Krieg in der Ukraine

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Mauswanderer
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Axel hat geschrieben: 2. Aug 2022, 15:02
Andre Peschke hat geschrieben: 2. Aug 2022, 13:53 Das auch an Axel gerichtet: Das du Angst hast, dass bei dir am Ende das Licht ausgeht, ist verständlich. Aber die Lösung dafür ist ja nicht, dass wir die Unterstützung der Ukraine aufgeben, sondern dass wir jetzt über politische Lösungen und Hilfestellungen für Menschen in deiner Situation nachdenken.
Das habe ich ja auch nie gefordert.

Ich habe nur eines gemacht: Einen für mich sehr nachvollziehbaren offenen Brief der sächsischen Stadt Reichenbach verlinkt, der nicht nur vom dortigen Oberbürgermeister unterzeichnet wurde, sondern auch von den Geschäftsführern der dortigen Stadtwerke und der dortigen Wohnungsbaugenossenschaft. Das ist nun nicht so weit weg von hier (nämlich nur 60km) und die Wirtschaft ist in sämtlichen Kommunen (nicht nur in Sachsen) gleich beschissen aufgestellt.

Wenn nun also in diesem Brief steht, dass die davon ausgehen, dass beispielsweise die Kosten für Strom und Heizung sich verfünffachen werden, dann macht mir das Angst. Wenn da die Rede davon ist, dass über die Hälfte der Mieter Probleme bekommen werden die Nebenkosten zu stemmen, dann macht mir das ebenfalls Angst. Genauso wie es mir Angst macht, wenn da vor sozialen Verwerfungen gewarnt wird. Das kommt ja nicht von einem Twitter-Kanal oder so, sondern ist ein offener Brief von einer sächischen Stadt die jetzt in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht im Verdacht stand über die Verhältnisse zu wirtschaften.

Das ist halt für mich ein anderes Alarmsignal als eine einzelne Politikermeinung oder eine einzelne Meinung eines Wissenschaftlers. Warum sollte so eine Stadt so einen Brief veröffentlichen, wenn das alles unbegründet wäre?
Naja, du hast ihn nicht nur verlinkt, sondern ihm inhaltlich intensiv zugestimmt. Da musst du auch damit rechnen, bei inhaltlicher Kritik adressiert zu werden.
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Felidae
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Felidae »

GoodLord hat geschrieben: 2. Aug 2022, 14:46
Also du wirfst Axel eine menschenverachtende Haltung vor, weil ihm das eigene wirtschaftliche Existenzminimum (sprich, ein Dach über dem Kopf, Strom, Wärme, Esssen) wichtiger ist, als eine *Möglichkeit* das Leid der Bevölkerung in einem Kriegsgebiet zu *reduzieren* (ist ja keineswegs mit sicherheit gesagt, dass - egal, was Deutschland tut - das den Krieg bzw. die Lage der Bevölkerung maßgeblich positiv beeinflusst).

Verstehe ich das richtig?
Ich hab ihm Zynismus im Zusammenhang mit seinen Fragen "Was, wenn die privaten Mieter in ein paar Monaten wirklich die Abschläge für ihre Wohnungen nicht mehr zahlen können? Was, wenn über den Winter viele mittelständische Betriebe aufgeben müssen?" vorgeworfen. Angesichts dessen, was in der Ukraine derzeit passiert, finde ich diese Fragen zynisch, ja.
Rince81
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rince81 »

Das sind legitime Fragen und ich sehe da keinen Zynismus.

Ja, ich möchte mit niemandem in der Ukraine tauschen und Solidarität mit Ukraine ist wichtig und richtig auch wenn sie uns wirtschaftlich viel kostet.

