Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

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Tengri Lethos
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Tengri Lethos »

I care a lot
Bin noch etwas unsicher, aber selten war mir nach 5 Minuten mehr klar, welches Ende ich mir wünsche als bei diesem Film. Bitterböse, vom Anfang bis Ende, Rosamund Pike kann die bösen Rollen einfach. Wer Netflix hat: einfach mal reinschauen!
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Dicker
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Dicker »

Rince81 hat geschrieben: 26. Apr 2021, 19:28
Dicker hat geschrieben: 26. Apr 2021, 19:10 Das Kino war damals nach der Hälfte DES Films auch halb leer. War aber auch eine Sneak.
Welcher Irre disponiert denn den Film für eine Sneak??? :lol: :lol: :lol:

Das sieht übrigens im richtigen Arthouse nicht anders aus. Bei Seidl Filmen gehen Leute - immer.
Ich hab durchgehalten, genauso meine Mitstreiter und es war ein Film, über den man sich am Ende noch unterhalten musste, auch wenn es schon 2 Uhr nachts war.
Ich erinnere mich noch sehr gut an die Einstellung im Film, als sie gerade das erste Mal mit ihrem Loverboy geschlafen hatte und die Kamera einfach mal ne halbe Minute auf ihren nackten, fetten Körper drauf hält. Und danach Loverboy nackt auf einem Stuhl sitzend zeigt, wie er raucht und sie anschaut. Absurde Szene. Danach sind einige gegangen.

Die "Rezensionen" in der Lokalpresse danach waren auch herrlich. Hab ich damals abfotografiert.

Bild
https://imgur.com/ZPlrjXE (falls das Bild nicht geht)
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Dicker hat geschrieben: 26. Apr 2021, 23:07 Die "Rezensionen" in der Lokalpresse danach waren auch herrlich. Hab ich damals abfotografiert.

Bild
https://imgur.com/ZPlrjXE (falls das Bild nicht geht)
Die geäußerten Meinungen finde ich zum Teil wesentlich bedenklicher als den Film. Der übrigens der erste Teil einer Trilogie ist. Die man vielleicht gesehen haben sollte, bevor man ein Berufsverbot für den Regisseur fordert. :roll:

Ich kann absolut verstehen, wenn man mit Seidls Filmen nichts anfangen kann. Aber etwas fundierter darf die Kritik schon ausfallen. Aber sowas kommt wohl dabei raus, wenn man nach einer Sneak die überraschten bis überforderten Zuschauer zwischen Tür und Angel befragt.
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Dicker
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Dicker »

Ich hab ähnlich nach der Sichtung reagiert und finde den Film bis heute nicht gut. Würde mir den kein zweites mal antun wollen.
Wenn man so einen Film ohne Kontext sieht, ist das tatsächlich sehr befremdlich. Der Film ist handwerklich gut, aber so etwas muss man sich bewusst aussetzen. Alles andere verstört nur. Nach dem Motto, ist das Kunst oder kann das weg?
Und natürlich haben die Reaktionen, die man direkt an der Ausgangstür des Kinosaal sammelt, so einen Einschlag und keinen Anspruch auf eine echte Rezension. Ich finde das heute noch sehr unterhaltsam, was da so steht ("für den Film seh ich schwarz" XD )
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Heretic hat geschrieben: 27. Apr 2021, 10:55 Die geäußerten Meinungen finde ich zum Teil wesentlich bedenklicher als den Film.
Ich bin ja auch jemand, der sich gerne mal über unsachliche Amazon-Bewertungen ("Der Film war traurig. 1 Stern") aufregen kann. Aber wenn man solche Filme wie die von Seidl - dessen Werk ich mir nach "Im Keller" komplett auf die Liste gesetzt habe - auf ein unvorbereitetes Publikum loslässt, muss man sich da nicht wundern.

In Sneaks geht jetzt nicht gerade das Arthaus-Publikum, sondern eher jüngere Menschen bzw. Nerds, die auf Horror, Action oder Comedy hoffen. Zumindest habe ich das immer so wahrgenommen.

