COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 19. Jun 2020, 13:33 Wenn jemand einige Monate im Kaufhaus blöd angelabert wird, dafür aber Menschen nicht sterben: so be it. Heißt nicht, dass wir uns für diese Menschen nicht anderweitig (s.o.) einsetzen sollten.
Ich kann auch keine Maske tragen. Dachte am anfang es geht. Aber ich bekomme heftige Panikattacken! Folge war und ist:
- Ich wurde 6x vor Supermärkten abgewiesen!
- 2x wurde ich Opfer von Gewalt.
- Ich habe ANGST überhaupt noch rauszugehen!!! Seit 6 Wochen sitze ich nur noch in meiner Wohnung. Einkaufen tut meine Freundin und meine Haushaltshilfe für mich.
- 3 harte Jahre und etliche Therapieerfolge umsonst! Alles zunichte! Hatte in der Zwischenzeit wieder SVV...

Ich kann einfach nicht mehr. Je länger das dauert, desto weniger Kraft habe ich noch für irgendwas! Sobald ich diese Maske habe, sehe ich meinen Stiefvater vor mir, fühle wie er mich würgt und sexuell missbraucht. So wie er es getan hat, als ich Kind war. Das ist die Wirkung, die die Maske auf mich hat. Dazu kommt, dass ich Angst habe andere Menschen mit Maske zu sehen, weil ich ihre Mimik nicht einschätzen kann.

Und ich bin mit meinen Problemen eben nicht alleine. Das ist kein „mal blöd angelabert werden“ was wir erleben! Sondern echte, harte Diskriminierung! Weil man uns draußen nicht nur blöd anlabert (damit kann ich umgehen), sondern Gewalt androht oder eben auch den Zutritt von bspw. Supermärkten verwehrt.


Eigentlich wollte ich sowas persönliches hier nicht mehr schreiben. Aber damit ihr mal wisst, welche Folgen diese Masken auf uns Missbrauchsopfer haben kann. Nein, ich steigere mich in nichts hinein. Es ist „normale“ Posttraumatische Belastungsstörung. Die Maske ist bei mir leider ein Trigger, der die ganze Traumata wieder hochholt und mich retraumatisiert. Da mein Stiefvater mich damals gewürgt und den Mund zugehalten hat. Und das Gefühl gibt mir die Maske. Meine PTBS ist chronisch, also unheilbar. Mir bleibt nur übrig mich konsequent von ALLEN Triggern fernzuhalten!

Vielleicht könnt ihr jetzt besser verstehen, warum Menschen wie ich gegen diese Pflicht sind. Und wie das wirkt, wenn von allen immer gesagt wird „Ist doch alles nicht so schlimm“.
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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Axel hat geschrieben: 19. Jun 2020, 14:35 Vielleicht könnt ihr jetzt besser verstehen, warum Menschen wie ich gegen diese Pflicht sind. Und wie das wirkt, wenn von allen immer gesagt wird „Ist doch alles nicht so schlimm“.
Wie ich schon schrieb: Ich bin absolut dafür, dass es für Menschen wie dich einfacher wird. Dass da besser informiert wird. Aber "lassen wir es halt bleiben" ist eben keine Lösung, solange eine Gefahr für Menschenleben besteht.

Solange du nicht sagst: "Es ist wichtiger, dass es Menschen wie mir wieder besser geht, auch wenn andere dafür sterben", sind wir eh einer Meinung. Die Diskussion dreht sich irgendwie im Kreis, habe ich das Gefühl, ohne das Notwendigkeit besteht.

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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 19. Jun 2020, 15:05 Wie ich schon schrieb: Ich bin absolut dafür, dass es für Menschen wie dich einfacher wird. Dass da besser informiert wird. Aber "lassen wir es halt bleiben" ist eben keine Lösung, solange eine Gefahr für Menschenleben besteht.
Was getan werden müsste ist ganz einfach:

- Gesetzlich regeln, dass Menschen aufgrund einer Maskenbefreiung nicht mehr abgewiesen werden dürfen. Stand jetzt können sich Betreiber von Geschäften oder Restaurants hinter ihrem „Hausrecht“ verstecken. Wir haben schon diverse Male an die Antidiskriminierungsstelle gewendet. Die können nur mit den Betreibern reden, aber nicht direkt handeln. Weil da die gesetzliche Grundlage fehlt.

