Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

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Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

The Host
2006; Regisseur: Bong Joon-ho; DarstellerInnen: Song Kang-ho, Byun Hee-bong, Go Ah-sung; Genre: Monsterdrama

Im Jahr 2000 in einer US-amerikanischen Basis in Südkorea: Ein amerikanischer Forscher befehligt einen südkoreanischen Mitarbeiter giftige Chemikalien in den Abfluss eines Waschbeckens zu entsorgen. Trotz der Bedenken, dass das Zeug dann im nahen Fluss landet, wird dem Folge geleistet. 2 Jahre später entsteigt ebenjenem Fluss ein Monster, dass die Menschen auf der Promenade angreift. Unter ihnen ist auch Gang-du, der dort zusammen mit seinem Vater eine Essensbude betreibt. Seine Tochter Hyun-seo gerät in die Fänge des Monsters und wird für tot gehalten. Doch während Gang-du mit seinem Vater und herbeigeeilten Geschwistern in Quarantäne ausharrt ruft ihn plötzlich seine Tochter an und es stellt sich heraus, dass sie noch lebt. Keiner glaubt ihm und seiner Familie und sie brechen aus um Hyun-seo auf eigene Faust aus den Fängen des Monsters zu befreien.

Bong Joon-ho, der 2019 mit dem gesellschaftskritischen Drama "Parasite" bei Kritikern und Publikum einen Megahit landete und 2020 bei der Oscarverleihung Geschichte schrieb, ist der Regisseur dieses Monsterfilms. Das weckt natürlich Erwartungen, gerade wenn man auch noch zu der Hälfte der Menschheit gehört, die Snowpiercer von ihm nicht hasst, sondern für einen außergewöhnlich guten Film hält.
"The Host" enttäuscht auf hohem Niveau. Natürlich ist das keiner dieser vielen stumpfen Vertreter des Genres, denn Joon-ho findet auch hier wieder seinen ganz eigenen Dreh: Anstatt auf ausladende Actionsequenzen, Zerstörung und Bombast zu setzen, steht hier der Zusammenhalt der Familie im Mittelpunkt, die trotz aller Differenzen alles füreinander tut und natürlich besonders die Liebe eines Vaters zu seiner Tochter. Dass das einen emotional erreicht, liegt zunächst einmal an den tollen Darstellern, allen voran Song Kang-ho, der auch fast 15 Jahre später in "Parasite" die Hauptrolle spielte. Aber auch Byun Hee-Bong liefert eine herausragende Leistung als Opa ab. Und der Regisseur und Drehbuchautor Bong Joon-ho schafft es auch, dass jeder in der Familie sein ganz eigenes markantes Profil bekommt: Der trottelige und tollpatschige, aber liebenswerte Vater; der aufgrund seines Aktivismus als Student gescheiterte Bruder; die Schwester, die als Sportlerin aufgrund von Komplexen viel erfolgreicher sein könnte, als sie ist; die aufgeweckte und selbstbewusste Tochter und der weise und überraschend tatkräftige Opa, der die ganze Truppe zusammen hält. Die wachsen einen alle sofort ans Herz und man bangt um sie. Das ist eine Sache, die "The Host" wirklich vielen Vertretern seines Genres weit voraus hat: Einen interessieren die Menschen und es ist einen nicht egal, ob sie, aufgefressen oder zertreten werden.
Auch ist diese Hatz einfach sehr spannend inszeniert. Unsere Protagonisten stehen nicht nur unter dem ständigen Druck rechtzeitig zu kommen, um die in ständiger Gefahr schwebende Hyun-seo zu befreien, sie sind auch noch in der Gefahr selber vom Monster angegriffen zu werden und werden oben drauf noch von den Behörden gejagt, weil sie ja aus der Quarantäne ausgebrochen sind. Denn angeblich verbreitet das Monster auch einen tödlichen Virus.
Das besagte Monster sieht übrigens erstaunlich gut aus. Wenn man bedenkt, dass der Film 2006 entstanden ist und asiatische Filme gerne mal beim CGI gegenüber US-amerikanischen Produktionen zurückhängen, ist das sehr beachtlich. Aber die größte Stärke ist das Design, denn das ist schwer einzuordnen. Auf vielen Bildern und DVD/Blu-ray-Covern des Films sieht man diesen einen Tentakel aus dem Wasser ragen und ich hatte schon befürchtet, dass das schon wieder ein Lovecraft-Cthulu-Klon wird, aber der Tentakel stellt sich lediglich als Schwanz eines ziemlich eigenen und eklig aussehenden Viechs heraus. Und es ist auch nicht so unfassbar groß und die Gefahr entsteht eher durch seine Schnelligkeit.
Auf der anderen Seite ist das Monster aber auch der größte Kritikpunkt und ein Grund dafür, dass ich am Ende sage, dass meine – vielleicht zu hohen – Erwartungen nicht ganz erfüllt worden sind: Es steckt nicht mehr dahinter als das, was ich oben in die Storyzusammenfassung geschrieben habe. Ich hatte mir irgendwie erhofft, dass auch da mal ein etwas tiefsinnigerer Ansatz gefunden wird, aber das Ungeheuer ist lediglich Bedrohung. Natürlich hat das die Ebene einer Umweltbotschaft... allerdings einer ziemlich platten.
Auch diese ganze Geschichte um das Virus wird immer wieder angeteast und entpuppt sich als ziemliche Luftnummer ohne Konsequenz.
Und in einer Hinsicht erfüllt der Film ein sehr gängiges Klischee, wenn es um die Schwester des Hauptprotagonisten geht, nämlich den des sportlichen oder sonst irgendwie gearteten Komplexes, der dann in der Extremsituation gelöst wird. wenn Sie als Bogenschützin hat nämlich das Problem, dass ihre Nerven es nicht mitmachen,wenn sie den letzten Pfeil schießen muss. Ich habe diese Szene am Anfang gesehen und wusste wirklich sofort, dass das irgendwann in einer wichtigen und knappen Situation mit dem Monster wieder aufgegriffen wird und so kam es auch. Am lächerlichsten hat dieses Trope allerdings Jurassic Park 2 aufgenommen, als die Tochter von Ian Malcolm (Jeff Goldblum) mit ihrer Turnerei einen Velociraptor abwehrt.
Dennoch würde ich sagen, dass der Film in diesem Genre - das so viel beabsichtigten und unbeabsichtigten Trash produziert - aufgrund seiner Charaktere und Inszenierung deutlich heraus sticht und am Ende mit seiner Konsequenz ziemlich überrascht und berührt.