Dass man die verstört hat, wundert mich wenig. :mrgreen:
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

El Topo
1970; Regie: Alejandro Jodorowski; DarstellerInnen: Alejandro Jodorowski, Mara Lorenzio, Jacqueline Luis; Western

Der Cowboy "El Topo" (der Maulwurf) und sein kleiner Sohn streifen zu Zeiten des Wilden Westens durch die Steppe von Mexiko. Sie treffen auf ein Dorf, in dem man offenbar alle Bewohner blutig umgebracht hat. El Topo findet die Täter, richtet sie und rettet dabei eine Frau. Dann lässt er seinen Sohn bei Franziskanermönchen zurück und reitet mit ihr davon. Fest entschlossen die vier sogenannten "großen Meister" zu besiegen.

Alejandro Jodorowski ist mit Sicherheit einer der interessantesten Regisseure aller Zeiten. Alleine der Fakt, dass ihn wahrscheinlich die meisten Menschen für etwas kennen, das er nie drehen konnte, ist bemerkenswert. Er war dafür vorgesehen "Dune" zu verfilmen, was leider nie finalisiert wurde, wie man in der vielfach gelobten Doku "Jodorowski's Dune" sehen kann. Seine Konzepte und die Künstler, die er engagieren wollte, geben vielen den Anlass dazu seinen "Dune" als besten Film zu bezeichnen, der nie gedreht wurde.
In El Topo ist Jodorowski nicht nur Regisseur und Drehbuchautor, sondern auch der Hauptdarsteller, wie es in den meisten seiner Werke war. Er hat die vollkommene künstlerische Kontrolle und musste somit keine Kompromisse machen. Das zieht sich durch seine gesamte Karriere und so wurde er einer, der ständig provozierte und Empörung und Skandale hervorrief. Er schreckt nicht vor expliziter Gewalt, Nackheit und Sex zurück. Auch hat er seine ganz eigenen Interpretationen von Religion und übt scharfe Religions- bzw. Gesellschaftskritik.
"El Topo" stand in Deutschland bis 2012 auf dem Index und verkörpert diese Art des Filmemachens. Es spritzt ordentlich und handwerklich bemerkenswert gemacht literweise Blut, es gibt Sex, es gibt nackte Frauen und Homoerotik. Verglichen dazu waren die Western und die ja schon etwas härteren Italowestern zu jener Zeit in dieser Hinsicht reine Kindergeburtstage.
Die größte Stärke ist, dass erzählerische Haken geschlagen werden und alles vollkommen unberechenbar verläuft. Ich werde hier natürlich nichts spoilern, aber am Ende habe ich mich wirklich gefragt, ob ich noch denselben Film schaue. Es ist wirklich bemerkenswert, wie man ständig denkt, dass eine Handlungssequenz jetzt den restlichen Verlauf und Plot einleitet, nur um einen dann wenig später wieder in eine vollkommen andere Richtung mitzunehmen. Am Ende ist da ein komplett anderer Mensch als zu Beginn; die Entwicklung der Story und des Charakters sind auf höchstem Niveau und passieren in einem Pacing, dass keine Langeweile aufkommen lässt. Am Spannungsbogen gibt es auf allen Ebenen wenig zu mäkeln.
