COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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Santiago Garcia
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Santiago Garcia »

Vinter hat geschrieben: 22. Jan 2022, 19:05 Bzgl der gefälschten Stellenanzeigen in Bautzen:

Ratet mal, für welche Partei der Geschäftsführer des Verlages im sächsischen Landtag sitzt.
Die Anzeigen gab es offenbar deutschlandweit, von daher würde ich das nicht überbewerten.

https://www.t-online.de/nachrichten/deu ... eften.html
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Hmm, die Realität scheint ja so schlecht, dass man die Fake-Anzeigen eigentlich gar nicht stellen bräuchte:
Es gibt aber harte Zahlen, die bedenklich stimmen können: Nur 54 Prozent der Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen im Kreis Bautzen hatten Mitte Januar eine Grundimmunisierung. Für Kliniken gibt es keine genauen Zahlen, dort läuft die Abfrage. Generell wird sie deutlich höher geschätzt als in Heimen. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) sagte in der vergangenen Woche, im medizinischen und pflegerischen Bereich seien 65 Prozent geimpft, Sachsen ist Impfschlusslicht in Deutschland.
(aus dem verlinkten t-online-Artikel, habe ich jetzt aber nicht nachrecherchiert).

Interessant auch, "Grundimmunisierung" für "vollständig geimpft", also zweifach geimpft, setzt sich journalistisch wohl durch.
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Leonard Zelig
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Leonard Zelig »

In den Heimen arbeiten ja auch viele Menschen aus Polen. Dort beträgt die Impfquote aktuell nur 58%:
https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/polen/

Bin mir nicht sicher, ob man damit nicht die Arbeitsbelastung für die verbliebenen Arbeitnehmer:innen deutlich erhöht. Das könnte dazu führen, dass diese ebenfalls den Beruf verlassen, was eine ziemlich ungünstige Abwärtsspirale in Gang setzen würde.

Bin froh, dass ich die nächsten Wochen das Haus nur für den wöchentlichen Supermarktbesuch verlassen muss. Ohne PCR-Testungen befinden wir uns total im Blindflug:
https://twitter.com/WDRaktuell/status/1 ... 3294138375
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Peter
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Peter »

Wobei ich die Impfpflicht unabhängig von solchen Überlegungen tatsächlich erstmal aussetzen würde. Hier geht es ja in erster Linie darum, dass Patienten etc vor einer Infektion geschützt werden und dies kann mit den derzeitigen Impfstoffen nicht gewährleistet werden. Da würde ich den Termin nach hinten verschieben, bis angepasste Impfstoffe verfügbar sind und das dann auch mit der allgemeinen Impfpflicht kombinieren.

Das Ziel, möglichst viel vom Personal zu impfen, hat man eh schon erreicht. In den meisten Regionen Deutschlands liegt die Quote bei über 90%. In vielen Heimen reden wir hier nur noch von ein, zwei Leuten. In Kliniken lag die Quote laut einer Umfrage bereits im November bei 96%. Da wäre es viel wichtiger, dass die Leute später einen angepassten Impfstoff bekommen, als dass sie jetzt sofort geimpft sein müssen.
Rince81
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Peter hat geschrieben: 24. Jan 2022, 09:02 Wobei ich die Impfpflicht unabhängig von solchen Überlegungen tatsächlich erstmal aussetzen würde. Hier geht es ja in erster Linie darum, dass Patienten etc vor einer Infektion geschützt werden und dies kann mit den derzeitigen Impfstoffen nicht gewährleistet werden. Da würde ich den Termin nach hinten verschieben, bis angepasste Impfstoffe verfügbar sind und das dann auch mit der allgemeinen Impfpflicht kombinieren.
Aber Hospitalisierung und schwere Fälle. Man muss aber einfach festhalten, dass wir seit dem Herbst über eine Impfpflicht im politischen Rahmen diskutieren. Wir haben die Diskussion so lange verschleppt, dass es eh auf eine Durchseuchung hinausläuft.
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Rince81
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

apropos Durchseuchung:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/betr ... 98918.html
Schüler und Kita-Kinder, die Kontakt mit einer infizierten Person hatten, müssen in Berlin nicht mehr in Quarantäne. Das soll die Gesundheitsämter entlasten.
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MrSnibbles
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von MrSnibbles »