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/the-host/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=1HRTy26s4hw
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Peter
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Peter »

Oh, den kannte ich noch gar nicht, wird dieses Wochenende gleich mal angeschaut. Gibts bei Sky, das ich noch ein paar Tage lang habe. Wenn auch ohne O-Ton :roll:
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Seroon
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Seroon »

Ich fand The Host überraschend gut, zu dem Zeitpunkt kannte ich den Regisseur gar nicht.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Peter hat geschrieben: 10. Apr 2021, 18:14 Oh, den kannte ich noch gar nicht, wird dieses Wochenende gleich mal angeschaut. Gibts bei Sky, das ich noch ein paar Tage lang habe. Wenn auch ohne O-Ton :roll:

Mach Dir bei Mubi einen 7-Tage-Testaccount. Da gibt es den im O-Ton. Aber nicht vergessen gleich wieder zu kündigen.
https://mubi.com/films/the-host

Dann kannst Du auch gleich noch "Mother" von Bong Joon-ho anschauen:

https://mubi.com/films/mother

Von dem poste ich morgen eine Kritik, aber ich kann Dir jetzt schon sagen, dass es sich lohnt.
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bluttrinker13
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

Seroon hat geschrieben: 10. Apr 2021, 18:23 Ich fand The Host überraschend gut, zu dem Zeitpunkt kannte ich den Regisseur gar nicht.
Ja der hat mich damals auch wie aus dem Nichts getroffen und weggefegt, ganz großartig.
Danach dann im Auge behalten den Regisseur.

