COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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bluttrinker13
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von bluttrinker13 »

GoodLord hat geschrieben: 7. Aug 2022, 15:43 Nicht dir, aber ein paar anderen Mitpostern in diesem Thread.
Dass ich auf andere Teile deines Posts nicht eingegangen bin tut mir Leid - das hat primär Zeitgründe, aber auch, dass ich dir da größtenteils zustimmen würde - evtl. hätte ich einfach garnicht antworten sollen - sorry.
OK dank dir, und no prob dude. Ich könnte mich wahrscheinlich auch immer noch mal präziser ausdrücken. Dabei schreib ich schon so lang, not easy 😅
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Wolfgang hat geschrieben: 7. Aug 2022, 14:29.

Und da wir tief im 3. Jahr der Pandemie sind, kann man jetzt nicht mehr mit dem maroden Gesundheitssystem argumentieren. Vor allem da es fast keinerlei staatlich vorgeschriebenen Einschränkungen mehr gibt.
ich bin grade etwas irritiert. Denn mit dem maroden Gesundheitssystem argumentieren ja die, die jetzt keine Masken und sonstige Maßnahmen mehr wollen. "Der Staat hat da nix verbessert, also hab ich auch keine Lust mehr". Mein Punkt ist ja, dass der Zustand des Gesundheitssystem letztlich völlig unerheblich ist in einer Pandemie...
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

bluttrinker13 hat geschrieben: 7. Aug 2022, 14:17
[...]
Danke für Deinen langen Text. Ich kann den wenigsten Punkten tatsächlich widersprechen, habe aber das Gefühl, dass ich das auch gar nicht muss, da wir eigentlich glaub in vielen Punkten ziemlich nah bei einander sind. Der Unterschied zwischen uns scheint mir eher zu sein, dass Du vor der Mehrheit resigniert hast und ich immer noch mit "Begeisterung" streite und kämpfe. :)
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bluttrinker13
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von bluttrinker13 »

Das hast du super schön auf den Punkt gebracht, Felidae. 😅😘

Edit: wobei meine Resignation wahrscheinlich nach Passivität klingt, es imo aber nicht ist. Fueled bei mir nur ne andere Art von Wut und Aktivität dann.
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Crenshaw
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Crenshaw »

Tengri Lethos hat geschrieben: 7. Aug 2022, 14:57 Mal als Frage an diejenigen, die sagen, man müsste einfach mehr Geld ins Gesundheitssystem stecken (ist auch meine Meinung): Geht ihr davon aus, dass der vorhandene Gesamtetat der öffentlichen Hand dann neu aufgeteilt werden müsste (also A bekommt mehr, B weniger) oder dass man generell den Etat durch Mehrerträge (höhere Besteuerung von Großverdienern?) erhöhen müsste damit A mehr bekommen kann und B trotzdem gleichviel? Und falls letzteres: Warum glaubt ihr, dass das nicht geschieht?
wie es mit dem Gesamtetat der öffentlichen Hand aussieht, kann ich schwer beurteilen, aber zumindest beim Bund würde ich sagen, es ist genug da, die Ausgabenseite ist das Problem, fast ein drittel des Haushaltes geht in die Rente und jede vernünftige Reform könnte dort einiges bewirken, meiner Meinung müsste man eine "alle zahlen ein, alle bekommen raus" Grundlage machen, die Einzahlungen unbegrenzt (also z.B. so wie jetzt 20% auf alle Einkommen), die Ausgaben deckeln (was weis ich max. 5fache Rente) und dafür dann an der Einkommensteuer etwas drehen, damit die Großverdiener, zwar etwas mehr als jetzt zahlen, aber nicht den vollen Satz unterm Strich, da gibts viele Möglichkeiten, aber es muss aufhören das die Großverdiener nichts in die Sozialdienste einzahlen (aber teilweise davon profitieren)

