Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Wenn es nicht um Spiele und / oder den Podcast geht, dann stehen die Chancen gut, dass dein Thema hier richtig ist.
WARNUNG: Gerade bei Politik & Co. geht's gerne hoch her. Auch hier gelten die Benimmregeln. Behandelt andere Foren-User immer mit Respekt, selbst wenn ihr deren Meinung nicht respektieren könnt!
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Nicolas Cage habe ich heute auch im Angebot:

Con Air
1997; Regisseur: Simon West; Darsteller: Nicolas Cage, John Malcovich, John Cusack; Genre: Action

Der Army Ranger Cameron Poe kommt nach der Ableistung seines Dienstes nach Hause zurück und möchte dies in einer Bar mit seiner schwangeren Angebeteten feiern. Als sie gehen gerät er auf dem Weg zum geparkten Auto mit mehreren Männern in einen Streit, weil die seine Frau belästigen. Im Affekt tötet er einen der Männer und er kommt für 8 Jahre ins Gefängnis. Am Tag seiner Entlassung steigt er mit einem befreundeten Insassen, der ebenfalls entlassen wird, voller Vorfreude auf seine Frau und seine Tochter in ein Flugzeug der sogenannten “Con Air”. Mit dieser werden Gefangene zwecks Transfers in ein anderes Gefängnis durch die USA geflogen. Nun will es der Zufall so, dass bei ihm zahlreiche Schwerstverbrecher – der Anführer ist “Cyrus the Virus” - und ein Drogenboss mit in der Maschine sitzen, die das Flugzeug entführen und damit über die Grenze fliegen wollen. Während sie von DEA- und FBI-Agenten gejagt werden, beschließt Cameron im Flugzeug gegen die Bösewichte zu arbeiten.

Hachja... das gute alte Testosteron-Männer-Actionkino. Waren die 80er die Hochphase dieses Genres ist “Con Air” Ende der 90er einer der letzten größeren Vertreter dieser fast ausgestorbenen Art. Ins Auge fällt sofort die Besetzung: Nicolas Cage, John Cusack, Colm Meaney (Chief O'Brien aus Star Trek), Ving Rhames, Danny Trejo, Steve Buscemi, der heute vor allem als Comedian bekannte Dave Chappelle und der Charakterdarsteller John Malkovich, der später keinen Hehl daraus machen sollte, dass er nur wegen des Geldes zugesagt hatte. Das ist schon ein richtig guter und markanter Haufen. Und ich gehöre zu der Spezies, die Nicolas Cage sehr gerne zuguckt und ich finde er taugt hier als Actionheld, der mit einer Ernsthaftigkeit an die Sache geht, an der man nur seine Freude haben kann.
Die Prämisse ist panne und konstruiert, die Charaktere sind eindimensional und erfüllen lediglich ihre Klischees und Funktionen und dieser verquere Pathos, dass der Ex-Army Ranger natürlich niemanden zurück lässt – man muss sich in der Hinsicht bereits am Anfang eine getragene Rede als Foreshadowing anhören -, ist peinlich und man weiß von vornherein, wie das letzte Bild des Films sein wird. Aber bei dieser Art von Filmen ist das zweitrangig.
"Con Air" ist mit dieser parallelen Hatz in der Luft und am Boden ganz spannend und die zumeist handgemachte Action ist sehr gut inszeniert. Besonders am Ende – ich sage nur Las Vegas – treibt man es richtig schön auf die Spitze. Und natürlich werden ständig Oneliner und Sprüche gedroppt, über die man sich schön beömmeln kann; entweder weil es wirklich lustig ist oder weil es so schlecht ist, dass es trotzdem schon wieder lustig ist.
Wobei man sagen muss, dass der ein oder andere Spruch grenzwertig erscheint und aus heutiger Sicht natürlich vollkommen deplatziert wirkt. Eine Kostprobe: Ein Native gerät in Brand und einer der Verbrecher schreit “The last Mohican is burning”.

Ein schönes Guilty Pleasure

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/con-air/
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Enemy Mine
1985; Regisseur: Wolfgang Peterson; Darsteller: Dennis Quaid, Louis Gossett Jr. ; Genre: Science-Fiction

Am Ende des 21. Jahrhunderts herrscht weltweit Frieden auf der Erde. Die Menschen haben begonnen die Galaxie zu erkunden und Planeten zu besiedeln und/oder deren Rohstoffe abzubauen. Die Menschheit muss sich jedoch der Tatsache bewusst werden, dass sie nicht alleine im Universum ist. Die Alienrasse der Dracs erhebt ebenfalls Anspruch auf Territorium und es entbrennt ein erbitterter Krieg. Eine Raumstation der Menschen wird angegriffen und der Pilot Willis Davidge fliegt mit seiner Staffel aus um die feindlichen Jäger abzufangen. Im Gefecht getroffen stürzt er zusammen mit einem Raumschiff der Dracs auf einem Planeten ab. Nachdem sie sich anfangs ganz im Kriegsmodus noch gegenseitig massakrieren wollen, müssen sie fortan zusammenarbeiten um zu überleben.