Ebenso bemerkenswert ist, dass in vielen Metaphern, Symbolen und surrealen Momenten erzählt wird. Das muss man mögen, denn es handelt sich hier meistens um religiöse Bezüge. Ich bin nicht bibelfest, aber Motive wie Versuchung, Sünde, Verrat, Kreuzigung, Auferstehung und Verweise auf Moses und die Rettung seines Volkes (es wird auch durch die Wüste gereist) sind auch mir nicht entgangen. Hinter vielen sehr eigenartigen Szenen vermute ich auch irgendeinen Bezug zur Bibel oder anderen religiösen Schriften, den ich nicht herstellen konnte. Die Aussagen sind aber universell genug sind, sodass man das auch als Heide versteht. Der Surrealismus wird sowieso ein Knackpunkt sein, ob man den Film mag oder nicht. Wenn plötzlich eine Horde Kaninchen tot umfällt, um dann in Flammen aufzugehen, mit einem Stock in der Wüste auf einen Stein geschlagen wird und daraus eine Quelle entspringt oder eine Frau ständig mit einer Männerstimme redet, muss man dafür offen sein. Andernfalls wird man sich eher abwenden und ständig fragen, was das denn jetzt eigentlich soll.
Jodorowski zeigt eine nihilistische Welt, die aber ganz heuchlerisch am Glauben festhält. Das sieht man besonders in der letzten Station von El Topos Reise deutlich, in dem das römische Reich – Brot, Spiele und Orgien – in den Wilden Westen verlegt wird. Die Sklaven dort tragen Armbinden mit dem auch als christlichen Symbol verwendeten "Auge der Vorsehung", was man auch als Verweis auf die Judenverfolgung sehen kann. Die, die sich äußerst menschenverachtend und Dekadent geben sind auch die, die in der Kirche am lautesten predigen.
Dieses letzte Segment fand ich auch am stärksten, denn hier erfährt auch El Topo, der zunächst auch nur auf sich besinnt Teil dieser nihilistischen Welt ist, seine Läuterung. Was am Ende sehr hart ist und mir überraschenderweise auch nahe ging. Überraschend deswegen, weil man bis dahin nur verwirrt wie verwundert beobachtet, es einen aber nicht sonderlich berührt - dazu rätselt man viel zu oft mit, was denn da nun ausgesagt werden soll. Aber da schafft Jodorowski es aus der Hauptfigur einen greifbaren Charakter zu machen. Das ist nicht falsch zu verstehen, denn auch davor ist es absolut packend, weil der Streifen eben anders ist, dabei aber nie prätentiös wirkt. Denn man ist sich seiner Eigenartigkeit durchaus sehr bewusst und nimmt sich nicht zu ernst.
Zum Schluss will ich noch anmerken, dass der Film nicht nur bei dem zerfetzen von Körpern die mit Blei durchsiebt werden äußerst kompetent ist, sondern auch bei der Kameraarbeit. Man findet immer wieder hervorragende Bilder für die inhaltlichen Motive, die hier thematisiert werden – trotz 4:3. Die Musik möchte ich auch nochmal hervorheben. Natürlich ist das kein Morricone, aber das Main Theme finde ich persönlich ziemlich geil: https://www.youtube.com/watch?v=M2HckA-pdnY
Insgesamt muss ich leider den Disclaimer bringen: Das mag dem ein oder anderen zu Artsy Fartsy sein und manche wollen und können sich auf sowas nicht einlassen. Ich bin mir sicher, dass es auch Menschen gibt, die den Film abgrundtief hassen und ihn für totale Grütze halten.
Ich für meinen Teil habe eine großartige Erfahrung gemacht.