Snowpiercer fand ich ganz großartig, vor allem wegen der Ästhetik, Okja wiederum widerwärtig, Parasite dann sehr nett. Mother kenne ich noch nicht, muss ich endlich mal gucken.
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Feamorn
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Feamorn »

Ja, Mother ist ganz toll! Kommt bei mir auch vor Snowpiercer in's Ziel, zusammen mit Parasite für mich von seinen Filmen, die ich bislang gesehen habe, Bong Joon-hos Paradewerk.
Tatsächlich mag ich Snowpiercer glaub ich am wenigsten von den Vieren (hab bei Letterboxd Snowpiercer und The Host je mit 4/5 bewertet, Mother und Parasite 5/5).
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kami
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von kami »

Für mich ist immer noch Memories Of Murder der beste Film des Regisseurs, ein extrem stimmungsvolles Krimidrama mit Song Kang-ho, das in den 80ern, dem letzten Jahrzehnt der südkoreanischen Militärdiktatur spielt.
“Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.” Philip K. Dick
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

kami hat geschrieben: 11. Apr 2021, 08:50 Für mich ist immer noch Memories Of Murder der beste Film des Regisseurs, ein extrem stimmungsvolles Krimidrama mit Song Kang-ho, das in den 80ern, dem letzten Jahrzehnt der südkoreanischen Militärdiktatur spielt.
Der steht heute auf dem Plan. Wenn ich den geschaut habe, habe ich das essentielle Werk von Bong Joon-ho gesehen.

Mein Ranking bisher:

Snowpiercer
Parasite
Mother
The Host
Okja

Wobei keiner von denen schlecht ist. Okja habe ich auch 3,5 von 5 Sternen gegeben.

Mal sehen wo sich "Memories of Murder" einordnet. Der hat richtig krasse Rezensionen bekommen.
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Dicker
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Dicker »

I care a lot
Toller Film. Man merkt, dass Rosamunde Pike sehr viel Spaß mit diesem bitterbösen Charakter hatte. Der Film versucht gar nicht erst ihre gute Seite zu zeigen, was es zwar etwas eindimensional macht, aber die Wirkung natürlich verstärkt. Interessant finde ich die Wendung im letzten Drittel, die den Zuschauer auf ihre Seite zieht oder zumindest es versucht. Und dann das Ende, das manchen vielleicht nicht so konsequent erscheinen mag, wie in Nightcrawler. Es wirft aber für den Zuschauer dir interessante Frage auf, was moralisch ok ist und ob man sich über sowas freuen darf. Insgesamt hat mir Nightcrawler besser gefallen. Er stellt quasi die Charakterentwicklung bis zu dem Punkt, an dem sich Marla zu Beginn des Films bereits befindet, dar.
8/10
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Mother(nicht zu verwechseln mit "mother!" von Aronofsky)
2009; Regisseur: Bong Joon-ho; DarstellerInnen: Kim Hye-ja, Won Bin, Jin Goo; Genre: Krimidrama

Eine Frau lebt mit ihrem erwachsenen - aber geistig zurückgeblieben - Sohn in einem kleinen Dorf. Dieser gerät unter Mordverdacht als eines morgens eine Frau tot aufgefunden wird und er in der Gegend zum Tatzeitpunkt gesehen wurde. Im Verhör setzen ihn die Beamten so sehr unter Druck und bombardieren ihn mit Suggestivfragen, dass er gesteht. Seine Mutter kann das nicht glauben und will sich auch nicht mit dem Deal des engagierten Anwalts zufrieden geben. Sie nimmt die Ermittlungen selbst auf um ihren Sohn zu entlasten.