Rince81 hat geschrieben: 24. Jan 2022, 10:09
Peter hat geschrieben: 24. Jan 2022, 09:02 Wobei ich die Impfpflicht unabhängig von solchen Überlegungen tatsächlich erstmal aussetzen würde. Hier geht es ja in erster Linie darum, dass Patienten etc vor einer Infektion geschützt werden und dies kann mit den derzeitigen Impfstoffen nicht gewährleistet werden. Da würde ich den Termin nach hinten verschieben, bis angepasste Impfstoffe verfügbar sind und das dann auch mit der allgemeinen Impfpflicht kombinieren.
Aber Hospitalisierung und schwere Fälle. Man muss aber einfach festhalten, dass wir seit dem Herbst über eine Impfpflicht im politischen Rahmen diskutieren. Wir haben die Diskussion so lange verschleppt, dass es eh auf eine Durchseuchung hinausläuft.
Ich glaube da geht es wieder um Ethik und die Rechtfertigung, in das Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen. Wenn die Impfung gegen die Weitergabe der Krankheit schützen würde, hätte man direkt starke Argumente dafür, dass Ungeimpfte direkt die Leben anderer gefährden. Wenn der Nutzen der Impfung "nur" in der Stabilisierung des Gesundheitssystems steckt, ist das viel indirekter. Vor Allem kann man einen Kollaps des Gesundheitssystems wahrscheinlich mit Lockdowns verhindern, bzw. ist der Nachweis, das ginge wegen Omicron eben nicht mehr, schwierig.

Ist nur mein Versuch, die Lage zu interpretieren. Meine Vermutung ist, wir sind sowieso im ewigen Zyklus zwischen "brauchen wir jetzt nicht" und "bis wir das durchgesetzt haben brauchen wir es nicht mehr" gefangen.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Rince81 hat geschrieben: 24. Jan 2022, 10:40 apropos Durchseuchung:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/betr ... 98918.html
Schüler und Kita-Kinder, die Kontakt mit einer infizierten Person hatten, müssen in Berlin nicht mehr in Quarantäne. Das soll die Gesundheitsämter entlasten.
Korrektur:
https://www.berliner-zeitung.de/lernen- ... 207563.amp
Der Tagesspiegel berichtete dazu: „Schüler und Kita-Kinder, die Kontakt mit einer infizierten Person hatten, müssen nicht mehr in Quarantäne.“ Laura Hofmann, Sprecherin der Senatsgesundheitsverwaltung, sagte der Berliner Zeitung am Samstag hingegen, die Quarantäneregelungen würden durchaus auch weiterhin gelten. Für Hunderttausende Berliner Eltern könnte das neuerliche Corona-Chaos unterdessen zu massiven Problemen mit dem Arbeitgeber führen.
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Rince81
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rince81 »

Persönlicher Wasserstand, erster positiver Fall hier im Büro - ein Kollege, der vor zwei Wochen seinen Booster bekommen hat...
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Dicker
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Dicker »

Bei mir sind es mittlerweile zwei Kollegen, ganze Familie an Covvid erkrankt, ob es Omikron ist, wissen sie nicht. Wurde in beiden Fällen vermutlich über die Kinder eingeschleppt. Die Erwachsenen sind geboostert und niemand hat einen schweren Verlauf. Es ist sogar so milde, hätten sie sich nicht testen lassen müssen, hätten sie es gar nicht bemerkt.
Was aber nachdenklich stimmt, die Schnelltests haben zum Teil nicht angeschlagen, Gewissheit gab es erst durch den PCR Test. Glaubt man einer Freundin, die im Krankenhaus arbeitet, ist das wohl bei sehr vielen Schnelltests so, sodass er im Krankenhaus fast komplett an Relevanz verloren hat.
biaaas
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von biaaas »

MrSnibbles hat geschrieben: 24. Jan 2022, 10:59 Wenn die Impfung gegen die Weitergabe der Krankheit schützen würde, hätte man direkt starke Argumente dafür, dass Ungeimpfte direkt die Leben anderer gefährden.
Das tut die Impfung doch, zwar nicht zu 100 Prozent aber zumindest bei Delta war es 8-9 Mal wahrscheinlicher sich bei einem Ungeimpften anzustecken.