warum nichts geschieht? der Klassiker die Politiker/Parteien glauben teilweise das das mehr Wählerstimmen kostet als es bringt, das ist alles, meiner Meinung nach, die Politik vergisst größtenteils das sie auf das Land/Bundesland/Kommune bzw. allgemein auf das Volkwohl vereidigt wird und nicht auf das persönliche oder Parteiwohl
bluttrinker13 hat geschrieben: 7. Aug 2022, 14:52 Edit: Crenshaw hat übrigens einen sehr guten Punkt oben gemacht, dass der Bezug auf "die" Pflegekräfte allgemein vielleicht auch schon wieder eine Verengung ist. Kudos, dann muss man das auch weiter fassen und alle anderen Mitarbeiter*innen des Gesundheitssystems mitmeinen. Ich hatte bisher aber immer den deutlichen Eindruck, auch aufgrund erster Hand-Erfahrungen, dass hier die Not am allergrößten ist.
im "reinen" Pflegebereich (Alten/Pflegeheim) ist hier natürlich die Not am größten, aber in der Praxis und im KH kommt noch vieles dazu
die Pflegekräfte haben halt die größten und am besten organisierte Lobby und es läßt sich am besten vermitteln, das es dort brennt, weil die meisten Menschen eher mit den Pflegekräften (auch indirekt über Angehörige) zu tun haben bzw. die wahrnehmen als die anderen Berufsgruppen, die eher schlecht vertreten bzw. versplittert vertreten sind und natürlich gibt es für viele auch praktisch nur ärztliches PErsonal und Pflegepersonal, und unter Pflegepersonal fällt alles was nicht ärztliches Personal ist

aber Not herrscht überall und die wird von der Politik aktiv ignoriert, zur Wende gab es in der BRD ca. 12500 Medizinstudienplätze in der DDR ca 4000, das wurde in den 90er auf insgesamt ca 10000 reduziert und auch heute haben wir nur noch ca 10000 und das obwohl schon in den 90er ein Mangel auftrat, weil div. Stundenmodelle bei den Ärzten abgeschafft wurden und so es zu mehr Bedarf kam und heute fast 30 Jahre später hat sich nichts geändert und die Politiker planen bloß die Zahl zu zeröhen, man kann also nicht wirklich sagen, das der aktuelle Mangel (der auch durch viele in Ruhestand gehende bzw. schon gegangene Personen vergrößert wurde) überraschend gekommen ist
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Aus meiner Sicht muss man ab einem bestimmten Punkt akzeptieren, dass in Deutschland (immer noch) im Wesentlichen eine sog. pluralistische Gesellschaft angestrebt wird und, wie schon angesprochen wurde von jemandem, eben mit einer individualistischen Ausprägung, es keinen (Hardcore-)Kollektivismus gibt, und es ist eben so, dass bestimmte Handlungsweisen legal sind und in dem Sinne legitim sein, aber unter bestimmten Gesichtspunkten nicht optimal und moralisch auch verurteilenswert sein mögen, aber sich noch im (Zähne knirschen) zu akzeptierenden Scope befinden. Wobei ich auch den moralischen Realismus, der hier teils herrscht ablehne; man müsste m.E. zumindest sich auch mal fragen, warum Leute sich (vermeintlich) individuell unvernünftig verhalten und das in die moralische Be-/Verurteilung mit einbeziehen, aber ich möchte ihr niemandem zu nahe treten).

Und dann sind wir eben an dem Punkt angelangt, dass es nicht mehr praktikabel ist, Leute für bestimmte (Nicht-)Handlungen (stark) zu verurteilen. (Allerdings weiß ich auch noch, dass hier im Thread ja auch mal in Aussicht gestellt wurde, dass es doch besser wäre, die kategorischen Impfverweigerer den Zugang zum Gesundheitssystem zu verweigern, wenn es nötig erscheint, also ich weiß schon, was hier wohl als "progressiv" oder "gerecht" angesehen wird teils bzw. mir schwant es.)

