Der allgemeine Film-Thread

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Andreas29

Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 09:04 Es gibt den schönen Satz, dass es mit einer Entschuldigung eben nicht getan ist. Warum sollte bei Künstlern andere Spielregeln gelten?
Habe ich ja schon geschrieben: Es baut Druck auf die Künstler auf und beschränkt ihre Kunstfreiheit. Wenn du weißt, dass du bei einem Fehler deine Karriere los sein könntest - egal wie groß oder klein, es braucht nur eine gewisse Dynamik - hast du die Schere doch im Kopf. Ich will keine Kunst, die sich erst nach allen Seiten absichern muss. Das ist doch furchtbar.

Außerdem bin ich der Meinung und hoffe, dass das auch viele andere sind, dass jemand nach einer glaubhaften, ernst gemeinten und ehrlichen Entschuldigung und einem ändern des kritisierten Verhaltens oder das Versprechen dazu wieder "zurückkommen" darf . Was hat das mit Kinder oder Erwachsenen zu tun ? Gerade Erwachsene sollten den Weitblick und die Ruhe haben, über ihren Schatten springen zu können.
Es gibt natürlich Verhaltensweisen, die das schwierig machen, wie z.B. Rassismus und man muss unterscheiden ob mutwillig nach eigener Überzeugung oder fahrlässig aus Unwissen gehandelt wurde. Aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jeder eine zweite Chance verdient hat.

Und ich habe die Befürchtung, dass das eben irgendwann umschlägt und die Leute immer sturer ihren Stiefel durchziehen werden, noch weniger kritikfähig werden, wenn sie wissen, dass sie sowieso machen können was sie wollen und trotzdem Leute hinter ihnen her sein werden, die sie zerstören möchten.

Ich verfolge Sia schon sehr lange und lege meine Hand dafür ins Feuer, dass sie niemanden verletzen wollte. Sie ist die "wholesomeste" Person, die man sich vorstellen kann. Sie war naiv, dumm und hat auf die falschen Berater gehört und dafür muss man sie deutlich, hart und laut kritisieren. Auch für ihre ersten Reaktion auf Kritik. Aber die Ausmaße jetzt und dieser absolut erkennbare Willen ihre Karriere zu beenden, gehen einfach zu weit. Sie hat meiner Meinung nach alles gemacht, was man machen kann um die Sache wieder gerade zu biegen. Und jetzt ist einfach gut. In der ganzen Diskussion um dieses Wort "Cancel Culture" würde die Haltung sehr helfen.
Weder der Hinweis darauf, dass es in der realen Welt illegal ist (dann dürfte ich im Film auch niemanden mehr umbringen), noch die folgende Unterstellung, dass es zu realen Toden führen würde - in einem Ton, der das als erwiesen ansieht - reichen für so eine Forderung und damit einen Eingriff in die Integrität des Kunstwerks aus.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 09:04Ihr Ziel ist eine positive Darstellung und nun kommen Autisten, die anscheinend nicht gefragt worden sind um die Ecke und stellen fest, dass sie SO nicht porträtiert werden wollen


Ja. Und die Kritik ist nach allem was ich recherchieren kann auch berechtigt. Hier geht es nicht darum, dass ich sage, man dürfe nicht kritisieren. Sie ist in ihrem künstlerischen Vorhaben anscheinend krachend gescheitert. (Trotzdem wäre es mal interessant zu wissen, wie viele den Film wirklich gesehen haben, die jetzt mitmachen bei dem Shitstorm)
Hier geht es aber darum, ob es legitim ist und man einen Anspruch darauf hat, den Künstler dazu aufzufordern sein Werk zu ändern bzw. von vorneherein so zu gestalten, dass es meiner eigenen Weltanschauung entspricht. Ich sage: Nein.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 09:04Das ist übrigens keine Unterstellung, dazu gibt es Untersuchungen. Dass solche Fixierungen während eines Anfalls zu Verletzungen und Todesfällen führen ist Fakt.
https://www.disabilityrightsca.org/syst ... 701801.pdf

https://nationalautismassociation.org/r ... ety-facts/
It’s estimated that over the last five years, more than 20 students, many with disabilities, have died due to seclusion and restraints being used in schools.[...]
Source: United States Government Accountability Office, Selected Cases of Death and Abuse at Public and Private Schools and Treatment Center (2009)
Momentchen mal... das habe ich ja nie angezweifelt. Wie könnte ich auch? Beim Thema Autismus habe ich relativ wenig Ahnung und vertraue da natürlich auf die Aussagen der Fachmänner. Ich habe auch geschrieben, dass man die Darstellung, falls sie wirklich kritiklos oder sogar positiv dargestellt wird deutlichst kritisieren muss.

Das mit der Unterstellung bezieht sich auf den Teil, wo einfach behauptet und es als Fakt angesehen wird, dass eine Darstellung im Film automatisch zu Nachahmung und Toden im echten Leben führen würde. Ohne Beweise dafür ist das eine ziemlich krasse Anschuldigung, die man nicht einfach mal als Grundlage für Forderungen nehmen kann.
1. Ist das respektlos, weil man unterstellt, dass Menschen den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion nicht erkennen, 2. gibt es in jedem Film Verhaltensweisen, die man nicht nachahmen sollte und man davon ausgeht, dass jeder Mensch das in einen fiktiven Kontext setzen kann.

Problematisch ist lediglich, dass sich der Film durch seine Hauptdarstellerin Maddie Ziegler vor allen an Kinder und Jugendliche richtet, die dieses Verhalten vielleicht nicht abstrahieren können. Aber das ist nichts, was ein Disclaimer nicht lösen würde.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 18:40
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 09:04 Es gibt den schönen Satz, dass es mit einer Entschuldigung eben nicht getan ist. Warum sollte bei Künstlern andere Spielregeln gelten?
Habe ich ja schon geschrieben: Es baut Druck auf die Künstler auf und beschränkt ihre Kunstfreiheit.
Das tut der Musikkritiker auch. :)
Kunstfreiheit existiert nicht im luftleeren Raum, sondern nur in Zusammenspiel mit der Gesellschaft und dem eigenen Publikum. Und vor allem - Kunstfreiheit bedeutet nicht Freiheit vor Kritik.
Ich verfolge Sia schon sehr lange und lege meine Hand dafür ins Feuer, dass sie niemanden verletzen wollte. Sie ist die "wholesomeste" Person, die man sich vorstellen kann.
Ich mag ihre Musik seit dem Ende von Six Feet Under. Wobei ihre eigenen Twitter Kommentare in der Debatte ganz klar zeigen, dass sie so wholesome nicht ist. Die Kritik gibt es seit dem ersten Teaser im November und sie hat seitdem gemauert.
https://www.billboard.com/articles/colu ... vie-autism
Grrrrrrrrrr. Fuckity fuck why don’t you watch my film before you judge it? FURY.

— sia (@Sia) November 20, 2020
Nun haben ihn die Leute gesehen und kritisieren ihn trotzdem. Das war vermeidbar. Spätestens im November hätte sie merken müssen, dass nicht irgendeine superwoke Fringegruppierung den Trailer kritisiert, sondern die Kritik auch von großen Interessensvertretungsgruppen kommt. Wenn sie niemanden verletzen wollte - spätestens da wäre der Punkt gewesen vorab intern ein paar Meinungen zu dem Film einzuholen.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59 Das tut der Musikkritiker auch. :)
Also ich habe noch keinen - zumindest seriösen - Kritiker gesehen, der verlangt das Szenen die er nicht mag oder für bedenklich hält entfernt werden.
Ganz normale Film-, Musik- und Literaturkritiken etc. achten die Integrität des Kunstwerks. Die Shitstorm-Mentalität geht wesentlich weiter.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59Kunstfreiheit existiert nicht im luftleeren Raum, sondern nur in Zusammenspiel mit der Gesellschaft und dem eigenen Publikum. Und vor allem - Kunstfreiheit bedeutet nicht Freiheit vor Kritik.
Der Meinung bin ich auch und das habe ich auch schon geschrieben. Nur einen Künstler aufgrund seiner Kunst die mir nicht passt niedermachen zu wollen und zu fordern, dass der Künstler sein Werk an meine Meinung und Weltanschauung anpasst, geht halt meiner Meinung nach zu weit.