- Großangelegte Aufklärungskampagnen über die Ausnahmen! Nicht irgendwo versteckt auf Homepages von Tageszeitungen einzelne Artikel. Sondern Abends in der Tagesschau, in jeder großen Sendung und in der Presse auf den Titelblättern. Vor JEDEM Geschäft müssen Informationstafeln stehen!

Aber wie können wir, die wir so wenige sind, das durchsetzen? Auf uns aufmerksam machen? Wo doch selbst die weitaus größere „Minderheit“ der Armen ebensowenig gehört und beachtet werden? Es ist eine Schande!
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Terranigma
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Terranigma »

Axel hat geschrieben: 19. Jun 2020, 16:05Was getan werden müsste ist ganz einfach:

- Gesetzlich regeln, dass Menschen aufgrund einer Maskenbefreiung nicht mehr abgewiesen werden dürfen. Stand jetzt können sich Betreiber von Geschäften oder Restaurants hinter ihrem „Hausrecht“ verstecken. Wir haben schon diverse Male an die Antidiskriminierungsstelle gewendet. Die können nur mit den Betreibern reden, aber nicht direkt handeln. Weil da die gesetzliche Grundlage fehlt.

- Großangelegte Aufklärungskampagnen über die Ausnahmen! Nicht irgendwo versteckt auf Homepages von Tageszeitungen einzelne Artikel. Sondern Abends in der Tagesschau, in jeder großen Sendung und in der Presse auf den Titelblättern. Vor JEDEM Geschäft müssen Informationstafeln stehen!
Nur damit kein falscher Eindruck zurückbleibt: ich finde die Vorschläge gut und fände es wichtig, dass transparenter gemacht wird, dass bestimmte Personengruppen unter Nachweis eben keine Maske tragen können und diese daher von der Maskenpflicht auch befreit werden sollten. Das ist ja ein berechtigtes Anliegen. Wenn ich "Minderheit" sage, so ist dies rein sachlich und nicht wertend gemeint. Ich meine damit die relativen Zahlen und möchte damit nicht die Anliegen und Probleme der Betroffenen kleinreden. Darüber gibt's hier ja keinen Dissenz.
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Trugschluss
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Trugschluss »

Andre Peschke hat geschrieben: 19. Jun 2020, 14:20 Lebensrisiko muss halt belegt sein.
Und wie würde ein zufriedenstellender Beleg von Lebensrisiko aussehen? Was müsste er beweisen im Vergleich zu was? Ganz ernst gemeint, habe mir da schon drüber Gedanken gemacht und empfand es als schwierig.

(Bitte immer bedenken, gegen regionale Maßnahmen habe ich nichts, wenn Hamburg nun zum HotSpot wird, trage ich Maßnahmen gerne mit)

Mir wären jetzt z.B. Nebenwirkungen von Arzneimitteln eingefallen, die man in Kauf nimmt. "Sehr seltene" Nebenwirkungen wären nach Definition weniger als 1 von 10.000 Behandelten (<0,01%). Hamburg hat eine aktuelle 7-Tage-Inzidenz von 1,2 je 100.000 Einwohnern (0,0012%). Also, hinnehmbar als Lebensrisiko?

Influenza infiziert jedes Jahr geschätzt 15% der Bevölkerung. Das sind 15.000 von 100.000 Einwohnern, wovon ca. 60 von 100.000 Fällen stationär versorgt werden müssen. Von 15.000 je 100.000 Einwohnern sind wir bei Corona sehr weit entfernt, wird es dann nicht Teil des Lebensriskos in der aktuellen Lage?