Also, was dürfen "wir" denn verlangen an Compliancy und moralisch "korrektem" Handeln in "unserer" aktuellen Gesellschaftsordnung? Ich kann ja wieder sagen, an alle jene, die sich Luxusgüter leisten, sei es auch nur Videospiele, statt das Geld gezielt zu spenden, womit Menschen-/Kinderleben gerettet werden könnten, ja ihr widert mich an! Darf ich diese Haltung nicht haben, ist sie denn "falsch"? Jetzt wird man mir sagen, ja aber wenn man das Geld nicht spendet, gibt man es ja nur weiter, so wie Energie erhalten bleibt, aber nur wenn man es selbst auf dem "korrekten" Weg gibt, kann man doch einigermaßen sicher(er) sein, dass es ankommt und hilft. Also wie schlaft ihr nachts, wie könnt ihr euch im Spiegel angucken mit dem Wissen, dass durch eure Nichthandlung unnötig Menschen sterben? Wie? Und jetzt kann man sagen, ja ich hab doch auch nicht viel, warum sollte ich das abgeben, aber man hat doch genug und trifft diese Entscheidung? Aber diese Überlegung darf ich regelrecht nicht haben, weil's zu heftig ist für das "Bewusstsein", aber wenn ich den moralischen Absolutismus hier weiterführe, möchte ich ernsthaft mal eine Antwort darauf haben. Werde ich aber nicht bekommen, weil jeder irgendwo eine solche (absurde) Grenze zieht, weil's sonst zu unbequem wird.
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 7. Aug 2022, 17:09

Also, was dürfen "wir" denn verlangen an Compliancy und moralisch "korrektem" Handeln in "unserer" aktuellen Gesellschaftsordnung? Ich kann ja wieder sagen, an alle jene, die sich Luxusgüter leisten, sei es auch nur Videospiele, statt das Geld gezielt zu spenden, womit Menschen-/Kinderleben gerettet werden könnten, ja ihr widert mich an! Darf ich diese Haltung nicht haben, ist sie denn "falsch"? Jetzt wird man mir sagen, ja aber wenn man das Geld nicht spendet, gibt man es ja nur weiter, so wie Energie erhalten bleibt, aber nur wenn man es selbst auf dem "korrekten" Weg gibt, kann man doch einigermaßen sicher(er) sein, dass es ankommt und hilft. Also wie schlaft ihr nachts, wie könnt ihr euch im Spiegel angucken mit dem Wissen, dass durch eure Nichthandlung unnötig Menschen sterben? Wie? Und jetzt kann man sagen, ja ich hab doch auch nicht viel, warum sollte ich das abgeben, aber man hat doch genug und trifft diese Entscheidung? Aber diese Überlegung darf ich regelrecht nicht haben, weil's zu heftig ist für das "Bewusstsein", aber wenn ich den moralischen Absolutismus hier weiterführe, möchte ich ernsthaft mal eine Antwort darauf haben. Werde ich aber nicht bekommen, weil jeder irgendwo eine solche (absurde) Grenze zieht, weil's sonst zu unbequem wird.
Dir is aber schon klar, dass es derzeit vor allem um das Thema "Masken tragen" geht? Ja? Gut. Ich hatte fast den Eindruck, Dir seien ein bisschen die Verhältnismäßigkeiten abhanden gekommen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 7. Aug 2022, 17:19 Dir is aber schon klar, dass es derzeit vor allem um das Thema "Masken tragen" geht? Ja? Gut. Ich hatte fast den Eindruck, Dir seien ein bisschen die Verhältnismäßigkeiten abhanden gekommen.
Ich habe das Thema im Sinne einer Art "reductio ad absurdum" weitegeführt, um klar zu machen, dass es irgendwo Grenzen gibt, was an moralisch "korrektem" Handeln einforder-/erwartbar ist und ich weiß selbst nicht genau, wo die Grenze verläuft bzw. verlaufen sollte.
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 7. Aug 2022, 17:24