Bong Joon-ho hat es einfach drauf... so banal muss man es wahrscheinlich einfach mal auf dem Punkt bringen. Ein Film der skurril beginnt allein in der Darstellung, welches Verhältnis zwischen dem Sohn und seiner Mutter herrscht. Denn das ist irgendwie etwas zu nah, was direkt ein unangenehmes Gefühl produziert. Mal eine Szene um zu verstehen, was ich meine: An einer Stelle pinkelt der Sohn an eine Häuserwand und die Mutter kommt von der anderen Straßenseite. Man erwartet, dass sie ihn ausschimpft, aber stattdessen stellt sie sich daneben, beugt sich vor und schaut offensichtlich auf seinen Penis. Das wird einfach mal 20 Sekunden so stehen gelassen. Eine sehr eigenwillige Art seine Helden einzuführen. Dass man im Verlauf des Films doch irgendwann mit den beiden mitfühlt und man sich um sie sorgt ist erst einmal Kim Hye-ja zu verdanken, die eine engagierte und entschlossene Mutter mimt, die alles für ihren Sohn tut, an seine Unschuld glaubt und ihn da mit allen Mitteln raus boxen will.
Wie man mit geistig behinderten Verdächtigen und Straftätern umgeht ist ein sehr gesellschaftsrelevantes Thema, das hier eher über Emotionen verhandelt wird als nüchtern und ausgewogen, aber Joon-ho ist eben jemand, der in seinen Filmen klar Stellung zu gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Themen bezieht. Das muss nicht jeder mögen, aber ich finde das mutig. Und auch hier geht es um den Zusammenhalt innerhalb einer Familie und damit auch um ein in John-hos' Werken immer wiederkehrendes Motiv.
Auch weil "Mother" auf charakterlicher Ebene nicht so schwarz-weiß bleibt und man sich traut gewisse Figuren irgendwann in die Ambivalenz zu drehen, ist das ein ganz eigenwilliger und besonderer Film. Denn hier wäre eine Schwarz-Weiß-Zeichnung sehr einfach gewesen. Das sorgt im letzten Drittel für zwei große Überraschungen und führt den Film in eine ungeahnte Richtung. Das verfälscht das Statement und die Intention nicht, weil die Charaktere – ich halte es bewusst vage - stets glaubwürdig zu ihrem Handeln gezwungen werden. Auch das ist typisch für Bong Joon-ho: Der kleine Mann(oder die Frau) ist nicht unfehlbar und hat auch Dreck am Stecken und ist nicht nur Opfer, sondern auch Täter, aber er wird von der Gesellschaft dazu gezwungen. "Parasite" handelt auch genau davon.
Das alles ist sehr ruhig und in einem langsamen Tempo erzählt, aber trotzdem ist dieser Krimi einfach spannend, weil immer genau zum richtigen Zeitpunkt ein neuer Hinweis gebracht wird und man so selber rätseln kann.
Ebenso wird dieses typische Feeling eines Dorfs vermittelt, bei dem jeder jeden kennt und solche Vorfälle doppelt unangenehm für alle Beteiligten und auch Unbeteiligten ist, weil es hier eben nicht die Rückzugsorte und Anonymität der Großstadt gibt.
Und "Mother" trifft so wie viele Werke dieses Regisseurs den perfekten Mittelweg aus – oft absurden – Humor und wirklich berührenden Szenen. Und so muss man wie bei "The Host" sagen, dass Joon-jo wieder ein Genre nimmt – hier den Krimi – und daraus etwas besonders macht.
Zu meckern gibt es hier wenig. Irgendwann wird ein neues und interessantes Thema aufgemacht, was die Ausmaße des Falls extrem vergrößert. Aus Spoilergründen schreibe ich hier mal nur: "Handybilder". Das wird leider sehr schnell wieder abgehakt und stellt sich auch antiklimaktisch nicht als weiter relevant heraus, was man man in der Filmtheorie einen "Red Herring" nennt. Hier ist es zwar gleichzeitig überraschend, aber auch etwas enttäuschend, weil das schon eine ziemliche Schwere hat, was da aufgemacht wird und man es schon etwas weiter behandeln hätte können. Aber dann wäre der Film wahrscheinlich zu lang und überladen geworden.

