Danke für die ganzen Tipps und den Zuspruch. Leider ist der Thread mittlerweile eher in die Richtung "Warum gibt es Querdenker, was bringt Menschen dazu?" Richtung abgedriftet.
Zu euren konkreten Anmerkungen muss ich eins vorausschicken. Da mein Vater nicht stark in persönlichen direkten Diskussionen ist (er braucht Zeit, um sich seine Gedanken zurecht zu legen), findet der Austausch eh nur via Mail statt. Das heißt, bei den Besuchen bei meinen Eltern werden die kritischen Themen nur selten angesprochen. Wenn dann aber mal wieder eine Mail kommt, dann triggert mich das oft direkt wieder. Mittlerweile weiß ich aber auch, dass man ihm mit Fakten nicht kommen muss. Ich mache es trotzdem, da ich seine Falschaussagen nicht unwidersprochen sein lassen will.
HerrReineke hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 14:00
Ich habe zum Glück, niemanden im näheren Umfeld, der solche Ansichten vertritt. Stelle mir den Umgang damit sehr schwer vor. Ich weiß aber von verschiedenen Beratungsangeboten, insb.
veritas ist in diesem Bereich sehr aktiv. Dort gibt es auch
kurze generelle Tipps für den Umgang mit Verschwörungsgläubigen und natürlich ein persönliches und kostenloses Beratungs- und Hilfeangebot. Vielleicht hilft dir sowas nötigenfalls weiter.
Danke, Veritas und auch andere hier im Thread haben mir zumindest klar gemacht, dass ich mit Fakten nicht erreichen werde
Veritas schreibt dazu
Veritas hat geschrieben:VORSICHT MIT FAKTEN
Verschwörungserzählungen mit schlüssigen und faktenbasierten Gegenbeweisen zu begegnen, scheint zwar zunächst naheliegend, wirkt aber häufig eher eskalierend und führt zu einer weiteren Distanzierung. Denn zumeist geht es für die Verschwörungsgläubigen nicht so sehr um den Inhalt der einzelnen Erzählungen, sondern um die Funktion, die sie für sie erfüllt. Doch auch, wenn man mit Fakten selten weit kommt, kann es sinnvoll sein, sich kundig zu machen, bevor man das Gespräch sucht. Wer die Mechanismen von Verschwörungserzählungen versteht, schützt letztlich auch sich selbst vor ihnen.
Das ist der zentrale Punkt und das ist auch etwas, das ich versuchen werde aufzugreifen. Ich kann meinem Vater noch so viele Fakten vorlegen, er hat sich über Jahre ein in sich geschlossenes Weltbild aufgebaut, in dem alles einen Funktion und einen Zweck hat und neue Ereignisse passend integriert werden. Bei ihm ist es der Aufbau der Weltregierung und die Auflösung der gegenwärtigen gesellschaftlichen Ordnung.
Rigolax hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 14:08
Das ist ein an sich recht typisches sogenanntes
geschlossenes Weltbild, hier rechtsextremer Ausprägung. Dagegen kann man nur noch sehr schwer argumentativ ankommen, da es eben "geschlossen" ist -- ich verstehe das Adjektiv mehrdeutig; ein solches Weltbild ist
nicht mehr offen für Input von außen, in dem Sinne "abgeschlossen", und auch holistisch im Denken, so dass "alles" vermeintlich schlüssig erklärt werden kann. Menschen, die so denken, glauben dann, eine "letzte" Wahrheit zu kennen, und das wird teils mit einem regelrecht religiösen Eifer vertreten. Damit einher gehen diskursive Hermetisierungs- bzw. Immunisierungsstrategien (pun not intended), d.h. jemand mit einem solchen Mindset findet tendenziell immer einen Weg, rationale Argumente abzublocken, in dem Sinne ein übelster Wahrheitsrelativismus.
Siehe oben, du beschreibst es sehr gut. Genau das ist das Problem, er ist nicht offen für Input von außen. Er hat schon alle Infos, die er braucht, um sich die Welt bzw. die Weltverschwörung sinnvoll zu erklären.