Auch suchen Hunderte bis Tausende je 100.000 Einwohner (ja, die Spanne ist groß und saisonabhängig) pro Kalenderwoche wegen akuter Atemwegserkrankungen einen Arzt auf. Wieder die aktuellen entdeckten 1,2 je 100.000 Einwohner in Hamburg stellen sich als COVID19-positiv heraus. Das sind im schwächsten Fall auch nur 1% aller Arztbesuche wegen Atemwegserkrankungen viel wahrscheinlicher sogar noch geringer. Kein hinnehmbares Lebensrisiko?

Und dann der Blick über die Grenzen, wie es Axel schon erwähnte. Niederlande, Schweiz und Österreich habe nicht eine solch rigide Maskenpflicht und sehr vergleichbare aktuelle Zahlen zu uns Deutsche. So groß kann das Risiko dann doch nicht sein, wenn man die Maskenpflicht weiter aufweicht, oder?

(Hoffentlich klingen die Fragen nicht zu schnippisch, so sind die Formulierungen nicht gemeint. :shifty: )
Zuletzt geändert von Trugschluss am 19. Jun 2020, 19:32, insgesamt 2-mal geändert.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Und um noch ein Beispiel zu bringen: Der Sommer ist da! Nächste Woche die erste Hitzewelle!

Nun hatten wir jetzt das große Glück, dass wir dieses Jahr endlich wieder nen normalen Frühling mit Wind, Regen und angenehmen Temperaturen hatten. Da trägt sich für viele eine Maske auch sehr einfach. Aber wie sieht es dann mal bei täglichen 35-40 Grad aus? Beispielsweise in Hinblick auf Menschen mit Kreislaufprobleme? Die haben ja auch so schon immer zu kämpfen bei Hitze. Und ich denke, das sind dann schon durchaus mehrere Millionen. Beispielsweise Menschen mit Übergewicht haben ja häufiger Probleme mit ihrem Kreislauf. Auch könnte ich mir vorstellen, dass durch schwereres Atmen in der Hitze die Maske sehr viel schneller voll von Bakterien und Keimen wird. Nein, nicht beim kurzen Einkauf. Aber fahrt mal ne Stunde in einer Bahn wo die Klimaanlage nicht geht. Gerade auch in der DB fallen diese Dinger ja so regelmäßig aus, dass man von Glück reden muss, wenn man mal eine MIT Klimaanlage erwischt. Und da kann man dann kein Fenster aufmachen. Nix dergleichen. In so einer Situation etwa stelle ich mir ne Maskenpflicht als unrealistisch vor. Oder wenn im städtischen Bus die Leute wieder eng beieinander stehen, beispielsweise im Berufsverkehr. Würde mich dann wundern, wenn nicht mehrere Leute dann umkippen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von JanTenner »

Gerade diese kreislaufschwachen, übergewichtigen, alten, verarmten und depressiven Menschen mit Atemwegserkrankungen die so wie der redest 90% der Bevölkerung ausmachen sollten doch ein Interesse an einer Maskenpflicht haben, da sie doch auch diejenigen sind bei denen Covid am ehesten einen schweren Verlauf nimmt.
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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Trugschluss hat geschrieben: 19. Jun 2020, 16:36 Und wie würde ein zufriedenstellender Beleg von Lebensrisiko aussehen? Was müsste er beweisen im Vergleich zu was?
Besser als "Mein Opa war Kettenraucher und hatte nie Krebs. Also kann es so schlimm nicht sein".

Deine Beispielrechnungen, nur eben von einem Experten durchgeführt, der am Ende sagt: "Hey, das ist jetzt wirklich absolut zumutbar" - ich glaube, das finde ich akzeptabel.

Ich wandte mich ja gegen deine "Also, bei uns machen eh scho nich alle richtig mit und es ist nix passiert"-Argumentation. Die ist halt schwach.

