Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

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Rince81
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 2. Jul 2021, 15:29 Regisseur: Satoshi Kon
Gute Wahl. Ich hoffe Millennium Actress steht noch auf deiner Liste! Er ist leider viel zu früh gestorben.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 3. Jul 2021, 15:50 Gute Wahl. Ich hoffe Millennium Actress steht noch auf deiner Liste! Er ist leider viel zu früh gestorben.
Bis jetzt war jeder Film ein Knaller, wie man ja lesen konnte. Satoshi Kon werde ich ich auf jeden Fall komplettieren. Er hat ja u.A. auch noch eine Serie namens "Paranoia Agent" gemacht und den ebenfalls sehr gut bewerteten "Memories" geschrieben.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 3. Jul 2021, 15:56 Bis jetzt war jeder Film ein Knaller, wie man ja lesen konnte. Satoshi Kon werde ich ich auf jeden Fall komplettieren. Er hat ja u.A. auch noch eine Serie namens "Paranoia Agent" gemacht und den ebenfalls sehr gut bewerteten "Memories" geschrieben.
Memories habe ich noch nicht gesehen. Paranoia Agent ist klasse und bei mir sind seine Filme wichtig.
Mein Erstkontakt mit ihm war Paprika und der hat mich damals völlig geflasht. Mein Lieblingsfilm von ihm ist aber Millennium Actress.
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Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 3. Jul 2021, 16:04 Mein Lieblingsfilm von ihm ist aber Millennium Actress.
Da bin ich mal gespannt. Perfect Blue wird schwer zu toppen :mrgreen:
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Ironic Maiden
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Ironic Maiden »

Andreas29 hat geschrieben: 1. Jul 2021, 15:07 Perfect Blue
1997; Regisseur: Satoshi Kon; Sprecher_Innen: Junko Iwao, Rica Matsumoto, Shinpachi Tsuji; Genre: Anime
Zu "Perfect Blue" gibt es auch eine interessante Folge des "Faculty of Horror"-Podcasts, in dem der Film mit dem - meiner Meinung nach sehr guten - "Cam" verglichen wird. (Und ich werde nie aufhören, hier Hinweise auf die "Faculty of Horror" zu geben, denn dieser Podcast ist großartig. :) )
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Yano »

Andreas29 hat geschrieben: 3. Jul 2021, 16:19
Rince81 hat geschrieben: 3. Jul 2021, 16:04 Mein Lieblingsfilm von ihm ist aber Millennium Actress.
Da bin ich mal gespannt. Perfect Blue wird schwer zu toppen :mrgreen:
Millenium Actress ist einer von c.a. 5 Filmen in meinem Leben bei dem mir am Ende wirklich Tränen kamen.
Nebenbei gibt es noch einen der stärksten Soundtracks der Filmgeschichte.

Bald müsste endlich die seit langem angekündigte 4k blu-ray erscheinen.

Der frühe Tod von Satoshi Kon schmerzt wahrlich.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Und morgen die ganze Welt
2020; Regisseurin: Julia von Heinz; Schauspieler_Innen: Mala Emde, Noah Saavedra, Tonio Schneider; Genre: Politdrama

Die politisch engagierte Luisa beginnt ihr Jurastudium. Um Anschluss zu finden, schließt sie sich der Kommune ihrer besten Freundin an, mit der sie schon in der Schule für die Antifa tätig war. Auf einer Demonstration wird sie von einem Nazi angegriffen, dessen Handy sie entwenden kann. Um es nach etwaigen Informationen durchsuchen zu lassen bringt sie es zu Lenor. Über ihn lernt sie auch Alfa und den militanteren Kern der Gruppe kennen. Ihr reichen die Störaktionen irgendwann nicht mehr aus und sie plant mit Lenor und Alfa etwas größeres abzuziehen.