4 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/mother-2009/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=0oBwQHWeYxo
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Die Stunde, wenn Dracula kommt

Was dann passiert? Keine Ahnung, denn Dracula kommt nicht. Was nichts mit seinem untoten Zustand zu tun hat - er ist einfach nicht da. Auch wenn die deutsche Synchro penetrant etwas anderes behauptet...

Der Blutsauger in "La Maschera del demonio" ("The Mask of the Demon") ist maximal weitläufig verwandt mit seinem transsylvanischen Kollegen. Außerdem spielt er nur die zweite Geige, denn Gefahr Nummer Eins ist in dieser Geschichte eindeutig die Hexe Asa. Die erwacht nämlich von den Toten, nachdem sich zwei Doktoren unvorsichtigerweise in ihre Gruft verirrt und sich an ihrem Sarg zu schaffen gemacht haben. Und da sie eh noch einen Hals auf ihre Familie hat (ihr Bruder hat sie damals hinrichten lassen, weil Hexe und so), gedenkt sie sich an ihren Nachfahren zu rächen. Die können zwar nix dafür, aber egal. Irgendwas is' ja immer.

Die Story könnte man also als leicht angestaubt bezeichnen. Aber das kann man einem 61 Jahre alten Film nicht wirklich vorwerfen. Optisch macht der schwarzweiße Gruselschinken von Regisseur Mario Bava aber durchaus was her. Die ein oder andere explizite Szene (für damalige Verhältnisse) inklusive. Der Ton kann da nicht ganz mithalten, das ständige Huibuh im Hintergrund wirkt auf dauer eher ermüdend als unheimlich. Dafür unterhält das geschraubte Dummgeschwätz der Protagonisten in Verbindung mit ihrem Overacting bestens. Wenn Dr. Kruvajan mit einer übergroßen Plastikfledermaus kämpft oder Prinzessin Katia theatralisch darniedersinkt, weil Papi aufgrund akuter Blutarmut gerade dahingeschieden ist, bleibt kein Auge trocken. Für aktuelle Sehgewohnheiten ist das alles natürlich nichtmal mehr ansatzweise gruselig, aber wer den alten Schinken aus den Hammer-Studios etwas abgewinnen kann, der wird auch an diesem Film seine Freude haben. Ein bisschen erleichtert war ich dann aber doch, als der Spuk nach 86 Minuten vorbei war. :mrgreen:
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Jon Zen
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Jon Zen »

New Kids Turbo (2010)
Rewatch von New Kids Turbo. Auch nach 10 Jahren sind die 5 abgefuckten Looser, die sich von keinem etwas sagen lassen und dabei eine Revolte in Noord-Brabant anzetteln, immer noch ziemlich lustig. Lastkraftwagenfahrer! eh! eh!
https://steamcommunity.com/id/Jon-Zen/ | Unsere Biervorräte schwinden dahin, Sire!
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Machen wir das Triple voll:

Memories of Murder
2003: Regisseur: Bong Joon-ho; Darsteller: Song Kang-ho, Kim Sang-kyung; Kim Roe-ha; Genre: Krimidrama

Südkorea in den 80er Jahren: Die Militärdiktatur bekommt Risse und es gibt immer mehr Demonstrationen. Das rabiate und wenig kompetente Ermittlerduo Park Doo-man und Cho Jong-ko müssen einen Mord aufklären, als auch schon bereits die nächste Leiche gefunden wird und die Tat genau nach dem gleichen perversen und brutalen Muster abgelaufen ist. Es besteht kein Zweifel: Es ist ein Serienkiller unterwegs. Ein paar verprügelte, eingeschüchterte und mit Suggestivfragen bombardierte Verdächtige später glauben sie den Mörder gefunden zu haben. Doch dann kommt Detective Seo Tae-yoon, der aus Soul geschickt wurde und die Tat mit aufklären soll. Er entkräftet, dass der bisherige Hauptverdächtige schuldig ist und die Ermittlungen gehen von vorne wieder los. Der ruhig und analysierend vorgehende Tae-yoon und Doo-man geraten während der sowieso schon schwierigen Ermittlungen immer wieder aneinander.