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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

In der Schweiz werden jetzt sämtliche Einschränkungen aufgehoben. Mit Ausnahme von Großveranstaltungen.
https://www.tageskarte.io/politik/detai ... d-auf.html

In Tschechien wird im Großteil des Landes die Maskenpflicht und andere Einschränkungen ebenfalls fallengelassen:
https://www.idowa.de/inhalt.corona-kris ... 0175d.html

Hier geht man jetzt dazu über, keine landesweiten Einschränkungen mehr zu erteilen, sondern anhand von einer Karte mit verschiedenen Regionen und einer Art Ampelsystem nur noch da aktiv zu werden wo Infektionsgeschehen besteht. Das ist ein System, welches auch wir noch stärker umsetzen sollten. Also nicht mehr Bundeslandweit, sondern Maßnahmen auf einzelne Landkreise beschränken. So geht wohl jetzt auch die Schweiz vor, in dem sie die Verantwortung in die einzelne Kantone legt.
Ich gehe davon aus, dass wir in Sachsen ab Juli dem tschechischen Beispiel folgen. Wie soll das sonst in den Grenzregionen funktionieren? Die Grenzen zu Tschechien sind seit Anfang Juni zum Glück wieder komplett offen! :)

Und noch ne positive Nachricht aus dem Rheinland - Mehr Menschen dürfen zu Veranstaltungen:
https://www.rheinpfalz.de/politik/rhein ... 77580.html

Bin mal gespannt, welche Lockerungen in den nächsten Wochen noch kommen. Ist ja auch schon relativ sicher, dass bei uns in Sachsen bald kleine Volksfeste und Jahrmärkte starten dürfen.


Wer sich übrigens fragt, warum die Länder so einen „Überbietungswettbewerb“ (ein schreckliches Framing btw) bei den Lockerungen machen: Unsere Demokratie ist nämlich nach wie vor in bester Ordnung. Denn gerade in der Zeit Ende April / Anfang Mai kamen teilweise täglich Urteile von Verwaltungs- oder Oberlandesgerichten, welche die verschiedensten Verordnungen in den verschiedenen Bundesländern wieder einkassiert haben. So auch gestern in Bayern, wo die Sperrstunde für die Gastronomie kassiert wurde: https://www.pnp.de/nachrichten/bayern/G ... 10001.html

Ich habe auf Facebook schon von etlichen Leuten gelesen, dass sie das doof finden, das Verordnungen von Gerichten ungültig gemacht werden. Aber es ist DAS Argument, was ihr jeden Verschwörungsschwurbler da draußen entgegenbringen könnt. Die labern nämlich die ganze Zeit was von der Abschaffung der Demokratie. Aber ich habe noch nie erlebt, wie innerhalb von wenigen Wochen so viele Verordnungen von der Judikative wieder kassiert wurden. Einen besseren Beweis FÜR unsere Demokratie und Gewaltenteilung kann es garnicht geben! :)

Und was hat das nun mit den Lockerungen zu tun? Die Kehrseite ist natürlich: Je öfter eine Landesregierung von einem Gericht korrigiert wird, desto mehr Vertrauen schwindet in der Bevölkerung zur Landesregierung. Das große Zauberwort heißt: Verhältnismäßigkeit. Einschränkungen müssen immer wieder neu an die Gefahrenlage angepasst werden und die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben. Und daher ergibt sich: Weniger Infizierte = Weniger Einschränkungen.
Als Beispiel wäre Nordsachsen zu nennen: Warum sollte es hier noch irgendeine Einschränkung geben, wo doch der ganze Landkreis coronafrei ist? https://www.landkreis-nordsachsen.de/in ... virus.html
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Filusi
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Filusi »

Es ist ein schwaches Konstruktion derzeit:
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/c ... usbreitung

Die Tendenz zeigt seit Kurzem wieder leicht nach oben, siehe Gesamt-Kurve und auch gerade in den ostdeutschen BL mit wenigen Ausnahmen geht es leicht nach oben, während u. a. Bayern weiterhin langsam sinkt.

Können alles reine statistische Zufälle sein, gerade bei den niedrigen Inzidenzen, sollte aber weiter beobachtet werden.