4,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/el-topo/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=M2HckA-pdnY
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S3mj0n
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von S3mj0n »

The Outpost von 2019. Behandelt die Attacke am 03/10/2009 auf COP Keating in der Nurestan Provinz, Afghanistan, bei welcher 8 amerikanische Soldaten und 4 ANA Soldaten ihr leben verloren. Das ganze ist mehr oder weniger eine Nacherzählung des Buches "The Outpost: An Untold Story of American Valor" von Jake Tapper.

Müsste ich den Film bewerten, würde ich ihm 3.5/5 geben. Ich mag Kriegsfilme, besonders die, welche neuere Gefechte aufarbeiten. Wirklich schlecht war der Film nicht. Die Schauspieler haben gute Arbeit geleistet, er war gut inszeniert und relativ realistisch gehalten. Allerdings gab es einige fragwürdige CGI Effekte, aber was solls.
Passd scho | Academia is the death of cinema | My favourite films https://boxd.it/3UxN6 | I will defend Kane and Lynch 2 till death |
Bild
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Charade
1963; Regisseur: Stanley Donen; SchauspielerInnen: Audrey Hepburn, Cary Grant, Walter Matthau; Genre: Thrillerkomödie

Die US-Amerikanerin Regina Lampert hat einen reichen Schweizer geheiratet und lebt mit ihm in Paris. Als sie von ihrem Skiurlaub zurückkommt, muss sie feststellen, dass die luxuriöse Wohnung leer steht und ihr Mann ermordet wurde. Sie erfährt von der Pariser Polizei, dass er die Einrichtung für 250000 Dollar verkauft hat, bevor er starb. Das Problem: Das Geld ist weg. Nicht nur die Polizei und ein Vertreter der amerikanischen Botschaft wollen das Geld, sondern auch drei zwielichtige Gestalten, die auf der Beerdigung auftauchen. Regina merkt, dass sie in Gefahr ist und versucht dieser mit Hilfe der Urlaubsbekanntschaft Pete Joshua zu entkommen und das Geld zu finden.

Was für eine Überraschung. Als ich zu dem Film recherchiert habe, bin ich öfters auf den Spruch gestoßen: "Der beste Hitchcock-Film, den Hitchcock nicht gemacht hat". Und dem kann man zustimmen, denn er fühlt sich wirklich danach an. Das größte Merkmal, das viele seiner Werke vereint, ist die Person, die unschuldig und nichtsahnend in einen Thrillerplot gezogen wird. Und so ist es bei "Charade" eben auch. Der Ton ist allerdings sehr viel leichter, als man es beim "Master of Suspence" gewohnt ist. Denn hier wird eine Screwball-Comedy mit einem Thriller vermischt. Eine Screwball-Comedy macht aus, dass sich die Charaktere durchgehend mit viel Witz necken und kabbeln, es also immer leichtherzig bleibt. Die größte Angst bei solchen von mir ist ist, dass die humortechnisch aus der Zeit gefallen sind. "Charade" tut das nicht und zwar so gut, dass ich sogar behaupten würde, dass der heute noch mithält. Zumindest was seine messerscharfen, aber stets komischen Dialoge angeht. Das ist schwer zu beschreiben und hier jetzt Gags nachzuerzählen würde keinen Sinn machen. Man muss es einfach sehen. Das geht Zack, Zack, Zack. Das hat mit natürlichen Dialogen wenig am Hut und auch die Situation in der sich die Leute befinden gibt eigentlich wenig Anlass zu spaßen, aber da muss man eben die Suspension of Disbelief anwerfen.
Dargestellt wird das ganze von einem großartigem Cast, der das auch alles super rüberbringen kann. In der Hauptrolle als Regina Lampert ist die bezaubernde Audrey Hepburn zu sehen, die für die Zeit recht emanzipiert agieren darf. Ihr zur Seite steht der charismatische Cary Grant. Der Botschaftsangestellte wird von Walther Matthau gespielt, der im Verlauf seiner Karriere sein Comedytalent noch mehrfach unter Beweis stellen durfte. Der kernige James Coburn, George Kennedy (Ed aus "Die nackte Kanone") und der weniger bekannte Ned Glass spielen die drei Ganoven.
Was "Charade" aber letztlich ausmacht ist die wendungsreiche Geschichte, die sehr viele Haken schlägt. Auch hier werde ich natürlich nichts verraten, aber ich muss zugeben, dass sie einen wirklich oft überrascht. Und auch wie man das letztendlich auflöst ist wirklich clever.
Das ist das Problem für diese Rezension: Desto weniger man weiß, desto besser ist der Film. Deswegen ist die Review auch etwas kürzer als sonst.
Abschließend lässt sich nur sagen, dass man sich davon nicht täuschen oder abschrecken lassen darf, dass der Film fast 60 Jahre alte ist. Er war seiner Zeit damals voraus und hat sich bis heute glänzend gehalten. Super Unterhaltung: Spannend, witzig, wendungsreich.