Im durch Spielberg und Lucas ausgelösten Science-Fiction-Boom der späten 70er und 80er sind so manche Perlen leider verschüttgegangen und mussten in der hinteren Reihe Platz nehmen. Einige davon haben dieses Schicksal nicht verdient und “Enemy Mine” gehört definitiv dazu. Bereits die Produktion war ein Desaster, denn der Film war mit dem Regisseur Loncraine bereits zu großen Teilen abgedreht, doch diese Version gefiel dem Studio nicht und so wurde Wolfgang Peterson angeheuert, der das Projekt retten sollte. Der sagte aber nur zu, weil man ihm die Erlaubnis erteilte alles neu zu drehen. Loncraines Version und damit 9 Mio. Dollar Produktionskosten wanderten in den Mülleimer. Petersons' Version - die übrigens zum größten Teil in den Bavaria Filmstudios in Deutschland gedreht wurde - hatte inklusive Marketing ein Budget von ca. 40 Mio. Dollar und der Film floppte an den Kassen mit einem Einspielergebnis von lediglich 12 Mio. Dollar und machte “Enemy Mine” für 20th Century Fox zum Millionengrab.
Nach meiner Sichtung die Frage: Warum nur? Die Antwort ist wahrscheinlich einfacher als man denkt, denn der Film ist keine Space Opera wie Star Wars mit Abenteuern, Raumschlachten, vielen Planeten und Aliens, sondern Survival á la Robinson Crusoe... es ist ein Space Drama. Und ich kann mir gut vorstellen, dass sowas beim breiten Publikum eher weniger gut ankommt.
Der Film überrascht damit, dass er sehr viel Wert auf die Entwicklung seiner beiden Charaktere legt, sich dabei viel Zeit lässt und weniger auf Action und Abenteuer setzt. Die spannendsten Szenen sind Dialoge, in denen sich die beiden gegenseitig ihre Kultur erklären. Und gerade wenn man denkt, dass man weiß wohin der Hase hoppelt, kommt im Mittelteil eine große Überraschung, die eine ganz neue Dimension auf macht und den Film in eine ganz andere Richtung stößt und ihm eine neue Facette gibt.
Dann sind da die Schauspieler – Dennis Quaid und Louis Gossett Jr. - die großartige Performances abliefern. Besonderes Lob natürlich an Gossett Jr., der hier unter einer Gummimaske spielen musste und trotzdem die Emotionen gut rüber bringt. Aber beide schaffen es, dass die emotionalen Momente auch tatsächlich funktionieren... in einem Film von dem man es eigentlich gar nicht erwartet berührt zu werden.
Besonders gefallen hat mit der Planet auf dem sie stranden und der fast als dritter Charakter auftritt und den mal wohl als Antagonisten bezeichnen muss. Man hat wirklich das Gefühl in einer fremden und gefährlichen Welt zu sein und nicht wie in vielen anderen Sci-Fi-Filmen (so sehr ich Star Wars liebe, aber Hoth könnte auch einfach am Nordpol sein und Endor ist ein europäischer Mischwald) bei denen einfach Biome der Erde kopiert werden. Der Planet in “Enemy Mine” wirkt nicht wie ein Ort, den es auch auf der Erde gibt. Das wird u.A. durch Farben und Lichtstimmungen erzeugt.
Auch tricktechnisch finde ich den Film äußerst charmant.... wobei man natürlich dessen Erscheinungsjahr aus heutiger Perspektive berücksichtigen muss. Er hat wirklich großartig designte und atmosphärische Sets, die Dracs haben schön detaillierte Masken und die gefährliche Fauna des Planeten wird mit handgemachter Animatronik dargestellt.
Die ein oder andere Härte ist dabei, aber auch erheiternde Momente und gute Gags... “Mickey Maus” spielt an einer Stelle eine witzige Rolle.
Das letzte Drittel des Films verhaut man leider etwas, denn es wirkt im Vergleich zum bisherigen viel zu gehetzt und da tauchen dann auch die eindimensionalen und überzeichneten Bösewichte auf, wo man doch im Film aufzeigen will, dass Konflikte nicht so einseitig sind.
Besonders innovativ ist die Geschichte oder besser gesagt das Szenario auch nicht, denn dieses “Gezwungen sein sich mit dem Feind zu verbünden um zu überleben” gab es bereits schon zuvor. Das in Space zu machen war aber dennoch frisch. Kleiner Fun Fact: Enemy Mine hat meherere Episoden von Star Trek TNG beeinflusst. Die klarste Inspiration ist die Folge “Darmok”, die man fast schon als Kopie bezeichnen kann.
Und man braucht ein bisschen Suspension of Disbelief, wie schnell die beiden ihre Kommunikationsbarriere überwinden. Als jemand, der “Arrival” liebt und Villneuve dafür schätzt, dass er aus dem Problem der Kommunikation mit Aliens einen ganzen Film gemacht hat, bin ich da etwas vorgeschädigt.

Also wer Lust auf eine kleine vergessene Sci-Fi-Perle hat sollte zuschlagen.

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/enemy-mine/
Zuletzt geändert von Andreas29 am 2. Apr 2021, 17:02, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
derFuchsi
Beiträge: 4103
Registriert: 11. Nov 2015, 10:00
Wohnort: Hessen

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von derFuchsi »

Hab den 100 Jahre nicht mehr gesehen aber in guter Erinnerung behalten.
Und irgendwas mit "Chismorr" und "Dauitsch" oder so und "Deine Mickey Maus ist blöd" :lol:
BildBild Bild
Gamer since ~1987 (C64 C / A 2000 / A1200 / PC)
Benutzeravatar
bluttrinker13
Beiträge: 4844
Registriert: 4. Jun 2016, 22:44

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

Enemy Mine (im dt. noch mit dem Untertitel "Geliebter Feind") war damals wirklich ne tolle Sonntagnachmittagsperle. SciFi mit Tiefgang kannte ich als Steppke in den 90ern damals auch noch nicht so richtig. :D
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9732
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andre Peschke »

Andreas29 hat geschrieben: 1. Apr 2021, 15:55 Bereits die Produktion war ein Desaster, denn der Film war mit dem Regisseur Loncraine bereits zu großen Teilen abgedreht, doch diese Version gefiel dem Studio nicht und so wurde Wolfgang Peterson angeheuert, der das Projekt retten sollte.
Das wusste ich noch gar nicht!

Release the Loncraine-Cut!111

Andre
Benutzeravatar
Heretic
Beiträge: 4950
Registriert: 20. Mai 2016, 13:30

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Dread

Diese Verfilmung einer Kurzgeschichte aus Clive Barkers "Büchern des Blutes" würde ich als recht gelungen bezeichnen. Da die Story für einen 90 Minuten-Film etwas zu dünn ist, wurde sie einigermaßen sinnvoll ausgebaut. Ein paar Längen gibt's in der ersten Filmhälfte trotzdem. Es wird ein wenig gesplattert, aber nicht allzu derbe. Da sich die Geschichte um Ängste und Traumata dreht, steht mehr der psychologische Horror im Vordergrund, während man im letzten Drittel gar in Richtung Terrorkino marschiert. Diese Mischung funktioniert trotz der eher blassen Charaktere ganz gut, der ranzig-eklige Look und die morbide Atmosphäre haben mich am Ball bleiben lassen. Solide Horrorkost mit fiesem Finale. Für Barker-Fans durchaus einen Blick wert.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Heute mal ein Double-Feature, weil gleicher Regisseur und gleiches Genre:


Rammbock
2010; Regisseur: Marvin Kren; DarstellerInnen: Michael Fuith, Theo Trebs, Emily Cox; Genre: Horror

Gabi hat mit Michael Schluss gemacht. Anstatt den Schlüssel zu ihrer Wohnungstür per Post zu senden, reist er extra aus Österreich nach Berlin um zu versuchen nicht doch wieder mit ihr zusammen zu kommen. Bei ihrer Wohnung angekommen trifft er jedoch auf einen Handwerker, der ausrastet und einen anderen Handwerker angreift. Michael hilft und muss feststellen, dass es sich um einen Zombie handelt. Nicht nur das... ganz Berlin wird von Zombies überrannt. Mit Harper – der von seinem Kollegen attackiert wurde – wird er in dem mehrstöckigem Wohngebäude von ihnen eingeschlossen und sie müssen ausharren. Über den Innenhof nehmen sie mit anderen Bewohnern über die Fenster Kontakt auf.

