Krieg in der Ukraine

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Rigolax
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Wäre denn die Formulierung "Zurzeit ist keine der beiden Parteien bereit, kriegerische Handlungen einzustellen und sich auf Verhandlungen einzulassen" konsensfähig oder fehlt dann noch der Disclaimer, dass die kriegerischen Handlungen von Russland provoziert wurden?
Rince81
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rince81 »

Natürlich fehlt der. Der verteidigenden Seite vorzuwerfen, ihre Verteidigungshandlung nicht einzustellen und das pauschal auch als kriegerische Handlungen zu bezeichnen ist schräg.
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Andre Peschke
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Andre Peschke »

Damen und Herren, eine kleine Durchsage Ihrer Moderation:

- Ich verweise auf die Forenregeln: Bitte eine wohlwollende Auslegung anwenden oder nachfragen.

Wenn Crenshaw sagt, dass Selensky derzeit die völlige Befreiung seines Landes anstrebt und er deswegen Frieden für unrealistisch hält, ist das eine Meinung, die wir hier aushalten können, ohne dass das „Bothsidism“ darstellt, IMO.

Es ist klar, dass die Ukraine im Recht ist ihr Territorium zu verteidigen und zurückzuerobern. Es ist klar, das Russland als Aggressor hier die Schuld trägt und die moralische Verantwortung für Frieden bei den Russen liegt. Es ist auch die Entscheidung der Ukraine, welchen Blutzoll sie dafür zu zahlen bereit ist.

Es dürfen aber Kommentatoren ihre Meinung äußern, ob sie die Zielerreichung für realistisch halten oder ob es aus ihrer Sicht nicht besser wäre, auf bestimmte Ziele (Krimm…) zu verzichten. Eine solche Position schließt ja nicht aus, dass man des Selbstbestimmungsrecht und Selbstverteidigungsrecht der Ukraine anerkennt. Man darf auch über die Notwendigkeit und Schädlichkeit von Uranmunition diskutieren.

Umgekehrt: Ich bitte darum potenziell missverständliche und heikle Themen mit Bedacht auszuformulieren. In diesen Bereichen ist es nicht im Sinne des Forums mal eben ein paar Gedanken rauszuhauen, als wäre es eine Diskussion über Zelda. Wenn ich das Gefühl habe, jemand ist nicht bereit die nötige Umsicht aufzubringen bei Hot Topics genau nachzudenken und in Ruhe zu erklären, dann ist das ebenfalls respektlos - mindestens mir gegenüber, denn ich muss mir dann all den Kram durchlesen und hier einen Urteilsspruch ausformulieren weil hier überall Meldungen eingehen (in beide Richtungen). Wenn ihr keine Zeit habt, postet später. Wenn ihr keine Lust habt, sucht euch Threads mit weniger emotionalem Gewicht.

Und auch wenn irgendwelche regelmäßigen Disclaimer natürlich Quatsch sind, man kann sich auch zwischendrin einfach mal gegenseitig der gemeinsamen Werte versichern. Ein „ich bin 100% deiner Meinung, dass Russland hier die moralische Schuld trägt und ich hoffe Selensky erobert alles zurück, was ihm zusteht“ oder „ich verstehe durchaus, wenn man einfach nur will, dass das Morden aufhört“ oder ähnliches zwischendrin, hat noch keinem geschadet und signalisiert dem Gegenüber, dass man hier über Sachthemen diskutiert, aber die empathische Verbindung noch besteht.

Nehmt Rücksicht aufeinander - und auf mich. ;)

Andre
Santiago Garcia
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Santiago Garcia »

Naja, wenn jemand diesen Krieg seit März 2022 kommentiert und nicht einmal ein kritisches Wort* zu, sagen wir, den Angriffskrieg an sich, systematische Folter, Vergewaltigungen, Verschleppungen und Ermordungen seitens russischer Soldaten, monatelanger Bombardierung ziviler Infrastruktur, usw. usf. verliert, im Gegenzug dann aber vermeintliche oder tatsächliche Verfehlungen der angegriffenen Seite lauthals anprangert...

Nun, dann kann es sein, dass andere Poster das bemerken und die Reserven an Wohlwollen zur Neige gehen.

Btw, ich weiß, du hast es so nicht gemeint, aber "ich hoffe Selensky erobert alles zurück, was ihm zusteht" würde ich so niemals formulieren. Es geht ja nicht um Selenskys persönliche Ländereien wie bei Crusader Kings. Sondern um die völkerrechtlich anerkannten Grenzen der Ukraine und die Menschen, die dort ermordet oder von dort vertrieben oder verschleppt wurden.