4 von 5 Sternen.
https://letterboxd.com/film/charade/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=C6T2Q4XO7uA
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Ummah - Unter Freunden

Der verdeckte Ermittler Daniel tötet bei einem Einsatz zwei Neonazis und wird selbst dabei angeschossen. Auch psychisch angeschlagen, bekommt er von seinem Vorgesetzten eine Auszeit verordnet - ausgerechnet in einer abgeranzten Wohnung in Berlin-Neukölln. Nach kleinen Anlaufschwierigkeiten freundet er sich mit Abbas und Jamal, den Betreibern eines Elektroladens, an und lernt sein neues, stark türkisch-arabisch geprägtes Umfeld immer besser kennen.

Ein seltsamer Film irgendwie. Als Milieustudie funktioniert er sehr gut, die Darsteller wirken allesamt authentisch. Insbesondere den Hauptdarstellern Kida Khodr Ramadan, Burak Yigit und Frederick Lau schaut man einfach gerne zu. Da stimmt die Chemie, die im Entstehen begriffene Freundschaft zwischen den Dreien wirkt glaubhaft. Kulturelle Unterschiede und Probleme werden angerissen, aber nicht überstrapaziert. Die Menschen sind überwiegend freundlich zueinander (sogar der Berliner Taxifahrer ist ganz nett :D). Weniger gut weg kommt dagegen die Polizei und der Verfassungsschutz. Erstere verhält sich bei einer Kontrolle gegenüber Abbas und Jamal extrem unfreundlich und pedantisch. Sicherlich eine Erfahrung, die man - insbesondere als Person mit "südländischem Aussehen" - in Deutschland machen kann. Aber auch in Neukölln wird es den ein oder anderen freundlichen Beamten geben. Kritik am deutschen Verfassungsschutz ist ebenfalls gerechtfertigt, keine Frage. Im Film wird aber weit übers Ziel hinausgeschossen. Das wirkt schon etwas tendenziös und will nicht so recht zur sonstigen Aussage passen. Hat mich jetzt nicht massiv gestört, weil wir es mit einer fiktiven Geschichte zu tun haben, aber es schmälert den ansonsten positiven Gesamteindruck ein wenig.
Andreas29

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Andreas29 »

Chef
2014; Regisseur: Jon Favreau; DarstellerInnen: Jon Favreau, John Leguizamo, Sofia Vergara; Genre: Comedy

Carl Casper ist Koch aus Überzeugung, Leidenschaft und Liebe. Für ihn muss alles dahinter zurückstehen - sogar sein Sohn. Den kann er sowieso nicht immer sehen, weil er sich von seiner Frau geschieden hat. Als Chefkoch eines Restaurants fühlt er sich zudem immer mehr in eine Form gepresst und er rasselt deswegen ständig mit dem Besitzer aneinander. Schließlich kommt es zum Bruch und seiner Kündigung. Daraufhin fährt er zusammen mit seiner Ex-Frau und seinem Sohn nach Miami, wo sich ihm die Möglichkeit eröffnet einen Foodtruck zu übernehmen und ein vernünftiges Verhältnis zu seinem Spross aufzubauen.

