlen die tatsächliche Lage gar nicht widerspiegeln würden, dass es eine hohe Dunkelziffer an Erkrankungen und Genesungen gibt. Das ist sicher richtig, zeigt aber gerade, dass es unseriös wäre, allein aufgrund der Zahlen über gemeldete Infektionen für einzelne Kreise Entwarnung zu geben. Die Zahlen sind nur ein Baustein für eine ständig neu zu treffende Risikobewertung, die wiederum die Grundlage für politische Maßnahmen bildet.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Da hat mir Anfangs auch ein wenig die Sensibilisierung gefehlt für demokratische Grundrechte. Halt wie Bewegungsfreiheit und so weiter. Denn diese einzuschränken sollte ja nur gegeben sein, wenn es auch angemessen ist. Und das sehe ich gerade bei den ländlichen Landkreisen so garnicht.
Die fehlt mir bei Dir auch, wenn ich lese, mit welch wenig durchdachter Argumentation Du in den Chor derjenigen einstimmst, die öffentlichkeitswirksam die demokratische, rechtliche Legitimation der Maßnahmen in Zweifel ziehen, obwohl ein Fall wie Italien unmissverständlich zeigt, dass wir uns eine Fehleinschätzung nicht leisten können und es deshalb rechtlich sehr gut vertretbar ist, dass die Länder die Maßnahmen bundesweit koordiniert haben und jetzt landesweit einheitliche Regelungen treffen, wie es das Infektionsschutzgesetz als Option für Fälle wie diesen ausdrücklich vorsieht.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Meine heutige Meinung wäre also eher, das diese Instrumente nicht nur je Bundesland unterschiedlich zu handhaben wären, sondern je nach Landkreis.
Gerade dann droht eine Situation, in der sich einzelne Landkreise gegenseitig in der Reichweite Ihrer Maßnahmen zu überbieten. Außerdem gilt: Wenn ein Landkreis die Sache nicht ernst genug nimmt, gefährdet er - weil das Virus an Kreisgrenzen keinen Halt macht - gleich auch die Gesundheit der Menschen in benachbarten Kreisen und kreisfreien Städten. Schon deshalb ist es beim Ausmaß der aktuellen Gefährdungslage imo angemessen, einheitliche, nicht nur auf Kreisgebiete beschränkte Schutzmaßnahen zu treffen. Die Landesregierungen bzw. die Abstimmungsrunde auf Bundesebene verfügt auch über ganz anderen direkten Zugriff auf Expertise aus der Wissenschaft als das für jeden einzelnen Landkreis gewährleistet wäre.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Und wo ich ja auch Sorge habe, dass jetzt versucht wird am Infektionsschutzgesetz nachträglich herumzudoktern um bereits erlassene Maßnahmen hinterher rechtskonform zu bringen.
Bisher hat das niemand getan. Falls es getan würde, wäre es in Anbetracht der Situation legitim und sogar rechtsstaatlich zu begrüßen, wenn zB eine Ausgangssperre im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens vom Parlament in Voraussetzungen und Reichweite unter Hinzuziehung der dem Gesetzgeber zur Verfügung stehenden Expertise auf Voraussetzungs- wie Rechtsfolgenseite geregelt würde.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Finde ich sehr undemokratisch! Vor allem wenn das einfach so komplett ohne den nötigen parlamentarischen Verlauf geschieht.
Es gibt sicher Zeiten, in denen die demokratischen Prozesse ungestörter und mit mehr Bedacht ablaufen können, indem keine Geschäftsordnungen von Verfassungsorganen vorsorglich geändert werden, um eine Beschlussfähigkeit im Notfall zu erhalten. Trotzdem muss eine Demokratie auch in der aktuellen Situation entscheidungs- und damit handlungsfähig bleiben. Wenn sie das nicht bliebe, würde am Ende tatsächlich das Drohen, was Du hier als Befürchtung wiederholt an die Wand gemalt hast: Chaos und Anarchie. Glücklicherweise besteht zu einer solchen Befürchtung aktuell kein Anlass.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00 Mit einigen Gesetzen hat man es ja schon getan, wie den Wegfall der Personaluntergrenze oder der Aufhebung des Arbeitsverbots am Sonntag. Wer garantiert denn, dass das NACH der Krise wieder zurückgenommen wird? Das sind halt Dinge wo ich richtige Bauchschmerzen aktuell habe.