Ich habe das Thema im Sinne einer Art "reductio ad absurdum" weitegeführt, um klar zu machen, dass es irgendwo Grenzen gibt, was an moralisch "korrektem" Handeln einforder-/erwartbar ist und ich weiß selbst nicht genau, wo die Grenze verläuft bzw. verlaufen sollte.
Können wir uns zumindest darauf einigen, dass "im Alltag Masken tragen" sich sehr weit weg von "absoluter Unzumutbarkeit" befindet?
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 7. Aug 2022, 17:26
Rigolax hat geschrieben: 7. Aug 2022, 17:24

Ich habe das Thema im Sinne einer Art "reductio ad absurdum" weitegeführt, um klar zu machen, dass es irgendwo Grenzen gibt, was an moralisch "korrektem" Handeln einforder-/erwartbar ist und ich weiß selbst nicht genau, wo die Grenze verläuft bzw. verlaufen sollte.
Können wir uns zumindest darauf einigen, dass "im Alltag Masken tragen" sich sehr weit weg von "absoluter Unzumutbarkeit" befindet?
Es kommt auf das Individuum an, für manche mag es tatsächlich "absolut unzumutbar" sein. Ich würde ja auch niemandem mit einer ausgeprägten Arachnophobie zumuten, die fette Spinne entfernen zu müssen, die sich hinter dem Briefkasten eingenistet hat. Und Leute haben "Phobien" vor den absurdesten Dingen, sei es Clowns. Okay, ich hab keine Ahnung, ob es etwa eine anerkannte "Maskenphobie" gibt und sicherlich wird man dann auch "free-riders" haben, weil sie einfach keinen Bock auf jede Einschränkung haben, aber auch dann würde ich sagen, dass es zu akzeptieren ist am Ende, dass Leute damit durchkommen, denn ansonsten müssten wir etwa das Sozialsystem hinterfragen, weil es immer vereinzelt Leute geben wird, die sich dort "durchmogeln" auf Kosten der Allgemeinheit (NB: Steuerhinterziehung ist in jedem Fall weitaus schlimmer). Das wirft aber auch wieder die Frage auf, was "wir" überhaupt verlangen können von irgendwem, weil sich die meisten hier wohl nicht ausgesucht haben, in dieser Gesellschaft zu leben und man die Gesellschaftsordnung nicht so einfach wechseln kann (wie Hume sagt: "Can we seriously say that a poor peasant or artisan has a free choice to leave his country, when he knows no foreign language or manners, and lives from day to day by the small wages which he acquires? We may as well assert that a man, by remaining in a vessel [i.e., a ship], freely consents to the dominion of the master; though he was carried on board while asleep, and must leap into the ocean and perish the moment he leaves her."). Aber ja okay, man kann sagen, Maske tragen ist noch im Scope des Verlangbaren, aber dann gucke ich ins Ausland...wo wird denn das noch derart verlangt und wir sind ja auch schon seit Jahren in dieser Situation, die Belastung wächst auch an und na ja, was weiß ich, ich hab da keine finale Meinung zu.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Yano »

Crenshaw hat geschrieben: 7. Aug 2022, 14:38
Felidae hat geschrieben: 7. Aug 2022, 12:27 Und die ganzen Pflegekräfte, die seit über zwei Jahren absolut am Limit arbeiten, können übrigens auch nichts dafür. Aber SIE sind es, die durch die egoistische Ignoranz bestraft werden. Nicht irgendwelche aktuellen oder vergangenen Regierungen.
kann mir mal jemand erklären warum die Pflegekräfte so in den Himmel gelobt werden? Die sind die letzten im Krankenhaus die Kontakt mit Corona-Patienten bekommen und können sich darauf auch noch vorbereiten, die ganzen anderen Angestellten in den KH davor tragen das größte Risiko sich anzustecken, weil die Erkrankung noch nicht bekannt ist