Jon Favreau, der vor allem als Regisseur von "Iron Man 1 und 2", einer Realverfilmung von "König der Löwen" oder als Showrunner von "The Mandalorian" vielen ein Begriff sein dürfte, hat sich hier seinem ganz eigenem Baby gewidmet. Er hat Regie geführt, das Drehbuch geschrieben und spielt die Hauptrolle. Und was einem sofort auffällt ist, dass er wirklich eine große Leidenschaft für's Essen hat. Eins kann man wirklich vorwegnehmen: Man bekommt Hunger, wenn man hier zuschaut. Hier wird der Beruf des Kochs und das, was er so fabriziert, detailliert abgefeiert und man spürt förmlich dieselbe Begeisterung wie Carl Casper und möchte am liebsten gleich selber in die Küche rennen und etwas zubereiten - bevor man feststellt, dass man nicht kochen kann und auch nicht so eine geile Küche hat und sich eine Pizza bestellt.
"Chef" hat ein großes Problem, um das man nicht herumreden sollte: Vorhersehbarkeit. Man merkt schnell, dass das nicht der Film sein wird, der einem ein großes Drama präsentiert, bei dem es irgendwann in ein nennenswert tiefes Tal geht. Das ist nicht konfliktfrei, denn es gibt die Vater-Sohn-Auseinandersetzung und es geht um Selbstverwirklichung und welche Überwindung das kostet. Das wird einem allerdings sehr verdaulich (pun intended) präsentiert. Aber auch wenn die Konflikte hier nicht so tief behandelt werden, bekommt man am Ende ein warmes Gefühl ums Herz.
Und in dem Moment, wo man das alles feststellt, weiß man mehr oder weniger, wie alles verlaufen wird.
Trotzdem ist es sehr lohnenswert, denn das macht einfach Spaß. "Chef" ist flott inszeniert, hat schöne Dialoge, gute Gags, sympathische Charaktere und das Herz einfach am richtigen Fleck. Das merkt man vor allem an den Schauspielern, denen man wirklich anmerkt Freude bei der Arbeit zu haben. Allen voran natürlich John Favreau selbst. Auch John Leguizamo, den man sowieso gerne mal wieder in größeren Rollen sehen wollen würde, liefert hier gute Arbeit ab. Durch Favreaus Connection ins MCU hat man dann auch für kleinere Rollen überraschend große Namen wie Scarlett Johanson und Robert Downey Jr. (ganz kleiner Auftritt), die hier wahrscheinlich auf mächtig Gage verzichtet haben. Zur Erinnerung: Das Budget von "Chef" wird auf 11 Mio. Dollar kolportiert. Allein Scarlett Johansson hat für Endgame zuletzt laut Medienberichten über 15. Mio. Dollar bekommen. Downey Jr. soll da ja nochmal in ganz anderen Sphären schweben.
Favreau scheint auch sonst ganz gute Beziehung zu haben, denn es hat mich überrascht dass der Besitzer des Restaurants einfach mal von Dustin Hoffmann gespielt wird. Für mich als Fan von Modern Family ist das i-Tüpfelchen natürlich, dass Sofia Vergara die Ex-Frau verkörpert. Also der Cast ist wirklich erste Sahne.
Auch die Musik versprüht Lebensfreude. Die ist nämlich sehr karibisch angehaucht, weil das untermalen soll, dass Carl Casper Essen aus dieser Region sehr schätzt. Das ist mal frisch und was anderes als der Indie-Elektropop, der gerne mal in solchen kleineren Filmen verwendet wird.
Eine Szene fand ich übrigens ziemlich bemerkenswert, denn irgendwann geht es mal dem Restaurantkritiker an den Kragen und was ihm Carl Casper so an den Kopf wirft – u.A. wie sehr Kritik Menschen verletzen kann – kam mir so vor, als ob Favreau hier selber redet und das eine Botschaft an die Leute ist, die ihn für seine Streifen kritisieren oder es ist eine generelle Botschaft an Filmkritiker.
Also: Ganz im Gegenteil zu vielen Einträgen von mir hier mal ein Vertreter, nach dem man sich keinen Strick nehmen will. "Chef" geht runter wie Öl und ist ein schönes und kurzweiliges Feel-Good-Movie.

3,5 von 5 Sternen
https://letterboxd.com/film/chef/
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=FF_rYNupPwg

Fun Fact: "Chef" war den deutschen Verleihern übrigens zu missverständlich und man hat ihm hier einen anderen Namen gegeben... der auch englisch ist, nämlich "Kiss the Cook". Und um es dann ganz klar für die dummen deutschen Zuschauer zu machen, dass es hier um einen Koch geht, wurde noch der Untertitel: "So schmeckt das Leben!" eingefügt. Jaja... die Eindeutschung von Filmtiteln - sie werden es nie lernen.
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Herr Weltschaft
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Herr Weltschaft »

Puh ey, El Topo ist echt harter Tobak. Der Film hat mich überfordert, gebe ich zu.