Die Fragen, wie sich hier über den Winter Leute ihre Wohnung leisten werden und was für eine Folge massenhafte Firmenpleiten haben können, die sich ihre Energierechnung nicht mehr leisten können sind aber berechtigt und wichtig. Der richtige Zeitpunkt darüber zu sprechen ist, jetzt nicht erst im Winter wenn wir vor vollendeten Tatsachen stehen. Die Politik muss jetzt Entlastungspakete gerade für die ärmeren Bevölkerungsteile entwickeln und Sorgen dort sind sehr berechtigt und die Feststellung, sei froh dass du nicht in der Ukraine bist, nicht unbedingt hilfreich.
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Mauswanderer
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Sich Sorgen um die Energiesicherheit zu machen ist berechtigt, aber der Stein des Anstoßes ist hier doch wohl eher die angepriesene "Lösung". Die reine Aussage "Ich mache mir echt Sorgen, dass mir Strom und Gas abgedreht werden, weil ich mir die erwartbare Rechnung nicht leisten kann, und dass es vielen Unternehmen ebenso ergehen könnte." wäre hier sicher nicht auf den gleichen Widerspruch gestoßen.
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Smutje187
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Smutje187 »

Aber wenn „wir“ wirklich über Energiepreise sprechen wollen, wieso sprechen wir nicht die Rekordgewinne der Energiekonzerne an? :D

So ist das doch nur wieder das immer gleiche passive-aggressive „um den heißen Brei“-herumtanzen - Steuern, Verstaatlichung, sonst was? Nee, wir haben schließlich die FDP in die Regierung gewählt :)
Rince81
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rince81 »

Klar, sich dafür vor Putin in den Staub zu werfen, wie es einige Briefeschreiber anscheinend gerne wollen kommt selbstverständlich nicht in Frage.
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Felidae
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Felidae »

Rince81 hat geschrieben: 2. Aug 2022, 16:48 Das sind legitime Fragen und ich sehe da keinen Zynismus.

Ja, ich möchte mit niemandem in der Ukraine tauschen und Solidarität mit Ukraine ist wichtig und richtig auch wenn sie uns wirtschaftlich viel kostet.

Die Fragen, wie sich hier über den Winter Leute ihre Wohnung leisten werden und was für eine Folge massenhafte Firmenpleiten haben können, die sich ihre Energierechnung nicht mehr leisten können sind aber berechtigt und wichtig. Der richtige Zeitpunkt darüber zu sprechen ist, jetzt nicht erst im Winter wenn wir vor vollendeten Tatsachen stehen. Die Politik muss jetzt Entlastungspakete gerade für die ärmeren Bevölkerungsteile entwickeln und Sorgen dort sind sehr berechtigt und die Feststellung, sei froh dass du nicht in der Ukraine bist, nicht unbedingt hilfreich.
Du, wir sind absolut einer Meinung, dass darüber geredet werden muss und nach Lösungen gesucht werden muss. Aber es ist nunmal ein entscheidender Unterschied, ob man angesichts dieser Fragen die Unterstützung für die Ukraine aufgeben will oder nicht. Menschenleben gegen warme Wohnung eintauschen wollen, ist in meinen Augen sehr wohl zynisch.

Bzw. mir kommt halt grade wieder die bittere Karikatur in den Sinn, bei der der Kapitalist acht Kekse hat, der Hartz-IV-Empfänger einen Keks und der Flüchtling auch einen - und der Kapitalist sagt, "Pass auf, der Flüchtling will Dir Deinen Keks wegnehmen!".
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rince81 »

Santiago Garcia hat geschrieben: 21. Jul 2022, 13:31
Das seit Anfang Juni bekannte Angebot Spaniens, Kampfpanzer Leopard 2 A4 aus Depotbeständen an die Ukraine abzugeben, konkretisiert sich zunehmend. Zum Angebot gehören auch 20 Transportpanzer M113. Nachdem Deutschland für die Leopard 2 und die USA für die M113 der Abgabe an die Ukraine zugestimmt haben, hat die Ukraine signalisiert, die Schenkung der Fahrzeuge anzunehmen und die Kosten für die notwendige Instandsetzung und notwendige Modernisierung zu übernehmen. Die Kosten werden auf 15 Millionen Euro geschützt, die die Ukraine aus Finanzmitteln bestreiten kann, die zum Beispiel von der EU bereitgestellt worden sind.
https://esut.de/2022/07/meldungen/35548 ... e-ukraine/

Ob ich meine Eltern warnen sollte, dass demnächst Atombomben auf Madrid niederregnen?