Zum Thema Schnelltest:
In meinen Fall war der Schnellstest erst positiv nachdem ich Symptome hatte. Jetzt geht es mir besser aber der Schnelltest ist immer noch positiv. Habe nur noch etwas leichten Schnupfen.
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Rince81 hat geschrieben: 24. Jan 2022, 10:09
Peter hat geschrieben: 24. Jan 2022, 09:02 Wobei ich die Impfpflicht unabhängig von solchen Überlegungen tatsächlich erstmal aussetzen würde. Hier geht es ja in erster Linie darum, dass Patienten etc vor einer Infektion geschützt werden und dies kann mit den derzeitigen Impfstoffen nicht gewährleistet werden. Da würde ich den Termin nach hinten verschieben, bis angepasste Impfstoffe verfügbar sind und das dann auch mit der allgemeinen Impfpflicht kombinieren.
Aber Hospitalisierung und schwere Fälle. Man muss aber einfach festhalten, dass wir seit dem Herbst über eine Impfpflicht im politischen Rahmen diskutieren. Wir haben die Diskussion so lange verschleppt, dass es eh auf eine Durchseuchung hinausläuft.
Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht kann meines Erachtens kaum lediglich mit schweren Fällen bzw. Hospitalisierungen gerechtfertigt werden. Die Logik müsste dann ja sein, dass das zu schützende Personal in solchen Einrichtungen so essentiell ist und ggf. auch so dem Virus gegenüber exponiert, dass es eine Impfnotwendigkeit braucht, damit sie (das Personal) keine signifikanten schweren Verläufe erleiden und somit a) arbeitstechnisch nicht zu sehr ausfallen und b) (sekundär/nebenbei) nicht das Gesundheitssystem mit-überlasten. Das wäre recht krasses krisenbezogenes Gesundheitsmicromanagement, erinnert mich dann doch eher an den Umgang mit Soldaten und deren Duldungspflicht, und ich kann mir dies realpolitisch/"realjuristisch" nicht so recht verplausibilisieren.

Die Idee ist ja eigentlich, dass in Risikoberufen, also solchen mit viel persönlichem Kontakt zu Menschen, insbesondere wenn diese vulnerabel sind, eine Impfung notwendig sein soll, weil eine Impfung signifikant vor Weiterverbreitung des Virus schützt. Und das ist zumindest nicht in einem übermäßig hohen Rahmen insgesamt zu erwarten.

In Bezug auf eine allgemeine Impfpflicht ist übrigens auch zu bedenken, dass selbst wenn 100% der Leute geimpft sind, man vermutlich bei sehr hohen Inzidenzen immer noch teilweise Lockdowns oder jedenfalls Testpflicht fahren müsste und auch Maskenpflicht, weil ja immer noch ein Teil schwere Verläufe erleiden würden und wenn die Inzidenzen sehr sehr hoch sind, dürfte doch voraussichtlich selbst dies das Gesundheitssystem kollabieren lassen, jedenfalls müsste man selbst dann über einen längeren Zeitraum die Durchseuchung regulieren.

