COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:51
DickHorner hat geschrieben: 8. Jan 2021, 15:56 Die Ausübung meines Sports trägt nicht zur Verbreitung des Virus bei.
Eine häufig gehörtes Argument, dass persönliche Aktivität X nicht zum Infektionsgeschehen beiträgt weil Grund Y.
Nun ist es aber doch so, dass wir darüber nicht die Betrachtung des konkreten Einzelfalls vergessen sollen. Wenn er wirklich vor dem Haus auf sein Rad steigt, fährt und dann zuhause wieder absteigt - wo soll er da wirklich relevant zur Verbreitung beitragen? Der Sommer hat ja belegt, dass allein vermehrtes Aufhalten im freien massiv die Ausbreitung bremst. Er fährt auch noch Rad, also mit erheblich höherer Geschwindigkeit an anderen Passanten vorbei, als zB derjenige, der innerhalb des 15KM Radius joggen geht.

Im konkreten Fall kann man schon sagen: Ja, das ist unbedenklich. Und diese Aussage kann man auch einfach mal zulassen. Er ist halt von einer Pauschalregelung betroffen, die für ihn und diese konkrete Nutzung des Rades (Sport statt Transport) keine Ausnahme vorsieht. Und im konkreten Fall finde ich es okay, wenn er sich dann darüber hinweg setzt.

Problematisch wird es eben - und jetzt kommt der Teil, wo ich vermutlich mit anderen Worten das Gleiche schreiben werde, wie du ;) - wenn wir das aber jetzt abstrahieren wollen. Denn es wird sehr viele andere Fälle geben, wo die Leute in ihrem Ermessen zur gleichen Einschätzung kommen, bei denen es aber bei weitem weniger unbedenklich ist. Umgekehrt ist es unpraktisch die Regelungen mit all jenen Ausnahmen zu komplizieren, die nötig wären. Deswegen würde ich sagen: Die Regelung ist in ihrer Pauschalität auch dann sinnvoll, wenn sie unnötigerweise auch Aktivitäten einschließt, die davon nicht betroffen sein sollten. Weil Klarheit (in der Anweisung) eben in diesem Falle bedeutet, dass eine gewisse Unschärfe (in der Zielgerichtetheit) hinzukommt.

Über die Wirksamkeit (wegen fragwürdiger Durchsetzbarkeit) der konkreten 15KM-Regel kann man, wie oben schon geschrieben, davon unabhängig natürlich diskutieren. Ich würde vermuten, dass sie einen Effekt hat, der aber eben deutlich vermindert wird, da sie viel Freiwilligkeit benötigt, die akut am errodieren zu sein scheint. Da wir aber die Verringerung der Wirksamkeit nicht quantifizieren können ist es auch müßig zu diskutieren, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist (außer, man fände sie grundsätzlich unverhältnismäßig oder wirkungslos).

Man muss da, finde ich, also unterscheiden: Wegen einer notwendigen Pauschalregelung unkooperativ werden, weil sie eben in einigen Bereichen keinen Sinn ergibt, ist Unfug. Umgekehrt: Wenn man dann mit Menschen konfrontiert ist, die in just diesen Konstellationen gegen die Regel verstoßen, wo sie ihren Schutzzweck gar nicht erfüllt, sollte man nicht unnötig dogmatisch Paragraphen reiten. Wenn ich mich recht an die graue Vorzeit meiner paar Semester Jura erinnere, geht man bei der Auslegung von Gesetzen auch generell so vor, dass man bei der Beurteilung von Verstößen eben auch nach dem Zweck des Gesetzes fragt und ob dem gedient wäre, wenn der/die Betreffende verurteilt würde.

Andre
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

XfrogX hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:32 China hat natürlich gut gezeigt das man eine Pandemie recht easy in Griff bekommt wenn man 0 auf die Menschen vertraut, wenn einem deren Rechte erstmal egal sind. Aber genau das wollen wir doch auch alle nicht oder?
Ich weiß, die Frage ist rhetorisch gemeint - ABER...