Ein deutschsprachiger Zombiefilm in Berlin... ko-produziert vom "Kleinen Fernsehspiel" des ZDF mit einem österreichischen Regisseur... knapp 60 Minuten lang. Das kann doch nichts sein... oder? Doch kann es. Mit wenig Mitteln und Laufzeit gelingt Marvin Kren ein erstaunlich spannendes und atmosphärisches Horror-Kleinod. Besonders positiv hervorheben möchte ich die Schauspieler, denn die nehmen die Sache sehr ernst, anders als man es vom deutschen Genrefilm so oft gewohnt ist, wo man den Mimen oft eine gewisse Ironie entnehmen kann, obwohl diese gar nicht intendiert ist. Auch "Rammbock" selbst nimmt sich erstaunlich ernst: Es gibt einige wenige witzige Situationen, aber die ergeben sich aus den Charakteren und nicht, weil man unbedingt lustig sein möchte um irgendwie meta zu sein.
Es ist wirklich beklemmend, wie sich Michael und Harper in dem Haus von Raum zu Raum und Wohnung zu Wohnung kämpfen – einmal sogar mithilfe des namensgebenden Rammbock - und es ist bemerkenswert, dass man in der kurzen Zeit mit den Charakteren connected und einen deswegen das Ende abholen kann. Ich habe jetzt nicht geweint, aber egal war mir nicht, was da passiert.
Der Film verzichtet übrigens - für einen Zombiefilm durchaus erstaunlich - fast komplett auf explizite Gewalt und zeigt so, dass es nicht unbedingt darauf ankommt, weil man auch ohne Blut und Gedärm Gefahr darstellen kann.
Auf gewisse Klischees lässt sich natürlich nicht verzichten, wie etwa der obligatorische Verrat eines Menschen in der Gruppe oder das irgendein Mittel gefunden wird, womit sich die Zombies zumindest kurzzeitig abwehren lassen, damit den Protagonisten doch irgendwie eine Chance geboten wird aus ausweglosen Situationen zu entkommen. Darauf, wo die Untoten herkommen, gibt der Film übrigens keine Antwort, was wahrscheinlich die beste Lösung ist; erstens zeitlich und zweitens, weil es schon zu viele Erklärungen in der Popkultur gab und man da entweder was dummes oder etwas, dass man schon kennt präsentiert bekommen würde.
Die Zombies sind optisch allerdings reine Stangenware, die so schon in zig anderen Filmen vorkamen. Aus der interessanten Idee, dass man nur einer von ihnen wird, wenn man im hohem Maße Adrenalin ausstößt, wird leider nichts gemacht. Warum das so deutlich mit einer Ansage im Radio im Film platziert wurde, bleibt ein Rätsel.
Kleines, feines Ding.

3 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/rammbock-berlin-undead/

Blutgletscher
2013; Regisseur: Marvin Kren; DarstellerInnen: Gerhard Liebmann, Brigitte Kren, Edita Malovčić; Genre: Horror

Janek ist Ingenieur in einer Klimaforschungsstation in den Alpen. Mit seinen zwei Forscherkollegen und einer Forscherkollegin hat er die Aufgabe die Gletscher zu überwachen. Zur Seite steht ihm sein treuer Hund Tinnitus. Zusammen mit ihm und einem der Wissenschaftler macht er sich auf dem Weg zur einer Außenstation, die anscheinend defekt ist und keine Daten mehr sendet und macht eine unglaubliche Entdeckung: Ein blutroter Gletscher. Während sie eine Probe des Eises nehmen, wird Tinnitus anscheinend von einem tollwütigen Fuchs angegriffen und verletzt. Zurück in der Station versorgt Janek den Hund, aber dann greift ein riesiges kellerasselartiges Viech an. Sie stellen fest, dass es sich um eine Kreuzung aus Tieren handelt... und schließen daraus, dass das nicht das einzige Wesen ist, dass auf dem Berg sein Unwesen treibt. Da passt es gar nicht, dass eine Ministerin auf dem Weg ist und sie mit einer Entourage aus Reportern, einem Sicherheitsbeamten, einem Bergführer (der aussieht wie der Alm-Öhi aus Heidi) und – es kommt noch besser – Janeks' Ex die Forschungsstation besuchen will.

Nach der guten Erfahrung mit Rammbock dachte ich mir, dass ich Marvin Krens' zweiten Horrorfilm mal direkt im Anschluss unter die Lupe nehmen kann... und fand ihn schwächer.
Ich denke man muss gleich mal den großen Elefanten aus dem Raum schaffen: Ja, hier wird sich ordentlich bei "Alien" und "The Thing" bedient. Ob das jetzt hommagieren oder klauen ist, muss jeder selbst entscheiden, aber originär ist Krens hier keinesfalls.
Wieder muss das erste Lob an die Schauspieler gehen. Vor allen an Gerhard Liebmann, der die Hauptrolle spielt, aber auch an Brigitte Kren (die Mutter des Regisseurs), die die überraschend resolute und tatkräftige Ministerin darstellt. Das ganze Ensemble nimmt allerdings wieder sich und den Film erfrischend ernst.
Auch atmosphärisch macht der "Blutgletscher" viel richtig, aber der Pay-off funktioniert nicht, weil man anscheinend zu wenig Euros für vernünftige Effekte zusammenkratzen konnte. Entweder wuseln kaum zu erkennende Puppen durch die Dunkelheit und sind nie ganz zu sehen oder es gibt wenn Menschen angegriffen werden ein Schnittgewitter, damit man nicht erkennt, dass da einfach gerade ein Schauspieler mit erwähnter Puppe rum wedelt. Über einen Versuch so einen Mutanten in der Luft fliegend mit CGI darzustellen hüllen wir lieber gleich den Mantel des Schweigens. Eine ziemlich eklige Maske fand ich gut, aber die ist nur ein paar Sekunden im Bild.
Kein Vorwurf, dass ich mir hier Special Effects á la Weta oder ILM erwarte, aber es gehört auch zur Kunst sein Budget und seine Möglichkeiten richtig zu verwenden und ähnliche finanzielle Engpässe wurden in anderen Filmen schon cleverer gelöst. Und das merkt man auch in "Blutgletscher" selbst, denn am spannendsten ist es, wenn er gegen Ende zumindest auf einer Erzählebene zum Kammerspiel wird und es nur draußen an der Hütte rappelt. Sobald die Viecher kommen wird es leider nicht gut.
Die Erklärung, wie diese Dinger überhaupt entstanden sind, ist natürlich vollkommen Banane, aber sowas schenkt man einem B-Movie wie "Blutgletscher" bereitwillig. Genau wie die Charaktere, die keine Gelegenheit auslassen sich gegenseitig zu hintergehen und denen man nur schwer abnehmen kann Wissenschaftler zu sein.
Ein paar Gewaltspitzen und dann vor allem das bizarre Ende konnten aber dann bei mir nochmal Punkten; obwohl das schon arg mit dem Holzhammer hantiert, aber es überrumpelt einen mit seiner Absurdität.
Dass man am Anfang eine per Texttafel eingeblendete Klimabotschaft reinknüppeln will ist höchstens pflichtschuldig, aber hat eigentlich nichts mehr mit dem Film zu tun.