Es gab die Tage beim Verfassungsblog einen Kommentar von Ute Sacksofsky: https://verfassungsblog.de/allgemeine-i ... s-problem/ "Allgemeine Impfpflicht – ein kleiner Piks, ein großes verfassungsrechtliches Problem". Sacksofsky ist eine renommierte Staatsrechtlerin: https://de.wikipedia.org/wiki/Ute_Sacksofsky Dort wird auch so ähnlich argumentiert, ich find auch interessant, dass sie die körperliche Unversehrtheit unter einer auch subjektiv eingebildeten Eingriffsintensität stellt: Jemand, der imaginiert, dass eine Impfung schädlich/Gift sei, für den ist eine Impfpflicht ein enorm hoher Eingriff. Davon ganz unabhängig steht die Tatsache, dass Impfungen objektiv/empirisch nachweislich sehr sehr selten Schäden verursachen und auch Langzeitschäden nicht erwartbar sind, und davon unabhängig ist auch, dass dies sehr stark intersubjektiviert ist. Das mag aus kollektivistischer oder szientistischer Sicht nicht einleuchten, aber es ist meines Erachtens juristisch durchaus sehr relevant. In dem Kontext unterschreibe ich auch ihre Ausführungen zur Debatte, ob eine Impfpflicht ein Impfzwang sein kann oder ist: "Für diejenigen, die sich eine Geldbuße nicht leisten können, wird die Impfpflicht eben doch zum Zwang". Ebenso der letzte Satz: "[Grundrechtsschutz] verlangt die Bereitschaft zum Perspektivenwechsel, sonst verfehlt er seine Hauptfunktion."
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von GoodLord »

Rigolax hat geschrieben: 24. Jan 2022, 14:09 In Bezug auf eine allgemeine Impfpflicht ist übrigens auch zu bedenken, dass selbst wenn 100% der Leute geimpft sind, man vermutlich bei sehr hohen Inzidenzen immer noch teilweise Lockdowns oder jedenfalls Testpflicht fahren müsste und auch Maskenpflicht, weil ja immer noch ein Teil schwere Verläufe erleiden würden und wenn die Inzidenzen sehr sehr hoch sind, dürfte doch voraussichtlich selbst dies das Gesundheitssystem kollabieren lassen, jedenfalls müsste man selbst dann über einen längeren Zeitraum die Durchseuchung regulieren.
Habs jetzt nicht genau verfolgt, aber ist GB da nicht ein Gegenbeispiel? Ich dachte die hätten quasi keine Einschränkungen mehr, hatten eine sehr heftige Welle, aber das Gesundheitssystem ist wohl zumindest nicht Kollabiert (wenn auch schwer belastet). Un die hatten noch nicht mal eine 100% Impfquote (ganz zu schweigen von Bootserung).
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

GoodLord hat geschrieben: 24. Jan 2022, 16:15 Habs jetzt nicht genau verfolgt, aber ist GB da nicht ein Gegenbeispiel? Ich dachte die hätten quasi keine Einschränkungen mehr, hatten eine sehr heftige Welle, aber das Gesundheitssystem ist wohl zumindest nicht Kollabiert (wenn auch schwer belastet). Un die hatten noch nicht mal eine 100% Impfquote (ganz zu schweigen von Bootserung).
Weiß ich jetzt nicht genau, wahrscheinlich hinken meine Ausführungen bzw. basieren zu sehr auf Unsicherheit. Rein mathematisch müsste man annehmen, dass wenn Impfungen im Schnitt zu 90% vor schweren Verläufen schützen, nur die Inzidenzahlen entsprechend hochgedreht werden müssten. Aber gut, dem Virus geht irgendwann der Sauerstoff aus, wie ein Feuer das erstickt, weil ja nur begrenzt viele Leute zu infizieren sind (manche verlassen sehr selten das Haus) und weil auch viele davon ab nicht besonders vulnerabel sind (insb. Altersschnitt). In DE war es ja auch vor allem ein Problem in manchen Bundesländern/Regionen mit niedrigen Impfquoten.