Wir sind hier nach wie vor dabei die Pandemie zu bekämpfen, haben dabei aber nach wie vor beide Arme und ein Bein hinter den Rücken gebunden. Klar keiner will hier China und deren Methoden aber ich denke man sollte zumindest darüber reden die Arme und das Bein wenigstens etwas zu lösen. Vielleicht wäre etwas weniger Datenschutz vs. wirksamere Pandemiebekämpfung ein pragmatischer Tausch? Quasi weniger Datenschutz für die Zeit der Pandemie, dafür darf man vielleicht seinen Wohnort wieder früher weiter als 15km verlassen...
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:13
Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:51
DickHorner hat geschrieben: 8. Jan 2021, 15:56 Die Ausübung meines Sports trägt nicht zur Verbreitung des Virus bei.
Eine häufig gehörtes Argument, dass persönliche Aktivität X nicht zum Infektionsgeschehen beiträgt weil Grund Y.
Nun ist es aber doch so, dass wir darüber nicht die Betrachtung des konkreten Einzelfalls vergessen sollen. Wenn er wirklich vor dem Haus auf sein Rad steigt, fährt und dann zuhause wieder absteigt - wo soll er da wirklich relevant zur Verbreitung beitragen?
Das ist dann aber wieder die Henne und Ei Diskussion. Sämtliche Maßnahmen sollen bewirken, dass die Leute möglichst zu Hause bleiben. Klar, wenn ich X mache fache ich nicht das Infektionsgeschehen an, wenn aber ganz viele X gleichzeitig machen kommt es quasi unweigerlich zu Kontakten - und wenn es der Pulk schwer keuchender Radfahrer vor der roten Ampel ist.
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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Rince81 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:18 Das ist dann aber wieder die Henne und Ei Diskussion. Sämtliche Maßnahmen sollen bewirken, dass die Leute möglichst zu Hause bleiben. Klar, wenn ich X mache fache ich nicht das Infektionsgeschehen an, wenn aber ganz viele X gleichzeitig machen kommt es quasi unweigerlich zu Kontakten - und wenn es der Pulk schwer keuchender Radfahrer vor der roten Ampel ist.
Mit Fahrrädern als "Abstandshaltern" (ja, nicht nebeneinander, aber du lehnst dich dennoch ja nicht an einen anderen Radfahrer, du musst ein Bein auf den Boden bringen etc), dann noch im Freien etc. Da muss man wirklich sehr spezielle Situationen konstruieren, damit das verfängt. Laut Keklué muss man sich im Freien schon Face-to-Face ohne Maske anschreien, damit kein zu vernachlässigendes Risiko besteht.

Ich behaupte: Wenn es um diese konkrete Betätigung ginge, würden wir sie nicht regulieren. Sie wird nur mit erfasst.

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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:26 Laut Keklué muss man sich im Freien schon Face-to-Face ohne Maske anschreien, damit kein zu vernachlässigendes Risiko besteht.
Ich denke es kommt darauf an. Klar, die Chance sich draußen anzustecken ist wesentlich geringer als in Gebäuden. Das sagt bislang jede Studie, ob es nun so ein Kunststück ist wie Kekule sagt, keine Ahnung, da gibt es auch Fachleute die dem anscheinend widersprechen. Aber da kommt dann wieder die Inzidenz ins Spiel. Wenn von den 10 Radfahrern einer Covid hat und fleißig Viren ausatmet kann das gut und gerne mit den entsprechenden Abständen sicher sein - was aber wenn drei oder vier infiziert sind. Dann keuchen auf einmal drei Infizierte um einen rum und schon erhöht sich die Chance...
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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Rince81 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:38 Ich denke es kommt darauf an. Klar, die Chance sich draußen anzustecken ist wesentlich geringer als in Gebäuden. Das sagt bislang jede Studie, ob es nun so ein Kunststück ist wie Kekule sagt, keine Ahnung, da gibt es auch Fachleute die dem anscheinend widersprechen. Aber da kommt dann wieder die Inzidenz ins Spiel. Wenn von den 10 Radfahrern einer Covid hat und fleißig Viren ausatmet kann das gut und gerne mit den entsprechenden Abständen sicher sein - was aber wenn drei oder vier infiziert sind. Dann keuchen auf einmal drei Infizierte um einen rum und schon erhöht sich die Chance...
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Wie gesagt: Da wird's mir dann zu konstruiert. Sind Radfahrer ein Risikofaktor der exakt 0 ist? Nein. Kann die beschriebene Situation einmal unter 100.000 Fällen eintreten? Möglich. Es geht immer nur um zumutbare Risiken. Und da sehe ich kein belastbares Argument hier beim konkreten Beispiel.

Ein echter Pandemietreiber ist doch das Wegbröckeln des Kooperationswillens in der Bevölkerung. Und da denke ich, ein entspannterer Umgang in Situationen die nach bestem Wissen und Gewissen wirklich irrelevant sind, ist der wertvollere Beitrag. Wenn der theoretische Radfahrer dadurch psychisch mit höherer Wahrscheinlichkeit in der Lage ist in den relevanten Bereichen regeltreu zu handeln, ist das IMO wertvoller.

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Guthwulf
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Guthwulf »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:26Ich behaupte: Wenn es um diese konkrete Betätigung ginge, würden wir sie nicht regulieren. Sie wird nur mit erfasst.
Gut möglich. Es wird immer solche Grenzfälle geben. Wie ich oben schon sagte. Mein Friseur hat sich vorbildlich und streng an alle Regelungen gehalten und ist freiwillig noch darüber hinaus gegangen. Wenn die Experten sich nur diesen einen Friseur angeguckt hätten, hätten sie den vermutlich auch nicht weiter reguliert. Der darf jetzt trotzdem nicht arbeiten, weil man leider nicht für jeden einzelnen Friseur eine eigene individuelle Regelung treffen kann, sondern das Gesamtbild und -risiko abwägen muss.

Keine Maßnahme, Vorschrift, Regelung oder Gesetz ist perfekt. Es wird immer Probleme bei der Formulierung oder in der Umsetzung und Kontrolle geben. Es wird immer Interpretations- oder Auslegungsbedarf hinsichtlich konkreter individueller Einzelfälle geben und es werden sich auch immer Grenzfälle finden lassen, für die besagte Regelung unsinnig erscheint.

