Andre Peschke hat geschrieben:Deine Sicht auf das Ende kann ich zwar nachvollziehen, aber für mich ist die Beziehung zwischen Bucky und Cap nicht ausreichend effektiv etabliert worden. Ich finde Bucky schlicht auch sehr hölzern gespielt (ja, klar, emtionslose Kampfmaschine per Design...). Das ist, wie schon angesprochen, auch mein Kernproblem: Avengers funktioniert als humorige Popcornunterhaltung blendend für mich. Genauso wie der erste Thor. Aber für die bedeutungsschwangeren, emotionalen Themen fehlt die Wucht, weil die Charaktere für mich das nicht hergeben.
Und Captain America mag etwas anderes sein, aber sein Design und sein Name sind so plump, dass ich es nicht schaffe darüber hinwegzusehen.
Hm ... also seit der 2. Staffel Daredevil bin ich ja sowieso der Meinung, dass ordentliche Charakterisierungen und Entwicklungen von Comicfiguren in nem 2-1/2-stündigen Kinofilm nicht wirklich funktionieren, sondern eher in 13-Stunden-Serien, wo die Autoren das volle Potential aus Nebenfiguren und komplexen StoryArcs ausschöpfen können. Trotzdem haben es die Autoren von "Civil War" hinbekommen ein vielfältiges Ensemble an Figuren nachvollziehbar gegeneinander in Stellung zu bringen und dann die Konsequenzen ausdiskutieren bzw. auskloppen zu lassen. Da ist natürlich noch viel Luft nach oben, z.B. kratzen die 2-3 Dialoge zwischen Vision und Scarlett Witch über ihre Andersartigkeit gerade mal an der Oberfläche, und auch mir reichen 4 Rückblenden und ne Story über die Schuhe von Caps Mutti nicht, damit ich Cap und Bucky abkaufe, dass sie beste Freunde sind. Gemessen an dem großen Actionanteil des Films (und mit dem schlechteren "Age of Ultron" im Hinterkopf), war ich aber direkt überrascht wie viel Zeit sich der Film für die Prämisse und die Positionierung des Ensembles nimmt. Es ist eben nicht eine große Diskussion über das neue Gesetz und dann sagen mal alle was sie davon halten, sondern der Film arbeitet die unterschiedlichen Positionen sehr schön heraus, lässt die Charaktere aufeinander zu gehen und spielt sie dann doch wieder geschickt gegeneinander, quasi immer 1 Schritt vor und 2 zurück. Da können sich andere Comicfilme *BvS hust* mal ne dicke Scheibe von abschneiden.
Caps Design ist natürlich eine Streitfrage, und ganz ehrlich, wenn die Marvelfilme ihn nicht so weit von der ursprünglichen Vorlage inszeniert hätten, könnte ich mir den gar nicht anschauen ohne gleichzeitig lachen und weinen zu müssen. Zum Namen hab ich ja auch schon geschrieben, dass ich den maximal beknackt finde. Dennoch funktioniert dieser Charakter als dramatische Figur, die alles verloren hat und nun einen neuen Sinn sucht, gepaart mit einem starken moralischen Kompass und einer sympathisch-steifen Unbeholfenheit bei alltäglichen Dingen, für mich wunderbar. Das ist auch der Grund, warum ich Cap abnehme, dass er sich so für Bucky einsetzt: Nach dem Tod von Agent Carter hat er nur noch seinen einstigen Best-Buddy aus dieser Zeit und den will er nicht verlieren - völlig unabhängig davon wie glaubwürdig die Freundschaft zwischen Cap und Bucky selbst inszeniert ist.
Für mich würde Cap als Comicheld noch wesentlich besser funktionieren, wenn er dieses Supersoldat-Amerika-Hurra-Abziehbild eben nicht darstellen würde, also sein lächerliches Kostüm mit dem A auf der Stirn an den Nagel hängen würde. Es gibt auch noch andere "Captains" wie ich neulich feststellen musste, nämlich Captain Britain *augenroll*. Das kommt alles auch ner ganz komischen Zeit und so eine Art Comicheld würde es heute sehr schwer haben sich zu etablieren, und in Deutschland sowieso. Ich bin bei nem Grillabend mal vor Lachen fast vom Stuhl gerutscht, als wir rumblödelten wie ein "Captain Germania" aussehen würde, was er für Kräfte und Macken hätte. Ich krieg nicht mehr alles zusammen, aber auf jeden Fall bügelt er seine Unterhose und seine Gegenspieler sind Dr. Unpünktlich und die menschliche Taube, welche ständig sein Auto zukackt.