Gerade was Volksfeste und andere mittleren und größeren Veranstaltungen angeht bin ich sehr vorsichtig eingestellt.

Wir sollten auch erstmals wieder etwas abwarten, hatten ja die vielen Schul- und Kita Erweiterungen und Großdemonstration in letzter Zeit.
Zuletzt geändert von Filusi am 20. Jun 2020, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Filusi hat geschrieben: 20. Jun 2020, 10:46 Es ist ein schwaches Konstruktion derzeit:
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/c ... usbreitung

Die Tendenz zeigt Zeit kurzem wieder leicht nach oben, siehe Gesamt-Kurve und auch gerade in den ostdeutschen BL mit wenigen Ausnahmen geht es leicht nach oben, während u. a. Bayern weiterhin langsam sinkt.

Könnn alles reine statistische Zufälle sein, gerade bei den niedrigen Inzidenzien, sollte aber weiter beobachtet werden.
Die Frage ist halt dann auch, wie man damit umgeht. Hier in Augustusburg hatten die letzte Woche nen Ausbruch an einem Gymnasium: Bei einer Lehrerin wurde das Virus festgestellt. Was hat man gemacht? Das Gymnasium erstmal für 14 Tage dicht. Freiwillig von der Schulleitung, ohne das es seitens des Gesundheitsamtes notwendig gewesen wäre. Man hat jetzt ganze Massentests gemacht: Die Kinder, deren Eltern, wichtige Kontakte, und und und. Und wenn man schonmal dabei ist, als reine Vorsichtsmaßnahme, testet man die zwei ansässigen Altersheime auch gleich noch mit durch - nur um ganz sicher zu sein. Dazu haben die mit Dirk Neubauer nen sehr engagierten Bürgermeister, der die Bevölkerung mehrmals am Tag in den sozialen Medien transparent auf den laufenden hält, teilweise auch mit Videobotschaften. Und so schafft man Vertrauen und entzieht Theorien gleich den Boden.

Das mit den Massentests ist ja auch so eine alte Forderung von dem Kekule. Mit der Strategie war Nordsachsen sehr erfolgreich und wird jetzt hier auch in anderen Landkreisen angewendet. Also wenn man bei einzelnen Ausbrüchen dann gleich so intensiv und breit handelt, dann kann kein Infektionsherd entstehen. Hier diskutiert dann auch niemand mehr, wer denn die ganzen Tests bezahlen soll. Da habe ich noch vor ein paar Tagen Artikel aus anderen Bundesländern gelesen, dass da teilweise immer noch gestritten wird. SO kann es dann natürlich nicht funktionieren.
Filusi hat geschrieben: 20. Jun 2020, 10:46 Gerade was Volksfeste und andere mittleren und größeren Veranstaltungen angeht bin ich sehr vorsichtig eingestellt.