Man darf eben nur nicht den Fehler machen, aus einem Einzelfall abzuleiten, dass deshalb die ganze Maßnahme unsinnig sein muss. Gerne kann man natürlich diskutieren, ob die Formulierung in der Maßnahme nicht besser sein könnte, ob es alternative bessere Maßnahmen gäbe, ob zusätzliche Unterstützung durch den Staat (z.B. in Folge des Verdienstausfalls) benötigt wird und es braucht natürlich klare Regelungen wie/wann die Maßnahme wieder aufgehoben wird. Aber man kann eben nicht die ganze absurde Bandbreite des realen Lebens (und die potentiell endlose Dummheit von Menschen) in einer notwendiger Weise allgemein formulierten Maßnahme wasserdicht abbilden. Wäre das so, wären Anwälte ziemlich unterbeschäftigt.

Für "ich kann mit Fahrrad aber alleine 250km fahren" Argument braucht man übrigens nicht Berlin (oder ein Mißachten der 15km Regelung). Dann fährt man halt auf dem Dorfplatz vor seinem Haus 250km im Kreis. Die 15km Regel wird wirklich nur dafür da sein, den psychologischen Druck bzw. die Hemmschwelle soweit zu erhöhen, dass damit das Risiko, das sich Viren überregional einfach ausbreiten können, wenigstens etwas verringert. Das Risiko wird natürlich nicht auf 0 sinken und es wird natürlich auch genug Leute geben, denen das weiterhin schnuppe ist oder die Wegen finden, die Situation zu mißbrauchen. Das macht die Maßnahme an sich aber nicht automatisch unnötig.
Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:52da denke ich, ein entspannterer Umgang in Situationen die nach bestem Wissen und Gewissen wirklich irrelevant sind, ist der wertvollere Beitrag.
Kein Polizist wird einen Radfahrer bestrafen oder verhaften, wenn er außerhalb des "15km" Kreises erwischt wird, aber alleine ist und mit Maske fährt. Da wirds dann ne Verwarnung geben und die freundliche Bitte, doch jetzt auf geradem Wege wieder zurück zu fahren. Mehr nicht. Die Regelung ist in der Tat vor allem dazu da, den psychologischen Druck zu erhöhen und dafür durchaus auch sinnvoll.
Zuletzt geändert von Guthwulf am 8. Jan 2021, 18:12, insgesamt 5-mal geändert.
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Leonard Zelig
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Leonard Zelig »

XfrogX hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:32 China hat natürlich gut gezeigt das man eine Pandemie recht easy in Griff bekommt wenn man 0 auf die Menschen vertraut, wenn einem deren Rechte erstmal egal sind. Aber genau das wollen wir doch auch alle nicht oder?
Das würde in Europa ja eh nur funktionieren, wenn das alle Staaten gleichzeitig beschließen würden. Da hätte man dann aber auch schon im Sommer Konzepte ausarbeiten müssen.

Aber kann mir schon vorstellen, dass einigen Menschen vier Wochen kompletter Lockdown im November lieber gewesen wären, wenn es dafür von Dezember bis März kaum noch Beschränkungen gegeben hätte.
Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:51 Mir fehlt daher jegliches Verständnis wenn Leute über ihre schlimme Situation jammern, weil sie jetzt nicht Skifahren können. Oder was auch immer. Wir leben in Deutschland in einem Paradies, wir haben alles, Essen, Trinken, Konsum, Heizung, Krankenversicherung, es besteht kein Risiko eine Bombe aufs Dach zu bekommen. Das einzige was von uns als Bürger in einer globalen biologischen Katastrophe verlangt wird, ist, die Füße still zu halten. Ich glaube es ist nicht zu viel verlangt dies zu tun.
Sicher gibt es Menschen, die Luxusprobleme haben. Dass ich nicht mehr ins Kino kann, ist sicher kein Grund zu jammern. Aber es gibt genügend Menschen, die sich aktuell bestimmt nicht wie im Paradies fühlen und deren größtes Problem aktuell nicht ist, dass sie ihr Hobby nicht mehr ausüben können.
Zuletzt geändert von Leonard Zelig am 8. Jan 2021, 18:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Cthalin
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Cthalin »

Rince81 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:16
XfrogX hat geschrieben: 8. Jan 2021, 16:32 China hat natürlich gut gezeigt das man eine Pandemie recht easy in Griff bekommt wenn man 0 auf die Menschen vertraut, wenn einem deren Rechte erstmal egal sind. Aber genau das wollen wir doch auch alle nicht oder?
Ich weiß, die Frage ist rhetorisch gemeint - ABER...