Nochmal: Das bedeutet mitnichten Immunität vor durchaus deutlicher Kritik.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59 Wobei ihre eigenen Twitter Kommentare in der Debatte ganz klar zeigen, dass sie so wholesome nicht ist. Die Kritik gibt es seit dem ersten Teaser im November und sie hat seitdem gemauert.
https://www.billboard.com/articles/colu ... vie-autism
Grrrrrrrrrr. Fuckity fuck why don’t you watch my film before you judge it? FURY.

— sia (@Sia) November 20, 2020
Einen Film erst zu kritisieren bzw. so hart anzugreifen, wenn man den Film gesehen hat... eine Aussage, der ich voll und ganz zustimme. Ins Rollen kam das ganze nämlich wirklich einfach nur aufgrund des Trailers. Dass sich jetzt die Vorurteile anscheinend bestätigen ändert ja nichts an der Tatsache, das sie Recht hat, wenn sie sagt man solle sich doch erst einmal den Film anschauen.

Der Ton ist etwas flapsig und es wird offensichtlich, dass sie die Größe und Dynamik des Problems verkannt hat, aber inhaltlich finde ich das durchaus einleuchtend.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59Nun haben ihn die Leute gesehen und kritisieren ihn trotzdem.
Weiß ich nicht... einige Kritiker und die Autistenverbände bestimmt. Aber ich bin mir fast sicher, dass bei dem großen Shitstorm eine nicht geringe Menge mitmacht ohne den Film gesehen zu haben. Woher ich das habe? Erfahrung. Viele klinken sich da einfach ein ohne eine eigene Meinung zu bilden und es macht einfach Spaß auf etwas einzutreten. Das ist ja allgemein ein Problem der sozialen Medien.
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59Das war vermeidbar. Spätestens im November hätte sie merken müssen, dass nicht irgendeine superwoke Fringegruppierung den Trailer kritisiert, sondern die Kritik auch von großen Interessensvertretungsgruppen kommt. Wenn sie niemanden verletzen wollte - spätestens da wäre der Punkt gewesen vorab intern ein paar Meinungen zu dem Film einzuholen.
Ja. Ich habe ja jetzt oft geschrieben, dass ich die Kritik absolut für gerechtfertigt halte.

PS:
Rince81 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 19:59Ich mag ihre Musik seit dem Ende von Six Feet Under.
Ich höre eigentlich weder moderne Pop- noch Chartmusik, aber sie sticht da echt heraus. Großartige Musikerin.
Zuletzt geändert von Andreas29 am 19. Feb 2021, 01:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von bluttrinker13 »

@Andreas & Rince: ich finde ihr diskutiert das richtig schön aus, macht Spaß zu lesen.

Aber ein Punkt fehlt mir noch, nämlich die (Edit\ die von Andreas auch klar getätigte) Erwähnung der Tatsache dass der Film wohl letztlich aufgrund der Kritik noch mal verändert wurde.
Kritik, auch harsche, na klar. Völlig ok, muss man abkönnen. Sie hat es anscheinend auch herausgefordert.
Aber wenn dann in dessen Zuge auch das Werk verändert wird, obwohl es schon fertig war (? zutreffend?), ist dann nicht eine neue Qualität erreicht? Und, ist das nicht, im Prinzip, etwas bedenklich?

Wie seht ihr den Punkt, wo ist da die Linie?
Zuletzt geändert von bluttrinker13 am 19. Feb 2021, 09:22, insgesamt 2-mal geändert.
Andreas29

Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

bluttrinker13 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 23:10 Aber ein Punkt fehlt mir noch,
Also ich würde sogar behaupten, dass das was Du da ansprichst mein ganzer Punkt ist.

Ich bin ja bemüht immer zu betonen, dass Kritik immer erlaubt ist. Ich bin auch für Disclaimer, wenn etwas wirklich verletzen kann oder sogar wie in dem Fall von "MUSIC" für gefährlich gehalten wird.

Aber ab da wo gefordert wird das Kunstwerk zu verändern, Szenen zu entfernen etc. hört für mich einfach der Spaß auf.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

bluttrinker13 hat geschrieben: 18. Feb 2021, 23:10 Aber wenn dann in dessen Zuge auch das Werk verändert wird, obwohl es schon fertig war (? zutreffend?), ist dann nicht eine neue Qualität erreicht? Und, ist das nicht, im Prinzip, etwas bedenklich?

Wie seht ihr den Punkt, wo ist da die Linie?
Es gibt imho keine klare Linie. Klar sind Filme Kunst, allerdings zu 99% und mehr primär Unterhaltung und Kommerz. Es ist kein Gemälde, wo der Maler den letzten Pinselstrich drunter setzt, sondern eine Kunstform die Testscreenings durchläuft, die umgeschnitten wird bis sie bei der Zielgruppe den besten Effekt erzielt, bei der bereits fertige Szenen wieder raus fallen können, etc. Wann ist ein Film fertig? Nach dem Rohschnitt? Vor den Testscreenings? Nach der öffentlichen Premiere? Wenn man George Lucas endlich die Rechte dran abgekauft hat? :ugly:
Was ist mit späteren Final oder Directors Cuts? Sind die nachträglich verändert oder war die Kinoversion nicht fertig? Wann ist ein Film fertig bei dem der Regisseur hinschmeißt und das Studio den in der Post Production noch fleißig von jemand anders umschneiden lässt? Du kannst aus vielen Filmen viele Szenen rausnehmen ohne das es jemand merken würde der den Film noch nicht gesehen hat - wenn du aber aus einem Turner Gemälde ein Stück Leinwand rausschneidest ist es zerstört.

HBO Max hat letztes Jahr den Gone with the Wind aus dem Streaming genommen und erst mit nachträglicher Einleitung wieder ins Programm genommen. Finde ich gut. Ja der Film ist voller rassistischer Stereotype, die Darstellung des Old South eine massive Geschichtsfälschung und der Film ohne Einleitung imho problematisch. Gleichzeitig ist er ein Klassiker der goldenen Ära von Hollywood und ein fantastischer Film. Heute sollte er imho wirklich nur mit einer Einleitung gezeigt werden - dann aber komplett und unverfälscht, das ist nämlich Kunst. Die Macher wollten damals aber nicht rassistisch sein und wir beurteilen das Werk mit mehr als 80 Jahren Abstand. Also Einordnen und gut ist.
Music ist nun ein Film von 2021 und es ist bereits kurz nach Release so eine Einführung in den Film nötig, weil sich die Problematik dieser Szene offenbar nicht aus dem Film und dem verwendeten Kontext ergibt. Da stellt sich dann für mich doch die Frage ist das wirklich Kunst oder kann das nicht vielleicht doch lieber weg?