Umgekehrt gefragt: Welche ernstzunehmenden Anhaltspunkte hast Du denn dafür, dass die Rücknahme in unserem System beim aktuell regierenden Personal nicht passieren wird? Und dass ein Staat, den Du später in Deinem Post als handlungsunfähig und mit zu wenig Personal ausgestattet beschreibst, eine Nichtrücknahme gegen Widerstände durchdrücken könnte? Mit Deiner Befürchtung bewegst Du Dich Stand heute unter Berücksichtigung der Umstände und des politischen Personals imo im Dunstkreis von Verschwörungstheorien.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00
Inge Hannemann hat ja im oben verlinkten Podcast beispielsweise angemahnt, dass es zwar ganz nett ist, wenn jetzt die Bundesregierung bei der Beantragung von Hartz IV erstmal auf die Vermögensüberprüfung verzichtet. Gleichzeit sind die Hotlines aber jetzt bereits dauerhaft überlastet und sie zweifelt an ob das Personal überhaupt ausreicht um den kommenden Run abarbeiten zu können. Schon durch das Kurzarbeitergeld mussten wohl Mitarbeiter intern umgeschichtet werden, damit man DAS irgendwie hinbekommt.
Frau Hannemanns Einschätzung aus der Ferne halte ich als jemand, der Einblick darin hat, wie mein eigenes Jobcenter aktuell mit der Krise umgeht, für uninteressant. Das gilt umso mehr in Anbetracht des fachlich schlechten Eindrucks, den sie in Deinem verlinkten Podcast hinterlassen hat. Sie war auch laut Wikipedia als Arbeitsvermittlerin tätig. Das heißt, dass sich ihre Expertise im Zusammenhang mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Grenzen halten wird, weil sie mit dem Teil der Leistungssachbearbeitung nichts zu tun gehabt haben dürfte.
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 02:00
Noch ein eigenes Beispiel: Die Ausgangseinschränkungen hier in Sachsen. Ich war heute mit meiner Freundin 3 oder 4 Stunden in Chemnitz unterwegs. Und haben uns das mal angeguckt: Nirgendwo war auch nur einer von der Polizei oder vom Ordnungsamt zu sehen. Bürger aber auch kaum. Da denke ich mir: Da könnten sich jetzt Gruppen treffen, es würde erstmal kaum jemand mitbekommen. [...]
Also was ich sagen will: Man haut jetzt nen Haufen neuer Verfügungen jeden Tag raus, aber so richtig umsetzen kann das niemand. Man hat den öffentlichen Dienst in den letzten Jahren so dermaßen zusammengespart, dass das jetzt alles kaum jemand abarbeiten kann. Das ist neben meiner Bedenken ob das alles so wirklich verfassungsmäßig ist, mein Hauptproblem.
Es sollte Dich doch eigentlich beruhigen, dass der Staat nicht über das nötige Personal verfügt, um einen Überwachungsstaat für 82 Millionen Bürger zu fahren und dass es auf unseren Straßen nicht aussieht wie in einem Überwachungsstaat. Selbst wenn die Personaldecke im öffentlichen Dienst sehr viel großzügiger bemessen wäre, was imo wünschenswert wäre, könnte eine flächendeckende strikte Durchsetzung ohne Kooperationsbereitschaft der Bevölkerung nicht stattfinden. Umso wichtiger ist es, dass die Politik die Maßnahmen erklärt, für Verständnis wirbt und Verharmlosern auch von Seiten der Zivilgesellschaft widersprochen wird, die von purem Aktionismus sprechen und von medialer Hysterie schreiben, so wie Du hier nun schon zum wiederholten Mal. Wie Du selbst schreibst: Bürger waren auch kaum auf der Straße. Welchen Sinn hätte es da, an jeder Straßenecke Ordnungshüter zu postieren? Ein demokratischer Rechtsstaat ist immer darauf angewiesen, dass die Zivilgesellschaft ihn anerkennt und schon aus Eigeninteresse möglichst weitgehend verantwortungsvoll / rechtskonform handelt.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 03:04 Nein, die jetzt geltenden Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen werden erst in 1-2 Wochen in den Zahlen sichtbar. Die Inkubationszeit beträgt 5-6 Tage und die Leute werden erst mit entsprechenden Symptomen getestet. Und es kann ja auch bis zu ein, zwei Tagen dauern bis eine Zahl vom örtlichen Gesundheitsamt zur RKI-Statistik kommt.
Wir sind jetzt also gerade mal zur Anfangszeit der Schulschließungen. Wenn aber schon bei bestimmten Landkreisen seit Tagen kaum Anstieg zu sehen ist, dann liegt das daher nicht an den Maßnahmen.
Die Schulschließungen begannen in einigen Gegenden Mitte der der vorletzten Woche. Fast im gesamten restlichen Bundesgebiet war der 13.03. der letzte Schultag, das ist mittlerweile überall mindestens 12 Tage her.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von lnhh »