und das der aktuelle Coronabonus nur für Pflegekräfte ist, sorgt in sehr vielen KH für extrem schlechte Stimmung

und unser Gesundheitssystem ist nicht beschissen, mal abgesehen davon, das man mit dieser Aussage Millionen von Menschen, die sich teilweise jeden Tag den Arsch aufreißen beleidigt
Vielleicht ist unser Gesundheitssystem nicht beschissen, aber zumindest der Pflegesektor ist auf dem Fundament der Menschenausbeutung aufgebaut.
Ich wähle den Begriff sehr bewusst,
aber ohne radikale Ausbeutung des Pflegepersonals ist nicht eine Schicht in Deutschland machbar, nicht eine.

Zur Einordnung, ich arbeite seit 2004 in der Pflege und bin seit Corona auf mehreren Isolier und Quarantäne Stationen tätig.

Die Personalbelegung war schon Jahre vor Corona dauerhaft so knapp bemessen das die Pflegequalität und Gesundheit der Mitarbeiter exorbitant sank.
Der Krankenstand wächst wie ein Lauffeuer, Corona ist ein zusätzlicher Brandbeschleuniger.

Das wir die letzten sind die Kontakt mit Infizierten haben und uns darauf einstellen können ist nicht richtig.
Unzählige Bewohner/Patienten infizieren sich erst vor Ort bzw bereits infizierte stecken andere trotz Sicherheitsmaßnahmen an.
Warum?
Zu wenig Personal um ausreichend infizierte von anderen dauerhaft zu trennen, gerade bei mobilen Dementen fast unmöglich.
Immer wieder Lücken bei der Schutzausrüstung die erstmal geschlossen werden müssen.
Durch die Arbeitsdichte der einzelnen Pflegekraft ist es kaum möglich dauerhaft die Hygienemaßnahmen vollumfänglich einzuhalten.
Es sei denn die Pflegequalität wird reduziert.
Unzählige, wiederkehrende Krankheitsausfälle beim Personal, dadurch Mehrarbeit der verbliebenen die natürlich dann ebenfalls erschöpft ausfallen.
Dadurch wird unqualifiziertes Personal eingesetzt um die Lücken zu schließen, was aber alles nur schlimmer macht.
11, 12 oder 13 Tage am Stück sind keine Ausnahme, sondern schlichte Realität.

Der Coronabonus ist eine Farce und ein Schlag ins Gesicht jeder Pflegekraft.

Im Jahre 2020 habe ich quasi durchgearbeitet, unzählige Kollegen mit Atemnot erlebt und eine Todesrate gehabt die ich davor in der Pflege noch nie erlebt habe.
Im März 2020 hat es fast 4 Wochen gedauert bis die Schutzausrüstung geliefert wurde, wir haben also einen Monat ohne Schutz an infizieren gepflegt.
Das Haus bestand am Ende aus 90% aus Zeitarbeitern da schlichtweg fast jeder Krank wurde.
Unzählige Bewohner starben.
Ja, es gab Berichte in den Medien, zb WDR, aber die Lage hat sich nicht wirklich verbessert.
Die Probleme werden gerne einfach verschoben.

Ende 2020 dann tatsächlich kurz vorm Burnout gestanden, der Pflegebonus (1200€) trudelte ein, Urlaub genommen und direkter wieder rein in den Wahnsinn.
Vom zweiten Bonus (c.a.500€) habe ich und meine Kollegen noch keinen Cent gesehen.

Die Pflege hat keine Lobby das ist ein Irrglaube.
Eine kommende Pflegekammer übernimmt vornehmlich verwaltende und Organisatorische Aufgaben, in deren Satzung wird nicht ein Punkt aufgeführt der die einzelne Pflegekraft schützt bzw stärkt.
Der Krankenhaus Streik war in Länge und Konsequenz eine Beispielslose Ausnahmeerscheinung und wurde von Medien oder dem öffentlichen Diskurs trotzdem kaum beachtet.
Die angeblichen Verbesserungen die erstreikt wurden, wurden inzwischen wieder stark abgeschwächt und verwässert.