Etwa zeitgleich mit der Gone with the Wind Problematik hat Tina Fey dafür gesorgt, dass mehrere 30 Rock Folgen aus den Streaming und Fernsehwiederholungen entfernt werden, weil sie Blackfacing enthalten - ohne vorherigen Shitstorm, darf Sie ihr Werk nachträglich verändern wenn sie nicht unter Druck gesetzt wurde? Ich bin großer Tina Fey und noch größerer 30 Rock Fan. Ich finde ihre Entscheidung in dem Fall grundfalsch. Das ware thematisch passende Darstellungen, die jeweils einen tieferen satirischen Sinn hatten und die aus dem Kontext erkennbar völlig falsch waren. Toll begründet hier:
https://jungle.world/artikel/2020/37/sc ... ungswandel
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Jon Zen
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Jon Zen »

Auch der Maler malt ein Bild manchmal häufiger bis er damit zufrieden ist, fertigt Skizzen und Konzeptzeichnungen an und zieht auch manchmal anderer Meinung zu Rate (z.B. die des Kunden).
Ein Bild kannst du dir ebenfalls kaufen und wenn du dann entscheidest, daran etwas zu verändern, kannst du das gerne tun - nur werden dich dann ein paar Menschen dafür kritisieren, vielleicht sogar hassen (wenn du z.B. das Gold von einem Gustav Klimt abschabst). :lol:
Banksy hatte doch ebenfalls sein Bild vom englischen Parlament verändert. Das nennt man dann "Director's Cut" im Film. :P
Gerade die Malerei kommt vom Handwerk (z.B. Dürer), Filme die Kunst abzuerkennen, sehe ich nicht ein. Jegliches diskutieren über nachträgliche Veränderung in Zusammenhang mit dem Begriff "Kunst", führt in eine Sackgasse. Aus der Geschichte wissen wir, dass der Mensch - viel zu oft - heutige Kunst als "keine Kunst" bewertete und dann zestörte.

Späteres Eingreifen in historische Filme sehe ich kritisch. Das wird kein Ende nehmen. Die meisten Filme bis in die späten 90ern vermitteln ein nicht mehr zeitgemäßes Bild der Frau ("Hilfe! Rette mich, du starker Mann!"). Der Zuschauer, der sich historische Filme anschaut, sollte in der Lage sein, den Film richtig einzuordnen.


Dass ein Schauspieler unterschiedliche Rollen spielen kann, die nicht die Realität der Privatperson widerspiegelt (z.B. andere sexuelle Partnerpräferenz, Handycap, Begabung, Herkunft), gehört zum Beruf des Schauspielers dazu.
Je größer der Unterschied zur Realität, desto besser muss der Zuschauer den Grund verstehen können (z.B. bei Comedy Shows, wo wenige Comedians verschiedene Personen spielen), oder desto glaubhafter sollte es gefilmt werden (z.B. die Größenunterschiede zwischen Hobbits, Zwerge und Menschen beim Herr der Ringe).
https://steamcommunity.com/id/Jon-Zen/ | Unsere Biervorräte schwinden dahin, Sire!
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Jon Zen hat geschrieben: 19. Feb 2021, 02:34 Filme die Kunst abzuerkennen, sehe ich nicht ein.
Das mache ich explizit nicht. Ich sehe den Schutz der Kunstfreiheit primär bei staatlichen Eingriffen, nicht bei primär kommerziellen Erwägungen und daher nicht als Absolutismus sondern nur als einen Beurteilungsfaktor. Du bringst ein schönes Beispiel.
Auch der Maler malt ein Bild manchmal häufiger bis er damit zufrieden ist, fertigt Skizzen und Konzeptzeichnungen an und zieht auch manchmal anderer Meinung zu Rate (z.B. die des Kunden).
Wie relevant ist denn die Meinung des Kunden bzw. Auftraggebers?
A: Lieber Maler, das ist nicht das, was ich bestellt habe, bitte überarbeite das einmal, sonst bezahle ich dich nicht.
M: Lieber Auftraggeber, das Bild ist Ausdruck meine künstlerische Freiheit, jetzt gib mir mein Geld.

Wer hätte Recht? ;)
Der Zuschauer, der sich historische Filme anschaut, sollte in der Lage sein, den Film richtig einzuordnen.
Schön wäre es, dann müsste man diese Diskussion nicht führen. Die Geschichte hat gezeigt, dass viele Zuschauer gerade das nicht hinbekommen und dazu nicht in der Lage sind, deswegen funktionieren Filme auch als Propaganda so gut und verbreiten je nach Wissens- und Bildungsgrad eben überholte Stereotype und Sichtweisen - gerade was z.B. Geschichtsbilder angeht.
Dass ein Schauspieler unterschiedliche Rollen spielen kann, die nicht die Realität der Privatperson widerspiegelt (z.B. andere sexuelle Partnerpräferenz, Handycap, Begabung, Herkunft), gehört zum Beruf des Schauspielers dazu.
Völlig Zustimmung. Der Bereich Unter-Repräsentation kann dann aber nicht weggedacht werden. Entsprechende Kritik, wie z.b. Whitewashing ist in meinen Augen manchmal berechtigt und manchmal Quatsch. Quatsch z.B. bei dem Vorwurf, dass die Israelin Gal Gadot nicht Cleopatra spielen darf, da die ja Ägypterin war. Das ist imho Quatsch, gerade wenn man irgendwo im Hinterkopf behält, dass ihre Vorfahren aus Griechenland stammen... :ugly: Während mein erster Gedanke bei Frau mit hawaiianisch-chinesischer Abstimmung ganz sicher nicht Emma Stone ist. Solche Castingentscheidungen kann man imho sehr zurecht kritisieren. Sie nehmen nämlich Rollen weg von Gruppen, die ohnehin unterrepräsentiert sind. Gleiches gilt für die Darstellung von (geistig) Behinderten. Ich denke nicht, dass es notwendig ist hier zwingend Behinderte zu casten. Macht man es aber nicht, liegt die Messlatte sofort höher, weil entsprechende Darstellungen jederzeit wie Spott wirken können. In dem Fall zeigt Pixar, wie es besser geht - für Loop haben sie eine Autistin als Sprecherin gecastet. Kein Mensch hat sich beschwert - im Gegenteil.
https://www.youtube.com/watch?v=JrO639lX8Uc
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Heretic
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Heretic »

Rince81 hat geschrieben: 19. Feb 2021, 08:48 Wie relevant ist denn die Meinung des Kunden bzw. Auftraggebers?
A: Lieber Maler, das ist nicht das, was ich bestellt habe, bitte überarbeite das einmal, sonst bezahle ich dich nicht.
M: Lieber Auftraggeber, das Bild ist Ausdruck meine künstlerische Freiheit, jetzt gib mir mein Geld.

Wer hätte Recht? ;)
Wieso fällt mir jetzt spontan "Portrait einer jungen Frau in Flammen" ein? :D

In deinem Beispiel würde ich sogar dem Auftraggeber beipflichten. Wenn er denn im Vorfeld seine Wünsche genau mitgeteilt hat. Der Maler hat den Auftrag angenommen, also muss er sich an die Vorgaben halten. Wenn allerdings der Stil des Malers nicht gefällt, ist das persönliches Pech. Man hätte sich ja vorher andere Werke des Künstlers anschauen können.