In diesen politisch aufgeladenen und unruhigen Zeiten bietet so ein Thema natürlich zuallererst einmal ordentlich diskursiven Sprengstoff. So war ich auch nicht überrascht, dass viele der von Usern erstellten Kritiken im Internet eindeutig einer politischen Richtung zuzuordnen sind. Auch ich habe lange überlegt, wie ich diese Review schreibe, denn unpolitisch kann man das nicht erörtern und auch meine eigene Einstellung wird man erkennen können.
Dass die Handlung aus der Perspektive der linken Szene dargestellt wird, gereicht einigen schon den guten alten Vorwurf der "Mainstreampropaganda" und "Lügenpresse" herauszuholen. Die Erwähnung der Antifa allein bringt bei vielen bereits das Blut zum Kochen und es geht nicht mehr darum etwas zu rezensieren, sondern zum Meinungskampf beizutragen. Im Film gibt es die sogenannte "Liste 14", die klar als AfD – blau-rot - erkennbar ist, aber nicht namentlich genannt wird. Die Partei hat sich dann auch erwartbar ordentlich aufgeregt, als man "Und morgen die ganze Welt" als deutschen Beitrag für den Oscar einreichte (er wurde am Ende nicht nominiert) und empörte sich, dass dieser gefördert wurde.
Der Vorwurf: Man zeige Verständnis für Gewalttaten aus dem linken Spektrum und verharmlost sie.
Hier ist es eben dieses alte Spiel und der schmale Grat zwischen einer Erklärung und einer Rechtfertigung, den nicht jeder sofort erkennt oder erkennen will. In der Tat lassen die Filmemacher keinen Zweifel daran, auf welcher Seite sie stehen. Man positioniert sich hier glasklar gegen Rechts. Verhandelt wird hier lediglich um die Mittel, wie man diese Seite der politischen Landkarte bekämpft... und damit eben auch der Streit innerhalb der Linken. Es wird ein durchaus zutreffendes und differenziertes Bild gezeigt, das eben nicht der Mär rechter Spinner entspricht, für die die Antifa nur aus – ich paraphrasiere - auf Deutschlandflaggen pinkelnden und Autos anzündenden blauhaarigen Lesben besteht. Luisa – unsere Hauptfigur – kommt in eine diverse und heterogene Gruppe und auch als sie in den militanten Teil wechselt, wird dort immer noch gestritten, wie weit man gehen darf.
Ein wiederkehrendes Motiv ist der Artikel 20, Absatz 4 des Grundgesetzes, der jeden Deutschen dazu ermächtigt, sich gegen undemokratische Umtriebe zu erwehren. Die Frage die hier gestellt wird: Wann ist das legitim? Ist es nicht schon zu spät? Wie sieht dieser "Widerstand" aus? Dieser Streit wird abgebildet. Und das ist durchaus interessant und etwas, das mich auch bewegt, seitdem ich im Jugendalter politisiert wurde. Ich glaube es kann hier nur Diskussionen vorbeugen, wenn ich ganz klar sage, dass ich jegliche Gewalt ausnahmslos ablehne, egal aus welcher Richtung sie kommt. Ich finde es allerdings sehr wohl legitim danach zu fragen, wie diese Gewalt entsteht, weil man sie auch nur so verhindern kann.
"Und morgen die ganze Welt" gibt hierauf besonders am Ende eine heikle, weil platte und missverständliche Antwort. Aus Spoilergründen werde ich das natürlich nicht detailliert beschreiben, aber man nimmt dort einige Abkürzungen in Kauf um die gewünschte Aussage zu treffen, die vor allen Dingen den Umgang des Staates und der Polizei mit antirechten Gruppen kritisiert. Die Botschaft: Anstatt sich um die demokratiefeindlichen und gewalttätigen Nazis und Identitären zu kümmern, zerschlägt man lieber linke Projekte, die sich maximal mit zivilen Ungehorsam gegen Rechts wehren, weswegen diese wiederum gezwungen sind sich zu radikalisieren. In der groben Anlyse und Kausalkette kann ich dem folgen. Gerade wenn man immer wieder in den Nachrichten sieht, wie brutal mit Gegendemonstranten auf Nazidemos umgegangen wird. Das ist jedoch komplexer als es auf eine Szene herunterbrechen zu können, wie es hier geschieht. Gerade das letzte Bild - aus dem Off unterlegt mit einem Zitat des Artikel 20 Absatz 4 - kann man, wenn man dem Anliegen des Streifens sowieso feindlich gesinnt ist, als Aufforderung verstehen Gewalt auszuüben. Wenn man früher abgeblendet hätte, wäre das besser gewesen. Ob man damit den Angriffen aus der AfD und anderen im rechten Spektrum aus dem Weg gegangen wäre, ist trotzdem zu bezweifeln, weil die dieses Werk einfach schon aus Prinzip ablehnen. Das kann ich der Regisseurin vielleicht zugutehalten, weil sie sich wahrscheinlich denkt: "Ich will lieber Linke erreichen, damit die ihre inhärenten Streitigkeiten reflektieren, als mich dem allerkleinsten Nenner rechter Dumpfbacken anzupassen, damit die nicht durchdrehen, was sie ja sowieso tun werden".
Allerdings stellt sich dann die Frage, warum sie den eindeutigen Verweis auf die AfD mit der "Liste 14" tarnt. Andere Parteien wie die SPD, Grünen und Linken werden mit richtigem Namen genannt. Auf einem Plakat sieht man sogar Cem Özdemir - also einen real existierenden Politiker. Warum man ausgerechnet da zurückgezogen hat und das Kind nicht beim Namen nennen will, leuchtet mir nicht besonders ein.
Auch von links wird der Film übrigens kritisiert, weil er sich natürlich auf den heiklen Teil konzentriert und dabei einiges an Klischees aufbietet – gleich in der ersten Szene wird containert und Luisa ist natürlich Vegetarierin. Der selten dämliche und ausgelutschte Spruch: "Wenn man unter 30 ist und nicht links, hat man kein Herz; ist man über 30 und immer noch links, hat man kein Hirn" darf natürlich auch fallen. Für meine Begriffe ist das trotzdem alles ziemlich authentisch, was eine der größten Stärken ist.
Als Stimme der Vernunft und des normalen Bürgers baut man den Ex-Aktivisten Dietmar ein, der desillusioniert die Vorhaben der Gruppe zumindest etwas einordnet und einzig und allein die Aufgabe hat, dass das alles nicht zu einseitig wirken soll. Das ist kein gutes Charakterdesign, weil es rein funktional ist. Auch Luisa schlägt besonders gegen Ende einige ziemlich krasse Haken in ihrer Entwicklung, die sich nicht unbedingt aus der bisherigen Handlung ergeben.
Einen absoluten Volltreffer landet man aber bei den fantastischen Darstellern, die sehr unverkrampft spielen und die natürlichen Dialoge frisch und zu keinem Zeitpunkt steif und theateresk rüberbringen, wie es ja leider so oft im deutschen Film der Fall ist.
Hier und da wirken ein paar Szenen zu lang und insgesamt hätte man sicherlich 10-20 Minuten kürzen können, um die sowieso schon bestehende Eindringlichkeit noch weiter und pointierter zu steigern.
Ein hochpolitischer, aktueller, aktivistischer und meiner Meinung nach wichtiger Beitrag, der doch bei weitem nicht frei von Fehlern ist. Es ging jetzt sehr viel um Politik und weniger um die Kunst, aber "Und morgen die ganze Welt" lässt sich meiner Meinung nach nicht anders besprechen.