Ich wollte aber einen anderen Punkt betonen:
Andreas29 hat geschrieben: 27. Apr 2021, 16:38 Alejandro Jodorowski ist mit Sicherheit einer der interessantesten Regisseure aller Zeiten. Alleine der Fakt, dass ihn wahrscheinlich die meisten Menschen für etwas kennen, das er nie drehen konnte, ist bemerkenswert. Er war dafür vorgesehen "Dune" zu verfilmen, was leider nie finalisiert wurde, wie man in der vielfach gelobten Doku "Jodorowski's Dune" sehen kann. Seine Konzepte und die Künstler, die er engagieren wollte, geben vielen den Anlass dazu seinen "Dune" als besten Film zu bezeichnen, der nie gedreht wurde.
!!
In der Tat eine der besten Dokumentationen, die man sich als Liebhaber von Film im Allgemeinen - oder Science Fiction im Speziellen - ansehen kann. Mann, ist die gut!

Es gibt sie übrigens auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=9nxnF_B3UVU

Bin extrem gespannt, wie sich der Villeneuvesche Verfilmungsversuch im Vergleich zu den bisherigen ausnehmen wird.
[ ] Hier klicken, um ein Würstchen zu sein
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Golmo
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Golmo »

Nomadland
Oder auch: Amazon Land?

Mein Gott was eine absolute Scheisse auf Film gebannt...
Für diese Amazon Propaganda gibts dann auch noch nen Oscar. Na Hallejudith.
Aber es gab ja auch die super Oscar Szene im Film: Frances McDormand wie Xenu sie schuf mit starker Beharrung im Intim Bereich in einem malerischen Bach graziös über dem Wasser schweben. OSCAR!!!!!! HIER!!!!! NIMMMMM!!!! :-)


-99 / 100 Amazon Päckchen


Super schade weil eigentlich ist Frances McDormand doch ganz cool (Three Billboard, sensationeller Film!) und die Regisseurin hat mit "The Rider" auch schon echt was krasses abgeliefert. Ihr muss man zugute halten: Sie schaft es wirklich Laiendarsteller oder Leute die gar keine Schauspieler sind zu Charakteren zu machen und perfekt zu inszenieren. Leider leider....schafft sie das halt auch mit dem Amazon Konzern *würg*
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Golmo hat geschrieben: 29. Apr 2021, 23:57 Nomadland
Oder auch: Amazon Land?

Mein Gott was eine absolute Scheisse auf Film gebannt...
Für diese Amazon Propaganda gibts dann auch noch nen Oscar. Na Hallejudith.
Wenn du schon so steile Thesen raushaust, wäre eine Begründung ganz nett. Wenn Wanderarbeiter bei Amazon temporäre Aushilfsjobs bekommen, soll das positive Amazon-Propaganda sein? Ich weiß ja nicht... :shifty:
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Golmo
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Golmo »

Hast du gesehen wie vollkommen unkritisch Amazon im Film dargestellt wird? Das entspricht einfach nicht den Tatsachen.

Du wirst da für einen Hungerlohn ausgebeutet und vom Vorarbeiter angeschnautzt wenn du das Paket 2sek zu langsam verpackst.
Amazon verbietet effektiv FFP2 Masken damit sie den Arbeitern keine extra Pausen einräumen müssen. Lass das mal tief einsicken...alter Schwede.

Und in dem Film siehst du sie völlig unbeschwert und in aller Ruhe in einem sauberen, unkektischen Paketzentrum ganz ohne ins Schwitzen zu kommen ihre Packete verpacken. Pfui, bah! Bääähhh.

Zu dem Thema:
https://www.golem.de/news/arzt-verbot-v ... 56064.html
https://www.vulture.com/article/nomadla ... -zhao.html
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

Danke für den wirklich interessanten Vulture Artikel zum Film!
Bin geneigt dass auch kritisch zu sehen, subtile Verklärung ist gerade in solchen gesellschaftlichen Brennpunkten nicht angebracht.