Diese Zustimmung ist offenbar nicht offiziell bestätigt, also mal abwarten. Aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, wir werden vor Ende des Jahres auch westliche Panzer in der Ukraine sehen. Diese selbst auferlegte Beschränkung wird genau so fallen wie so viele vor ihr.
Spiegel Ticker:
15.05 Uhr: Spanien hält seine aussortierten Panzer Leopard 2A4 nicht für einsatzfähig. Deshalb könnten sie nicht an die Ukraine abgegeben werden, sagt Verteidigungsministerin Margarita Robles. »Wir schauen uns alle Möglichkeiten an, aber ich kann bereits sagen, dass die Leopard in Saragossa, die schon seit Jahren nicht genutzt wurden, nicht weitergegeben werden können, da sie in einem desolaten Zustand sind.« Sie seien sogar eine Gefahr für diejenigen, die sie bedienen würden. Im Juni hatte Robles in einem Zeitungsinterview gesagt, es werde geprüft, die 40 in Deutschland hergestellten Leopard an die Ukraine abzugeben.
Soviel dazu...
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Axel
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 2. Aug 2022, 17:00 Aber es ist nunmal ein entscheidender Unterschied, ob man angesichts dieser Fragen die Unterstützung für die Ukraine aufgeben will oder nicht. Menschenleben gegen warme Wohnung eintauschen wollen, ist in meinen Augen sehr wohl zynisch.
Und wo habe ich das so geschrieben?
Peninsula
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Peninsula »

Andre Peschke hat geschrieben: 2. Aug 2022, 13:53
Peninsula hat geschrieben: 2. Aug 2022, 13:07 Du forderst Empathie für deine Perspektive ein und verkündest gleichzeitig "sehr ehrlich", dass du umgekehrt zu keinerlei Solidarität bereit bist, wenn sie für dich spürbare Nachteile mit sich bringt.
Auch hier: Bitte mal einen Gang zurückschalten. Ich kann verstehen, dass einige Formulierungen von Axel Widerspruch provozieren. Aber es wäre viel cooler, neben dem nötigen Widerspruch auch die Ängste zu Adressieren und in den Antworten zB darauf einzugehen, welche Hilfen für jemanden der wirklich von Armut betroffen ist evtl. zu erwarten sind oder welche Schreckensszenarien vielleicht einfach eher unwahrscheinlich etc.
Ich sehe das anders. Um hoffentlich im Sinne der Foren-Etikette das Persönliche "von User zu User" etwas herauszunehmen: Angefangen hat dieser Diskussionsstrang ja beim offenen Brief des Reichenbacher Bürgermeisters. Dieser fordert u.a. die Öffnung von Nordstream 2 und unterstützt (für meinen Geschmack viel zu putinfreundliche) Positionen von Michael Kretschmer. Ich lese daraus und aus dem Verweis auf Habecks Amtseid (zum "Wohle des deutschen Volkes") eben nicht bloß, dass die Sorgen der "hiesigen" Bevölkerung auch ernstgenommen werden sollen, sondern dass ihnen bitteschön oberste Priorität gewährt werden sollte. Da gehe ich weder politisch noch emotional mit und in diese Abwägung spielt für mich dann eben doch hinein, dass selbst die am schlimmsten von den Auswirkungen der Maßnahmen gegen Russland betroffenen Menschen in Deutschland es besser haben werden als unmittelbar vom Krieg betroffene.

Kurz gesagt: Bei einem "Wir haben auch Sorgen, vergesst das bitte nicht!" bin ich sofort dabei, empathisch über Lösungsmöglichkeiten zu sprechen und ggf. auch aufzuzeigen, dass der befürchtete worst case möglicherweise gar nicht eintritt. Ich nehme es mir aber heraus, auf "Denkt zuallererst an unsere Sorgen!" zu antworten "Nee, die anderen Probleme sind im Moment dringender."

