Axel hat geschrieben: ↑2. Aug 2022, 21:51
Nehmen wir nur mal
rein hypothetisch an, dass Deutschland wirklich Richtung Deindustrialisierung gehen würde. Wäre das ein Preis, den eine Gesellschaft zahlen kann und will?
Das ist ein Preis, den die Gesellschaft dann zahlen muss. Ich komme mal mit einem Gegenbeispiel. Seit der Wende hat MV verzweifelt versucht die Werften des Landes zu erhalten. MV hat dabei nicht nur eine Werft, sondern mit Wismar, Rostock und Stralsund gleich drei Stück, die alle auf dem Weltmarkt mitspielen sollten und Kreuzfahrtschiffe bauen. Mecklenburg war nie eine industrialisierte Region und vor dem Krieg gab es zwar Werften aber nie in der Größe. In der DDR waren die Werften eine Notwendigkeit, nach der Wende ganz pragmatisch eigentlich überflüssig. Dennoch hat man Millionen investiert um diese und die daran hängenden Arbeitsplätze zu erhalten. Erst dieses Jahr hat man das ganze aufgegegen, nachdem mit Genting der letzte Betreiber Insolvenz war. Das ist Deindustrialisierung und zwar weil die Landesregierung endlich aufgehört hat irgendwelchen Illusionen hinterherzurennen.
https://katapult-mv.de/artikel/alles-nur-nicht-offshore
Auch in anderen Regionen findet seit Jahrzehnten eine Deindustrialisierung statt, frage mal in den Steinkohleregionen. Es hat auch da Jahrzehnte gedauert, bis die Politik aufgehört hat den Leuten was vorzumachen.
Das droht eben nun auch Branchen, die von russischer Energie abhängig sind. Die gibt es eben nicht mehr. Kann diese Energie nicht ersetzt werden, hat diese Industrie an diesem Standort keine Zukunft mehr. Je eher man das akzeptiert, desto eher kann man den Regionen strukturell helfen.
Ich persönlich sympathisiere mit Kretschmer seit Jahren für seine Geradlinigkeit und das er immer wieder sehr klar kommuniziert und auch nicht davor zurückschreckt seine Ansichten zu sagen, auch wenn sie unbequem mit der eigenen Parteilinie sind (das erwarte ich nämlich von Politiker egal welcher politischen Richtung!).
Das sehe ich anders. Ostdeutsche Ministerpräsidenten und -innen hatten immer eine besondere Arroganz was Russland angeht. Bei dem Thema wusste man es im Osten immer besser, schließlich hatte eine "gemeinsame" Geschichte und man hat die Russen ohnehin in Schwerin, Potsdam, Erfurt, Magdeburg und Dresden besser verstanden als in Berlin oder im Westen. Das Ergebnis waren dann die "Russlandtage" in MV, Telefonaudienzen bei Putin, nachdem Kretschmer nach Moskau geflogen ist und ähnliches. Dieses peinliche Bild des Musterschülers am Telefon sollte man nicht vergessen:
In Bezug auf Russland fand in den ostdeutschen Bundesländern immer eine Nebenaußenpolitik statt und man hat Moskau und St. Petersburg hofiert und dafür gerne die direkten Nachbarn in Polen oder Tschechien ignoriert. Das hat bis zum Februar wunderbar funktioniert. Während Schwesig seitdem konsequent Kreide futtert, ist Kretschmer selbst dafür zu arrogant...