Der Film beruht auf einem wahren Fall, der in Korea zwischen 1986 und 1991 stattgefunden hat und in dem es um den ersten Serienkiller in der Geschichte Südkoreas geht. Ich werde hier nicht näher darauf eingehen, weil es sonst spoilern würde. Auch ich wusste nur, dass der Film auf einem wahren Verbrechen beruht, habe mich aber nicht weiter informiert... und ich denke das war keine schlechte Entscheidung.
Zwar nicht sein Debüt, aber mit Sicherheit ist "Memories of Murder" 2003 das erste ganz große Zeichen, dass mit Bong Joon-ho in der Zukunft zu rechnen sein wird und Südkorea neben Park Chan-wook seinen zweiten ganz großen Regisseur bekommt, der auch im Westen bekannt und beliebt bei Fans und Kritikern wird. Ich bin jetzt in einer Position an dieses Werk gegangen, wo ich diesen Verlauf seiner Karriere schon kenne und auch die vielen guten Kritiken und die allgemeinen Lobpreisungen für diesen Film. Das ist eine schwere Bürde, weil sich natürlich eine ganz hohe Erwartungshaltung aufbaut. Aber Joon-ho wäre nicht er, wenn er diese Erwartungshaltung nicht erfüllen könnte... und das hat er natürlich.
Song Kang-ho spielt auch hier wieder mal die Hauptrolle in einem seiner Filme. Und er nutzt das Talent dieses Schauspielers, einem erst einmal wenig sympathisch zu sein – hier so krass wie sonst nie –, einen aber dann doch nach und nach auf seine Seite zu ziehen. Das ist mutig, weil der von Kang-ho gespielte Doo-man so ein Idiot ist, der seine eigene Unvermögenheit nicht sieht und dann auch noch arrogant ist. Das wird für viele schon der Knackpunkt sein, weil auch ich mir irgendwann die Frage gestellt habe, wie so jemand Kriminalbeamter wird. Aber man muss immer daran denken, dass das in der Provinz und in einem in den 80ern politisch nicht sehr gefestigten Land spielt. Es ist durchaus glaubwürdig, dass dort bei der Polizei das Auswahlverfahren nicht den höchsten Anforderungen entspricht. Und das kommentiert der Film ja selber, denn der junge Beamte, der aus Soul kommt – und auch hervorragend von Kim Sang-Kyung gespielt wird – wirkt sehr viel kompetenter und intelligenter. Und diese Dynamik zwischen den beiden und deren Streit um die Methoden ist das Herzstück des Films. Es hat oft diesen absurden Humor, der im krassen Kontrast zum Thema des Films steht... aber auch das ist ja ein Markenzeichen von Bong Joon-ho, dass er immer diesen Witz hat, der zwar im ersten Moment deplatziert wirkt, aber einen unterhaltsam die Charaktere näher bringt. Er weiß aber auch genau, wann er wieder ernst sein muss und der Film wird im Verlauf bitterernst.
Auch hier streckt wieder einmal sehr viel drin: Zum einen hat man natürlich das ständige Hintergrundrauschen der Studentenrevolte und der Demonstrationen in Südkorea, in dem demokratische Reformen gefordert wurden und das im Umbruch war. Zum anderen wäre da die Kritik an der Polizei, die hier ähnlich wie in seinem Film "Mother" – auch in "Memories of Murder" spielt übrigens ein Mensch mit geistiger Behinderung eine große Rolle – wenig gut weg kommt; denen geht es nämlich in erster Linie um Ergebnisse und weniger darum, ob man auch wirklich die Wahrheit heraus findet. Also die typische Gesellschaftskritik spielte auch hier in einem seiner Erstlingswerke schon eine große Rolle.
Und dann hat der Film auch noch eine psychologische Ebene die aufzeigt, was es aus Menschen macht erstens mit solch abartigen Morden konfrontiert zu werden und gleichzeitig unter dem Druck zu stehen, den Täter zu finden... in aller erster Linie natürlich, damit das Töten aufhört, aber auch damit die Justiz walten kann und schließlich auch für das eigene Ego und die Karriere. Und Joon-ho schafft seine beiden Hauptcharaktere sich langsam aufeinander zubewegen zu lassen und sie nicht in ihrer Ausgangslage zu belassen. Die Charakterentwicklung der Beiden ist sagenhaft gut erzählt.
Auch die Ermittlungen sind sehr spannend inszeniert und halten viele Wendungen parat. Auch hier muss ich – wie eigentlich immer bei diesem Regisseur – das berühmt berüchtigte "Pacing" loben, denn der Film ist trotz der 131 Minuten kein Sekündchen langweilig.
Er hat auch eine sehr dichte Atmosphäre, denn er orientiert sich für meine Begriffe dort sehr an "Seven" von David Fincher. Auch in "Memories of Murder" spielt Regen eine große Rolle. Und es ist auch meistens ziemlich düster.
Das Ende... nun das werde ich mit Sicherheit nicht verraten, aber man sollte vielleicht doch vorneweg wissen, dass es hier um mehr und vielleicht gar nicht so sehr um das "Who did it?" geht. Es ist nämlich ganz schön ambivalent und für anscheinend einige Kommentatoren im Internet sehr antiklimaktisch, was da passiert. Ich fand gerade die letzten 20 Minuten genial, weil sie so schön bitter und niederschmetternd zeigen, wie frustrierend und unbefriedigend Kriminalistik sein kann. Es handelt sich zwar auch um einen Krimi, aber es ist ebenso Drama, Psychogramm und Sittengemälde.