3 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/and-tomorro ... ire-world/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=nr6ieHK_sxw (dass der Film vor allem politisch betrachtet wird, sieht man auch hier an dem Like-Dislike-Verhältnis)
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Paths of Glory (Wege zum Ruhm)
1957; Regisseur: Stanley Kubrick; Schauspieler: Kirk Douglas, Ralph Meeker, Adolphe Menjou; Genre: Antikriegsdrama

In den Gräben des 1. Weltkriegs plant die französische Generalität eine Großoffensive auf die feindlichen Stellungen. Der Angriff wird aber zum Desaster und als Strafe für das angebliche Versagen der Truppen sollen drei Soldaten stellvertretend hingerichtet werden. Das versucht der engagierte Colonel Dax jedoch vor dem schnell anberaumten Kriegsgericht zu verhindern.

"Paths of Glory" gilt als das erste wirklich große Meisterwerk von Stanley Kubrick und war auch sein endgültiger internationaler Durchbruch. Ich kann mich diesen Vorschusslorbeeren nur anschließen und halte das für einen der besten Antikriegsfilme aller Zeiten. Es geht hier viel weniger um die Gräuel der Schlachten als viel mehr darum, dass der Krieg von allen Seiten unmenschlich ist und die "Sache" dem Menschen gegenüber stets bevorzugt behandelt wird. Der allumfassende Antihumanismus des Krieges wird hier gezeigt. Und das mit relativ wenig Mitteln, aber dafür umso effektiver. Es wird eben vor allen Dingen verhandelt und das ist so packend, klug und eben auch wahnsinnig frustrierend, dass es einen an den Sitz fesselt. Kirk Douglas als passionierter und wütender Verteidiger, der voller Überzeugung gegen eine Übermacht ankämpft, spielt übermenschlich. Man spürt schnell: Der Kampf ist aussichtslos und hier soll ein Exempel her, aber dennoch muss es einen geben, der an die Vernunft appelliert, der eben jenen im Krieg fehlenden Humanismus noch in sich trägt. Die Willkür dessen, was hier passiert, die schreiende Ungerechtigkeit nagt nicht nur an Colonel Dax sondern auch an uns.
Ein Film, der am Militär vom Kadavergehorsam über die Ränge bzw. Karrierismus – schließlich wollte sich jemand mit der schlecht geplanten Offensive noch ein Stern dazuverdienen - bis zur Sondergerichtsbarkeit kein gutes Haar lässt und sich natürlich auch klar gegen die Todesstrafe richtet.
Ein Werk, das auch heute noch top aktuell ist, auch wenn man niemanden – zumindest in westlichen Armeen – mehr standrechtlich erschießt. Sündenböcke für das Versagen anderer gibt es immer noch und wird es wahrscheinlich immer geben.
"Paths of Glory" hat es geschafft, dass ich mehrmals die Faust in den Taschen geballt habe und meinen Bildschirm anschreien wollte. Eins der großen Werke der Filmgeschichte.

5 von 5 Sternern
https://letterboxd.com/film/paths-of-glory/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=nmDA60X-f_A

Ghibli der Woche

Wie der Wind sich hebt
2013; Regisseur: Hayao Miyazaki; Sprecher_Innen: Hideaki Anno, Hidetoshi Nishijima, Miori Takimoto; Genre: Anime

Jirō Horikoshi wird 1903 bei Fujoka in der Präfektur Gunma geboren. Schon von klein auf liebt er alles, was fliegen kann. Besonders Flugzeuge haben es ihm angetan. Schnell wird klar, dass er aufgrund von mangelnder Sehkraft niemals selbst fliegen wird und so schlägt er im Jugend- und Erwachsenenalter den Weg eines Konstrukteurs ein. Später wird er bei Mitsubishi die legendäre A-6M Zero entwickeln.