Beim Film würde ich ganz klar dem Regisseur die Freiheit zugestehen, sein Werk nach seinen Vorstellungen gestalten zu dürfen. In der Realität dürfte das aber so gut wie nie hinhauen, da irgendein Faktor immer limitierend wirkt. Budget, Jugendschutz, Vorstellungen der Geldgeber, Gewinnmaximierung - irgendwas is' ja immer.
Zuletzt geändert von Heretic am 27. Feb 2021, 10:58, insgesamt 1-mal geändert.
Andreas29

Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 19. Feb 2021, 01:16 Es gibt imho keine klare Linie. Klar sind Filme Kunst, allerdings zu 99% und mehr primär Unterhaltung und Kommerz. Es ist kein Gemälde, wo der Maler den letzten Pinselstrich drunter setzt, sondern eine Kunstform die Testscreenings durchläuft, die umgeschnitten wird bis sie bei der Zielgruppe den besten Effekt erzielt, bei der bereits fertige Szenen wieder raus fallen können, etc. Wann ist ein Film fertig? Nach dem Rohschnitt? Vor den Testscreenings? Nach der öffentlichen Premiere? Wenn man George Lucas endlich die Rechte dran abgekauft hat? :ugly:
Was ist mit späteren Final oder Directors Cuts? Sind die nachträglich verändert oder war die Kinoversion nicht fertig? Wann ist ein Film fertig bei dem der Regisseur hinschmeißt und das Studio den in der Post Production noch fleißig von jemand anders umschneiden lässt? Du kannst aus vielen Filmen viele Szenen rausnehmen ohne das es jemand merken würde der den Film noch nicht gesehen hat - wenn du aber aus einem Turner Gemälde ein Stück Leinwand rausschneidest ist es zerstört.
Diese 99% würde ich erst einmal nicht unterschreiben. So kommerziell und durchgeplant wie in deinen Beispielen sind lediglich die Blockbuster der großen Studios. Die bekommen die meiste Aufmerksamkeit, aber stellen nur einen Bruchteil wirklich aller Filme dar. Die großen Studios haben übrigens ebenfalls kleine Label (wie z.B. Fox Searchlight) um da Autorenfilmern großen Freiraum zu bieten.

Und nur weil ein Film am Reißbrett entsteht, muss er nicht automatisch am Ende künstlerisch weniger wert sein.

Und dann prinzipiell: Alles was Du aufzählst sind ja freiwillige Prozesse. Ein Regisseur oder Drehbuchautor wird ja nicht gezwungen sich den Fesseln einer Studioproduktion zu unterwerfen. Das heißt alle künstlerischen Einschränkungen sind in der Hinsicht legitim.
Das was hier aber ein Thema ist und worum es geht ist, wenn Gruppen von außerhalb der Produktion kommen und Eingriffe in ein künstlerisches Werk aufgrund moralischer Empörung fordern und mit Druck erzwingen wollen. Wenn die Veränderungen unfreiwillig sind.

Und um das Beispiel mit dem Maler aufzugreifen: Diese Menschen wollen ja nicht nur ihre Version des Films umschneiden - in Analogie zu deinem Satz, dass man ja ein Bild verändern könnte - sondern für alle.
Rince81 hat geschrieben: 19. Feb 2021, 01:16das ist nämlich Kunst.
Nun, Du schreibst weiter unten Du willst nicht bewerten, was Kunst ist und tust es hier ja doch. Auch wenn Du sagst, dass Filme generell Kunst sind, implizierst Du ja, dass es quasi einen "Grad" an Kunst gibt und das finde ich schwierig. Gibt es dann quasi ein Bewertungssystem ab wann ein Film nicht mehr Kunst genug ist und er nach Lust und Laune zensiert und verändert werden darf? "Gone with the Wind" ist der in einem kaum beschreibbaren Maße bessere und historisch bedeutsamere Film als "Daniel der Zauberer" mit Daniel Kübelbock (einer der laut vielen Filmkritikern und Aggregatoren-Websites für Reviews schlechteste Film aller Zeiten). Trotzdem sind es beides Kunstwerke, denen ihre Integrität zusteht.


Zu der Thematik, ob Schauspieler nur noch das spielen dürfen, was sie auch im echten Leben sind:

https://www.spiegel.de/kultur/tv/identi ... 9c8cbd2bdd
Andreas29

Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Auf Amazon Prime gibt es für Mitglieder gerade eine Aktion, bei der man sich über 300 Filme für 99 Cent leihen kann.

Ich habe mal eine Liste der interessansten zusammen gestellt:
Da ist aber einiges dabei, bei den 99 Cent Filmen. Ich lasse mal weg, was hier bisher genannt wurde:

Absolute Empfehlung = Fettgedruckt
Eingeschränkte Empfehlung = Kursiv
Nicht gesehen, aber gute Kritiken = Normal

Captain Fantastic
Und täglich grüßt das Murmeltier
The Killing of a Sacred Deer
Blade Runner Final Cut
Free Willy
Rio
Der Junge im gestreiften Pyjama
Snowden
Die Glücksritter
Hidden Figures
The Assistant
Braveheart
The Last Samurai
Hook
The Impossible
Maleficient
Red Sparrow
The Rock
Con Air
Gone Girl
Cool Runnings
Der längste Tag
The Hate You Give
Dallas Buyers Club
Hotel Mumbai
Wunder
Highlander
Starship Troopers
Herz aus Stahl
Lion
Werk ohne Autor
Der Patriot
Ziemlich beste Freunde
Die Nackte Kanone 2 1/2
Inception
Begabt
Crank
Bad Times at the El Royal
Der unsichtbare Gast
Swallow
Bob, der Streuner
Edward mit den Scherenhänden
Die Geister die ich rief…
Ein Ticket für Zwei
A Nightmare Before Christmas
L.A. Crash
Der große Diktator
Muppets Weihnachstgeschichte
Brimstone
Still Alice
Memento
Moon
Hacksaw Ridge
Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück

Und einige Marvel-Filme wären da noch, aber dafür gibt es ja mittlerweile Disney+

https://www.amazon.de/gp/video/search/r ... se&ie=UTF8

Gestern begann das 10-tägige Japanese Film Festival, das dieses Jahr aufgrund von Corona online stattfindet. Ab 13 Uhr gibt es täglich 2 Lang- und einen Kurzfilm vollkommen umsonst:

https://watch.jff.jpf.go.jp/page/germany/
Zuletzt geändert von Andreas29 am 27. Feb 2021, 15:22, insgesamt 1-mal geändert.
Rince81
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 10:48 Nun, Du schreibst weiter unten Du willst nicht bewerten, was Kunst ist und tust es hier ja doch. Auch wenn Du sagst, dass Filme generell Kunst sind, implizierst Du ja, dass es quasi einen "Grad" an Kunst gibt und das finde ich schwierig. Gibt es dann quasi ein Bewertungssystem ab wann ein Film nicht mehr Kunst genug ist und er nach Lust und Laune zensiert und verändert werden darf? "Gone with the Wind" ist der in einem kaum beschreibbaren Maße bessere und historisch bedeutsamere Film als "Daniel der Zauberer" mit Daniel Kübelbock (einer der laut vielen Filmkritikern und Aggregatoren-Websites für Reviews schlechteste Film aller Zeiten). Trotzdem sind es beides Kunstwerke, denen ihre Integrität zusteht.
Kunst sind beide Beispiele. Der künstlerische "Wert" unterscheidet sich aber erheblich. Dein Film ist nun ein blödes Beispiel, da die "Kritiker", die sich aus Gründen der "Filmkritik" den Küblböck Film reingezogen und zerrissen haben das ganz sicher in der Mehrheit nicht wohlwollend oder aus cineastischen Gründen gemacht haben, sondern weil Küblböck ein sehr einfach zu treffender Punching Ball war - von daher finde ich auch Zuschreibungen, wie "schlechtester Film aller Zeiten" - gerade bei Aggregatoren problematisch. Das war bei dem Film auch eine Art Mobbing.
Und nur weil ein Film am Reißbrett entsteht, muss er nicht automatisch am Ende künstlerisch weniger wert sein.
Eine maschinell hergestellte Vase von Ikea und eine Vase in Handarbeit von einem Töpfer haben den selben Gebrauchswert. Beide lassen sich vom Design, der Form, der Farbe und der Funktionalität auch künstlerisch vergleichen. Der Töpfer hat die Vase gestaltet, die er am schönsten findet. Der Designer bei Ikea die Vase, die sich am günstigsten maschinell herstellen lässt, sich einfach und platzsparend verpacken und transportieren lässt und dabei auch gut aussieht.
Ihr "Wert" ist aber fundamental unterschiedlich. Geht mir die Ikea Vase kaputt bekomme ich bei Ikea jederzeit eine identische neue, die vom Töpfer bleibt kaputt. Gleiches gilt für ein echtes Bild und einen Kunstdruck. Der künstlerische Anspruch ist vergleichbar, der Druck ist aber austauschbar. Das gilt imho auch für die meisten Filme am Reißbrett, das nennt sich dann Popcornkino und ist nicht abwertend gemeint. Ein "Breakfast at Tiffanys" ist - trotz ganz klaren Rassistischen Stereotypen - künstlerisch wertvoller als jede 08/15 RomCom der 90er Jahre, an die sich heute keiner mehr erinnert...
Und dann prinzipiell: Alles was Du aufzählst sind ja freiwillige Prozesse. Ein Regisseur oder Drehbuchautor wird ja nicht gezwungen sich den Fesseln einer Studioproduktion zu unterwerfen. Das heißt alle künstlerischen Einschränkungen sind in der Hinsicht legitim.
Die Aussage finde ich tapfer. Wie freiwillig ist es denn, wenn man seine künstlerische Freiheit zu 100% seinen Geldgebern unterwerfen muss? Im Kern unterwirft man sich diesen Prozessen um seinen Film zu finanzieren - das macht aber fast jeder Filmemacher. Auch Sia mit "Music" - der Film hatte ein Budget von 16 Millionen Dollar und wurde von Hanway produziert und offenbar nicht von Sia selbst finanziert, hat Hanway nun das Recht den Film umzuschneiden, weil sie sich davon eine lukrativere Auswertung versprechen? Sia hat sich dem ja freiwillig unterworfen...
Das was hier aber ein Thema ist und worum es geht ist, wenn Gruppen von außerhalb der Produktion kommen und Eingriffe in ein künstlerisches Werk aufgrund moralischer Empörung fordern und mit Druck erzwingen wollen. Wenn die Veränderungen unfreiwillig sind.
Dazu wirfst du zwei Sachen durcheinander. Die Leute, die den Film kritisieren, sind überhaupt nicht in der Position ihn zu verändern - außer sie kaufen sich eine DVD, wandeln das in eine MKV um und schneiden sich einen eigenen Cut - können sie gerne machen, das ist wieder eine eigene künstlerische Leistung.
Der Film ist erschienen und gefällt Leuten nicht - das schränkt Sia künstlerisch nicht ein. Sie hat den Film gemacht, den sie machen wollte und veröffentlicht. Solange nicht bereits "Music 2, this time with some tourette" geplant ist, wird das auch Sias zukünftige künstlerische Arbeit nicht einschränken. Das befreit sie aber nicht davon, dass dieses Werk dann kritisiert wird.

Und ich zitiere mal jemand aus dem Spektrum, der einen viel zitierten Thread zu dem Film gepostet hat:
https://twitter.com/autisticats/status/ ... fensive%2F

Imho entscheidend:
There is absolutely nothing wrong with the ways autistic people move, or the ways we make facial expressions.
Some of us roll our eyes and put our teeth over our lips as a stim or just because it’s comfortable.
But we do those things naturally. Maddie Ziegler does not.
The fact that Ziegler is not autistic, and the fact that her performance is so heavily exaggerated, turns the entire movie into one long display of mockery.
I know that “wasn’t Sia’s intention.”
But it doesn’t make things any easier to stomach.
Ich mag weder Begriff noch Inhalt der "Cancel Culture", denke aber dass "Consequence Culture" immens wichtig ist.
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Andreas29

Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58 Kunst sind beide Beispiele. Der künstlerische "Wert" unterscheidet sich aber erheblich. Dein Film ist nun ein blödes Beispiel, da die "Kritiker", die sich aus Gründen der "Filmkritik" den Küblböck Film reingezogen und zerrissen haben das ganz sicher in der Mehrheit nicht wohlwollend oder aus cineastischen Gründen gemacht haben, sondern weil Küblböck ein sehr einfach zu treffender Punching Ball war - von daher finde ich auch Zuschreibungen, wie "schlechtester Film aller Zeiten" - gerade bei Aggregatoren problematisch. Das war bei dem Film auch eine Art Mobbing.
Ich wollte nur ein möglichst große Diskrepanz im künstlerischen Wert herstellen. Man kann auch andere objektiv schlechte Filme nennen.
Und ja, wenn man Kübelbocks Schicksal kennt, hat das alles ein Geschmäckle, aber der Film ist nun mal einfach wirklich unfassbar grottig. Wirklich unterste Schublade.
Kleine Kostprobe:
https://www.youtube.com/watch?v=tKz99xc-EJU
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58Ein "Breakfast at Tiffanys" ist - trotz ganz klaren Rassistischen Stereotypen - künstlerisch wertvoller als jede 08/15 RomCom der 90er Jahre, an die sich heute keiner mehr erinnert...
Ja. Ich schreibe ja nichts anderes. Du hast quasi dasselbe Beispiel wie ich gebracht. Nur meine Aussage ist halt, dass natürlich etwas künstlerisch wertvoller sein kann als etwas anderes, ABER trotzdem beides Kunst ist. Die 90er RomComs aind eben auch Kunst. Und Kunst sollte nicht angetastet werden.
Ich finde es grundfalsch zu sagen, dass an einem Film wenn er nicht so wichtig ist - wer bestimmt das eigentlich? - ruhig rumgeschnippelt werden darf.
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58Die Aussage finde ich tapfer. Wie freiwillig ist es denn, wenn man seine künstlerische Freiheit zu 100% seinen Geldgebern unterwerfen muss? Im Kern unterwirft man sich diesen Prozessen um seinen Film zu finanzieren - das macht aber fast jeder Filmemacher.
Natürlich ist das zu 100% freiwillig. Keiner wird dazu gezwungen sich einer künstlerischen Kontrolle großer Studios zu unterwerfen. Das wählen die Filmemacher selber aus. Sie werden nicht gekidnappt und mit vorgehaltener Waffe gezwungen ihre Kunst unter dem Scheffel eines Großkonzerns zu produzieren. Was Du beschreibst - also dieses absolute Streamlining und Kommerzialisierung von Filmen findet nur im obersten Segment statt. Bei Star Wars, Marvel oder Fast and Furious oder Michael Bay Filmen.
Es gibt Filmemacher, die sich darauf einlassen und den Kompromiss eingehen sich zwar nicht ganz künstlerisch austoben zu dürfen, aber dafür sehr bekannt und sehr reich zu werden.
Darunter gibt es ein riesen Feld von Filmemachern, die sich frei austoben dürfen. Leute wie Tarantino machen nix ohne die komplette Gewalt über das Projekt zu haben. Die großen Studios haben alle auch kleine Labels (z.B. Fox Searchlight), wo man den Autorenfilmern freien Lauf lässt. Es gibt kleine mittelgroße Studios wie A24, die die Leute machen lassen, was sie wollen. Netflix ist auch bekannt dafür künstlerisch nichts zu steuern. Und dann gibt es noch Independentfilme.