Ebenso nehme ich es mir heraus, auf einen aus meiner Sicht bestehenden inneren Widerspruch in der Argumentation hinzuweisen, wenn eine Position einerseits darauf fußt, zu sagen "Habt Empathie mit mir!" und dann in die andere Richtung Empathie versagt. Dieser Hinweis ist mir wichtig, weil diese Art Widerspruch nicht nur in der aktuellen Diskussion eine Rolle spielt: Als ein Beispiel von vielen sei die Corona-Diskussion genannt. Dort wird seitens Impf-, Masken- und sonstigen Maßnahmenverweigerer*innen immer wieder Verständnis eingefordert. Und das ohne Rücksicht auf Menschen, die ganz objektiv medizinisch besonders gefährdet sind oder - um mal beim Thema Empathie zu bleiben - auch "nur" Angst vor dem Virus haben.

Apropos Empathie: Es ist auch nicht so, dass allen Deutschen alle anderen Deutschen automatisch viel "näher" wären als Ukrainer*innen. Damit meine ich nicht bloß eine idealistische Haltung, nach der alle Menschen gleich sind (obwohl ich auch das richtig finde), sondern ganz praktisch im persönlichen Erleben: Bereits vor dem Februar gab es sehr viele Menschen hier in Deutschland mit verwandtschaftlichen und anderen engen persönlichen Beziehungen in die Ukraine. Für diese ist der Krieg verständlicherweise ganz "nah".

Außerdem haben natürlich auch viele Menschen mit ukrainischen Geflüchteten zu tun, weil Deutschland (richtigerweise!) viele von ihnen aufnimmt. So geht es beispielsweise mir. Ich stehe und sitze in meinem Alltag vielen ukrainischen Geflüchteten gegenüber. Selbstverständlich maße ich mir deswegen nicht an, für vom Krieg betroffene Menschen sprechen zu können, aber durch regelmäßigen persönlichen Kontakt ist der Krieg vielleicht emotional weniger "weit weg", als wenn man Betroffene nur aus dem Fernsehen kennt. Und vor allem wird einem bewusst, dass sich deren Kriegsschicksale auch hier vor Ort abspielen.

Deshalb sollte man finde ich darauf achten, dass die (durchaus berechtigte) Sorge um zu hohe Heizkosten hier in der Forendiskussion nicht als "unsere persönliche Angelegenheit" dem "völlig abstrakten" Ukraine-Krieg "irgendwo weit weg" gegenübergestellt wird. Beides ist konkret.
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Felidae
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 2. Aug 2022, 17:43
Felidae hat geschrieben: 2. Aug 2022, 17:00 Aber es ist nunmal ein entscheidender Unterschied, ob man angesichts dieser Fragen die Unterstützung für die Ukraine aufgeben will oder nicht. Menschenleben gegen warme Wohnung eintauschen wollen, ist in meinen Augen sehr wohl zynisch.
Und wo habe ich das so geschrieben?
Es ist die in meinen Augen logische Konsequenz aus dem verlinkten offenen Brief.
Rigolax
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

In Bezug auf "Zynismus": Ich habe das, glaube ich, schon drei mal im Forum hier gepostet, aber es passt immer wieder, man kann nämlich nicht nur diejenige kritisieren, die nicht bereit wären, womöglich unter ihr Existenzminimum zu rutschen, um Menschen in Not zu helfen, ich kann genauso gut und sogar mit moralisch noch besserer Situation jene verurteilen, die Geld für Luxusgüter ausgeben, statt es zu benutzen, um Menschenleben zu retten. Denn wer sich teure Schuhe kauft, statt das Geld nach Afrika zu spenden, womit greifbar Menschen/Kinderleben gerettet werden, handelt doch doch schlicht zynisch, oder nicht? Aber diese Denkweise ist komischerweise außerhalb des Scopes, das finden "wir" wiederum absurd bzw. finden das neurotypische Personen bzw. Nicht-Peter-Singers absurd, aber die Grenze ist schlicht willkürlich.
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Axel
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Axel »

Peninsula hat geschrieben: 2. Aug 2022, 17:49 Selbstverständlich maße ich mir deswegen nicht an, für vom Krieg betroffene Menschen sprechen zu können, aber durch regelmäßigen persönlichen Kontakt ist der Krieg vielleicht emotional weniger "weit weg", als wenn man Betroffene nur aus dem Fernsehen kennt.
Wie kommst Du da drauf, dass ich Betroffene nur "aus dem Fernsehen" kenne? Schon seit vielen Jahren kenne ich Menschen aus der Ukraine, weil ich seit 10 Jahren mit dortigen Szenekünstlern zusammenarbeite. Einige sind nun etwa nach Polen, Tschechien oder Deutschland geflüchtet. Zu anderen, den zumeist männlichen, habe ich den Kontakt weitgehend verloren.