Hayao Miyazaki kam für "Wie der Wind sich hebt" aus seinem Ruhestand zurück. Es handelt sich um ein fiktionalisiertes Biopic und ist wohl der umstrittenste Film des Studios. Der Altmeister selbst musste mit sich ringen, weil er eigentlich Pazifist ist, aber sich eben auch sehr für Luftfahrttechnik begeistern kann. Den Spagat hier ausgerechnet jemandem ein Denkmal zu setzen, der für ein Kampfflugzeug berühmt wurde, gelingt nicht ganz. Wie setzt sich Miyazaki damit auseinander? Nun... schwammig, was ihm auch viele Kritiker vorwerfen. Der Krieg selbst wird zwar nie glorifiziert und in einer beeindruckenden Schlusssequenz wird das auch bildlich wahnsinnig gut eingefangen. Mit Grausen stelle ich mir vor, welch triefenden Patriotismus ein amerikanischer Streifen hier wohl eingebracht hätte. Die Ambivalenz von Jirō Horikoshi, der als ziemlich friedliebend gezeigt wird und dessen Motive nie richtig greifbar sind, wird aber nie eingehend thematisiert. Es geht hier um die Kunst und einen Künstler, der auf der Suche nach seinem Magnum Opus ist. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger. Das wird immer wieder klar. Leider wird das dann auch noch mit einer generischen Liebesgeschichte vermischt, die sich mit den technisch wirklich interessanten Abschnitten, in denen es um den Bau von Flugzeugen geht, abwechselt.
Der Subtext hat also seine problematischen Elemente und das ist nicht fehlerfrei erzählt. Trotzdem folgt man der Hauptfigur gerne und die Begeisterung für Luftfahrt ist sehr ansteckend.
Die ganzen handwerklich-technischen Lobpreisungen für Animes von Ghibli sind natürlich wie immer inbegriffen. Wobei man hier vielleicht extra erwähnen sollte, dass man sich mehr um Realismus bemüht als sonst und insbesondere natürlich die Flugzeuge sehr detailliert dargestellt sind. Die Highlights bleiben aber, wenn Miyazaki sich in Korikoshis Traumsequenzen richtig austoben darf.
Es gilt, was für so viele Ghiblis gilt: Absolut kein perfekter Film, aber immer noch ziemlich gut.

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/the-wind-rises/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=jGr8XDxB-9I
Zuletzt geändert von Andreas29 am 6. Jul 2021, 02:35, insgesamt 5-mal geändert.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

Andreas29 hat geschrieben: 5. Jul 2021, 14:11 Paths of Glory (Wege zum Ruhm)
1957; Regisseur: Stanley Kubrick; Schauspieler: Kirk Douglas, Ralph Meeker, Adolphe Menjou; Genre: Antikriegsdrama
Ist das jener Film, der auch bei "Trumbo" mit Brian Cranston thematisiert wurde, der von ihm geschrieben wurde und zu seiner "Rehabilitation" beitrug?

Edit: OK, thx! :D
Hatte nur Kubrick und Kirk Douglas gelesen und musste sofort dran denken.
Zuletzt geändert von bluttrinker13 am 5. Jul 2021, 15:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2021, 15:15 Ist das jener Film, der auch bei "Trumbo" mit Brian Cranston thematisiert wurde, der von ihm geschrieben wurde und zu seiner "Rehabilitation" beitrug?
Du meinst wahrscheinlich "Johnny got his gun". Ich habe "Trumbo" noch nicht gesehen. "Paths of Glory" hat Kubrick selbst zusammen mit Calder Willingham und Jim Thompson vom gleichnamigen Roman von Humphrey Cobb adaptiert.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 8. Jun 2021, 22:42 Ghibli bzw. (trotz mehrfacher Rücktrittsbekundungen) Miyazaki himself wird ja doch noch einen Film machen. Die 3D-Animationen sind aber höchst umstritten: https://www.youtube.com/watch?v=ZhL7VMhxOEo
Moment, Miyazaki Himself macht noch einen Film, die 3D Animationen sind aber aus dem neuen Film von seinem Sohn Goro. Bitte nicht vermischen.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Rince81 »

Andreas29 hat geschrieben: 5. Jul 2021, 14:11 Ghibli der Woche
Wie der Wind sich hebt
2013; Regisseur: Hayao Miyazaki; Sprecher_Innen: Hideaki Anno, Hidetoshi Nishijima, Miori Takimoto; Genre: Anime

Der Altmeister selbst musste mit sich ringen, weil er eigentlich Pazifist ist, aber sich eben auch sehr für Luftfahrttechnik begeistern kann. Den Spagat hier ausgerechnet jemandem ein Denkmal zu setzen, der für ein Kampfflugzeug berühmt wurde, gelingt nicht ganz. Wie setzt sich Miyazaki damit auseinander? Nun... schwammig, was ihm auch viele Kritiker vorwerfen. Der Krieg selbst wird zwar nie glorifiziert und in einer beeindruckenden Schlusssequenz wird das auch bildlich wahnsinnig gut eingefangen. Mit Grausen stelle ich mir vor, welch triefenden Patriotismus ein amerikanischer Streifen hier wohl eingebracht hätte. Die Ambivalenz von Jirō Horikoshi, der als ziemlich friedliebend gezeigt wird und dessen Motive nie richtig greifbar sind, wird aber nie eingehend thematisiert.
Ich persönlich fand hier sehr interessant, dass Miyazaki sich in dem Film die Zeit genommen hat einen Besuch in Dessau bei den Junkers Werke und sogar Hugo Junkers darzustellen. Junkers hat den Flugzeugbau revolutioniert und war als Pazifist dann den Nazis im Weg. Da ich familiär mit Dessau verbunden bin und daher auch großes Interesse an Junkers Flugzeugen habe, habe ich mich über die Darstellung und auch der Achtung gegenüber Junkers durch Miyazaki sehr gefreut. Ein untypischer Miyazaki und auch ein untypischer Ghibli, ich mag den Film aber sehr.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Rince81 hat geschrieben: 6. Jul 2021, 11:26 Moment, Miyazaki Himself macht noch einen Film, die 3D Animationen sind aber aus dem neuen Film von seinem Sohn Goro. Bitte nicht vermischen.
Korrekt. Der von Hayao Miyazaki wird "Kimi-tachi wa Dō Ikiru ka (How do you live?)" heißen.