Wir sind hier nach wie vor dabei die Pandemie zu bekämpfen, haben dabei aber nach wie vor beide Arme und ein Bein hinter den Rücken gebunden. Klar keiner will hier China und deren Methoden aber ich denke man sollte zumindest darüber reden die Arme und das Bein wenigstens etwas zu lösen. Vielleicht wäre etwas weniger Datenschutz vs. wirksamere Pandemiebekämpfung ein pragmatischer Tausch? Quasi weniger Datenschutz für die Zeit der Pandemie, dafür darf man vielleicht seinen Wohnort wieder früher weiter als 15km verlassen...
Sorry, aber da bist du einer Nebelkerze aufgesessen. Momentan kommt das Argument der Datenschutz würde unsere Pandemiebekämpfung einschränken vor allem aus konservativen oder autoritären Lagern, die sich liebend gerne mehr Überwachung wünschen würden. Zeitgleich wurde wochenlang behauptet "die Schulen sind sicher", was sich immer wieder erneut als dümmliche Annahme herausstellt (aktuelle Zahlen gerne hier https://twitter.com/c_drosten/status/13 ... 4941431808). Der Datenschutz ist nicht unser Problem. Ablenkung, Unfähigkeit und Unwilligkeit auch Bereiche einzuschränken, die mehr Lobby haben als Schulkinder oder (Arbeitnehmer-)Eltern.

Hierzu gerne einmal hier reinlesen.
https://linus-neumann.de/2020/12/corona ... st-dachte/
https://t3n.de/news/corona-warn-app-dat ... e-1346773/

Wieder so ein spannender Fall wo ein Philosoph plötzlich zum Pandemie- und Technik-Experten wird. :doh:
Zeitgleich wird die App nicht einmal vernünftig genutzt, weil sich entweder Gesundheitsbeamte weigern diese Technik zu unterstützen, die Labore nicht an die Datenbank angeschlossen wurden (kostet schließlich Geld), oder beispielsweise das Formular im Gesundheitsamt mit dem einzigartigen (!) QR Code pro Blatt einfach tausendfach kopiert wurde. Es mangelt bei uns nicht an Daten. Es mangelt an Infrastruktur und funktionierender Organisation, wie es im ganzen Staat seit Jahrzehnten der Fall ist. Das Gleiche gilt für die Digitalisierung der Schulen, die woanders Normalität ist, während bei uns die Schulgebäude auseinanderfallen.
Die Pandemie beleuchtet all diese Probleme einfach nur mal mit hellem Licht.
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Tsuran
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Tsuran »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:13 Nun ist es aber doch so, dass wir darüber nicht die Betrachtung des konkreten Einzelfalls vergessen sollen. Wenn er wirklich vor dem Haus auf sein Rad steigt, fährt und dann zuhause wieder absteigt - wo soll er da wirklich relevant zur Verbreitung beitragen? Der Sommer hat ja belegt, dass allein vermehrtes Aufhalten im freien massiv die Ausbreitung bremst. Er fährt auch noch Rad, also mit erheblich höherer Geschwindigkeit an anderen Passanten vorbei, als zB derjenige, der innerhalb des 15KM Radius joggen geht.
Wir haben eine Korrelation die uns sagt, dass im Sommer weniger Leute krank wurden obwohl alles relativ locker gehalten wurde. Die Abstände waren laxer, viel mehr Menschen waren draußen unterwegs und trotzdem gab es weniger Infektionsgeschehen. Aber was kausal diesen Umstand verursacht hat, ist ungesichert. Es KANN sein, dass es mit dem Aufenthalt außerhalb von Gebäuden zu tun hat. Es kann aber auch sein, dass das Virus mit den Umweltbedingungen im Sommer (hohe Luftfeuchte, Temperatur) massive Probleme hat und sich deswegen nicht verbreitet. Das könnte erklären warum es aktuell so schwer ist, das Geschehen einigermaßen in den Griff zu kriegen.

Ich gebe zu bedenken, dass auch zu Beginn ganz viele Leute den Sinn und Nutzen von Masken vollkommen in Frage gestellt haben. Mittlerweile ist die Datenlage ganz anders, und die Schutzwirkung ist durch diverse Studien hinreichend bewiesen.

Insoweit könnte also auch das genaue Gegenteil von Deiner Argumentation stattfinden: Es erscheint möglich, dass die durch Sport vermehrt ausgestoßenen Aerosole bei der aktuellen Wetterlage problematisch(er) sein könnten als im Sommer. Das ist aber nur eine Meinung, eine Möglichkeit, eine Vermutung. Ich weiß es nicht. Denn ich bin weder ein Infektionsmediziner, noch habe ich Bioströmungsmechanik studiert um eine qualifizierte Aussage zu treffen.