*) Relativierungen und Whataboutism zählen nicht
Voigt
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Voigt »

Was allgemein auch so ne Sache ist: Es geht nicht "nur" um New Managment von den Länderein und Bevölkerung in den besetzten Gebieten. Das wäre ja "nur" (beachtet die wichtigen Anführungszeichen!) Inperialismus, was in moderner Zeit zurecht verschmäht ist. Wir haben einen Terrorkrieg mit Arillerie/Raketenschläge in Zivile Stadtzentren, wir haben die Kriegsverbrechen im Butscha nach dem Rückzug, wir haben verschleppte Kinder wofür Putin international jetzt angeklagt ist und wir haben Berichte über neuerlich besetzte Gebiete in der Süd-Ostukraine wo es anscheinend auch Folterkeller und Hungernöte aufgrund der neuen Besatzer gibt.

Durch all die Sachen würde ich einen Siegfrieden der Ukraine mit Befreiung aller besetzen Gebiete und damit auch "Abstrafung" von Russland sehr begrüßen. Aber ich bin in keiner Position da was zu verlangen, das müssen Ukraine und Russland entscheiden. Ich habe derzeit nicht das Gefühl das Putin in Friedensverhandlungen irgendwas eingestehen würde, und von Ukraine was zu verlangen, fänd ich auch hart.

Krim gaaanz eventuell, aber sehe nich das Putin sich für Anerkennung der Krim Annexion aus Rest Ukraine zurückzieht.
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Andre Peschke
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Andre Peschke »

Santiago Garcia hat geschrieben: 24. Mai 2023, 09:27 Naja, wenn jemand diesen Krieg seit März 2022 kommentiert und nicht einmal ein kritisches Wort* zu, sagen wir, den Angriffskrieg an sich, systematische Folter, Vergewaltigungen, Verschleppungen und Ermordungen seitens russischer Soldaten, monatelanger Bombardierung ziviler Infrastruktur, usw. usf. verliert, im Gegenzug dann aber vermeintliche oder tatsächliche Verfehlungen der angegriffenen Seite lauthals anprangert...

Nun, dann kann es sein, dass andere Poster das bemerken und die Reserven an Wohlwollen zur Neige gehen.
Deswegen schrieb ich ja auch, dass man da mal ruhig zwischendurch ein Bekenntnis zu den Essentials einschieben kann, auch wenn das eigentlich klar impliziert sein sollte.

Andre
Santiago Garcia
Master of Fantasy
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Santiago Garcia »

Ich muss gerade an einen Redebeitrag der linken Europaabgeordneten Özlem Demirel vom letzten Bundesparteitag der Linken denken.
Wir sagen, ohne Wenn und Aber, dass die Russische Föderation mit diesem Angriffskrieg das Völkerrecht bricht.

Wir sagen, ohne Wenn und Aber, dass wir diesen Krieg ablehnen und an der Seite der ukrainischen Menschen sind, die im Moment kämpfen um das Überleben.

Aber ...
https://ms-my.facebook.com/oezlemalevde ... 210167698/

Was danach kommt, habt ihr alle so oder ähnlich schon mal gehört.

Was ich sagen will: seid nicht wie Özlem. ;) Selbst eine Sahra Wagenknecht schickt sowas ja als Disclaimer voraus. Ja, natürlich, russischer Angriffskrieg und Russland sollte sich zurückziehen pipapo, bevor sie die Sachen sagt, die sie eigentlich sagen will. Das sind dann so pro forma Lippenbekenntnisse, die man halt ablegen muss, wenn man sich zu dem Thema in der Öffentlichkeit äußert und nicht nur eine winzig kleine Nische bespielen will, aber einen echten Mehrwert hat das nicht, solange daraus keine Konsequenz folgt.
Zuletzt geändert von Santiago Garcia am 24. Mai 2023, 17:56, insgesamt 2-mal geändert.
Rince81
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rince81 »

Auweia, den Ausschnitt kannte ich noch nicht.
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Rigolax
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Was sind aber die Konsequenzen, damit solche "Lippenbekenntnisse" einen echten Mehrwehrt haben?