Es wird davon allerdings vielleicht nur noch schwieriger, weil dann ja schon eine 90%-Impfrate evident ausreicht; wie soll man denn dann eine in dem Sinne totalitäre Maßnahme wie eine allgemeine Impfpflicht rechtfertigen, wenn die für manche bestehende, subjektive (tendenziell wahnhafte), Eingriffsintensität enorm hoch ist. Weil schräge Analogien schön sind: Man stellt sich vor, es herrscht potentiell existenzbedrohender Krieg, das eigene Land ist nach gängiger nationaler Meinung nicht der Aggressor, es herrscht allgemeine Wehrpflicht und es gibt nicht hinreichend Freiwillige/Berufssoldaten. Nun entzieht man sich, obwohl man physisch als wehrdiensttauglich eingestuft wird, der Wehrpflicht mit vorgeschobenen Gewissensbegründungen, hat aber tatsächlich einfach nur (hier sogar berechtigt) Angst vor dem Kriegsdienst. Ist das dann eine moralisch verwerfliche Entscheidung, ein im Kant'schen Sinne Verstoß gegen den kategorischen Imperativ? Offenbar schon. Also kann Kriegsdienst zu leisten moralisch verpflichtend sein. Das wirkt auf uns moderne Gesellschaft aber absurd, denn wieso sollte man mich als autonomes Individuum verpflichten können potentiell zu sterben oder zumindest großes Leid zu erfahren, wenn ich davon nicht persönlich überzeugt bin? Das Argument wäre dann, weil es nicht anders geht, aber ist der Punkt schon erreicht, bei der Impfpflicht? Und ja, der Vergleich hinkt, aber das subjektive Empfinden ist wohl bei einem signifikante Teil (ca. 5%?) nicht unvergleichbar.

Es gibt so einen schön absurden Tweet von Lauterbach von Mai 2020. Jetzt betone ich ja immer auch Fallibilismus und mag es eigentlich nicht, auf alten Aussagen rumzureiten, aber na ja: https://twitter.com/karl_lauterbach/sta ... 2571145216 "Eine Impflicht [sic] macht bei SarsCov2 so wenig Sinn wie bei Grippe. Wenn die Impfung gut wirkt [sic] wird sie auch freiwillig gemacht. Dann keine Impflicht [sic] nötig. Wenn sie viele Nebenwirkungen hat oder nicht so gut wirkt [sic] verbietet sich Impflicht. [sic] Daher nie sinnvoll" -- Wie gesagt, von Mai 2020 und ein dämlicher Hot-Take, offenkundig keinerlei Antizipation der allgemeinen, seit Ewigkeiten existierenden, irrationalen Impfskepsis in Teilen der Gesellschaft beim heutigen Gesundheitsminister vorhanden gewesen. Aber wie kommt es dann dazu, dass nicht einmal 90% Impfquote bei Erwachsenen erreicht wird? Afaik nicht einmal bei 60+-Jährigen. Es liegt dabei aber, wie gesagt, nicht objektiv an den Impfstoffen. Vielleicht haben wir's gesamtgesellschaftlich auch einfach ein bisschen verkackt?

EDIT: Hatte ein [sic] zu viel ins Zitat eingebaut. ;)
Zuletzt geändert von Rigolax am 24. Jan 2022, 18:29, insgesamt 1-mal geändert.
Santiago Garcia
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Santiago Garcia »