Fun Fact: Der Bergführer wird von Wolfgang Pampel gespielt, der seit über 40 Jahren Harrison Ford synchronisiert... warum der einen sogar für mich als Nicht-Tiroler klar erkennbar gefakten Akzent hat, weiß wahrscheinlich nur Marvin Kren

2,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/blood-glacier/
Benutzeravatar
Dicker
Beiträge: 2987
Registriert: 20. Mai 2017, 20:29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Dicker »

Der weiße Tiger
Netflix Film, der für den Oscar nominiert ist. Es geht um Barlam, der als Fahrer für eine reiche Familie in Indien arbeitet und versucht der Armut zu entkommen. Wer Slumdog Millionaire möchte, macht hier sicher auch nichts falsch, wobei er imo nicht ganz so gut ist.
Ich hab habe das zugrundeliegende Buch vor 8 Jahren gelesen, konnte mich aber an so gut wie nichts mehr erinnern. Der Film fängt das Leben in Indien schon sehr gut ein. So habe ich es damals auch erlebt, als ich für 4 Wochen durch Indien gereist bin.
Die erste Hilfe ist die deutlich bessere des Films, da er hinten raus seine Versprechen nach Aufstieg und den krassen Geschichten nicht ganz einhalten kann, die er zuerst ankündigt. Wird am Anfang noch das Leben eines Diensers sehr schön in all seiner Ungerechtigkeit des Kastensystems gezeigt, so geht es gegen Ende alles etwas schnell und lässt einen etwas unbefriedigend zurück. Trotzdem klasse Film auch für Leute, die Indien nicht kennen.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

The Visit
2015; Regie: M. Night Shyamalan; SchauspielerInnen: Olivia DeJonge, Ed Oxenbould, Deanna Dunagan, Peter McRobbie; Genre: Horror

Eine Mutter hat ein ziemlich zerrüttetes Verhältnis zu ihren Eltern, als diese vereinberen endlich mal ihren Enkel Tyler und ihre Enkelin Rebecca kennenlernen zu wollen. Die Teenager sagen zu, weil sie ihrer Mutter Raum geben wollen auf einer Kreuzfahrt ihren neuen Freund näher zu kommen. Rebecca ist ein riesen Filmfan und möchte eine Dokumentation über die Zusammenkunft drehen. Nicht nur für sich, sondern auch, weil sie sich so erhofft ihre Mutter wieder mit ihren Eltern zu versöhnen. Aus diesem Grund hat sie eine Kamera dabei, mit der sie alles verfolgt. Bei ihren Großeltern angekommen stellt sich jedoch bereits in der ersten Nacht heraus, dass mit diesen irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Es kommt zu immer eigenartigeren Situationen und die beiden Teenies müssen der Wahrheit ins Auge blicken, dass sie in Gefahr sind.

Shyamalan ist ein äußerst interessanter Regisseur: Sein Durchbruch “The Sixth Sense” war ein Megaerfolg, Kritikerliebling und hat einen der bekanntesten und für viele besten Twists aller Zeiten hervorgebracht. “Unbreakable” war eine spannende und innovative Interpretation eines realistischen Superheldenmythos. “Signs” ein frischer Ansatz eines Invasionsfilms als Kammerspiel. Dann kam “The Village” und brachte erste Risse in den zwar nicht mehr in den höchsten Sphären schwebenden, aber immer noch respektieren Ruf von Shyamalan. Dann kamen “Lady in the Water”, “The Happening”, “The Last Airbender” und “After Earth”, die ihn – den einst als “next Spielberg” gehandelten – zu der wahrscheinlich größten Lachnummer Hollywoods machten. In dieses Klima kam dann “The Visit”; mittlerweile war es zum Sport geworden Shyamalan-Filme – aufgrund der Erfahrungen nicht zu unrecht – nicht mehr ernst zu nehmen bzw. sich über diese lustig zu machen und so wurde auch dieser Film von Beginn an abgeschrieben. Aber siehe da, die Katastrophe blieb aus. Warum?
“The Visit” tut zunächst einmal gut, dass er in einem kleineren Rahmen spielt als die überambitionierten Vorgängerwerke: Wenige Darsteller, Found-Footage-Kamera, wenige Locations, zumeist nur um und in einem Haus. Es wird sich hier auf das wesentliche konzentriert; es gibt kein High Concept, sondern es wird ganz bodenständig Spannung und Unbehagen erzeugt... und das kann Shyamalan.
Hat er als Autorenfilmer das Drehbuchschreiben auch irgendwann verlernt, finde ich, kann man ihm eins nicht absprechen: Der Mann kann inszenieren. Er hat eine sehr eigene, kühle und beobachtende Bildsprache, die in dem Horror- und Mysterygenre hervorragend funktioniert. So erzeugt dieser Film mit seiner Atmosphäre ein sehr unangenehmes Gefühl, ohne zu sehr auf Jumpscares zu setzen. Die wenigen die eingesetzt werden sind auch nicht schlecht, weil hier keine laute Musik zur Verstärkung eingesetzt wird, sondern etwas einfach im Bild erscheint. Das hat Shyamalan schon in “Signs” hervorragend gemacht (https://www.youtube.com/watch?v=FDY43_tAZt0 bei ca. 3:40) . Nur ein Buhu-Moment hat mich zwar ordentlich aus dem Sessel gejagt, aber war mit etwas Abstand ziemlich billig.
Bemerkenswert finde ich, dass der Film zunächst ganz konventionell nachts auf Grusel setzt, aber im Verlauf die Szenen am Tag genauso unangenehm werden... hier überrascht "The Visit" mit einigen unverhofften Ekelspitzen. Ganz gekonnt und mit gutem Pacing wird da die Schraube immer weiter aufgedreht.
Mit den beiden Teenagern, aus deren Perspektive wir alles erleben, muss man klar kommen. Mit dem Mädchen connectet man relativ schnell als Cineast, weil man ihre Begeisterung selber einen Film zu machen schnell abnimmt. Der Möchtegern-Rapper-Bruder ist Geschmacksache. Der kommt zwar teilweise als Idiot rüber und man weiß nie, ob man ihn lustig oder peinlich finden soll, aber das spielt er auch ganz überzeugend.
Und es gibt eine der besten Dialogzeilen, als ihn seine Schwester als “Culturally confused friend” bezeichnet. Darstellerisch die Stars sind allerdings die Großeltern, die einen großen Teil dieses stetigen Spannungsaufbaus ausmachen.
Trotzdem hat der Film eine unübersehbare Schwäche: Er macht nichts neu. Found Footage (und auch hier kratzt man sich wie immer irgendwann am Kopf, warum die Kamera immer noch an ist) gab es schon, Backstory Wounds mit Eltern gab es schon, unheilvolle Familientreffen gab es schon und die Auflösung ist viel zu konventionell... aber vielleicht ist das auch ein Problem von Shyamalan, dass er nie richtig abschütteln konnte, dass man nach “The Sixth Sense” einen genialen Twist erwartet. Und man muss schon die Frage stellen, ob im echten Leben die Kids nicht schon nach der ersten Nacht abgehauen wären, spätestens aber nach einer gewissen Szene in einem Schuppen.
Solide Kost aus dem “Kann man mal machen”-Bereich... aber das ist bei dem Verlauf der Karriere des Regisseurs durchaus eine positive Überraschung.