Wir sollten auch erstmals wieder etwas abwarten, hatten ja die vielen Schul- und Kita Erweiterungen und Großdemonstration in letzter Zeit.
Gerade wenn wir bei Volksfesten sind, sind wir bei den Schaustellern. Wie lange will man dann warten? Im Oktober ist es dann auch zu spät, dann ist Herbst und in der Regel nass. Da ist die Saison vorbei. Will man also, dass die zumindest noch etwas verdienen können, dann muss man das jetzige Fenster nutzen. Stell Dir da sicherlich keine normalen großen Jahrmärkte vor, sondern eher kleinere, überschaubare Veranstaltungen. Außerdem sind die ja draußen. Die ganzen Infektionsherde entstanden aber bisher ausschließlich in geschlossenen Räumen. Also alles was man weiß ist, dass draußen nichts passiert. Du sprichst ja die Großdemonstrationen an. Die waren bereits vor genau 2 Wochen. Durchschnittlich 7 Tage ist die Inkubationszeit, vereinzelt länger. Aber da hätte man schon seit ner Woche einen deutlichen Anstieg sehen müssen. Und nach den Großdemos von vor zwei Wochen bei ausbleibender Massenansteckung, kann man das auch niemanden mehr erklären wenn dann kleine Straßenfeste und Volksfeste nicht wieder möglich sein sollten. Wo wir wieder bei der Verhältnismäßigkeit wären.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Ich finde es interessant wie bei der Diskussion der möglichst schnellen Rückkehr zur Normalität ohne Masken ganz nebenbei die Mitarbeiter in den entsprechenden Branchen mit viel Publikumsverkehr ohne mit der Wimper zu zucken unter den Bus geworfen werden.
Als Kunde im Supermarkt eine Maske zu tragen schützt nämlich insbesondere die VerkäuferInnen, in anderen Bereichen die Servicekräfte. Die haben nämlich nicht die Möglichkeit ins Homeoffice zu gehen und haben im Gegensatz zu den meisten ihrer Kunden tagtäglich eine Vielzahl von sozialen Kontakten zu Dutzenden, wenn nicht Hunderten verschiedenen Leuten und ein entsprechend erhöhtes Infektionsrisiko. Im März waren sie noch Helden über deren schlechte Bezahlung sich aufgeregt wurde - im Juni möchte man sie nicht einmal mehr mit durch das Tragen eines kleinen Stücks Stoff mehr schützen... Fehlt nur noch der "I Can't breathe"-Slogan auf den Anticorona Demos...
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Filusi »

@Axel

Wie sie da bei euch reagiert und getestet haben, finde ich großartig. *Daumen hoch*

Es gibt aber auch leider die Gegensbeispiele wie der Umgang bei den Fleisch Fabriken.

Bezüglich der kleinen Volksfeste, kA, wenn alle mitziehen und Maßnahmen ergriffen und eingehalten werden...
Vielleicht, ich bin da skeptisch.

In einer Folge des Drostcasts ging Drosten auf das mögliche Ausbreitungsverhalten ein und das Konzept der einzelnen Superspräderpersonen (vielleicht vertue ich mich auch grad mit Begrifflichkeiten, sry in diesem Falle).

So in der Art:
7/10 stecken jeweils nur 1 weitere Person an und 3/10 dann aber umso mehr, in diesem Bsp. müssten es jeweils etwas über 7 Personen sein.

Das kann bei sehr niedrigen Inzidenzien, wie bei uns, länger ganz gut gehen und vor sich hin schwelen, dann aber auf einmal doch ins gefährliche exponentielle Wachstum über gehen, allerdings halt zeitlich versetzt.

Dann kann man nicht mehr so einfach mit 7 - 14 Tagen rechnen...

Volksfeste, volle Schulen und Kitas würden das dann aber zusätzlich befeuern.

Leider :(
Aber ich mutmaße, warten wir es einfach ab.
Zuletzt geändert von Filusi am 20. Jun 2020, 17:04, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Rince81 hat geschrieben: 20. Jun 2020, 12:35 Als Kunde im Supermarkt eine Maske zu tragen schützt nämlich insbesondere die VerkäuferInnen
Als ob es zur normalen Kasse keine Alternativen gäbe. Weiß nicht, wie das bei Euch ist. Aber bei uns haben sich in den letzten 2-3 Jahren die Selbstbedienungskassen ausgebreitet. Man scannt seine Ware selbst ab und zahlt mit der Karte. Da ruft man einfach die Leute dazu auf, bitte vermehrt diese Kassen zu nutzen und die normalen dann nur noch im Notfall wenn es nicht anders geht. Da lt. Statistiken in den letzten Wochen das bargeldlose Zahlen massiv zugenommen hat, sollte das kein Problem darstellen.