Auch hier in der Nachbarschaft habe ich direkt Kontakt mit ukrainischen Flüchtlingen. Die wohnen hier, weil hier die Mieten sehr günstig sind und dann kommt man natürlich (auf englisch) ins Gespräch.

Aber ich sag Dir was: den Geflüchteten ist auch nicht geholfen, sollten jetzt im Winter die Energiekosten extrem steigen. Die müssen es nämlich auch bezahlen. Stromkosten werden von Hartz IV / Sozialhilfe nicht gedeckt! Und auch bei den Heizkosten stellen sich Jobcenter gerne mal quer und machen einen das Leben nicht einfacher damit.

Und wie gesagt: Sachsen lebt wie kaum ein anderes Bundesland vom Mittelstand. Wir haben hier keine großen Konzerne. Um so wichtiger ist es, dass genau der Mittelstand hier überlebt. Denn diese sind die Arbeitgeber in den Regionen, die eben auch eine Integration der Flüchtlinge ermöglichen. Wie soll das funktionieren, sollten die Betriebe reihum schließen müssen, weil auch deren Energiekosten explodieren? Viele Betriebe haben sich zudem von den Corona-Jahren noch lange nicht erholt und jetzt die nächste Krise. Irgendwann geht es dann nicht mehr.

Bei Dir wirkt das so, als ob diese Themen Gegeneinander stehen. Stehen sie aber nicht, sie bedingen einander. Sachsen hat seit März viele tausend Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Diese wollen hier arbeiten, sich integrieren. Das geht aber nur, wenn es auch der sächsischen Wirtschaft einigermaßen gut geht.

Niemand spricht doch hier davon die Untersützung aufzugeben. Nur möchte man ukrainische Flüchtlinge helfen hier auch langfristig anzukommen, dann müssen auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zumindest einigermaßen stimmen.
Zuletzt geändert von Axel am 2. Aug 2022, 18:32, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Die Analogie wäre treffender, wenn die Kinder in Afrika mit dem Geld Shaming-Kampagnen für die europäische Mittelschicht produzieren würden.
Rigolax
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Mauswanderer hat geschrieben: 2. Aug 2022, 18:30 Die Analogie wäre treffender, wenn die Kinder in Afrika mit dem Geld Shaming-Kampagnen für die europäische Mittelschicht produzieren würden.
Es geht mir um den moralischen Absolutismus, der bestimmt, wer was zu ertragen hat und wenn man das zu Ende denkt, kommen komische Szenarien daraus. Und wer shamt denn hier wen? Ich find hier aber auch einiges beschämend.
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Axel hat geschrieben: 2. Aug 2022, 18:29
Aber ich sag Dir was: den Geflüchteten ist auch nicht geholfen, sollten jetzt im Winter die Energiekosten extrem steigen. Die müssen es nämlich auch bezahlen. Stromkosten werden von Hartz IV / Sozialhilfe nicht gedeckt! Und auch bei den Heizkosten stellen sich Jobcenter gerne mal quer und machen einen das Leben nicht einfacher damit.

Und wie gesagt: Sachsen lebt wie kaum ein anderes Bundesland vom Mittelstand. Wir haben hier keine großen Konzerne. Um so wichtiger ist es, dass genau der Mittelstand hier überlebt. Denn diese sind die Arbeitgeber in den Regionen, die eben auch eine Integration der Flüchtlinge ermöglichen. Wie soll das funktionieren, sollten die Betriebe reihum schließen müssen, weil auch deren Energiekosten explodieren? Viele Betriebe haben sich zudem von den Corona-Jahren noch lange nicht erholt und jetzt die nächste Krise. Irgendwann geht es dann nicht mehr.

Bei Dir wirkt das so, als ob diese Themen Gegeneinander stehen. Stehen sie aber nicht, sie bedingen einander. Sachsen hat seit März viele tausend Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Diese wollen hier arbeiten, sich integrieren. Das geht aber nur, wenn es auch der sächsischen Wirtschaft einigermaßen gut geht.