3 von 5 Sternen.
https://letterboxd.com/film/the-visit-2015/
Zuletzt geändert von Andreas29 am 3. Apr 2021, 20:14, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
bluttrinker13
Beiträge: 4844
Registriert: 4. Jun 2016, 22:44

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

@Andreas29
Mal eine Filmempfehlung für dich, falls du ihn noch nicht kennst: The Invitation.
Würde mich sehr interessieren, wie du den rezensierst. :D
Passt grob unter Horror/Thriller.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

bluttrinker13 hat geschrieben: 3. Apr 2021, 19:50 @Andreas29
Mal eine Filmempfehlung für dich, falls du ihn noch nicht kennst: The Invitation.
Sehr atmosphärisch und gut gespielt. Besonders das gute Schauspiel täuscht etwas darüber hinweg, dass man hier schon wieder jemanden mit einer Backstory Wound hat, der auch noch psychische Komplexe in der Extremsituation verarbeiten muss. Dieses Mittel zusätzlich tiefe zu erzeugen ist langsam ausgelutscht. Worum es geht wird für mich bereits nach wenigen Minuten klar und das hat mich nicht überrascht. Der Film ist trotzdem sehr spannend und erzeugt auf wenig Raum und auf dem Boden geblieben ziemlich authentischen Horror... von der Schlusspointe mal abgesehen. Die wird ja vielfach gefeiert und das Ausmaß überrascht einen, aber ich sehe darin auch irgendwie einen Cheap Trick mir noch mal die Kinnlade nach unten zu zwängen, damit ich bei der Mundpropaganda mitmache, wie geil der Film am Ende ist.

Zu den ganz großen Ehren, die er teilweise bekommen hat, kommt er bei mir nicht.

Ich habe dem damals 3,5 von 5 Sternen gegeben.

Aber hier der Disclaimer, dass die Sichtung schon 2-3 Jahre her ist.
Benutzeravatar
bluttrinker13
Beiträge: 4844
Registriert: 4. Jun 2016, 22:44

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

Super! Danke dir.

Für mich übrigens ne solide 4/5 mit Tendenz nach oben. Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich ihn damals in Florida nachts auf Netflix guckte, als ich gerade auf den nächsten Hurricane wartete (zur Info: da verrammelt und besäuft man sich). Hatte mich echt geflasht, die Situation bei dem Dinner. Der Hauptdarsteller resonated-te famos mit mir, und ich war in der sich aufbauenden Spannung ziemlich drin, aber ich mag auch einfach diese Kammerspiele. Auflösung war auch echt nett, und viel weniger dämlich, als so manche andere Horrorfilme.

Auf jeden Fall ne gute Rezi bei der ich mitgehe. :clap:

Jetzt frag ich mich gerade, was zum Teufel ich die Nacht noch geguckt hatte...? War einiges. Hurricane kam in Tally zum Glück auch nur als Tropensturm morgens an damals und ich hatte glaube ich ne Literflasche Merlot ausm Walmart geleert (next day`s Bestandsaufnahme)... :think:
Es war irgendwas, was auch ziemlich geil war und auch Richtung Horror ging...
Benutzeravatar
Golmo
Beiträge: 581
Registriert: 18. Nov 2019, 11:49

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Golmo »

Kong VS Godzilla oder Godzilla VS Kong?
Hab vergessen wie rum...

Netter Film, nichts megamässiges aber kann man gut gucken. CGI ist hier wirklich phänomenal gut. Kommt auf der Leinwand bestimmt krasse aber dank Covid muss der 65er OLED halt reichen -.-

Positiv:
Sensationelle Effekte & Zerstörung
Film kommt schnell zur Sache
Gute Bilder, auch am Tag mit Licht - ich hasse Monster Filme wo man nix sieht.
Sound ist Hammer, absolut wuchtig.

Negativ:
Die Story ist selbst für das Gehirn eines 5-jährigen mit Schlaganfall zu simpel
Eindeutig viel mehr Kong als Godzilla
Die Schläge wirken irgendwie nicht wuchtig genug und es scheint immer so als würden Godzilla und Kong in Zeitlupe gegeneinander kämpfen.
Godzilla kommt halt eindeutig zu kurz und zu unwichtig rüber, Kong ist der Star des Film. Affe.