Und ansonsten gab es ja auch kaum Ansteckungen wo man sich mal kurz begegnet ist. Sondern das waren doch längere Kontakte wie in Kirchen, Arbeitsstellen und dergleichen. Deswegen zählt ja auch die App nicht jeden Menschen an den Du vorbeiläufst als Kontakt, sondern nur wenn Du länger als 15 Minuten mit jemanden in Kontakt bist. Das haben ja auch Drosten und Kekule immer wieder mehrmals in ihren Podcasts gesagt, dass vor allem die längeren Kontakte risikoreich sind. Aber seit wann ist man länger als ne Minute mit ner Kassiererin in Kontakt? Was anderes wären Friseurinnen und ähnliches. Da machen Masken längerfristig Sinn. Aber gerade im Einzelhandel gibt es Möglichkeiten das auszudünnen. Zudem die Kassen selbst ja auch durch Plexiglas geschützt sind.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Axel hat geschrieben: 20. Jun 2020, 14:12 Als ob es zur normalen Kasse keine Alternativen gäbe. Weiß nicht, wie das bei Euch ist. Aber bei uns haben sich in den letzten 2-3 Jahren die Selbstbedienungskassen ausgebreitet.
Das von demjenigen der sonst immer für die sozial Schwachen Eintritt...

Ich verstehe sehr gut, dass du keine Maske tragen kannst. Ich bin da voll dabei, dass es für medizinische Indikatoren Ausnahmen geben muss ohne das diejenigen komisch angeschaut werden oder ausgegrenzt. Das ist wie beim Impfen. Herdenimmunität funktioniert, wenn nicht alle geimpft werden. Nur ist das kein Argument Impfquoten generell zu reduzieren, dann funktioniert es nämlich auf einmal nicht mehr. Nun führst du in der Argumentation statt deines konkreten Falls, der jede Ausnahme wert ist, immer wieder Strohmannargumente ein, damit niemand mehr Masken trägt. Wir haben gerade so geringe Zahlen weil wir den Kram machen. Das Modell Freiwilligkeit wie es Schweden praktiziert funktioniert anscheinend nicht.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

In Israel rollt die zweite Welle an - dabei hatte man sich vorbildlich verhalten:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... af93d71ec4

Klingt vertraut...
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schneeland
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von schneeland »

Rince81 hat geschrieben: 20. Jun 2020, 17:12 Klingt vertraut...
Speziell: Schulen komplett wieder auf, Maskenpflicht nicht ernst genommen, das Gefühl "ist ja eigentlich vorbei".

Ich hoffe, dass uns das hier erspart bleibt. Ich bin ja normalerweise eher ... nicht so begeistert von der Regierungsarbeit der Merkeljahre, aber bisher ist das, was passiert überwiegend solide, gemessen an der vorhandenen Infrastruktur (idealerweise würden wir diese jetzt ausbauen und auch unser Gesundheitssystem mal auf links drehen, aber das ist ein anderes Thema).
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DickHorner
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von DickHorner »

So, Antwort #1000:

Wir lockern jetzt schön alles, fühlen uns ein paar Wochen wohl und dann im Herbst kommt's doppelt zurück und alle sind ganz überrascht und schockiert.
Kauft schon Mal Masken und Klopapier.
Im Rest der Welt geht's jetzt erst richtig los, in ein paar Monaten schwappt es dann richtig schön wieder zurück.

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Terranigma
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Terranigma »

schneeland hat geschrieben: 20. Jun 2020, 17:25Speziell: Schulen komplett wieder auf, Maskenpflicht nicht ernst genommen, das Gefühl "ist ja eigentlich vorbei".
Es ist halt wirklich'n Dilemma. Arbeite ja an der Schule und bekomme die Diskussionen täglich mit, insb. auch die <ironie>großartige Arbeit</ironie> des Schulministeriums in NRW. Das Problem mit den Schulen ist nun leider Folgendes: den aktuellen Schulbetrieb wie derzeit fortzusetzen dürfte in der Bevölkerung größtenteils auf wenig Verständnis stoßen - einige Landkreise weisen gar keine aktiven Fälle mehr auf, und wenn dort weiterhin Unterricht nur auf Sparflamme stattfindet, obwohl COVID19 dort derzeit keine allzu große Problematik darstellt, nun ... die Stimmung kippt jetzt schon teilweise. Regelmäßiger Unterricht ist unter den derzeitigen Auflagen kaum möglich. Das ist quasi "Notfallunterricht". Wenn man dies also auch nach den Ferien so fortsetzen will, so benötigt man eine ausreichende Evidenz, welche die Fortführung der Einschränkungen begründet. Aktuell gibt's die aber nicht, weil die Fallzahlen aktuell weiterhin sinken.