Es ist eine Farce.
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ragdel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von ragdel »

Ganz Corona war für viele ein Albtraum. Kann da mit allen Pflegeberufen und ärztlichen Berufen mitfühlen.
Ich war fast ein Jahr im Impfzentrum eingesetzt und das war im Idealfall nur eine 6 Tage Woche und jeder Tag mindestens 12 Stunden. Fühle manchmal das immer noch in den Knochen.. diese Belastung von damals.

Ich will mir da echt nicht vorstellen, wie andere Menschen das über Jahre durchziehen. Hochachtung!

Trotzdem muss ich Axel zustimmen in vielen Punkten. Die Regierung hatte nun lange Zeit sich auf Corona einzustellen und Weichen zu stellen, dass wurde alles vermieden. Warum manche immer noch die Finger auf einzelne Personen zeigen, als ob die Schuld an der Misere sind... keine Ahnung.

Finde da die Art von Felidae nicht zielführend.
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

ragdel hat geschrieben: 7. Aug 2022, 18:25 Ganz Corona war für viele ein Albtraum. Kann da mit allen Pflegeberufen und ärztlichen Berufen mitfühlen.
Ich war fast ein Jahr im Impfzentrum eingesetzt und das war im Idealfall nur eine 6 Tage Woche und jeder Tag mindestens 12 Stunden. Fühle manchmal das immer noch in den Knochen.. diese Belastung von damals.

Ich will mir da echt nicht vorstellen, wie andere Menschen das über Jahre durchziehen. Hochachtung!

Trotzdem muss ich Axel zustimmen in vielen Punkten. Die Regierung hatte nun lange Zeit sich auf Corona einzustellen und Weichen zu stellen, dass wurde alles vermieden. Warum manche immer noch die Finger auf einzelne Personen zeigen, als ob die Schuld an der Misere sind... keine Ahnung.

Finde da die Art von Felidae nicht zielführend.
Vielleicht dann, wenn Du kurz den gedanklichen Bogen schlägst, dass Menschen wie Axel für jene in Pflege- und ärztlichen Berufen, mit denen Du ja mitfühlen kannst, auch zukünftig den Alptraum am Kochen halten. Denen dürfte eine zeitweilige Entlastung wesentlich mehr bedeuten als Deine Hochachtung. Is aber nur so ne Vermutung.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von ragdel »

Ich denke mal, dass denen eine vernünftige Bezahlung, Arbeitspläne, Personal, eine vernünftige Krisenregierung noch mehr bringen würde.
Aber sich an einem im Forum abarbeiten ist natürlich einfacher. Is aber nur so ne Vermutung :)
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Jochen Gebauer
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Jochen Gebauer »

Felidae hat geschrieben: 7. Aug 2022, 18:47Vielleicht dann, wenn Du kurz den gedanklichen Bogen schlägst, dass Menschen wie Axel für jene in Pflege- und ärztlichen Berufen, mit denen Du ja mitfühlen kannst, auch zukünftig den Alptraum am Kochen halten. Denen dürfte eine zeitweilige Entlastung wesentlich mehr bedeuten als Deine Hochachtung. Is aber nur so ne Vermutung.
Bei allem Verständnis für deine Frustration: Einzelne öffentlich zu shamen, ist erstens gemein und zweitens kontraproduktiv. Der Post hätte auch ohne namentliche Nennung einwandfrei funktioniert. Aber du wolltest Axel eine reindrücken, und auch wenn ich den Impetus zumindest ansatzweise nachvollziehen kann, bleibt er gemein.