Timberfox13 hat geschrieben: 20. Mär 2020, 22:23 Ach, um die Handydaten mach ich mir am wenigsten Sorgen.
Ich hab mich eh schon gefragt, wann jemand auf die Idee kommt, „kostenloses“ BigData zu nutzen, welches eh jeder sekündlich in den Äther bläst.

Da kann man diese ganzen Metadaten und entsprechende Algorhytmen/KI-learning Instrumente mal sinnvoll und nicht nur zum finden des günstigsten Angebots oder des passendsten Partners einsetzen :)

Ich bin hier nur die leicht nervige mahnende Stimme aus dem Off, die bei der Aussage von mart.n „nehme ich eine Pflichtüberwachung in Kauf / lieber Grundrechte [zeitlich] einschränken“ leichten Schluckauf bekommt (was meinen *hick* Mahnungen *hick* eh die Schärfe *hick* nimmt)
Also ClearviewAI? Gibts schon, wird schon genutzt ;-)
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von HerrReineke »

Rince81 hat geschrieben: 25. Mär 2020, 09:19
Axel hat geschrieben: 25. Mär 2020, 03:04 Nein, die jetzt geltenden Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen werden erst in 1-2 Wochen in den Zahlen sichtbar. Die Inkubationszeit beträgt 5-6 Tage und die Leute werden erst mit entsprechenden Symptomen getestet. Und es kann ja auch bis zu ein, zwei Tagen dauern bis eine Zahl vom örtlichen Gesundheitsamt zur RKI-Statistik kommt.
Wir sind jetzt also gerade mal zur Anfangszeit der Schulschließungen. Wenn aber schon bei bestimmten Landkreisen seit Tagen kaum Anstieg zu sehen ist, dann liegt das daher nicht an den Maßnahmen.
Die Schulschließungen begannen in einigen Gegenden Mitte der der vorletzten Woche. Fast im gesamten restlichen Bundesgebiet war der 13.03. der letzte Schultag, das ist mittlerweile überall mindestens 12 Tage her.
Wenn ich Axel hier richtig verstehe wollte er damit ausdrücken, dass wir mit dem Sichtbarwerden von Auswirkungen an der Anfangszeit dessen sind, was die Schulschließungen bewirkt haben. Dass also die nun beobachtbaren Effekte auf die Schulschließungen von vor 12 Tagen zurückzuführen sind und eben noch nicht auf die danach erfolgten noch weitergehenden Maßnahmen.

Ob das an der eigenen Einschätzung etwas ändert, dass man nicht bereits war knappe 2 Wochen zu warten, ob die Schulschließungen und höfliche Bitten alleine ausreichend sind, ist dann aber wieder eine andere Frage.
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