Das heißt für unser Thema: Natürlich ist es im Gegensatz zu erzwungenen Veränderungen durch Social Media Shitstorm sehr wohl freiwillig, wenn Produzenten eingreifen und Filme verändern, weil die Filmemacher sich selber darauf eingelassen haben.
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58 Auch Sia mit "Music" - der Film hatte ein Budget von 16 Millionen Dollar und wurde von Hanway produziert und offenbar nicht von Sia selbst finanziert, hat Hanway nun das Recht den Film umzuschneiden, weil sie sich davon eine lukrativere Auswertung versprechen? Sia hat sich dem ja freiwillig unterworfen...
Das kann keiner sagen, weil man dazu die Absprachen und vielleicht sogar Vertragsinhalte wissen müsste. 16 Mio. ist aber heutzutage kein Budget mehr, wo ich eine große Kontrolle von Studioseite vermute. Ich glaube nicht das jemand wie Sia die sich selber so sehr als Künstlerin sieht in so ein Projekt geht, ohne sich die absolute Kontrolle darüber zu sichern. Sie ist Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin und hat - natürlich - die Musik dafür gemacht.
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58 Dazu wirfst du zwei Sachen durcheinander. Die Leute, die den Film kritisieren, sind überhaupt nicht in der Position ihn zu verändern
Das wird mir jetzt ein bisschen zu semantisch. Wortwörtlich können sie natürlich nicht selber das Kunstwerk verändern, höchstens - wie Du andeutest - für sich selbst im stillen Kämmerlein. Ich kenne übrigens Leute, die sich von Filmen eigene Schnittfassungen machen... aber ich schweife ab.
Allerdings ist man heute sehr wohl in der Lage Künstler über die Öffentlichkeit bzw. über Shitstorms in sozialen Medien so unter Druck zu setzen, dass sie sich gezwungen sehen ihre Kunst zu verändern, komplett zu löschen oder gar nicht erst zu veröffentlichen bzw. von vorneherein mit einer Schere im Kopf zu arbeiten.
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 11:58Der Film ist erschienen und gefällt Leuten nicht - das schränkt Sia künstlerisch nicht ein. Sie hat den Film gemacht, den sie machen wollte und veröffentlicht. Solange nicht bereits "Music 2, this time with some tourette" geplant ist, wird das auch Sias zukünftige künstlerische Arbeit nicht einschränken. Das befreit sie aber nicht davon, dass dieses Werk dann kritisiert wird.
Klar hat sie das künstlerisch eingeschränkt. Auf Druck dieser Gruppen wurde eine Szene heraus geschnitten.

Und zum wiederholten Male: Kritik ist absolut legitim. Hier geht es nur um die Grenze die meiner Meinung nach überschritten wird, wenn eine Person oder Gruppe fordert der Künstler solle sein Werk der Meinung bzw. den Vorstellungen dieser Person oder Gruppe anpassen.

Ganz verkürzt und plakativ:
"Die Szene finde ich Scheiße, weil..." ist OK. "Die Szene ist Scheiße, also sollte sie raus..." Ist nicht OK.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 16:14 Ganz verkürzt und plakativ:
"Die Szene finde ich scheiße, weil..." ist OK. "Die Szene ist Scheiße, also sollte sie raus..." Ist nicht OK.
Darum geht es nicht. Die Szene ist nicht scheiße - sie ist gefährlich und kann, falls jemand das in Realität nachmacht das jeweilige Opfer töten. Nun, keiner ist so doof Sachen nachzumachen, die man mal irgendwann in einem Film gesehen hat, oder? :ugly:
Wir kennen alle den Heimlich-Handgriff, oder? Rettet jemanden, der gerade was in der Luftröhre stecken hat indem man eine Oberbauchkompression durchführt. Den haben Menschen schon durchgeführt, weil sie die Idee und den Ablauf in Filmen schon diverse male gesehen haben und damit diverse Menschenleben gerettet. Nur mal als Beispiel in Mrs. Doubtfire: https://www.youtube.com/watch?v=wTE-1K0lppc

Sieht lustig aus in der Darstellung, ist aber der richtige Handgriff - hier ein Bericht dazu, dass eine siebenjährige ihrer erstickenden Mutter das Leben gerettet hat - weil sie in Mrs. Doubtfire gesehen hat wie es geht:
https://newsfeed.time.com/2013/11/18/mr ... mans-life/
Und hier noch ein Bericht wie eine Kellnerin das auch gelungen ist - durch Mrs. Doubtfire:
https://www.independent.ie/world-news/a ... 33103.html
Gibt noch wesentlich mehr Berichte und noch mehr Menschen, die ihre Lebensrettung Erste Hilfe Kenntnissen aus Mrs. Doubtfire verdanken. Menschen wenden ihr Filmwissen an, um in medizinischen Notsituationen Menschenleben zu retten. Toll. Was für eine Relevanz so ein Film haben kann. Was wäre aber passiert, wenn die Filmemacher auf die Idee gekommen wären, dass Robin Williams sich in der Situation auf den erstickenden Pierce Brosnan rauflegen soll und dadurch auf einmal das Essenstück wieder zum Vorschein kommt. Medizinisch natürlich völliger Quatsch und vor allem kontraproduktiv aber künstlerische Freiheit über alles - so doof wäre aber niemand, oder?
Sia hat es in ihrem Film umgesetzt. In dem Film hilft man der Hauptdarstellerin während eines epileptischen Anfall, indem man sich auf diese drauflegt. Das ist ein Irrglaube und eine Handlungsweise, die in solchen Fällen tödlich sein kann und es in der Vergangenheit bereits war. Sofern Menschen zukünftig Sias Werk als Referenz für ihre "Hilfe" benutzen bringen sie möglichweise Leute um, die - nebenbei bemerkt - nicht mal in Lebensgefahr waren.

Dein Ursprungssatz muss also heißen:
"Die Szene zeigt eine völlig falsche Handlungsweise um Menschen während eines epileptischen Anfalls zu helfen. Diese Handlungsweise hilft nicht, sondern es besteht das Risiko, dass der Epileptiker durch diese vermeintliche "Hilfe" verletzt oder sogar getötet wird. Dies kann in Zukunft ein falsches Beispiel für Menschen sein, die Erste Hilfe leisten wollen und statt zu Helfen massiven Schaden anrichten, also sollte sie raus..."

Und das ist in meinen Augen vollkommen ok.
Andreas29 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 16:14 Nur meine Aussage ist halt, dass natürlich etwas künstlerisch wertvoller sein kann als etwas anderes, ABER trotzdem beides Kunst ist.
Ich habe nie was anderes behauptet. Ich halte die Kunstfreiheit aber nicht für ein Superdupermegaübergrundrecht, welches alle anderen Grundrechte einfach mal wegdrückt, egal ob es Meinungsfreiheit oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist und auch der Satz
"Die Szene ist Scheiße, also sollte sie raus..."
ist von der Meinungsfreiheit gedeckt und schränkt keine künstlerische Freiheit ein.
In wie vielen Filmen ist der Meinung bin, dass der Film deutlich besser wäre, wenn ein paar Szenen einfach mal fehlen würden... Warum soll das nicht ok sein?
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 17:38 Sofern Menschen zukünftig Sias Werk als Referenz für ihre "Hilfe" benutzen bringen sie möglichweise Leute um, die - nebenbei bemerkt - nicht mal in Lebensgefahr waren.