Unbedingte Unterstützung der Ukraine, bis auch der letzte eigentlich ukrainische Fleck befreit ist, muss es imho nicht sein. Man kann Russland als Aggressor verurteilen und die Ukraine unterstützen wollen, aber trotzdem dafür plädieren, dass möglichst bald eine beidseitige Lösung gefunden wird, den Krieg zu beenden. Gerade bzgl. der Krim, aktuell beim ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ ... d-100.html Dort wird u.a. Gerhard Mangott wiedergegeben, der, grob gesagt, sehr skeptisch scheint, ob man eine Rückeroberung der Krim verfolgen sollte; ich kenne Mangotts Thesen nicht sonst, gerne einordnen; das Argument mit dem "Eskalationsrisiko" ist imho zwar auch recht abgeschmackt, da seit Beginn des Krieges immer wieder behauptet, aber ich denke auch, die Krim ist ein anderes Kaliber für Russland, die haben sich dort ja einigermaßen verschanzt, die Krim ist wirtschaftlich und militärisch enorm wichtig. Das Referendum war Bullshit, aber es gab durchaus einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung dafür (vlt. etwas unter 50%? Las ich glaube ich mal; müsste man aber noch rausrechnen, wie viele dort quasi der russischen Propaganda aufgesessen sind). Jedenfalls kann Putin/Russland das Referendum immer vor sich her tragen. Historisch-"moralisch": die Krim war ukrainisch lange und sollte es m.E. wieder sein, aber sie war länger auch ein russisches Gebiet, Chruschtschow hat die Krim ja mal der Ukraine in einer "Schnappslaune" angeblich überlassen -- man weiß wohl nicht so ganz, warum; worauf ich hinaus will: Imho gibt es kein quasi "göttliches Recht", dass die Krim ewig ukrainisch sein muss (wobei ich solche historischen Gebietsansprüche eh grundsätzlich albern finde, das sind so quasi-religiöse Überhöhungen teils imho.) Steht imho eher die Frage im Raum, ob sich die Ukraine leisten sollte, die Krim als Gefährdungsregion im Vorgarten zu haben, müsste man eine DMZ schaffen vlt, weiß nicht. -- Und ich denke auch, dass man Überlegungen anstellen darf, ob man nicht über die Donbass-Region verhandeln sollte. Das sollte dann Umsiedlungen beinhalten, also ukrainisch/westlich geneigte Menschen von dort beim Wiederaufbau einer Existenz in der Restukraine (da kann ja auch der Westen materiell unterstützen). Natürlich ist das unschön und nicht wirklich gerecht und in gewisser Weise gewinnt damit der Bully (also Putin und seine Clique), aber Pragmatik und Realpolitik sind vielleicht manchmal gar nicht so schlecht? Again, was verursacht denn am Ende des Tages mehr Leid? Und natürlich sollte die Ukraine das am Ende entscheiden dürfen, aber man darf auch als mehr oder weniger unbeteiligte Person eine Meinung haben, was man für die beste Lösung hält und auch DE etc. sind ja durchaus beteiligt am Krieg, materiell, der findet nicht im Vakuum statt.

Bzgl. dem Ausschnitt von Demirel: Wirkt auf mich auch mal recht grob antiamerikanisch, sog. anti-imperialistische Linke, I guess? Ich kenne ihre politischen Haltungen sonst aber nicht. Wagenknecht macht ja deutlich einen auf Querfront imho.
Voigt
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Voigt »

Heute ausm Liveticker der NZZ https://www.nzz.ch/international/krieg- ... ld.1613540
07.51 Uhr: Russland will seine Kriegsziele erreichen
Die russische Führung hält nach eigenen Angaben an ihren Zielen im Krieg in der Ukraine fest. «Russland zieht nur die Vollendung seiner speziellen Militäroperation in Betracht», sagte der Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass auf die Frage, ob Russland die Möglichkeit eines Einfrierens des Konflikts in Betracht ziehe.
Russland werde entweder durch die spezielle Militäroperation oder durch andere verfügbare Mittel seine Interessen sichern.
Mauswanderer
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Mauswanderer »

Ich wette, das wird sich ändern, falls die Ukraine plötzlich erhebliche Fortschritte bei der Rückeroberung macht. Dann wird Russland versuchen, "im Namen des Friedens" eine Waffenruhe zu erwirken - mit der Absicht, die Initiative der Gegenseite zu brechen und die eigenen Streitkräfte für einen neuerlichen Vorstoß zu konsolidieren.
oilrumsick
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von oilrumsick »

Ja aber selbst dann: Was soll man auf solche Aussagen seitens Russland geben? Ich sehe ja durchaus ein, dass Frieden - selbst mit Ukrainischen Abstrichen - nicht zu vernachlässigende Vorteile hätte. Zuerst natürlich auf humanitärer Seite, aber natürlich auch wirtschaftlich (in erster Linie für die Kriegsparteien aber danach auch für alle indirekt beteiligten Fraktionen, also auch uns). Aber ist das wirklich ein realistisches Szenario? Aus meiner Sicht ganz klar nein. Russland hat bereits ein Friedensabkommen mit der Ukraine erst unterminiert und dann unter fadenscheinigen Gründen offen gebrochen mit dem selbst erklärten Ziel die Ukraine zu erobern - warum sollte ich einem wie auch immer geartetem Friedensabkommen trauen? Und selbst wenn sich die Ukraine komplett ergibt und quasi auflöst - was ist wenn Russland mit dem Baltikum oder Polen weitermacht? Sollen die auch einfach aufgeben?