Er wollte ursprünglich auch "Earwig and the Witch" selber machen, hat das dann aber seinem Sohn übergeben.

Da hab ich was falsch abgespeichert.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Pietà
2012; Regisseur: Kim Ki-duk; Schauspieler_Innen: Cho Min-soo, Lee Jung-Jin, Woo Ki-Hong; Genre: Drama

Lee Kang-do arbeitet für einen Kredithai als Schuldeneintreiber. Er geht dabei äußert brutal und empathielos vor und macht in Zahlungsverzug geratene "Kunden", die meistens Handwerker sind, zu Krüppeln. Er zerquetscht, bricht oder zertrümmert Beine und Arme damit die Versicherung zahlt und er so das Geld bekommt. Eines Tages folgt ihm jedoch eine Frau zu seiner Wohnung, die behauptet seine Mutter zu sein und ihn als Kind verlassen hat. Zunächst ungläubig akzeptiert er sie und hinterfragt seine Arbeit, wird dann aber von seinen Taten eingeholt.

Kim Ki-duk die Zweite – und wieder werden die Abgründe des menschlichen Daseins hinterfragt. Das merkt man schon an der düsteren, nüchternen und zurückgefahrenen Inszenierung und der wirklich absoluten Humorlosigkeit. Es gibt keinerlei Erleichterung von den schweren Themen für den Zuschauer und auch keine einzige Figur im Film selbst hat in diesen 90 Minuten etwas zu lachen. Darauf muss man sich einstellen, denn es handelt sich um einen echten Runterzieher.
Dennoch hat "Pietà" sehr viele Preise gewonnen wie z.B. den Goldenen Löwen von Venedig, wurde von Kritikern gefeiert, aber auch heftig aufgrund von umstrittenen Szenen diskutiert. Die Natur dieser werde ich natürlich nicht verraten, aber es geht grob gesagt um Gewalt und wenige sexuelle Implikationen, die allerdings Tabuthemen aufgreifen.
Diese absolute Kälte und Roboterhaftigkeit, mit der der sehr gute Hauptdarsteller Lee Jung-jin hier in Not geratene Menschen misshandelt, ist beachtenswert. Das lässt einen das Blut in den Adern gefrieren. Noch grandioser wird aber von Cho Min-soo die Frau gespielt, die plötzlich in sein Leben tritt und eine liebevolle Mutter mimt, die einen Fehler um alles in der Welt wieder gut machen will. Dabei geht sie weit... sehr weit und über Grenzen hinaus. Und gerade wenn man meint, dass sich alles zum Guten wenden könnte, kommt ein Twist daher und raubt einem die Hoffnung, dass irgendjemand aus dieser Nummer noch unbeschadet und mit erhobenen Hauptes herauskommen kann. Dass eine Wendung kommen wird, kann ich hier auch verraten, weil es aufgrund der ganzen Stimmung des Films klar ist, dass das nicht darauf hinauslaufen kann, worauf es zumindest angedeutet wird hinauslaufen zu können.
Hier muss ich zugeben, dass ich diesen Twist schon weit vorher kommen gesehen habe. Als meine Vermutung sich als richtig herausgestellt hat – die zugegeben auch wirklich nicht fern ist – hatte ich Angst, dass mich der Streifen ab da langweilen könnte. Das tut er NICHT, weil er das dann sehr gekonnt konstruiert und inszeniert. Ganz im Gegenteil: Diese komprimierte Konfrontation mit seinem "Schaffen" ist der stärkste Part des Werks, der bis zum niederschmetternden Ende gnadenlos durchexerziert wird. Großartige Spannung und Action sollte man allerdings nicht erwarten; es handelt sich hier, wie schon oben beschrieben, um ein ruhiges und äußerst depressives Drama. Die Gewalt die, wie ich in der Nachrecherche lesen konnte, angeblich Kinogänger in Ohnmacht fallen ließ, konnte nicht so sehr auf mich wirken. Wobei ich schon verstehe, was Kim Ki-duk hier macht und warum das besonders gut funktionieren kann. Anstatt nämlich zu splattern gibt es hier viel stumpfe Gewalt und auch angedeutete, wo man nur etwas hört. Da entstehen oft schlimmere Bilder im Kopf, als man es auf der Leinwand darstellen könnte. Was die "Tabuthemen" angeht... nunja, ich bin da vielleicht wirklich mittlerweile abgestumpft, aber ich habe da schon deutlich Schlimmeres gesehen. Natürlich macht das was mit einem, aber ich war weder schockiert noch verstört.
Wirklich beachtenswert ist die Fülle an Themen, die richtig gut und schlüssig erörtert werden. Das geschieht nämlich auf zwei Ebenen: Auf der ersten und sichtbaren geht es um emotionale Verkümmerung, Schuld und Sühne, Selbsterkenntis und Mutterliebe. Letzteres wird übrigens schon im Titel "Pietà" angedeutet, der ein christlicher Begriff für die "Schmerzensmaria" ist, die um den gekreuzigten Jesus trauert. Problematisch finde ich die etwas naive und immer wieder gern genommene These, dass man Soziopathen nur mal knuddeln muss und die eine Mama brauchen, damit alles wieder gut wird. Das ist ein bisschen Küchenpsychologie; ansonsten ist das aber eine packende und pessimistische Studie menschlichen Verhaltens.
Auf der zweiten Ebene wird hier eine sehr deutliche Kapitalismuskritik verübt. Lee Kang-do treibt sein Unwesen ausschließlich in einem traditionellen Handwerker- und Arbeiterviertel. Hier schuften die Menschen ein Leben lang und sind trotzdem auf fremde und in diesem Fall falsche Hilfe angewiesen, um sich ihre Träume zu erfüllen und sich über Wasser zu halten.
An einer Stelle kritisiert man auch die Gentrifizierung in Korea, bei der viele kleine Siedlungen und Handwerksbetriebe Hochhäusern für reiche Leute zum Opfer fallen.
Mein Erstkontakt mit Kim Ki-duk war "Moebius". Der war reine Provokation. Das ist "Pieta" zwar auch, aber hier ist genug Substanz vorhanden. Sehr empfehlenswert.