4,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/memories-of-murder/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=0n_HQwQU8ls


Ganz großes Kino und setzt sich auf meiner Bestenliste von Bong Joon-ho auf den zweiten Platz:

1.Snowpiercer
2.Memories of Murder
3.Parasite
4.Mother
5.The Host
6.Okja

Seine Werke "Tokyo" und "Hunde, die bellen, beißen nicht" haben weit weniger Buzz um sich und sind auch nicht so gut rezensiert. Aber die werde ich trotzdem mal im Auge behalten und wahrscheinlich irgendwann schauen.

Park Chan-wook bleibt übrigens trotzdem meine Nummer 1 aus Korea ;)


PS: Wer Fan von Song Kang-ho ist und ihn in einem ähnlichen Zeitrahmen sehen will, dem empfehle ich den Film "A Taxi Driver" ganz herzlich. Den kennt kaum einer, ist aber auch sehr gut. Ich hatte letztes Jahr schon mal was Kurzes dazu geschrieben und bin mal so frei mich zu zitieren:
A Taxi Driver

Nicht zu verwechseln mit Taxi Driver. Es geht um einen südkoreanischen Taxifahrer, der 1980 einen deutschen Journalisten in die Gwangju-Region fahren soll, in der gerade eine Studentenrevolte stattfindet und sich das Militär mobilisiert.
Es handelt sich um eine wahre, aber zu großen Teilen fiktionalisierte Geschichte. Sehr sympathisch, charmant, lustig, dramatisch, traurig... die Südkoreaner haben es halt drauf. Ich hätte mir etwas mehr politischen Hintergrund gewünscht und stellenweise ist der Pathos dann doch etwas zu drüber.

4 von 5 Sternen.

Info: https://letterboxd.com/film/a-taxi-driver/
Hier noch der Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=bB7z4Xn5oNA

Ist auch mit deutscher Beteiligung: Thomas Kretschmann spielt den Journalisten.
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Peter
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Peter »

Andreas29 hat geschrieben: 12. Apr 2021, 12:56 Park Chan-wook bleibt übrigens trotzdem meine Nummer 1 aus Korea ;)
Hm, bei mir ist das Kim Ki-duk, gefolgt von Park Chan-wook. Von denen habe ich jeweils so 8 Filme gesehen. Für Bong Joon-ho bleibt da nur Platz 3, auch wenn mir bisher alles von ihm ziemlich gut gefallen hat.
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von PrinzEisenerz »