Solange aber aus dieser Ecke keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen bleibe ich bei meiner Haltung: Ich reduziere meine Kontakte, die Möglichkeiten auf Menschen zu stoßen, ich bleibe zu Hause und stehe nicht im Weg, damit der Rest seiner Arbeit nachgehen kann um die Probleme zu lösen. Alles was ich tun kann um Risiken und Ausbreitung zu verhindern werde ich tun. Ich will niemanden anstecken, und ich würde mich in Grund und Boden schämen wenn ich dies durch meine Aktionen leichtfertigt riskieren würde nur weil ich eine uninformierte vermeidbare Entscheidung getroffen habe.
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Guthwulf
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Guthwulf »

Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 18:19Solange aber aus dieser Ecke keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen bleibe ich bei meiner Haltung: Ich reduziere meine Kontakte, die Möglichkeiten auf Menschen zu stoßen, ich bleibe zu Hause und stehe nicht im Weg, damit der Rest seiner Arbeit nachgehen kann um die Probleme zu lösen. Alles was ich tun kann um Risiken und Ausbreitung zu verhindern werde ich tun. Ich will niemanden anstecken, und ich würde mich in Grund und Boden schämen wenn ich dies durch meine Aktionen leichtfertigt riskieren würde nur weil ich eine uninformierte vermeidbare Entscheidung getroffen habe.
Vielen lieben Dank, dass du so umsichtig und vernünftig handelst! :clap:
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Tsuran »

Leonard Zelig hat geschrieben: 8. Jan 2021, 18:11 Sicher gibt es Menschen, die Luxusprobleme haben. Dass ich nicht mehr ins Kino kann, ist sicher kein Grund zu jammern. Aber es gibt genügend Menschen, die sich aktuell bestimmt nicht wie im Paradies fühlen und deren größtes Problem aktuell nicht ist, dass sie ihr Hobby nicht mehr ausüben können.
Korrekt, die Verlierer in dieser Situation. Wie die sich wohl fühlen wenn Menschen darüber jammern ob sie jetzt Skifahren können oder nicht, und ihre Misere durch das Verhalten anderer noch verschärft wird. :?:
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Cthalin hat geschrieben: 8. Jan 2021, 18:12 Sorry, aber da bist du einer Nebelkerze aufgesessen. Momentan kommt das Argument der Datenschutz würde unsere Pandemiebekämpfung einschränken vor allem aus konservativen oder autoritären Lagern, die sich liebend gerne mehr Überwachung wünschen würden. Zeitgleich wurde wochenlang behauptet "die Schulen sind sicher", was sich immer wieder erneut als dümmliche Annahme herausstellt (aktuelle Zahlen gerne hier https://twitter.com/c_drosten/status/13 ... 4941431808). Der Datenschutz ist nicht unser Problem. Ablenkung, Unfähigkeit und Unwilligkeit auch Bereiche einzuschränken, die mehr Lobby haben als Schulkinder oder (Arbeitnehmer-)Eltern.
Welche Nebelkerze? Funktionierender Fernunterricht und die Umsetzung von digitalem Lernen scheitert aktuell doch oft am Datenschutzbeauftragten. Wenn wir wieder in die Phase kommen in der Kinos und Gastronomie wieder aufmachen und vielleicht wieder Kontaktdaten einsammeln sollte es vielleicht Wege und Methoden geben zu verhindern, dass Leute sich als Micky Maus und Donald Duck in diese Listen eintragen, etc. etc.

Wenn Linus Neumann schreibt: :
Taiwan hat GAR KEINE Contact Tracing App, sondern ein modernes System für das Management der Kontaktverfolgung bei den Gesundheitsämtern. Was Taiwan ansonsten tatsächlich hat, ist eine Überwachung der Quarantäne, in die sich Einreisende und Kontakte von Infizierten begeben müssen. Diese basiert jedoch nicht auf einer App und nicht auf GPS und hat auch mit Contact Tracing nichts zu tun.
Dann ist das ziemlich lustig, weil er vermutlich nie im Leben Taiwan als Muster für Datenschutz nehmen würde - aber gerade dem Rümelin wegen faktischem Unsinn einen mitgeben will...
Wie schaut denn "ein modernes System für das Management" in den Gesundheitsämtern aus?
Zitat aus seiner Quelle:
A centralized contact tracing system was developed to support data linkage, cross-jurisdictional coordination, and follow-up of contacts’ health status.
Hier in Deutschland würde da bereits der Datenschützer Schnappatmung bekommen, wehret den Anfängen und so und auch Linus Neumann würde sehr missbilligend mit dem Kopf schütteln wenn wir sowas machen würden - es wäre aber vielleicht hilfreich...

https://www.bloomberg.com/opinion/artic ... a-tracking
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ZiggyStardust
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von ZiggyStardust »

Ich kapiere nicht, warum ein Großteil der Bevölkerung mit den Maßnahmen der Bundesregierung zufrieden ist.
https://www.tagesschau.de/multimedia/bi ... eowebl.jpg

Die aktuellen Maßnahmen werden nicht verhindern, dass uns die Mutation aus England bis Ende März komplett um die Ohren fliegt. Israel hat schon 10% der Bevölkerung geimpft, wir brauchen beim aktuellen Tempo Jahre bis alle geimpft sind. Und das alles nur, weil man im Sommer dachte das wird schon nicht so schlimm mit der zweiten Welle. Herr Spahn hat ja sogar behauptet, dass der Einzelhandel und die Frisöre nicht noch einmal schließen müssen:
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2 ... ettansicht

Hier ein paar aktuelle Zahlen aus London, die ein Vorgeschmack sind auf das, was uns noch blühen könnte:
https://twitter.com/FrauStahlhut/status ... 6415847424

Die Politik fährt nur auf Sicht und wird erst dann den Kurs ändern, wenn wir den Eisberg nur noch streifen können. Vor allem Frau Gebauer ärgert mich. Die will ab dem 1. Februar wieder auf Präsenzunterricht setzen, weswegen es in den nächsten drei Wochen nur halbgare Lösungen geben wird. In anderen Bundesländern fängt am Montag der Unterricht wieder an für manche Schüler.