Dein Ursprungssatz muss also heißen:
"Die Szene zeigt eine völlig falsche Handlungsweise um Menschen während eines epileptischen Anfalls zu helfen. Diese Handlungsweise hilft nicht, sondern es besteht das Risiko, dass der Epileptiker durch diese vermeintliche "Hilfe" verletzt oder sogar getötet wird. Dies kann in Zukunft ein falsches Beispiel für Menschen sein, die Erste Hilfe leisten wollen und statt zu Helfen massiven Schaden anrichten, also sollte sie raus..."
Zunächst einmal, zwei Links in denen das mal gut ausgegangen ist, nennt man auch anekdotische Evidenz. Und die ist in solchen Debatten sinnlos. Ich kann für meine Behauptungen immer irgendwo ein paar Fälle herzitieren, die mir recht geben.

Und ich widerspreche Dir einfach deutlich, dass ein Film korrektes Handeln in so einer Situation abbilden muss. Filme sind Fiktion und kein Public Service Announcement.
Das muss angesprochen, kritisiert und das muss mit einer Warnung versehen werden und es wäre besser und lobenswert, weil natürlich authentischer, wenn es richtig dargestellt werden würde, aber das rechtfertigt keine Forderungen die Szene zu entfernen.

So sehe ich das übrigens auch bei der Kritik keine autistische Darstellerin genommen zu haben. Es wäre besser gewesen, es wäre authentischer und die Gruppe könnte sich selbst "representen" . Das wäre toll. Ich mag z.B. "Peanut Butter Falcon", wo der Hauptdarsteller Down-Syndrom hat.
Dass das aber quasi zur Pflicht werden soll und Schauspieler gar nicht mehr in andere Rollen schlüpfen dürfen, weil es sonst "diskriminierend oder beleidigend ist" finde ich geradezu absurd. Das spricht einen natürlich nicht davon frei zu versuchen trotzdem so authentisch wie möglich zu sein und sich am besten von Vertretern der dargestellten Gruppe beraten zu lassen. Und wenn das scheitert gibt es natürlich zurecht auf den Deckel.
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 17:38 In wie vielen Filmen ist der Meinung bin, dass der Film deutlich besser wäre, wenn ein paar Szenen einfach mal fehlen würden... Warum soll das nicht ok sein?
Das ist vollkommen OK. Es gehört übrigens sogar zur Aufgabe eines Kritikers überflüssige Szenen zu kritisieren. Das steht aber im Konjunktiv und ist hypothetisch, "der Film wäre besser, wenn man die Szene XY entfernen würde".

Hier reden wir aber von Fällen, dass Einzelpersonen, Blogger und Verbände gezielt über angezettelte Shitstorms versuchen auf die Künstler Druck auszuüben, damit diese Dinge wirklich geändert oder komplett gelöscht werden.

Das ist inakzeptabel, weil es in meinen Augen einen Dammbruch darstellt.

Denn:
Rince81 hat geschrieben: 27. Feb 2021, 17:38Ich halte die Kunstfreiheit aber nicht für ein Superdupermegaübergrundrecht
Ist es aber, weil wenn man einmal anfängt die künstlerische Integrität von Werken nicht mehr als absolut zu betrachten, ist der Knoten einfach geplatzt und die Spirale geht los. Im Moment hält sich das noch in Grenzen und beschränkt sich auf krasse Fälle, wie z.B. Blackfacing, aber genau wie die Forderungen nach politischer Korrektheit, Inklusion und Diversität immer lauter und extremer werden, werden sich die Fälle in denen Künstler aufgrund dessen unter Druck gesetzt werden häufiger und immer kleinlicher.

Die ersten Schritte sind schon gemacht und wir laufen da meiner Meinung nach in eine falsche Richtung. Irgendwann wird man dann eine Kunst haben, die nach allen Seiten abgeklopft ist, die keine Ecken und Kanten mehr hat, an der man sich nicht mehr reiben kann. Eine angsterfüllte Kunst, weil ein Fehler den Job oder sogar das Ende der Karriere bedeuten kann.

Und jetzt kann man sagen, dass es diese absolute Freiheit im Mainstream-Bereich ja schon nicht mehr gibt und dass das natürlich vor allem am Geld liegt. Aber das von mir angesprochene Problem hat natürlich auch damit zu tun, wenn auch indirekt. Denn natürlich ist "Brand Safety" ein monetärer Faktor, weil man sich so erhofft möglichst viele Menschen anzusprechen und möglichst wenige zu verprellen.

Wenn man eine rote Linie einziehen würde und sagen würde: "Man kann so laut und heftig kritisieren wie man will. Aber den Anspruch, dass sich der Künstler fügt hat man nicht!" hätte ich wesentlich weniger Bauchschmerzen bei der Sache.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 28. Feb 2021, 04:20 Und ich widerspreche Dir einfach deutlich, dass ein Film korrektes Handeln in so einer Situation abbilden muss. Filme sind Fiktion und kein Public Service Announcement.
Warum? Warum soll es ok sein, dass ein Film in solch einer Sitation ein bewusst falsches Handeln als richtig darstellt? Und zwar ausdrücklich nicht, weil der Film dieses Handeln irgendwie thematisiert, sondern einfach so als richtig darstellt.
Das muss angesprochen, kritisiert und das muss mit einer Warnung versehen werden
Wo ist denn die von Dir hochgehaltene künstlerische Integrität, wenn du selbst eine Warnung vor den Inhalten des Films forderst? Wie soll die denn aussehen?
"In diesen Film sind falsche Erste Hilfe Handlungen zu sehen, die sind medizinisch gefährlich und können bei Anwendnung tödlich sein, wir thematisieren das auch nicht weiter als falsch oder problematisch, wir haben da beim Drehen nicht drüber nachgedacht und uns vorher auch nicht informiert, den Film ändern wir aber auf keinen Fall weil das unsere künstlerische Freiheit einschränkt - YOLO."
Dass das aber quasi zur Pflicht werden soll und Schauspieler gar nicht mehr in andere Rollen schlüpfen dürfen, weil es sonst "diskriminierend oder beleidigend ist" finde ich geradezu absurd.
Du legst mir jetzt Argumentationen in den Mund die ich nicht getätigt habe. Wenn man in Rollen, wie beispielsweise von Behinderten, schlüpft ist die Fallhöhe aber deutlich höher, weil das sehr schnell nicht wie eine vernünftige Repräsentation, sondern wie eine Karikatur wirken kann und man sollte besser gut begründen können warum das "notwendig" war und man für die Rolle niemanden mit dieser Behinderung nehmen konnte. Hier geht es nämlich weniger ums in eine Rolle schlüpfen, sondern um Repräsentation.
Hier reden wir aber von Fällen, dass Einzelpersonen, Blogger und Verbände gezielt über angezettelte Shitstorms versuchen auf die Künstler Druck auszuüben, damit diese Dinge wirklich geändert oder komplett gelöscht werden.
Nein, ich zumindest tu es nicht. Ich rede von freier Meinungsäußerung, die ich genauso verteidige wie die Kunstfreiheit. Solange man Künstler nicht bedroht, ist das völlig ok sie für ihre Handlungen und Aussagen zu kritisieren oder festzustellen, dass man ihre Produkte nicht mehr kaufen wird. Im Extrembeispiel, wenn sich nun ganz viele Sia Fans versammeln und ihr mitteilen, dass sie ihre zukünftigen CDs nicht mehr kaufen werden ist das kein unzulässiger Druck auf Sia, sondern die Konsequenz aus einer Geschäftsentscheidung von ihr.
Ist es aber, weil wenn man einmal anfängt die künstlerische Integrität von Werken nicht mehr als absolut zu betrachten, ist der Knoten einfach geplatzt und die Spirale geht los.
Wir reden über Filme. Die sind DAS Medium, wo kein Mensch diese Integrität absolut betrachtet - und das fängt schon bei den Farb- und Konstrasteinstellungen deines Fernsehers an und geht dann über verschiedene Schnittfassungen aus Jugendschutzgründen, Neuauflagen mit veränderter Farbkorrektur hin zu Ausstrahlungen im falschen Bildformat. Vom Synchronisieren fange ich jetzt gar nicht erst an.
aber genau wie die Forderungen nach politischer Korrektheit, Inklusion und Diversität immer lauter und extremer werden, werden sich die Fälle in denen Künstler aufgrund dessen unter Druck gesetzt werden häufiger und immer kleinlicher.
Worauf willst du mit dieser Aussage hinaus? Was sind denn extreme Forderungen nach Inklusion und Diversität? :shock:
Welche Gruppen sollen den die Forderung nach ihrer Inklusion und Teilhabe deiner Meinung nach zurückschrauben?