Wie gesagt, ich kann solche Patriotismus-Helden nicht ernst nehmen.
christianneffe hat geschrieben:Da muss ich aber auch dagegenhalten. Der Humor von Civil War hat mich ziemlich kalt gelassen - was ich dem Film aber nicht mal ankreiden will. Ich finde es sogar gut, wenn es wenigstens einige Marvelfilme gibt, die nicht auf Biegen und Brechen alle zwei Minuten einen Lacher provozieren wollen. Das hat mir z.B. die düstere Atmosphäre, die mir im Vorhinein bei Avengers 2 versprochen wurde, komplett kaputt gemacht. Bei Cap 3 musste ich jedenfalls ziemlich selten lachen, am meisten noch im großen Face-Off auf dem Flughafen. Das war auch eine wirkliche gute Szene, aber mein großes Problem damit ist, dass es hier um nichts ging. Ein paar Superhelden hauen sich auf die Fresse - aber es ist vollkommen klar, dass dabei keiner ernsthaft zu Schaden kommen wird, weils wie eine Keilerei unter Kumpels wirkt. Spannung will dabei jedenfalls nicht aufkommen. Am Ende ist das schon eher der Fall, da geht's tatsächlich um was - dann aber traut man sich nicht, die Sache in letzter Konsequenz durchzuziehen und am Ende des Films hat sich im Vergleich zum Anfang kaum etwas verändert - alle sind wieder dicke miteinander. (BTW: Die Helicarrier-Szene im Vorgänger gehörte für mich noch zu den schwächeren - ich fand viel eher die längere Sequenz in der Mitte des Films, in der auf der Straße gekämpft wird, in jeder Hinsicht grandios.)
Und wo jetzt der krasse Twist sein soll, habe ich leider auch nicht gesehen, sorry...
Spoiler:
Für mich war der große Twist, dass Cap die ganze Zeit wusste, dass Bucky für den Tod von Tonys Eltern verantwortlich war - und
trotzdem nichts gesagt hat. Und zu der "Keilerei unter Kumpels": Ich interpretiere dies als einen langsamen, gewollten Aufbau des Konflikts, der sich im Finale dann zwischen Cap und Iron Man richtig stark zuspitzt. Und ich fand es ehrlich gesagt auch nen Stück weit nachvollziehbarer, dass sich nicht alle gleich an die Gurgel gehen, gerade weil sie vorher noch ein Team waren. Die Zögerlichkeit (auch schön umgesetzt als sie aufeinander losgehen) weicht bist zum "Twist", wo ja kurz vorher noch alles wieder in trockenen Tüchern scheint, einer immer krasseren Kompromisslosigkeit. Ich war wirklich zwischen den Parteien hin und hergerissen während die Spannung immer mehr anzieht und die Fronten härter werden. Und zum Finale gebe ich dir recht: Was wäre es für ein Paukenschlag gewesen, wenn es Cap oder Iron Man am Ende erwischt hätte. Ich hätte ja vor dem Film gesagt, dass Cap stirbt und Bucky sein Schild und Titel übernimmt, aber die Autoren haben halt Cap triumphieren lassen. Im übrigen finde ich nicht, dass zum Schluss wieder alles beim Alten ist: Die Avengers sind wieder unter der Leitung von Iron Man, und Cap sowie die anderen sind doch eigentlich noch immer den Behörden ein Dorn im Auge. Wird spannend, was sie daraus machen. Meine Prognose: Die Fallhöhe ist jetzt um einiges angehoben, "Civil War" hat einiges an Erwartungen geweckt. Bin mal gespannt wie "Black Panther" und "Dr Strange" diesem gerecht werden.
Zur Action: "Winter Soldier" hatte natürlich richtig gute Szenen, die längere Sequenz mit den Straßenkämpfen gehört auch dazu. Aber auch hier: Der Treppenkampf zwischen der Polizei, Cap und Bucky, wo dann auch noch Black Panther mitmischt und das ganze in dem Tunnel weitergeht, war da in "Civil War" einfach besser. Und da war die Flughafenszene noch lange nicht in Sicht. Auch das Finale Iron Man vs. Cap war eindeutig sehenswerter als 3 abstürzende Helicarrier. Vielleicht liegt es auch daran, dass im Finale von "Civil War“ beide wirklich aufeinander losgingen und sich nichts geschenkt haben, während Cap im Finale von "Winter Soldier“ ja direkt das Kämpfen einstellt, weil er Bucky nicht töten will – um dann am Schluss von ihm gerettet zu werden. Das ist doch eher cheesy als mitreißend.