Trugschluss hat geschrieben: ↑19. Jun 2020, 13:00
Ich habe jetzt schon mehrmals geschrieben, woher meine Risikobewertung kommt: Aus dem Krankenhaus (einer Großstadt), mMn der Ort (neben Pflegeheimen), an dem die Maßnahmen am strengsten sein sollten und auch ihre Einhaltung am stärksten kontrolliert werden sollte. Werden sie nun aber eben nicht und dennoch bricht das System dort nicht zusammen, weil sich plötzlich alle infizieren.
Ich verstehe, wie du persönlich zu der Risikobewertung kommst, aber nicht wie du zur Güterabwägung kommst. Aus deiner persönlichen Erfahrung kann man den Schluss ziehen, dass Masken nichts nützen und überflüssig sind. Nun würde ich dieses Urteil nicht ausschließlich auf deiner persönlichen Erfahrung bewerten, denn immerhin kommt es unter bestimmten Situationen - kein Abstand, kein Mundschutz, usw. - die Tage wiederholt zu Ausbrüchen, welche auf einem Schlag über hundert Menschen infizieren können. Dass es in deinem Krankenhaus insofern zu keinem Ausbruch kam, würde mir nicht genügen um daraus ein Urteil über die Hygienevorschriften insgesamt zu ziehen.
So oder so. Die Risikoabwägung könne lauten "Bringt wahrscheinlich nicht viel." Das mal angenommen, könne man ja aber dennoch in der Güterabwägung zum Urteil kommen, dass auch wenn ein Mundschutz wahrscheinlich nicht viel bringt, man ihn trotzdem trägt, weil's im Alltag halt keine wirkliche Einschränkung ist und man diesen Lappen unter der Woche im Durchschnitt wohl nur wenige Minuten vor'm Mund trägt. Denn wenn du dich in deiner Risikoabwägung irren solltest und der Mundschutz doch effektiv ist und du ihn nicht verwendest, gefährdest du die Gesundheit deiner Mitmenschen. Die Minimierung dieses Risikos verlangt von dir keine nennenswerte Kraftanstrengung, sondern halt das Aufziehen einer Maske, wenn du einkaufen gehst, und so.
Diese Güterabwägung verstehe ich nicht. Selbst wenn man die Effektivität des Mundschutzes für fraglich hält, ist der Aufwand ihn dennoch zu tragen um das Restrisiko - man irrt sich, und er nützt doch etwas - derart marginal, dass ich persönlich im Zweifel doch viel lieber auf der sicheren Seite sind. Ich habe das Dingens morgens in der Tasche wenn ich zur Schule gehe, ziehe es im Gebäude auf und that's it. Ich empfinde dabei keine Emotion. Wir haben in unserer Stadt derzeit auch keine aktiven Fälle, sodass viele den Mundschutz mittlerweile für überflüssig halten. Auch könnte man sich Sinnfragen stellen, weshalb man jetzt einen Mundschutz tragen soll, wenn doch nach den Sommerferien jeglicher Mindestabstand in den Schulen wegfällt und wieder regulärer Unterricht in voller Stärke stattfinden soll.
Aber mir den Stofflappen für'n paar Augenblicke vor den Mund zu packen kostet mich weniger Energie, als mich über die Sinnhaftig- oder auch Sinnlosigkeit dieser Maßgabe zu ärgern.
Trugschluss hat geschrieben: ↑19. Jun 2020, 13:00Finde dies nicht problematisch erstmal auf Eigenverantwortung zu pochen, so viel Vertrauen habe ich noch in Menschen.
Ist nicht böswillig gemeint, aber dein Verhalten zeigt doch, dass die Eigenverantwortung hier nicht greift. Denn eigentlich ist's ja keine Eigenverantwortung, sondern eine Fremdverantwortung: Du bist nicht für deine Gesundheit verantwortlich, denn der Verzicht auf den Mundschutz stellt kein Risiko für deine Gesundheit dar. Du bist im marginalen Maße für die Gesundheit deiner Mitmenschen verantwortlich, und wenn du den Mundschutz für sinnlos erachtest und ihn deshalb nicht trägst, kommst du dieser Verantwortung doch nicht nach.
Axel hat geschrieben: ↑19. Jun 2020, 13:26Mit welcher Moral soll die Diskriminierung einer Minderheit gerechtfertigt werden?
Es ist doch aber keine Diskriminierung die auf einem Weltbild, einem Werturteil, o.Ä. basiert. Es ist eine Güterabwägung. Ansonsten ist's - mal salopp gesagt - auch eine Diskriminierung wenn man sagt, dass man eine bestimmte Mindestgröße haben muss um eine Achterbahn zu benutzen. Der Grund für solche Mindestgrößen ist nicht, dass man kleine Menschen diskriminieren und abwerten will, sondern dass das Interesse "Ich will Achterbahn fahren" dem Interesse "Wir wollen die Sicherheit der Gäste gewährleisten" hintenansteht.
Natürlich kann man auch von der Maskenpflicht abweichen, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen nicht zu verantworten ist. Aber relativ gesehen ist der Anteil der Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen eine Maske nicht tragen können, wohl sehr, sehr gering. Und gerade die Menschen, die bereits Atemswegerkrankungen haben und deshalb keine Maske tragen können, sind doch noch viel mehr darauf angewiesen, dass der Rest von uns diese marginale Unannehmlichkeit vor'm Gesicht akzeptiert. Eben weil Menschen mit Atemwegserkrankungen von einer Atemwegserkrankung - eben COVID19 - doch noch viel stärker betroffen sind.
Natürlich muss es Ausnahmen von der Regel geben können. Gibt's ja auch. Das finde ich gut.