40% aller Jobs in Deutschland sind Bürojobs, aber nur 14% der Arbeitnehmer sind im Home Office. Dafür kann es gute Gründe geben, aber oftmals ist es auch einfach nur der Unwille der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Sicher gibt es auch Jobs, die im Home Office nicht machbar sind, aber auch in der Industrie könnte man dafür sorgen, dass die Hallen nicht mehr so voll sind und die Arbeiter zu unterschiedlichen Zeiten ihre Schicht beginnen.
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Textsortenlinguistik
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Textsortenlinguistik »

Ich beobachte das Wettrennen um die Öffnung der Schulen mit einem Mix aus Zynismus und Belustigung.

Die Begründungen dafür halte ich für vorgeschoben. Letztendlich soll damit nur einerseits die eigene Inkompetenz bei der Vorbereitung und Digitalisierung der Schulen kaschiert und andererseits die potentielle Wählerschaft für 2021 (Eltern) nicht vergrämt werden. Ach, und die Wirtschaft..
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ZiggyStardust
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von ZiggyStardust »

Textsortenlinguistik hat geschrieben: 8. Jan 2021, 19:29 Ich beobachte das Wettrennen um die Öffnung der Schulen mit einem Mix aus Zynismus und Belustigung.

Die Begründungen dafür halte ich für vorgeschoben. Letztendlich soll damit nur einerseits die eigene Inkompetenz bei der Vorbereitung und Digitalisierung der Schulen kaschiert und andererseits die potentielle Wählerschaft für 2021 (Eltern) nicht vergrämt werden. Ach, und die Wirtschaft..
Traurig, dass selbst die Grünen so ticken:
https://twitter.com/KHabenschaden/statu ... 5714675713

Während die Wissenschaft schon längst viel weiter ist:
https://twitter.com/c_drosten/status/13 ... 4941431808

Man könnte ja Zweiergruppen bilden, damit Kinder ohne Internetanschluss oder mit zwei arbeitenden Eltern dann statt der Schule einen Klassenkameraden besuchen. Da hätte man ja schon im Sommer mit den Eltern darüber reden können, damit diese bis Herbst die nötigen Endgeräte kaufen, wenn möglich. Die zweite Welle ist früher gekommen als viele gedacht haben, aber dass wir bis April 2021 auf Schulschließungen verzichten können, kann auch im Sommer 2020 keiner ernsthaft geglaubt haben. Selbst die größten Optimisten bei den Impfstoffen haben sowas nicht in Aussicht gestellt. Vor allem weil Kinder ja gar nicht geimpft werden. Auch hätten die Kultusministerien im Sommer von fähigen Pädagogen YouTube-Videos zu den Lehrinhalten erstellen lassen können. Ist zwar kein Ersatz für Online-Unterricht, aber immer noch viel besser als mit dem Handy abfotografierte Aufgabenblätter. Besser wäre natürlich sowas wie Udemy für Schüler, wo dann noch zusätzliche Dateien angeboten werden könnten und man nicht auf YouTube angewiesen wäre. Aber sowas kann man natürlich nicht innerhalb eines Sommers entwickeln.
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Andre Peschke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 18:19Wir haben eine Korrelation die uns sagt, dass im Sommer weniger Leute krank wurden obwohl alles relativ locker gehalten wurde.
Also, mit dem Disclaimer, dass ich natürlich selbst keine Ahnung habe und immer nur angelesenes Wissen widerkäue: So larifari ist es AFAIK nicht. Es gibt glaube ich locker 5 Studien dazu. Die einzigen Kontraindikationen betrafen evtl. die langsamere Abtötung auf Oberflächen im Winter aufgrund weniger intensiver UV-Strahlung und damit unter Laborbedingungen leicht erhöhte Gefahr von Schmierinfektionen. Auch da war der Expertenkommentar, dass das in freier Wildbahn vermutlich zu "gar kein Unterschied" zusammenschrumpft.
Tsuran hat geschrieben: 8. Jan 2021, 18:19 Ich gebe zu bedenken, dass auch zu Beginn ganz viele Leute den Sinn und Nutzen von Masken vollkommen in Frage gestellt haben. Mittlerweile ist die Datenlage ganz anders, und die Schutzwirkung ist durch diverse Studien hinreichend bewiesen.

Insoweit könnte also auch das genaue Gegenteil von Deiner Argumentation stattfinden: Es erscheint möglich, dass die durch Sport vermehrt ausgestoßenen Aerosole bei der aktuellen Wetterlage problematisch(er) sein könnten als im Sommer. Das ist aber nur eine Meinung, eine Möglichkeit, eine Vermutung. Ich weiß es nicht. Denn ich bin weder ein Infektionsmediziner, noch habe ich Bioströmungsmechanik studiert um eine qualifizierte Aussage zu treffen.