Alles in allem:
6 / 10 Behaarte Affen

Von allen Kong/Godzilla Filmen hat er mir bisher am besten gefallen.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Ida
2013; Regisseur: Pawel Pawlikowski; Darsterinnen: Agata Trzebuchowska, Agata Kulesza; Genre: Drama

Polen in den 60er Jahren: Die zurückhaltende und ruhige Ida ist Nonne und lebt in einem Kloster. Bevor das endgültige Gelübde abgelegt werden soll, wird ihr nahegelegt noch einmal ihre Tante Wanda zu besuchen, die sie jedoch noch nie gesehen hat und die als einzige aus ihrer Familie noch lebt. Dort angekommen stellt sie fest, dass sie zwei vollkommen verschiedene Menschen sind, denn Wanda ist eine Lebefrau, die als selbstbewusste Richterin säuft und auch dem anderen Geschlecht wenig abgeneigt ist. Ida möchte das Grab ihrer Eltern besuchen, von deren Schicksal sie nichts genaues weiß. Doch auch Wanda hat keine Ahnung, wo sie begraben sind und so machen sich die beiden Frauen auf die Suche.

Was natürlich sofort ins Auge fällt, ist die Visualität von Ida. Der Film läuft komplett in Schwarz-Weiß, das im Arthauskino ein bekanntes und beliebtes Mittel ist um die Zeitperiode darzustellen, in der der Film spielen soll. Das macht Ida mit einem ganz leicht körnigen Bild und verwaschenen Unschärfen im Hintergrund aber so gut, dass man sich immer mal wieder kneifen muss und sich selber klar werden muss, hier einen modernen Film und keinen aus den 60ern zu sehen. Ebenso sticht das Format heraus, das hier im 4:3 ist. Das kennt man mittlerweile auch, um eine gewisse emotionale Enge und Beklommenheit darzustellen. Aber “Ida” geht weiter. Wer schon einige Filme gesehen hat, der wird das Prinzip der “Zentrierung” kennen. Wichtige Charaktere und auch Handlungen wie z.B. Action finden in den aller meisten Fällen im Zentrum des Bildes statt, weil wir Menschen uns ganz automatisch und natürlich darauf konzentrieren. “Ida” geht ganz bewusst gegen diese Sehgewohnheit und platziert Charaktere, Handlungen, aber auch ganz einfach Szenerien wie Häuser oder Landschaften ganz asymmetrisch an den Rand des Bildes, in die untere oder obere Bildhälfte und in die Ecken. Manche Einstellungen wirken geradezu abgeschnitten. Das ist kein Gimmick oder irgendeine verkopfte Spielart, sondern gehört zu einer erzählenden Kamera: Etwas ist aus den Fugen geraten, etwas stimmt nicht, etwas ist anders, was so nicht war und nicht sein sollte... dies wird nicht nur anhand der Story klar, sondern so eben auch fühlbar, ob bewusst oder unterbewusst. Also worum geht es? Der Film findet auf drei Ebenen statt: 1. ist dort Idas' gewaltsam zerrüttete und tragische Familiengeschichte 2. Idas' innerer Konflikt, ob das Klosterleben denn wirklich der richtige Weg ist, was vor allem durch Wanda ausgelöst wird , die die Versuchungen eines Lebens außerhalb der Klostermauern aufzeigt und 3. der Zustand der polnischen Gesellschaft nach Krieg und Holocaust, wo auch innerhalb der eigenen Bevölkerung Risse entstanden sind. Der Film hat deswegen in Polen durchaus Kontroversen ausgelöst.
Was man nicht unterschätzen darf ist, dass er sehr spröde und trocken ist, sehr ruhig – besonders Ida ist nicht sehr gesprächig - erzählt wird und es einen schwer fällt sich mit ihr zu identifizieren und sie zu greifen. Da kommt einem aber die Laufzeit von unter 80 Minuten entgegen. Und der Film wird für einige unbefriedigend Enden, denn er bleibt ambivalent und bietet keine “Closure” (auch da fällt mir mal wieder kein gutes deutsches Wort ein), was aber wiederum von der Kamera metaphorisch kommentiert wird, die wackelt und verzweifelt versucht Ida in den Mittelpunkt zu rücken.
“Ida” wurde zurecht mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet.

Aber ich muss zugeben, dass das einer dieser Filme ist, an denen man Interesse haben muss, auf die man sich einlassen muss und die der ein oder andere gerne abwertend mit Artsy Fartsy bezeichnet.

4 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/ida/
Benutzeravatar
Heretic
Beiträge: 4950
Registriert: 20. Mai 2016, 13:30

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Das Versteck

Die zurückhaltende Theresa wird von ihrem gesetzlichen Vormund Anfang des 20. Jahrhunderts auf ein abgeschieden liegendes Mädcheninternat in Frankreich geschickt. Dort regiert die Direktorin mit eiserner Hand. Strenge, Disziplin und ein strikt geregelter Tagesablauf stehen an oberster Stelle. Doch hinter der züchtigen Fassade passiert so einiges, denn auch unter den Schülerinnen herrscht nicht nur eitel Sonnenschein. Es wird gezüchtigt, gemobbt, intrigiert und das ein oder andere Schäferstündchen mit dem Brennholzlieferanten "verlost". Ab und an verschwindet gar eines der Mädchen spurlos...

"Das Versteck" von Regisseur Narciso Ibáñez Serrador aus dem Jahr 1969 ist Gothic-Horror vom Feinsten, abgeschmeckt mir einer Prise Giallo. Das riesige, düstere Internatsgebäude würde problemlos als altes englisches Herrenhaus durchgehen und bietet in Verbindung mit den altmodischen Kostümen eine großartige Kulisse, was den eintönigen Tagesablauf der Schülerinnen noch trister erscheinen lässt. Aus der Darstellerriege überzeugt vor allem Lilli Palmer als stocksteife Internatsdirektorin, aber auch das restliche Ensemble macht seine Sache gut bis sehr gut. In Sachen Atmosphäre kam mir öfter "Suspiria" in den Sinn. Was nicht weiter verwunderlich ist, da "Das Versteck" Dario Argento zu ebenjenem Klassiker inspiriert haben soll.

Auch inhaltlich gibt's nichts zu meckern, denn trotz des gemächlichen Erzähltempos kommt nie Langeweile auf. Dabei lässt Serrador den Zuschauer bis zum bösen Finale weitgehend im Dunkeln tappen bzw. schickt ihn auf die ein oder andere falsche Fährte. Ich hatte zwar diverse Vorahnungen, die sich nicht als komplett falsch entpuppt haben, aber das Ende hat mich dann doch überrascht. Sowas passiert im Horrorgenre nicht allzu oft.