Rigolax hat geschrieben: 24. Jan 2022, 14:09 Es gab die Tage beim Verfassungsblog einen Kommentar von Ute Sacksofsky: https://verfassungsblog.de/allgemeine-i ... s-problem/ "Allgemeine Impfpflicht – ein kleiner Piks, ein großes verfassungsrechtliches Problem". Sacksofsky ist eine renommierte Staatsrechtlerin: https://de.wikipedia.org/wiki/Ute_Sacksofsky Dort wird auch so ähnlich argumentiert, ich find auch interessant, dass sie die körperliche Unversehrtheit unter einer auch subjektiv eingebildeten Eingriffsintensität stellt: Jemand, der imaginiert, dass eine Impfung schädlich/Gift sei, für den ist eine Impfpflicht ein enorm hoher Eingriff. Davon ganz unabhängig steht die Tatsache, dass Impfungen objektiv/empirisch nachweislich sehr sehr selten Schäden verursachen und auch Langzeitschäden nicht erwartbar sind, und davon unabhängig ist auch, dass dies sehr stark intersubjektiviert ist. Das mag aus kollektivistischer oder szientistischer Sicht nicht einleuchten, aber es ist meines Erachtens juristisch durchaus sehr relevant. In dem Kontext unterschreibe ich auch ihre Ausführungen zur Debatte, ob eine Impfpflicht ein Impfzwang sein kann oder ist: "Für diejenigen, die sich eine Geldbuße nicht leisten können, wird die Impfpflicht eben doch zum Zwang". Ebenso der letzte Satz: "[Grundrechtsschutz] verlangt die Bereitschaft zum Perspektivenwechsel, sonst verfehlt er seine Hauptfunktion."
Wenn ich glaube, Pfefferspray und Schlagstockeinsatz seien tödlich, sind sie damit verfassungswidrig? Ich überlasse die juristischen Einschätzungen gerne den Juristen unter uns, aber das erscheint mir reichlich absurd.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Santiago Garcia hat geschrieben: 24. Jan 2022, 17:46 Wenn ich glaube, Pfefferspray und Schlagstockeinsatz seien tödlich, sind sie damit verfassungswidrig? Ich überlasse die juristischen Einschätzungen gerne den Juristen unter uns, aber das erscheint mir reichlich absurd.
Wenn Pfefferspray und Schlagstockeinsatz ausnahmslos auf faktisch jeden ohne Rechtfertigung im Einzelfall (!) angewendet werden würden bzw. diese Anwendung unter Bußgeld mandatorisch wird, dann wohl ja.

Die Idee ist aber nicht ganz schlecht, weil beispielweis bei der Fluoridierung von (öffentlichem) Trinkwasser manche ähnliche wahnhafte Vorstellungen haben: https://en.wikipedia.org/wiki/Water_flu ... ontroversy Wobei hier argumentiert werden könnte, dass man sich Trinkwasser entziehen könnte -- dürfte aber praktisch sehr schwierig werden.
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Peter
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Peter »

Rigolax hat geschrieben: 24. Jan 2022, 17:43 Es wird davon allerdings vielleicht nur noch schwieriger, weil dann ja schon eine 90%-Impfrate evident ausreicht
Nur sind wir davon meilenweit entfernt. Die Impfpflicht wird von einer Dreifachimpfung ausgehen und da stehen wir bei 50%.

Was hältst du dann vom Alternativvorschlag der Ampel? Ein verbindliches Beratungsgespräch und sollte die Quote bis Sommer hoch genug sein, kommt keine Impfpflicht. Und falls doch, nur für Ü50.
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Peter hat geschrieben: 24. Jan 2022, 18:43
Rigolax hat geschrieben: 24. Jan 2022, 17:43 Es wird davon allerdings vielleicht nur noch schwieriger, weil dann ja schon eine 90%-Impfrate evident ausreicht
Nur sind wir davon meilenweit entfernt. Die Impfpflicht wird von einer Dreifachimpfung ausgehen und da stehen wir bei 50%.
Aus medizinischer Sicht wäre eine Dreifachimpfung sinnvoll, aber auch wieder weniger gut vermittelbar. Da greift das Konsistenzproblem, da sehr sehr lange eine Doppelimpfung (oder gar Einzelimpfung bei J&J) als hinreichend kommuniziert wurde. Und auch wohl die Wortwahl um "vollständig geimpft" so verstanden wurde, was aber wahrscheinlich nicht so gedacht war; im nachhinein vielleicht aus semantischer Sicht ungeschickt das "vollständig", weil mehrdeutig.
Peter hat geschrieben: 24. Jan 2022, 18:43 Was hältst du dann vom Alternativvorschlag der Ampel? Ein verbindliches Beratungsgespräch und sollte die Quote bis Sommer hoch genug sein, kommt keine Impfpflicht. Und falls doch, nur für Ü50.
Ein verbindliches Beratungsgespräch wäre in Bezug auf die Eingriffsintensität schon recht niedrig, ich frage ich mich aber, wie man das umsetzen soll. Zunächst die zu beratenden Leute finden: man müsste ja zunächst eine Nachweispflicht durchsetzen und wer den Impfstatus nicht nachweist, wird zur Beratung eingeladen (unter Bußgeld verpflichtet). Das stell ich mir sehr chaotisch vor. Wenn das funktioniert, müsste man gucken, wer die Gespräche führt und welche Mittel eingesetzt werden sollten. Wer wäre besonders qualifiziert für solche Gespräche, imo tendenziell Psychologen oder gar klinische Psychiater, auch social worker, eher weniger reine Mediziner (ggf. habe ich aber Vorurteile diesbezüglich, im Grunde müssten allgemein Mediziner das auch hinkriegen könne). So ein Gespräch könnte auch backfiren, paternalistisch wirken.