Solange aber aus dieser Ecke keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen bleibe ich bei meiner Haltung: Ich reduziere meine Kontakte, die Möglichkeiten auf Menschen zu stoßen, ich bleibe zu Hause und stehe nicht im Weg, damit der Rest seiner Arbeit nachgehen kann um die Probleme zu lösen. Alles was ich tun kann um Risiken und Ausbreitung zu verhindern werde ich tun. Ich will niemanden anstecken, und ich würde mich in Grund und Boden schämen wenn ich dies durch meine Aktionen leichtfertigt riskieren würde nur weil ich eine uninformierte vermeidbare Entscheidung getroffen habe.
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Wer weniger Kontakte hat als ich, sitzt in Einzelhaft wie Hannibal Lecter. ^^ Ich finde es aber schon in Ordnung wenn man eben auf Basis des aktuellen Standes der Wissenschaft darüber spricht, was nun echt okay sein sollte - auch nach Aussage der Wissenschaft.

Wenn das Argument ist: "Ich hab keine Ahnung, also befolge ich einfach jede Vorgabe auf den Buchstaben genau", dann ist das ganz bestimmt besser als die Alternative. Aber ich kann verstehen, wenn Leute mit Umsicht und Augenmaß eben mal nicht 100% regeltreu sind und ich finde, dass muss man ihnen in so eindeutigen Fällen schon durchgehen lassen. Denn die Regelungen werden ja eben auch von Politikern gemacht, nicht von Wissenschaftlern und wir haben mehrfach schon gesehen, dass auch völlig unsinnige Regelungen ergangen sind. Die wir übrigens umgekehrt den Politikern AUCH durchgehen lassen müssen, anstatt gleich auszuflippen und sie alle zu Vollnieten zu erklären.

Wir brauchen ganz sicher eine gewisse Stringenz, aber eben auch Vernunft und gute Information im Umgang mit der Seuche. Dann kann auch einen gegenseitige Normenkontrolle stattfinden, die nicht nur in einer reinen Lagerbildung mündet.

Andre
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Terranigma
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Terranigma »

Textsortenlinguistik hat geschrieben: 8. Jan 2021, 19:29 Ich beobachte das Wettrennen um die Öffnung der Schulen mit einem Mix aus Zynismus und Belustigung.

Die Begründungen dafür halte ich für vorgeschoben. Letztendlich soll damit nur einerseits die eigene Inkompetenz bei der Vorbereitung und Digitalisierung der Schulen kaschiert und andererseits die potentielle Wählerschaft für 2021 (Eltern) nicht vergrämt werden. Ach, und die Wirtschaft..
Um mal Positives zu berichten: teilweise läuft's schon. Wir haben unsere Schule im Schnellverfahren digital ausgestattet. 90 Kameras für hybriden Präsenzunterricht - Teil der Schüler/innen in der Schule, ein Teil Zuhause - ab Februar angeschafft, etwa 100 Notebooks für bedürftige Schüler/innen beauftragt, jede Lehrerkraft sowie die gesamte Schülerschaft hat einen kostenfreien Zugang zu MS Office und der Unterricht wird ab nächster Woche komplett über MS Teams via Videokonferenz und anderen digitalen Tools ablaufen. Allerdings lief viel davon eben auch aus eigener Initative: das Kollegium ist sehr jung, technik-offen und die Informatik-Lehrer sehr fähig - was keine Selbstverständlichkeit ist. :D

Auch die Kommune agiert hier sehr schnell, bzw. so schnell sie's eben kann. Aber trotz dieser sehr guten Ausstattung gibt's Probleme, die sich digital nicht lösen lassen. Selbst wenn es ein Endgerät im Haushalt gibt, insb. wenn die Eltern im Home Office sind und nun auch die Kiddies feste Unterrichtszeiten via Videokonferenz haben, so kann das leicht eng werden. Wenn wiederum mehrere Geschwister die Schule besuchen und gleichzeitig auf Geräte zugreifen müssen, wird das Probleme ergeben. In einigen Haushalten ist nicht die technische Ausstattung das Problem, sondern die räumliche. Wenn ein Elternteil außer Haus arbeiten ist, ein anderes im Home Office, der Jugendliche am Laptop sitzen soll und zeitgleich aber noch der Bruder aus der Grundschule betreut werden muss ... ja. Gutes Gelingen dabei.


Fehlende Technik ist in vielen Fällen sicherlich ein Problem bzw. das entscheidende Problem. Aber selbst wenn man's glücklich getroffen hat und sehr gut ausgestattet ist, hat diese Art der Unterrichtsdurchführung grundsätzliche Probleme, die sich nicht auflösen lassen. Aber einige Woche wird man auf diese Art sicherlich rumkriegen können, auch wenn's für viele Eltern erneut eine herbe Mehrbelastung wird. Als Positivbeispiel kann ich aber schon sagen, dass wir jetzt ca. 10 Monate - im Vergleich zum März 2020 - erheblich besser darstehen. Auch ansonsten war Corona'n ziemlicher Innovationsschub, und vieles davon wird erhalten bleiben. Weite Teile der Schul- und Unterrichtsorganisation laufen mittlerweile digital ab. Das war im Januar letzten Jahres noch völlig anders. Zumindest mal eine positive Sache an dieser ganzen Misere.