Grumbledook hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 16:49
Ich glaube nicht, dass man da pauschale Ratschläge geben kann, habe aber selbst die Erfahrung gemacht, dass man Leute oft auf dem falschen Fuß erwischen kann, wenn man nicht sofort vorhersehbar den Schützengraben zur Verteidigung bezieht. Diejenigen, die ich kenne, sind Gegenrede gewohnt und ziehen da raus schier unendlich Kraft und Energie. Die kriegst du nicht geknackt, die sind auch nicht per se uninformiert und wenn du ihnen mit Fakten und Argumenten kommst, schalten sie auf stur.
Ich suche dann immer nach
"common ground", man muss sich da nicht komplett verstellen und unehrlich sein, aber ein bisschen Flexibilität schadet auch nicht. Das tumbe Covidioten-Gebashe finde ich zum Beispiel ganz ehrlich nicht cool und man kann ja auch legitim die Berichterstattung kritisieren. Man muss nicht von Gleichschaltung sprechen, aber natürlich haben viele Journalisten zumindest einen ähnlichen sozioökonomischen Background und das prägt halt den Blick auf die Welt usw...
Vielleicht ist das hier tatsächlich ein Ansatz, der das geschlossene Weltbild öffnen kann. Gemeinsame Themen suchen, Vertrauen aufbauen (ganz (!) wichtig, denn er hält mich und meine Geschwister für bestenfalls naiv, schlimmstenfalls linksversifft durch die bösen Staatsmedien) und von denen aus ein Gespräch, nicht mal unbedingt eine Diskussion führen. Denn Diskussionen setzten immer zwei verschiedene Positionen voraus.
Felidae hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 17:25
Ich kann Dir (und anderen, die es betrifft) nur den Tip geben, Dich bei
Hoaxilla/den Ferngesprächen von Tommy Krappweis schlau zu machen.
Danke für den Tipp, schau mir mal an.
toxic_garden hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 19:04
Der Klimawandel ist natürlich nicht menschengemacht und sowieso nicht so schlimm und die dadurch beförderte "grüne Diktatur" soll nur dazu dienen die Gesellschaft auf dem Weg zu Weltregierung umzugestalten, Stichwort "Great Reset".
stimmt. Der Mensch ist nicht alleiniger Verantwortlicher für den Klimawandel. Bestreitet er denn generell jegliche Art von menschlichem Einfluss auf das Klima? Und falls nicht (was ich einfach mal hoffe), bis zu welchem Grad wäre ein menschlicher Einfluss denn "realistisch" für ihn? Ist das Ozonloch menschgemacht? Oder die Smog-Problematik in vielen Großstädten?
Außerdem: auch hier wieder, welche "Weltregierung" soll es denn geben? Manchmal hilft es tatsächlich schon, die Leute ihre Gedanken einfach mal weiter verfolgen zu lassen. Nach 3-4 Sätzen des freien Gedankenäußerns merken Viele plötzlich selbst, dass sich das ja schon irgendwie ein bisschen dämlich anhört. Also auch ohne, dass man es ihnen direkt sagen muss.
Auch hier wieder der Gedanke vom Common Ground. Worauf kann man sich einigen.
Leider bringt mich die Idee im zweiten Absatz nicht weiter, da er wie oben geschrieben über Jahre diesen Gedanken der Weltregierung verfolgt und ausdifferenziert hat. Prinzipiell aber eine gute Methode, wenn Leute mal wieder unreflektiert irgendwas übernehmen/wiederkäuen.
toxic_garden hat geschrieben: ↑26. Nov 2021, 19:04
Ist schon alles verloren oder soll ich weiter versuchen mit ihm zu reden?
diese Frage kannst wohl nur du selbst beantworten. Grundsätzlich wäre für mich die Frage "schadet er mit seiner Meinungen jemandem?". Wenn er diese Ansichten hat und nicht gewillt ist, sie in irgendeiner Form auch nur ansatzweise in Frage zu stellen, würde ich mir die Unterhaltung sparen. Wenn er aber auch andere mit diesen Worten von "seiner" Sache überzeugen will, dann wird's halt schon unangenehmer....
Das ist es ja, er schadet damit niemand, aber es ist eben mein Vater. Und so ganz will ich ihn nicht aufgeben.