Fazit: "Das Versteck" kann man getrost als Horrorklassiker einordnen (bitte nicht vom gewohnt dümmlichen deutschen Untertitel "Angst und Mord im Mädcheninternat" und dem trashigen Cover abschrecken lassen). Die gediegene Atmosphäre und die wendungsreiche Story halten durchgängig bei Laune. Bei einem Film aus dem Jahr 1969 erwartungsgemäß ganz ohne Jumpscares, Actioneinlagen oder Gewaltspitzen. Für damalige Sehgewohnheiten war "Das Versteck" - ähnlich wie Hitchcocks "Psycho" - aber bestimmt keine harmlose Nummer.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Heretic hat geschrieben: 5. Apr 2021, 13:54 Das Versteck
Der kommt auf meine Liste... bei Giallos habe ich eh noch einen ziemlich großen blinden Fleck.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Little Monsters
2019; Regisseur: Abe Forsythe: DarstellerInnen: Lupita Nyong'o, Josh Gad, Alexander England; Genre: Zombiekomödie

Möchtegern-Metaller Dave mag keine Kinder und will auch selbst keine haben. Das ist einer der Gründe, warum er sich ständig mit seiner Freundin streitet und sich schließlich von ihr trennt. Vor die Türe gesetzt kommt er bei seiner Schwester und ihrem Sohn Max unter. Als Dave Max zur Schule bringt verguckt er sich in die attraktive Lehrerin Miss Caroline und auf der Suche nach einer Möglichkeit sich an sie ranzumachen meldet er sich gleich als Begleitung für einen Schulausflug in den Streichelzoo an. Dumm nur, dass neben dem Streichelzoo eine Militäranlage ist, aus der Zombies ausbrechen und den Streichelzoo angreifen. Dave und Miss Caroline müssen nun versuchen die Schulklasse in Sicherheit zu bringen.

Mittlerweile sind die meisten Zombiefilme die heutzutage erscheinen Komödien; das Zeitalter, in denen diese Filme Maßstäbe bei der Gewalt gesetzt haben und besonders in der Anfangszeit auch sozial- und gesellschaftskritische Ansprüche hatten ist vorbei. “Shaun of the Dead” von Edgar Wright hat in dieser Hinsicht für mich bereits 2005 alles gesagt. Ab da konnte man sich bei fast jedem Versuch in die gleiche Richtung das Brainstorming der Macher bildlich vorstellen etwas möglichst Absurdes mit Zombies zu vermischen. Man hat mittlerweile so gut wie alles gesehen; “Scouts vs. Zombies”, wo es um Pfadfinder geht; “Zombeavers”, wo zombifizierte Biber Amok laufen; “Goal of the Dead”, wo die Zombiapokalypse ihren Anfang bei einem Fußballspiel nimmt. Sogar Jane Austen war schon Vorlage bei “Pride & Prejudice & Zombies“. Leider muss man sagen, dass bei den allermeisten gilt: “Kennt man einen, kennt man alle”. Das Schema ist immer gleich.
“Little Monsters” bietet da keine Ausnahme, denn hier wird das Ganze in einen Streichelzoo verlegt. Das mit der Schulklasse ist ein ganz netter Ansatz, denn es entsteht eine schöne Dynamik, wie Dave und Miss Caroline ständig versuchen müssen ihre kleinen Schützlinge davon zu überzeugen, dass das alles nur ein großes Spiel ist. Die Gewaltspitzen sind auch stellenweise ganz deftig und besonders was Schimpfwörter angeht wird hier ordentlich auf den Putz gehauen... was nürlich zu einem Running Gag führt, denn vor Kindern flucht man nicht. An der ein oder anderen Stelle gibt es auch schön schwarzen Humor z.B. den meines Wissens nach ersten Zombie mit Downsyndrom. Ein großes Plus sind auch die wirklich sympathischen Darsteller von dem eher weniger bekannten Alexander Englander über Josh Gad - wieder einmal Comedy-Highlight - zu der wundervollen und immer sehenswerten Lupita Nyong'o. Alle sind mit großem Spaß bei der Sache. Besonders Letztere überrascht mit ein paar kleinen Gesangseinlagen an der Ukulele.
“Little Monsters” ist auch bis zur Mitte ganz flott inszeniert und wird dann aber ausgebremst wie in so vielen dieser Filme, wenn sich verschanzt wird. Gerade da rettet Josh Gad vieles, der ein so unterhaltsames Arschloch spielt, dass der Stillstand wenigstens nicht langweilig wird. Aber auch an seiner Figur sieht man das große Problem des Films: Er bedient sich munter an Klischees und bricht nie aus vorhersehbaren Bahnen aus. Josh Gad spielt Teddy McGiggle, der ein Kinder-Comedian ist und sich hinter der Fassade als ein egoistischer und zynischer Säufer heraus stellt... hat man noch nie gesehen... Gähn.
Und auch welche Entwicklung Dave machen wird, der keine Kinder mag und jetzt für sie Verantwortung übernehmen muss, ist mehr oder weniger sofort klar.
Im Vorfeld hatte ich gehört, dass es ja so schön ironisch wäre, wenn Kleinkinder auf Zombies treffen, weil sich diese ja von den Untoten gar nicht so sehr unterscheiden würden. Ich hatte mir nach diesen Vorschusslorbeeren erhofft, dass damit gespielt wird, ob die Kinder nicht die waren Zombies sind. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass der Film nichts daraus macht.
Ob man den Film trotzdem empfehlen kann liegt daran, wie viel Erfahrung man mit Zombiekomödien hat. Wenn man bisher alle oder die meisten mitgenommen hat, wird man hier wenig Neues bekommen. Als Einstieg würde ich den Film allerdings durchaus empfehlen.

3 von 5 Sternen.
https://letterboxd.com/film/little-monsters-2019/


Montags gibt es ab jetzt den Ghibli der Woche. Habe ich ja etwas schleifen lassen in letzter Zeit.