4 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/pieta/genres/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=MebVzBdz0OI
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Smutje187 »

Letzte Woche bei Mubi zufällig „White on White“ (Blanco en blanco) gesehen und ich komme auf den Film immer noch nicht richtig klar - inhaltlich geht’s um einen Fotografen, der in den letzten Winkel Südamerikas geholt wird, um Hochzeitsfotos eines Großgrundbesitzers zu machen, aber er merkt schnell wie brutal und erbarmungslos die eingewanderten Siedler gegen die Ureinwohner vorgehen und er wird langsam mit in deren unbarmherzige Welt hereingezogen. Besonders „nett“, wenn man dann die Hintergründe nachliest und erfährt, dass in kürzester Zeit etwa 97% der Ureinwohner ermordet oder „Konflikten“ zum Opfer gefallen sind (oder versklavt/vergewaltigt wurden), weil sie den Einwanderern einfach im Weg waren, heftig.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Primer
2004; Regisseur: Shane Carruth; Schauspieler: Shane Carruth, David Sullivan; Genre: Science-Fiction

Aaron und Abe sind Ingenieure und versuchen zusammen mit zwei weiteren Kollegen Patente zu entwickeln. Mit diesen wollen sie sich den amerikanischen Traum erfüllen und das große Geld machen. Der Erfolg bleibt allerdings aus. Bei einem Projekt erfinden die beiden in ihrer Garage allerdings versehentlich eine Zeitmaschine. Die wollen sie dann, wie es sich nun einmal gehört, nutzen um Börsenkurse vorherzusagen und dann eben so ihren Reibach zu machen. Nach und nach verstricken sie sich aber in Paradoxien.