Unabhängig davon: Dass man zuerst die Grundschulen öffnet sobald es möglich ist, halte ich für richtig, weil die Kiddies eine unmittelbare Bezugsperson benötigen. Aber eben mit Betonung auf sobald ...
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 17:52 Wie gesagt: Da wird's mir dann zu konstruiert. Sind Radfahrer ein Risikofaktor der exakt 0 ist? Nein. Kann die beschriebene Situation einmal unter 100.000 Fällen eintreten? Möglich. Es geht immer nur um zumutbare Risiken. Und da sehe ich kein belastbares Argument hier beim konkreten Beispiel.
Es ist aber auch nur ein Beispiel. Zu Weihnachten wurde sich beschwert, dass die Kontaktregelungen zu kompliziert sind, da es die Politik jedem irgendwie recht machen wollte. Nun wird sich eben beschwert, das es mit den 15km eine recht konkrete Aussage gibt - und es werden Beispiele genannt die ja nun absolut sicher sind - beispielsweise 16 km vom Wohnort alleine auf ner Waldlichtung im Kreis zu fahren. Wobei wir exakt beim Problem sind. Das geht nämlich seit März so, es wird genau geguckt, was bisher nicht explizit verboten ist und genau das wird ausgereizt bis zum geht nicht mehr (wie z.b. Drive-in Weihnachtsmärkte) und die Fallzahlen steigen weiter...

Dazu kommt, dass die Regeln auch helfen sollen die Ausbreitung der neuen Mutation zu verlangsamen. Die ist ja deutlich ansteckender, was für mich als Laien bedeutet, dass eine deutlich geringere Viruslast ausreichend ist um sich anzustecken, was gerade die bisherigen Aussagen über die Sicherheit von Outdooraktivitäten erheblich beeinflussen könnte...
Andre Peschke hat geschrieben: 8. Jan 2021, 21:49 Wenn das Argument ist: "Ich hab keine Ahnung, also befolge ich einfach jede Vorgabe auf den Buchstaben genau", dann ist das ganz bestimmt besser als die Alternative. Aber ich kann verstehen, wenn Leute mit Umsicht und Augenmaß eben mal nicht 100% regeltreu sind und ich finde, dass muss man ihnen in so eindeutigen Fällen schon durchgehen lassen.
Ich gehe alleine im Wald spazieren ist ganz sicher individuell umsichtig und mit Augenmaß entschieden. Nur die tausend anderen, die individuell ganz umsichtig auf die selbe Idee kamen... Daher ja der grundsätzliche Hammer.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Andre Peschke »

Rince81 hat geschrieben: 9. Jan 2021, 10:47
Es ist aber auch nur ein Beispiel.
Zu Weihnachten wurde sich beschwert, dass die Kontaktregelungen zu kompliziert sind, da es die Politik jedem irgendwie recht machen wollte. Nun wird sich eben beschwert, das es mit den 15km eine recht konkrete Aussage gibt
Genau diesen Sinn beschrieb und unterstützte ich doch auch?
Rince81 hat geschrieben: 9. Jan 2021, 10:47 Ich gehe alleine im Wald spazieren ist ganz sicher individuell umsichtig und mit Augenmaß entschieden. Nur die tausend anderen, die individuell ganz umsichtig auf die selbe Idee kamen... Daher ja der grundsätzliche Hammer.
In dem Szenario wo der Wald tatsächlich SO voll wäre, kehre ich entweder um oder bin nicht mehr umsichtig. Auch hier sehe ich nicht, wo wir unterschiedlicher Meinung wären. Ich habe vor wenigen Posts ja erst geschrieben: „ Problematisch wird es eben - und jetzt kommt der Teil, wo ich vermutlich mit anderen Worten das Gleiche schreiben werde, wie du ;) - wenn wir das aber jetzt abstrahieren wollen. Denn es wird sehr viele andere Fälle geben, wo die Leute in ihrem Ermessen zur gleichen Einschätzung kommen, bei denen es aber bei weitem weniger unbedenklich ist. Umgekehrt ist es unpraktisch die Regelungen mit all jenen Ausnahmen zu komplizieren, die nötig wären. Deswegen würde ich sagen: Die Regelung ist in ihrer Pauschalität auch dann sinnvoll, wenn sie unnötigerweise auch Aktivitäten einschließt, die davon nicht betroffen sein sollten. Weil Klarheit (in der Anweisung) eben in diesem Falle bedeutet, dass eine gewisse Unschärfe (in der Zielgerichtetheit) hinzukommt. “

Mein einziger Einwand war es, dass ich eine dogmatische Forderung nach Regelerfüllung bis aufs I-Tüpfelchen zugunsten einer differenzierten Betrachtung befürworte, wenn es um unseren Umgang untereinander geht (nicht auf der regulatorischen Ebene, siehe zitierten Post).

André
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