Peter hat geschrieben: 12. Apr 2021, 13:03
Andreas29 hat geschrieben: 12. Apr 2021, 12:56 Park Chan-wook bleibt übrigens trotzdem meine Nummer 1 aus Korea ;)
Hm, bei mir ist das Kim Ki-duk, gefolgt von Park Chan-wook. Von denen habe ich jeweils so 8 Filme gesehen. Für Bong Joon-ho bleibt da nur Platz 3, auch wenn mir bisher alles von ihm ziemlich gut gefallen hat.
Kim Ki-duk höre ich zum ersten Mal, auch von keinem der Filme habe ich gehört. Gibt es da einen den du herausheben würdest?

Park Chan-wook und Bong Joon-Ho gehören auch zu meinen Favoriten
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Peter
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Peter »

Am bekanntesten und geschätztesten ist sicherlich "Frühling, Sommer, Herbst, Winter… und Frühling", wobei es den leider nirgendwo zu streamen gibt.

Beim oben erwähnten Mubi gibts meinen Liebling Seom, wobei der wie dort beschrieben definitiv nichts für "the faint-hearted" ist.
https://mubi.com/films/the-isle

Verträglicher ist da schon Pieta, wenn auch nur relativ gesehen ;)
https://mubi.com/films/pieta-2012
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Peter hat geschrieben: 12. Apr 2021, 13:03 Hm, bei mir ist das Kim Ki-duk,
Habe ich in der Tat noch nichts von gesehen. Aber sein Werk steht schon lange auf meiner Liste.

Der ist aber nochmal etwas mehr Nische. Auf dem Streaminganbieter "Mubi" laufen immerhin 2 Filme von ihm. Den Rest muss man sich wahrscheinlich auf DVD und Blu-ray selber zusammen kaufen... vielleicht sogar importieren.

Ich bekomme übrigens kein Geld von "Mubi"... Ich habe den Anbieter mal getestet und war ziemlich begeistert. Der hat das Alleinstellungsmerkmal, dass er wirklich hervorragend kuratiert ist. Hat mehr Arthaus, aber auch bekanntere Filme wie Fight Club. Wenn man böse ist, könnte man sagen: Netflix für Schnösel :mrgreen:

Echt mal anschauen: https://mubi.com/de/showing

Ich habe auf Anhieb ca. 40 Filme gefunden, die mich interessieren und kein anderer Anbieter momentan im Programm hat.

PS: Peter war schneller :mrgreen: Ich poste es trotzdem mal.
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Von Kim Ki-duk finde ich Samaria und Bin-jip sehr stark. Hwal - Der Bogen ist auch empfehlenswert. Seine Filme sind aber schon etwas eigen, muss man mögen.
PrinzEisenerz
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von PrinzEisenerz »

Peter hat geschrieben: 12. Apr 2021, 14:45 Am bekanntesten und geschätztesten ist sicherlich "Frühling, Sommer, Herbst, Winter… und Frühling", wobei es den leider nirgendwo zu streamen gibt.

Beim oben erwähnten Mubi gibts meinen Liebling Seom, wobei der wie dort beschrieben definitiv nichts für "the faint-hearted" ist.
https://mubi.com/films/the-isle

Verträglicher ist da schon Pieta, wenn auch nur relativ gesehen ;)
https://mubi.com/films/pieta-2012
Danke, klingt sehr interessant.
Heretic hat geschrieben: 12. Apr 2021, 15:28 Von Kim Ki-duk finde ich Samaria und Bin-jip sehr stark. Hwal - Der Bogen ist auch empfehlenswert. Seine Filme sind aber schon etwas eigen, muss man mögen.
Auch hier danke.

Seltsame/ ungewöhnliche Filme sind eigentlich schon mein Ding. Bin gespannt
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Sein Film "Moebius" ist auch auf Mubi. Ganz übersehen gestern:

https://mubi.com/de/films/moebius-2013

Der scheint allerdings auch nichts für schwache Gemüter zu sein.
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