Meine Nachbarn die Yamadas
1999; Regisseur: Isao Takahata; SprecherInnen: Yukiji Asaoka, Hayato Isobata, Touru Masuoka; Genre: Anime

Eine Zusammenfassung der Story gibt es nicht. Warum? Es gibt keine Story. In kleinen gar nicht oder kaum zusammenhängenden Episoden verfolgen wir banale Alltagssituationen- und Probleme der Familie Yamada; bestehend aus der Oma, den beiden Eltern, dem Sohn im Teenageralter und der kleinen Tochter. Der Animationsstil ist extrem zurückgefahren und detailarm und soll an die unbeholfenen Kritzeleien kleiner Kinder erinnern. Der Film kommt also im Gewand inhaltlicher Bedeutungslosigkeit und optischer Unausgereiftheit daher... und funktioniert trotzdem ganz hervorragend. Wie kann das sein? "Meine Nachbarn die Yamadas" ist unglaublich fein beobachtet und man kann sich super in die Situationen hineinversetzen, weil wirklich jeder die ein oder andere schon mal selbst erlebt hat. Deswegen finde ich den Film auch wesentlich erwachsener als man zunächst denken kann, denn auch wenn die aufregendste Szene das Vertreiben von zu lauten Motorradfahrern ist, geht es hier sehr oft darum, was es bedeutet Vater, Mutter oder eben auch Oma zu sein.
Auch wenn man die Figuren nur in einem ganz kleinen Rahmen kennen lernt, schließt man diese Familie ziemlich schnell ins Herz, weil wirklich jeder einen ganz eigenen und pointiert gezeichneten Charakter hat.
Das größte Plus des Films ist allerdings sein Humor, denn er ist wirklich witzig. Stellenweise brüllend komisch (das Duell mit der Fernbedienung und der Zeitung ist der Knaller, als Vater und Mutter darum streiten, was im Fernsehen läuft).
Und auch wenn hier eigentlich wenig passiert, hat der Film eine simple wie auch sehr warme und eben wahre Botschaft, dass gerade die "Abenteuer" des Alltags eine Familie ausmachen und definieren und nicht immer die ganz großen Gefühle und lebensverändernden Ereignisse.
Der abstrakte Animationsstil ist in der Tat sehr gewöhnungsbedürftig, wird aber auch immer wieder dafür benutzt etwas abzudrehen und interessante Metaphern oder Verbildlichungen von Gedanken zu schaffen.

Keiner der besten Ghiblis und ganz bestimmt keiner der schwächsten... aber einer der interessantesten.

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/my-neighbors-the-yamadas/
Zuletzt geändert von Andreas29 am 6. Apr 2021, 01:32, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Feamorn
Beiträge: 2122
Registriert: 20. Mai 2017, 23:12
Wohnort: Bergisch Gladbach

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Feamorn »

So, habe nach mehr als acht Wochen endlich nochmal den Kopf für einen Film frei bekommen und habe endlich mal meine Hitchcock-Box angefangen, aus der ich doch erstaunlich viele Streifen noch gar nicht gesehen habe. Ich gehe natürlich chronologisch vor.

Saboteur (1942)

Zwei Freunde werden Zeuge eines Brandes in einer (kriegswichtigen) Flugzeugfabrik, in der sie arbeiten.
Beim Löschversuch stirbt einer der beiden, da der zu Hilfe genommene Feuerlöscher mit Benzin gefüllt war. Die Polizei verdächtigt anschließend den Überlebenden der beiden der Tat, der sich daraufhin auf eigene Faust auf die Suche nach dem Täter begibt.

Soviel zur Handlung, mehr wäre Spoiler. Die ganze Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptdarstellern ist heutzutage natürlich nonsense, aber zum Glück wird die Figur der Pat gegen Ende noch deutlich wichtiger und handelt auch mal proaktiv, was sie letztendlich davor bewahrt bloß ein zeittypisches Anhängsel für den Protagonisten zu sein.
Der Lauf der Geschichte hat sich für mich dann auch als interessanter entpuppt, als ich zunächst vermutet hatte und es gibt einige unvorhergesehene Wendungen und Entwicklungen. Dazu kommt, dass es, wie man von Hitchcock vermutlich erwarten sollte, einige echt meisterlich inszenierte Szenen. (z.B. Ballsaal, Freiheitsstatue, Schlußszene).
Dennoch gab es zwischendurch auch ein paar etwas gestreckte Szenen, weshalb das für mich am Ende dann leider keine absolute Oberklasse bleibt, aber ein guter Film eben nichtsdestotrotz.

3,5/5
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Feamorn hat geschrieben: 5. Apr 2021, 19:26 endlich mal meine Hitchcock-Box angefangen
Da wünsche ich Dir viel Spaß und bin gespannt auf deine Meinungen. Ich habe mit zwei Boxen - eine mit den größten Werken und eine mit den Frühwerken ("Bei Anruf Mord" und "North by Nothwest" musste ich noch dazu kaufen) - vor einiger Zeit auch alle nennenswerten Filme von ihm nachgeholt. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass zwar nie etwas schlecht oder langweilig ist, aber dennoch vieles heute anscheinend weit weniger wirkt.

Seine drei bekanntesten und am meisten gefeierten Werke "Die Vögel", "Psycho" und natürlich "Vertigo" - der sich immer wieder auf Toplisten von Kritikern mit "Citizen Kane" um den besten Film aller Zeiten streitet - sind immer noch super Filme. Aber diesen Heiligenstatus kann ich ihnen aus heutiger Sicht nicht mehr zusprechen.
Viele seiner Filme sind zwar unterhaltend, bei einer nüchternen Betrachtung jedoch mittelmäßig und oft redundant mit den immer gleichen Abläufen und Motiven.
Das ist natürlich ein Fluch der späten Geburt, denn die ganzen Techniken der Inszenierung, die hier dargeboten werden hat Hitchcock zu großen Teilen erst erfunden. Ich sehe sie in ihrer ersten Form und die ist natürlich unausgereifter als die ganzen anderen Filme, die bis heute darauf aufbauen. Das kann bei mir gar nicht die Wirkung entfalten.
Seine filmhistorische Wichtigkeit lässt sich nicht bestreiten und ich fand seine Filme alleine aus diesem Interesse sehenswert... aber wenn ich sie im Kontext der heutigen Zeit bewerte, sticht heute noch wenig heraus.

So sind meine liebsten Filme von ihm die, die in einem kleinen Rahmen spielen. "Das Fenster zum Hof" ist mein liebster Hitchcock... neben "Cocktail für eine Leiche".

Von seinen sogenannten "Frühwerken" würde ich Dir noch Rebecca empfehlen.

Und Du wirst in Genuss kommen die schönste Frau aller Zeiten zu sehen: Grace Kelly.
Benutzeravatar
Feamorn
Beiträge: 2122
Registriert: 20. Mai 2017, 23:12
Wohnort: Bergisch Gladbach

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Feamorn »

Ich hab diese 15 movies collection:

Saboteure+
Im Schatten des Zweifels
Cocktail für eine Leiche?
Das Fenster zum Hof+
Über den Dächern von Nizza?
Immer Ärger mit Harry
Der Mann, der zu viel wusste
Vertigo
Psycho+
Die Vögel+
Marnie
Der zerrissene Vorhang
Topas?
Frenzy
Familiengrab

Die mit + hab ich sicher gesehen, bei den ? bin ich mir nicht sicher (im Zweifel nicht).
Antworten