Ich sehe es ganz pragmatisch. Wenn Hollywood jeden Filmrolle so besetzt, wie es Netflix in Bridgerton tut, dann kann jeder jede Rolle spielen. Solange Hollywood das nicht tut, ist die Forderung nach Inklusion und Diversität mehr als gerechtfertigt.

Irgendwann wird man dann eine Kunst haben, die nach allen Seiten abgeklopft ist, die keine Ecken und Kanten mehr hat, an der man sich nicht mehr reiben kann. Eine angsterfüllte Kunst, weil ein Fehler den Job oder sogar das Ende der Karriere bedeuten kann.
Das ist doch Quatsch. Kunst lebt vom reiben und auch von der Provokation. Es gibt aber auch eine ganz simple Wahrheit. Sia wollte nicht provozieren - der Film sollte eine "Liebeserklärung" an Autisten sein. :ugly: Das Sia und die Macher am Ende mit ihrem Film provoziert haben, liegt einzig und alleine an ihrer Dummheit, Achtlosigkeit und Faulheit. Wenn man das nicht mehr kritisieren darf - DANN geht es mit der Kunst Zuende. :)
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Crenshaw »

Rince81 hat geschrieben: 28. Feb 2021, 06:00 Das ist doch Quatsch. Kunst lebt vom reiben und auch von der Provokation. Es gibt aber auch eine ganz simple Wahrheit. Sia wollte nicht provozieren - der Film sollte eine "Liebeserklärung" an Autisten sein. :ugly: Das Sia und die Macher am Ende mit ihrem Film provoziert haben, liegt einzig und alleine an ihrer Dummheit, Achtlosigkeit und Faulheit. Wenn man das nicht mehr kritisieren darf - DANN geht es mit der Kunst Zuende. :)
das was in den sozialen Netzwerken abläuft ist aber in den wenigsten Kritik, zumindest ich zähle Gewalt-- oder Morddrohungen nicht als Kritik und das die offiziellen Verbände das nicht mal kommentieren, sondern sich offensichtlich über die "Unterstützung" freuen machts auch nicht besser

und wenn Unrealismus ein Grund zum schneiden ist, haben wir viel Arbeit vor uns
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Heretic »

Es besteht aber ein gewaltiger Unterschied zwischen berechtigter Kritik und einem Shitstorm mit Forderung auf Änderung eines Kunstwerks. Ebensowenig sollten die Macher auf persönlicher Ebene angegangen werden, das versteht sich hoffentlich von selbst. Man kann Sia schlechte Recherche, Fehlgriffe beim Casting oder oder schlechte Regie vorwerfen. Man kann Maddie Zieglers schauspielerische Leistung kritisieren. Dann liegt es aber einzig und allein an den Machern, eventuell Änderungen an ihrem Werk vorzunehmen. Wenn das nicht geschieht, hat man die Möglichkeit, das entsprechende Kunstwerk zu ignorieren. Ein Film ist nunmal keine Anleitung fürs reale Leben, sondern Fiktion. Ich kann vielleicht durch "Mrs. Doubtfire" lernen, dass der Heimlich-Handgriff existiert, bin dann aber noch lange kein Profi in der praktischen Anwendung desselben. Ein halbwegs medienkompetenter Mensch sollte das doch heutzutage auf die Kette bekommen, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Wenn das nicht der Fall ist, sollte vielmehr an dieser Baustelle gearbeitet werden.

Ich befürchte, dass durch diese übertriebene Shitstormkultur der letzten Zeit die Kunst wirklich leiden könnte. Weil sich immer weniger Künstler trauen werden, brisante Themen anzufassen, wenn die komplette Karriere den Bach runtergehen könnte. Oder man lässt die Sache mit der Kunst gleich ganz bleiben und sucht sich stattdessen lieber einen sicheren Bürojob. Mir ist aufgrund der Diskussion direkt diese Szene aus "Werk ohne Autor" in den Sinn gekommen:

https://www.youtube.com/watch?v=PN5uqhf4uRc
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Crenshaw hat geschrieben: 28. Feb 2021, 11:28 das was in den sozialen Netzwerken abläuft ist aber in den wenigsten Kritik, zumindest ich zähle Gewalt-- oder Morddrohungen nicht als Kritik und das die offiziellen Verbände das nicht mal kommentieren, sondern sich offensichtlich über die "Unterstützung" freuen machts auch nicht besser
Wir sind hier in einem Forum zu Videospielen und fast alle Spieler. Kennen nicht gerade wir das Gefühl, bitte nicht jedesmal mit in den Dreck gezogen werden zu wollen, wenn irgendwo wieder eine Gruppe von Gamern™ im Netz Amok läuft und andere mit dem Tode bedroht? Warum legen wir dann aber an andere Gruppen genau diesen Beurteilungsrahmen, gegen den wir uns selbst strikt wehren?

Alternativ: Zeige mit bitte einen Verband von Autisten, der sich über Gewalt- und Morddrohungen in sozialen Netzen freut.
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Re: Der allgemeine Film-Thread

Beitrag von Rince81 »

Heretic hat geschrieben: 28. Feb 2021, 11:54 Es besteht aber ein gewaltiger Unterschied zwischen berechtigter Kritik und einem Shitstorm mit Forderung auf Änderung eines Kunstwerks.
Was ist denn der Unterschied zwischen berechtigter Kritik und einem Shitstorm? Nehmen wir mal BTS und den Bayern 3 Moderator.
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/bts ... b91422b097

Die Äußerungen des Moderators waren rassistisch, Kritik an diesen Aussagen ist völlig berechtigt. Wird die Kritik auf einmal weniger berechtigt, wenn diese von vielen Online geäußert wird? Negiert das gar die rassistischen Aussagen weil es nun keine Kritik sondern ein Shitstorm ist? Wo ist der Unterschied in der Berechtigung von Kritik wenn sie einmal von Einzelnen geäußert wird und ein andermal von einer Masse an Individuen?

Klar, der Diskurs und die Dynamiken in den sozialen Netzwerken sind völlig kaputt - das ist imho aber eine völlig andere Diskussion.

PS: Auch unberechtigte Kritik ist erlaubt, ich kann auch Meisterwerke doof finden und das lautstark äußern. Ich bin wirklich erstaunt wie fundamental hier Kunstfreiheit verteidigt wird, Rede- und Meinungsfreiheut dafür aber wie das kleine Schmuddelkind.
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