Mein Lieblingszitat: "There’s nothing wrong with portraying disenfranchised folks as bold, resilient, people — most are — so long as we fully account for the structures aligned against them. It’s why it’s not enough to call essential workers “heroes”: we need to get them hazard pay, time off, and PPE."
Passt 1:1 auch zu unserem Pflegepersonal.
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Golmo
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Golmo »

Was hat Amazon in dem Film überhaupt zu suchen? Die haben dafür doch gezahlt - alles andere glaube ich nicht.
Wenn Sie einfach paar Szenen von ihr bei der Arbeit gebraucht hätten....nun da gäbe es doch zig tausend Möglichkeiten.
Sie hätten ja auch nen Fantasie Paket Zentrum erfinden können - aber nein - explizit AMAZON!
Und das ist einfach ekelhaft und deswegen verdient dieser Film keinen Oscar sondern nur pure Verachtung.
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Heretic
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Heretic »

Golmo hat geschrieben: 30. Apr 2021, 12:17 Und in dem Film siehst du sie völlig unbeschwert und in aller Ruhe in einem sauberen, unkektischen Paketzentrum ganz ohne ins Schwitzen zu kommen ihre Packete verpacken.
Wenn der Arbeitsalltag im Film zu positiv dargestellt wird, ist das natürlich falsch. Kann ich nicht beurteilen, da ich den Film noch nicht gesehen habe. Ich habe mich nur gewundert, inwiefern temporäre Amazon-Aushilfsjobs als Heilsbringer für Wanderarbeiter verkauft werden sollen. Selbst wenn Amazon im Vergleich besser bezahlen sollte - Traumjobs sind das selbstverständlich nicht.

Dass Amazon als omnipräsenter Arbeitgeber vorkommt, dürfte der Realität geschuldet sein. Die haben nunmal überall Versandzentren. Der Film basiert auf der Dokumentation von Jessica Bruder. Keine Ahnung, wie Amazon in ihrem Buch dargestellt wird, aber wenn im Film Amazon durch einen fiktiven Konzern ersetzt worden wäre... da hätte ich viel eher den Verdacht, dass im Hintergrund Gelder geflossen wären. ;)
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bluttrinker13
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von bluttrinker13 »

@Amazon offen im Film: naja, sobald die Brand direkt zu sehen ist, wird es automatisch Werbung, finde ich.

Man hätte das auch so wie in Blood Diamond machen können, und einfach die Firmennamen verfremden, auch wenn jeder weiß, was in echt nur gemeint sein kann.
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Golmo
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Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von Golmo »

Heretic hat geschrieben: 30. Apr 2021, 13:05
Golmo hat geschrieben: 30. Apr 2021, 12:17 Und in dem Film siehst du sie völlig unbeschwert und in aller Ruhe in einem sauberen, unkektischen Paketzentrum ganz ohne ins Schwitzen zu kommen ihre Packete verpacken.
Wenn der Arbeitsalltag im Film zu positiv dargestellt wird, ist das natürlich falsch. Kann ich nicht beurteilen, da ich den Film noch nicht gesehen habe. Ich habe mich nur gewundert, inwiefern temporäre Amazon-Aushilfsjobs als Heilsbringer für Wanderarbeiter verkauft werden sollen. Selbst wenn Amazon im Vergleich besser bezahlen sollte - Traumjobs sind das selbstverständlich nicht.

Dass Amazon als omnipräsenter Arbeitgeber vorkommt, dürfte der Realität geschuldet sein. Die haben nunmal überall Versandzentren. Der Film basiert auf der Dokumentation von Jessica Bruder. Keine Ahnung, wie Amazon in ihrem Buch dargestellt wird, aber wenn im Film Amazon durch einen fiktiven Konzern ersetzt worden wäre... da hätte ich viel eher den Verdacht, dass im Hintergrund Gelder geflossen wären. ;)
Sie trinkt ja auch keine Coca Cola oder Red Bull im Film....
Deiner Logik nach wären die Filme voll mit Product Placements weil die Marken halt einfach omnipräsent sind. Jessica Bruder hat bestimmt mal ne Coca Cola getrunken....
JanTenner
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Registriert: 29. Apr 2018, 22:04

Re: Welche Filme habt ihr zuletzt geschaut?

Beitrag von JanTenner »

Wayne's World - I Will Not Bow to Any Sponsor
:D

Ich glaube, ich werde am Wochenende mal wieder Wayne's World anschauen... ist schon ewig her.
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