Impfpflicht für 50+ wäre dann ein Kompromiss, könnte man wahrscheinlich auch vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz vertreten, wobei es Verschwörungsdemagogen nutzen würden, da diese ja u.a. propagieren, dass insb. ältere Menschen durch die Impfstoffe zu schaden kommen oder gar vorsätzlich denen geschadet werden sollten. Und das Mantra meiner Mutter, die dann die Zielgruppe wäre, ist mittlerweile "jede Impfung schwächt".

Positiv zumindest, dass wir dank Österreich praktische Erkenntnisse gewinnen können demnächst.
Santiago Garcia
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Santiago Garcia »

Rigolax hat geschrieben: 24. Jan 2022, 18:03
Santiago Garcia hat geschrieben: 24. Jan 2022, 17:46 Wenn ich glaube, Pfefferspray und Schlagstockeinsatz seien tödlich, sind sie damit verfassungswidrig? Ich überlasse die juristischen Einschätzungen gerne den Juristen unter uns, aber das erscheint mir reichlich absurd.
Wenn Pfefferspray und Schlagstockeinsatz ausnahmslos auf faktisch jeden ohne Rechtfertigung im Einzelfall (!) angewendet werden würden bzw. diese Anwendung unter Bußgeld mandatorisch wird, dann wohl ja.
Ich glaube auch, dass Steuern Raub sind. Und wenn ich sie nicht zahle, komme ich ins Gefängnis, man sollte also statt Steuerpflicht eher von Steuerzwang sprechen.
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Santiago Garcia hat geschrieben: 24. Jan 2022, 19:10 Ich glaube auch, dass Steuern Raub sind. Und wenn ich sie nicht zahle, komme ich ins Gefängnis, man sollte also statt Steuerpflicht eher von Steuerzwang sprechen.
Ja. Ich würde niemanden dafür kritisieren, von Steuerzwang statt Steuerpflicht zu sprechen und ich habe philosophisch nichts gegen die Phrase "taxation is theft" einzuwenden. Es entspricht nicht meiner politischen Position, da ich nicht derart libertär bin -- lediglich in kulturellen, nicht wirtschaftlichen Fragen habe ich libertäre Tendenzen. Philosophisch lehne ich solche "language games" allerdings grundsätzlich ab.

Ich weiß nicht genau, woher der Pflichtbegriff kommt im Deutschen und wie es in anderen Sprachen gehandhabt wird, aber ich find ihn befremdlich. Spricht man im Englischen politisch so: "it's your duty to pay taxes"; nicht höchstens nur moralisch? Es heißt ja auch "vaccination mandates" (https://en.wikipedia.org/wiki/COVID-19_ ... ted_States); Merriam-Webster definiert "mandate" unter anderem so: "an authoritative command" (https://www.merriam-webster.com/dictionary/mandate). Warum dieses Moralische im Deutschen, der Pflichtbegriff? Historisch hat sich gezeigt, dass variabel ist, was als "Pflicht" gilt oder gelten sollte und daher basiert unsere moderne Gesellschaftsordnung auch stark auf individualistischen Ansätzen. -- Weiß jetzt nicht, sollte ich Literatur empfehlen, dann Poppers "The Open Society and Its Enemies", I guess, ich hab's aber ehrlich gesagt bisher nur halb durchgelesen, was er von Platon und Hegel hält, fand ich aber soweit ganz interessant.
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