Und @Axel: Du bist als Ungeimpfter jetzt schon zum vierten Mal ein Infektionsherd für andere. Es gebührt dir nicht mehr, dich von allen Schuldfragen zu distanzieren und die böse Politik da oben als Alleinverantwortlichen zu geißeln. Du hast eine Entscheidung getroffen, die de facto mit dazu beiträgt, die Situation für andere zu verschlechtern. Durch deine Entscheidung können andere Menschen unmittelbar und handfest zu Schaden kommen. Dazu solltest du wenigstens stehen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 7. Aug 2022, 19:53

Bei allem Verständnis für deine Frustration: Einzelne öffentlich zu shamen, ist erstens gemein und zweitens kontraproduktiv. Der Post hätte auch ohne namentliche Nennung einwandfrei funktioniert. Aber du wolltest Axel eine reindrücken, und auch wenn ich den Impetus zumindest ansatzweise nachvollziehen kann, bleibt er gemein.
Es erschien mir angesichts der eh für alle offen einsehbaren Debatte nicht notwendig, den Namen des Auslösers für die "nicht zielführende Art" zu verheimlichen. Aber okay, Rüffel ist angekommen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

ragdel hat geschrieben: 7. Aug 2022, 19:52 Ich denke mal, dass denen eine vernünftige Bezahlung, Arbeitspläne, Personal, eine vernünftige Krisenregierung noch mehr bringen würde.
Aber sich an einem im Forum abarbeiten ist natürlich einfacher. Is aber nur so ne Vermutung :)
Wenn Du das alles umsetzen kannst - tu es. Du wirst mein - und vor allem derer - Held.

Ich kann leider nur weiterhin Menschenansammlungen meiden und Maske tragen. Immerhin.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Wolfgang »

Yano hat geschrieben: 7. Aug 2022, 18:11 ...
Es ist eine Farce.
Vielen Dank für Deine ausführliche Beschreibung.
Leider haben das auch so Freunde und Bekannte beschrieben.

Ja, das Pflegesystem basiert zu einem substantiellen Teil auf (Selbst-)Ausbeutung.
Wie vieles in Deutschland und seinem Gemeinswesen. Siehe Ehrenamte. Siehe Vereine.
Es gibt aber sukzessive immer weniger Menschen, die den Laden aus intrinsischer Motivation heraus am Laufen halten.

Irgendwann macht es dann.... und es fällt alles zusammen.

Dir trotzdem weiterhin viel Spass im Job.
Haplo
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Haplo »

Nichts für ungut Jochen, aber Axel ist mit dreifach genesen genauso ein Infektionsherd, wie ein dreifach Geimpfter ... Alle, die ich in meinem Bekanntenkreis kenne, die in den letzten Monaten Corona hatten, waren dreifach geimpft.
Und an alle, die meinen, bei diesem Wetter Maske zu tragen wäre ja keine Einschränkung: Glückwunsch zur physiologischen Besonderheit, nicht zu schwitzen ...
Otis
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Otis »

War auch dreifach geimpft, aber zumindest Verlauf und Dauer wurden dadurch geschwächt, nehme ich mal an. (Hab' ja keinen Vergleich, wie's ohne gelaufen wäre.) Wäre interessant zu wissen, wie stark sich die Impfung auf die "Ansteckbarkeit" (Fachbegriff fällt mir nicht ein ...) auswirkt, wenn sie schon die Erkrankung an sich nicht verhindert. Denke mal, wenn der Körper schneller mit dem Kampf beginnen kann, wird auch der Virenauswurf des Körpers insgesamt verringert. (Weiß aber auch nicht, ob da die einzelne Variante noch berücksichtigt werden muss. Die ursprüngliche Impfung ist mittlerweile wohl eh nicht mehr wirkungsvoll.) Und die kürzere Erkrankung macht natürlich auch die Isolation etwas einfacher. Ich konnte die vollen zehn Tage wirklich komplett ohne Kontakte oder die Wohnung zu verlassen überstehen, aber zuletzt wurde die Versuchung groß, zumindest den Müll runter zu bringen ...
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