Umgekehrt gibt es natürlich die berechtigte Sorge, dass der aktuelle Trend sich schnell ändern kann, insb. sobald der Herbst beginnt, der ja auch in normaleren Zeiten schon die Hochzeit für Erkältungen und Atemwegserkrankungen ist. Schulen sind quasi tägliche Großveranstaltungen, wo Menschen auf engsten Raum über Stunden hinweg sitzen. Im Herbst und Winter kann man auch nicht durchgehend lüften. Die Sorge scheint mir also berechtigt, dass es unter den Umständen wieder zu einem starken Anstieg der Infektionen kommen kann, insb. weil ja der Mindestabstand wegfallen wird. Lehrer und Schüler/innen wären dann einer möglichen Ansteckung direkt ausgesetzt, und aktuell sehen wir ja am Beispiel von Tönnies, wie schnell das Virus die Runde machen kann.

... Naja. Aber dann wiederum sind die Zahlen derzeit halt niedrig an vielen Orten. Die Schulen selbst bei so guten Zahlen im aktuellen Krisenmodus so lange fortführen zu wollen, bis es ein Impfstoff/Heilmittel gibt, scheint mir auch keine Option zu sein. Wann und ob überhaupt ein Impfstoff kommt, weiß derzeit niemand. Im schlimmsten Fall würden die Schulen also noch ein weiteres Halbjahr - oder länger! - den aktuellen Betrieb fortsetzen, um mögliche Ausbrüche zu vermeiden.

Und das erscheint mir aktuell nicht angemessen. Ich bin deshalb derzeit auch dafür, dass die Schulen nach den Ferien wieder in normaler Klassenstärke zum regelmäßigen Unterricht übergehen, auch wenn ich natürlich weiß, dass das für alle Beteiligten ein Risiko darstellt - ja auch für mich - und der derzeit postive Trend zum Herbst hin schnell umschlagen kann. Aber die Sorge eines Ausbruchs alleine genügt für mich da auch nicht, um die aktuellen Einschränkungen weiterhin zu rechtfertigen. Derzeit würde ich das auch unter "Lebensrisiko" verbuchen.



So oder so: Wie man's macht, macht man's falsch, und irgendwelche Gruppen werden berechtigerweise unzufrieden sein.
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schneeland
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von schneeland »

Terranigma hat geschrieben: 20. Jun 2020, 18:20 Es ist halt wirklich'n Dilemma. Arbeite ja an der Schule und bekomme die Diskussionen täglich mit, insb. auch die <ironie>großartige Arbeit</ironie> des Schulministeriums in NRW.
Bildungs-Ministerium NRW ist aber auch Difficulty Hard :ugly: (ein Bekannter, der an einer Berufsschule unterrichtet, hat auch schon Geschichten erzählt).
Terranigma hat geschrieben: 20. Jun 2020, 18:20 Aber die Sorge eines Ausbruchs alleine genügt für mich da auch nicht, um die aktuellen Einschränkungen weiterhin zu rechtfertigen. Derzeit würde ich das auch unter "Lebensrisiko" verbuchen.
Ok, da bewertet vermutlich jeder ein bisschen anders. Ich verstehe schon, dass man bei niedrigen Fallzahlen den Schulbetrieb wieder aufnehmen möchte, und auf der Bedürfnispyramide käme das für mich auch ein ganzes Stück eher als z.B. Volksfeste.

Umgekehrt: wenn man sich Visualisierungen wie diese hier anschaut, dann spricht das für mich schon dafür, dass Covid-19 eben nicht normales Lebensrisiko ist.
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