Nachdem ich meinen rauchenden Kopf in ein Eisbad getunkt habe, werde ich diesen No-Budget-Geheimtipp mal besprechen. Lediglich 7000 Dollar hat dieses Werk gekostet und wurde auf 16mm gedreht. Shane Carruth ist der Hauptdarsteller, aber auch – festhalten – Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, zuständig für den Schnitt und für die Musik. Es ist also ein wirklich reines Herzensprojekt. Das bedeutet auch, dass es keinerlei Kontrolle eines Studios oder von Fokusgruppen gab. Der Cineast und Romantiker lässt dort die Sektkorken gerne knallen und feiert dieses idealisierte Bild des Filmemachens. Was das bedeutet, wenn mit Carruth ein Mathematiker und Ingenieur einen Film macht, kann man allerdings in "Primer" erfahren. Es wird absolut keine Rücksicht darauf genommen, ob jemand, der kein Ingenieurswesen, keine Elektrotechnik oder Quantenphysik studiert hat, hier Schritt halten kann. Zum einen bezieht sich das auf die Dialoge, in denen mit Fachtermini nur so um sich geworfen wird. Auf technischer Ebene versteht man nichts, wenn man in den genannten Fachgebieten nicht zumindest ein paar Semester auf der Uhr hat. Wenn man aber mal die Hand auf's Herz hält, muss man zugeben, dass das eigentlich immer der Fall ist. Ganz egal, ob es jetzt in "Star Trek" ausgedachte Wissenschaft und Technik ist oder es sich wie hier um reale Begriffe handelt. Solange man konzeptionell mitkommt, wird man trotzdem seinen Spaß haben. Mit Zeitreisen und Paradoxien sollte man allerdings schon vertraut sein, bevor man hier reinschaut. Es wird nichts erklärt und es gibt keinen Charakter, der einem die Handlung in einem Dia- oder Monolog mit Exposition noch einmal kurz zusammenfasst, wie es Hollywood ja gerne mal macht.
Und diese Handlungsebene ist nicht nur intellektuell sehr anspruchsvoll, sondern auch ganz einfach in der Ausführung. Wer wann jetzt und zu welcher Uhrzeit in die Zeitmaschine geht, wer und welches Double jetzt gerade existiert und wer jetzt überhaupt das Double ist, woher plötzlich weitere Zeitmaschinen kommen und was eine Paradoxie auslöst... mit dem muss man Schritt halten und das geht im Stakkato so. Es gibt kaum Zeit mal ein bisschen nachzudenken und wenn man es tut, hat man schon die nächste Komplikation verpasst. Ich bin ehrlich und gebe zu mehrmals den Faden verloren zu haben - ganz besonders, was die Uhrzeiten angeht. Gleich nachdem ich den Film geschaut habe, bin ich ins Internet gegangen und habe mir eine Synopsis der Story durchgelesen und war etwas stolz auf mich im Großen und Ganzen doch alles ganz gut verstanden zu haben. Trotzdem habe ich nochmal ein paar Szenen durchgeskippt um den Ablauf genauer zu verstehen. Also man schafft es schon dem irgendwie zu folgen, aber detailliert mitzukommen halte ich bei einer ersten Sichtung für fast unmöglich.
Gefunden habe ich dieses schöne Diagramm, das ich mal verlinke: https://de.wikipedia.org/wiki/Primer_(F ... d-2.de.svg
Und da wär ich auch schon bei meinem größten Kritikpunkt: Es ist wirklich sehr beeindruckend, wie verschachtelt, kleinteilig und kompliziert hier ein Plot erzählt wird, was aber letztlich Blendwerk für eine ziemliche Inhaltsleere ist. "Primer" ist ein bisschen wie ein Politiker, der lange und in intrikativen Satzkonstrukten redet, aber am Ende nichts aussagt. Erzählt wird hier nämlich eine sehr kleine und insignifikante Geschichte zweier Egoisten, die Cash wollen. Das ändert sich ein bisschen gegen Ende, was aber auch nicht mehr als eine Alibicharakterentwicklung ist, die aus der Angst um das eigene Wohl passiert und nicht irgendeiner tieferen menschlichen oder philosophischen Erkenntnis folgt. Auch hier besteht ein großes Problem: Beide Hauptcharaktere sind absolute Unsympathen, deren Schicksal mir einfach nicht wichtig ist. Berühren tut einen hier nichts. Und selbst wenn es das tun würde, hätte man ziemlich wenig Zeit mitzufühlen, weil man dann Angst haben müsste sich vollständig im Labyrinth der Handlung zu verlieren. "Primer" mag als Experiment in Sachen kompliziertem Storytelling beeindruckend sein, wirkt aber als ganzer Film alles andere als rund, weil er auf der emotionalen und dramaturgischen Ebene wenig zu bieten hat. Ganz wie man es leider erwarten kann, wenn ein Mathematiker/Techniker und kein Künstler einen Film macht.
Natürlich ist das trotzdem wahnsinnig beeindruckend, was hier mit so wenig Mitteln und Zeit – 5 Wochen – auf die Beine gestellt wurde.
Es gibt anspruchsvolle Filme, es gibt komplizierte und es gibt "Primer". Wer naturwissenschaftlich interessiert ist und Lust auf so eine Kopfnuss hat, wird sicher seine Freude haben. Große Geschichten und Emotionen werden nicht erzählt.

3 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/primer/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=-vD-yj9o664
Zuletzt geändert von Andreas29 am 7. Jul 2021, 16:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Peter »

Andreas29 hat geschrieben: 7. Jul 2021, 14:27 Gefunden habe ich dieses schöne Diagramm, das ich mal verlinke: https://de.wikipedia.org/wiki/Primer_(F ... d-2.de.svg
Oder: http://unrealitymag.com/wp-content/uplo ... -chart.jpg
Ja, über den Film kann man sich ganz schön den Kopf zerbrechen ;)
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Dicker
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Dicker »

Ach Primer. Dieser Film stand über Jahre bei Amazon auf einer Wunschliste, bis er endlich mal unter einen Preis gefallen ist, den man für so ein Experiment verantworten kann. Im Internet wird er ja als einer der besten, weil komplexesten Zeitreisefilme gepriesen und ich bin ein Sucker für Zeitreise Storys.
Und dann schau ich dieses Machwerk, zu dem ich nicht viel mehr weiß, als die Prämisse und die Vorschusslorbeeren und bin schockiert. Dass er nur 7000$ gekostet hat, sieht man ihm eben an allen Ecken und enden an. Und dann "vergeudet" er anfangs so viel Zeit für die Herleitung. Nur um dann plötzlich, wenn es mit den Zeitreisen losgeht, das Tempo dermaßen anzuziehen, dass man nicht mehr mitkommt. Also so gar nicht mehr. Ich habe noch nie so einen konfusen Film gesehen, der einem gar nichts richtig erklärt und einen dann am Schluss mit einem völlig unbefriedigendem Ende zurück lässt.
Andreas hat es schon schön beschrieben, hinter dieser komplexen Erzählweise verbirgt sich erstaunlich wenig. Es ist am Ende eine recht bodenständige Geschichte, da es nicht um Weltrettung, Verschwörung oder so geht, sondern um deutlich kleinere Themen.