Niemand spricht doch hier davon die Untersützung aufzugeben. Nur möchte man ukrainische Flüchtlinge helfen hier auch langfristig anzukommen, dann müssen auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zumindest einigermaßen stimmen.
Also das ist nun wirklich zynisch. Den ukrainischen Kriegsgeflüchteten helfen, indem wir über den Kopf ihres Landes hinweg mit ihrem genozidalen Aggressor über die Aufhebung der Sanktionen gegen seine Rüstungsindustrie verhandeln und uns ganz bewusst in noch tiefere Abhängigkeit zu ihm begeben?
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Peninsula »

Axel hat geschrieben: 2. Aug 2022, 18:29 Bei Dir wirkt das so, als ob diese Themen Gegeneinander stehen.
Felidae hat es schon geschrieben und in meinem Beitrag habe ich es auch erläutert: Für meine Begriffe stellt der von dir verlinkte Brief die Themen gegeneinander.

Wenn du das nicht so siehst, ist mir unklar, worauf sich deine Aussage zum Thema Moral bezogen hat:
Axel hat geschrieben: 2. Aug 2022, 11:07 Wenn Dich das alles nicht anfischt weil es Dir gut geht, schön für Dich! Aber Deine hohe Moral, muss man sich auch erstmal leisten können!

Ich bin da sehr ehrlich: Sobald es darum geht, dass ich hier in ner Wohnung ohne Strom und alles sitze, ist mir jede Moral egal. Dann denke ich erstmal an mich.
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Rigolax hat geschrieben: 2. Aug 2022, 18:50
Mauswanderer hat geschrieben: 2. Aug 2022, 18:30 Die Analogie wäre treffender, wenn die Kinder in Afrika mit dem Geld Shaming-Kampagnen für die europäische Mittelschicht produzieren würden.
Es geht mir um den moralischen Absolutismus, der bestimmt, wer was zu ertragen hat und wenn man das zu Ende denkt, kommen komische Szenarien daraus. Und wer shamt denn hier wen? Ich find hier aber auch einiges beschämend.
Du bestimmst doch mit deiner Aussage auch, was in deinen Augen ein akzeptables Wohlstandsniveau wäre. Dein Vergleich ist extrem konstruiert, wenn man da nicht direkt die globale Systemfrage stellen will. Das passt überhaupt nicht zu der Diskussion um Axels (ja durchaus nachvollziehbare) Sorgen und den Ukrainekrieg.
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Mauswanderer hat geschrieben: 2. Aug 2022, 19:00 Du bestimmst doch mit deiner Aussage auch, was in deinen Augen ein akzeptables Wohlstandsniveau wäre. Dein Vergleich ist extrem konstruiert, wenn man da nicht direkt die globale Systemfrage stellen will. Das passt überhaupt nicht zu der Diskussion um Axels (ja durchaus nachvollziehbare) Sorgen und den Ukrainekrieg.
Doch, natürlich passt das und es ist auch offensichtlich:
Felidae hat geschrieben: 2. Aug 2022, 17:00Menschenleben gegen warme Wohnung eintauschen wollen, ist in meinen Augen sehr wohl zynisch.
Genauso sage ich: Menschenleben gegen teure Schuhe eintauschen zu wollen, ist in meinen Augen sehr wohl zynisch.

Wo ist der Unterschied? Die Notsituationen sind beide akut, Krieg in der Ukraine, hungernde Kinder in Afrika und die Trade-Offs sind eben so klar: Auf etwas verzichten. Wobei ich noch die moralisch bessere Position habe, denn ich verlange nicht den Verzicht auf etwas Essentielles wie nicht frieren zu wollen (bzw. was genau "warme Wohnungen" im Ernstfall bedeutet), sondern nur (Quasi-)Luxusgüter wie teure Schuhe.
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Du meinst also, die Kinder in Afrika haben gefälligst nichttödliche Unterernährung zu ertragen, wenn mit dem Geld stattdessen Medikamente für schwerkranke Menschen in Südamerika finanziert werden?
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