Nach der ersten Sichtung hatte ich direkt das Gefühl den Film noch mal sehen zu müssen, da man beim ersten mal tatsächlich nicht alles verstehen kann. Unmöglich. Aber ich habe es nie getan. Und wenn, dann werde ich die langweilige erste halbe Stunde überspringen.
Auch wenn die Zeitreiseidee wirklich gut ist, die Umsetzung ist mMn nicht gelungen und ich frage mich, woher der gute Leumund kommt.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Peter hat geschrieben: 7. Jul 2021, 14:38 Oder: http://unrealitymag.com/wp-content/uplo ... -chart.jpg
Das ist ja noch besser :mrgreen: Ich will nicht wissen, wie lange der- oder diejenige gebraucht hat um das alles auseinanderzuklamüsern...
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Animal Farm
1954; Regisseure: John Halas, Joy Batchelor; Sprecher: Gordon Heath, Maurice Denham: Genre: Politfabel

Auf einem Bauernhof sind die Tiere alles andere als glücklich mit ihrem Dasein, denn sie werden schlecht behandelt und ausgebeutet. Als der Farmer nach einer durchzechten Nacht nach Hause kommt und im Suff randaliert, ist eine rote Linie überschritten. Unter der Führung der Schweine vertreiben sie den Menschen und übernehmen den Hof...

... und lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage – NICHT! So würde wohl ein Disneyfilm verlaufen. "Animal Farm" ist allerdings eine Novelle von George Orwell, der auch "1984" geschrieben hat und somit steckt hier einiges mehr dahinter. Auf der Oberfläche ein süßer Zeichentrickfilm, handelt es sich bei näherem Hinsehen um eine Abrechnung mit totalitären Systemen im allgemeinen und dem Kommunismus bzw. Realen Sozialismus im Speziellen. Das wird zum einen sehr deutlich damit gemacht, dass sich die Tiere mit "Comrade" anreden – also "Genosse" - und ihre Flagge (weiße Schwalbe links oben, grüner Grund) an Hammer und Sichel erinnert. Aber auch, weil man alle Mechaniken und Evolutionsstufen solcher Staatsformen übertragen auf diese moderne Fabel entlarvt: Idealistische Revolution -> von Führern aufgestellte Utopie -> Gleichheits- und Wohlstandsversprechen -> schließlich Veränderung der Regeln zugunsten der Herrschenden -> Unterdrückung und Ausbeutung des Volkes -> Autokratie. Alle sind gleich, aber manche eben doch ein bisschen gleicher. Das ist die Erkenntnis, die auch im Film abgewandelt direkt zitiert wird.
Im Verlauf stellt sich heraus, dass das hier eigentlich keine Veranstaltung für Kinder ist, sondern viel mehr eine bitterböse Allegorie. Geschickt werden sehr schwere Themen wie die Verfolgung von Dissidenten, ihre Hinrichtung und eine blutige Konterrevolution verpackt. Es sterben Tiere und es fließt sogar stellenweise Blut. Das ist jetzt nicht auf dem Niveau eines "Watership Down", auch wenn "Animal Farm" gerne in einem Atemzug genannt wird, wenn es um verstörende Kinderfilme geht, die eigentlich gar nicht für Kinder sind. Trotzdem ist das ziemlich hart, weil man es überhaupt nicht erwartet.
Jeder Charakter und jede Tierart erfüllt dabei eine Funktion oder verkörpert eine reale Person der damaligen Sowjetunion bzw. derer ideologischen Vorreiter. Auch Ereignisse haben Entsprechungen in der Realität. Das kann man nicht alles sofort auf Anhieb erkennen, weswegen es sich durchaus lohnt im Nachhinein eine Analyse zu bemühen. Wobei ich ganz stolz auf mich bin ein Lied, welches die Tiere singen, als Verweis auf die "Internationale" verstanden zu haben.
Besonders das Schicksal des Pferdes Boxer und seines Esel-Freundes Benjamin haben mich ziemlich mitgenommen und "Animal Farm" funktioniert ganz allgemein auch nicht nur auf der intellektuellen Ebene, sondern auch auf der emotionalen. Mit lediglich 71 Minuten ist das auch sehr knackig und ohne Längen erzählt. Der eine Hauptcharakter, den man verfolgt und mit dem man mitfiebert, fehlt trotzdem so ein bisschen und das ist natürlich alles ziemlich plakativ und holzschnittartig. Man war jedoch so schlau die Menschen als Gegenspieler und damit auch als Verkörperung der Demokratie und des Kapitalismus, ambivalent darzustellen.
Und "Animal Farm" ist, so muss man es feststellen, natürlich auch eine Art Propagandawerk. Die Filmrechte des Buches lagen – und jetzt festhalten – über deren Agenten bei der CIA. Im Jahr des Erscheinens 1954 steuerte der Kalte Krieg auf einen Höhepunkt zu und in den USA herrschte in der McCarthy-Ära große Hysterie und Angst vor der Sowjetunion und dem dort vorherrschenden System. Man nahm damals, was man kriegen konnte, um die Bevölkerung auch ideologisch auf Linie zu bringen. Das Ende des Buches hat man in der Verfilmung deswegen auch verändert, um eine klarere antikommunistische Botschaft herauszuholen. So kann man das Werk auch als eine Art Schocktherapie für Kinder sehen, denen mal etwas Angst vor "dem Feind" eingetrichtert werden soll, was als wunderschön und knuffig gezeichneter Trickfilm daherkommt. Das ist als politische Indoktrination durchaus sehr kritisch zu sehen; wobei stark anzuzweifeln ist, ob die den Subtext überhaupt begreifen.
Das tut dem Sehgenuss aber wenig Abbruch, wenn man das kritisch im Hinterkopf behält. Wie bereits erwähnt, kann man diese Allegorie auch auf jedes andere totalitäre System anwenden - egal in welcher Zeit.

4 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/animal-farm/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=YGCo5Tva39s
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