Und wir reden hier ja nicht einfach nur von einem Wechsel der Nationalität bei dem vielleicht die Flagge, Sprache und Nationalhymne ausgetauscht werden. Der aktuelle russische Gesellschaftsentwurf steht in krassem Kontrast zu dem der meisten europäischen Staaten. Es gibt quasi keinen Schutz von Minderheiten, Frauen sind deutlich schlechter gestellt, es gibt keine Meinungsfreiheit und eine Minderheit von Oligarchen beutet in großem Stile das Volk aus - jedes Land, dass sich Russland unterwerfen/anschliessen würde, muss mit enormen humanitären Kosten in Form von Verlust an Lebensqualität bis hin zu Gefahr für Leib und Leben rechnen - wie werden diese bei den Friedensabwägungen eingepreist?


Auf solche Fragen erwarte ich wohldurchdachte Antworten, wenn irgendwo Frieden gefordert wird. Ungerade in diesem Forum wäre der ideale Platz dafür. Hier muss niemand um irgendeine Anhängerschaft oder Karriere fürchten, wenn er nicht genug pro/anti-Russland/USA/Westen argumentiert. Deswegen finde ich es schade, dass diese Punkte nicht ehrlich adressiert werden.
Rigolax
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Eine komplette "Aufgabe" der Ukraine halte ich auch wirklich nicht für diskutabel, insbesondere seitdem sich gezeigt hat, dass die Ukraine militärisch durchaus wehrhaft ist, auch bevor der Westen sie massiv unterstützt hat. Zwar wäre es äußerst verfehlt, das Existenzrecht einer Nation (vor allem) auf ihre militärische Wehrhaftigkeit zu basieren, aber es ist zumindest beachtlich imho. Die Ukraine hat ein Selbstverteidigungsrecht.

Das wirklich erschreckende am Krieg war imho der Einfall in die Gesamtukraine über mehrere Fronten; hätte sich Putin mit dem Donbass begnügt, wäre das auch schrecklich, aber insg. weitaus weniger katastrophal. Georgien existiert als unabhängiger Staat immerhin auch noch (eingeschränkt) weiter. Ich bin mir auch nicht sicher, wie stark das Risiko bzgl. Baltikum, Polen etc. wirklich ist, wenn man sich bei der Ukraine um Kompromisse bemüht; das ist imho das analoge Argument zu dem der (nuklearen) Eskalation bei Ukraineunterstützung: es ist zwar plausibel, aber imho nicht wirklich belegbar. Am Ende des Tages wird auch Putin zumindest nicht ewig leben, wer weiß, was in 10 oder 20 Jahren der status quo ist.

Bzgl. der Menschenrechtssituation in Russland: Da würde ich ja meinen, dass Umsiedlungen möglich sein müssten aus entsprechend "aufgegeben" Regionen, Leute in ihrem Bestreben dann stark unterstützt werden müssen. Natürlich werden Leute verbleiben, die in Abhängigkeitsverhältnissen stehen (insb. Frauen und Kinder), aber das wäre dann das u.a. leider in Kauf zu nehmende Leid. Es gibt keine perfekte Lösung, irgendwer wird bei jeder Lösung leiden. Die Frage ist imho nach dem Gesamtleid und ob es bei verschiedenen Lösungen stark divergiert, so dass bestimmte Ansätze besser erscheinen.
Santiago Garcia
Master of Fantasy
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Santiago Garcia »

Rigolax hat geschrieben: 24. Mai 2023, 19:05 Was sind aber die Konsequenzen, damit solche "Lippenbekenntnisse" einen echten Mehrwehrt haben?
Bei Crenshaw sind wir ja noch nicht mal bei den Lippenbekenntnissen angekommen, da hab ich dann meine rote Linie. ;)

Frau Demirel lehnt Waffenlieferungen grundsätzlich ab (wenig überraschend), Sanktionen auch. Was bleibt dann noch?
8) Was tun?

Wir rufen auf, gemeinsam auf die Straße zu gehen und eine Protestbewegung gegen den Krieg Russlands gegen die Ukraine und gegen die Pläne für ein neues Wettrüsten der Bundesregierung aufzubauen. Wir unterstützen den „Appell: Nein zum Krieg.“

Lasst uns die Ostermärsche nutzen und vitalisieren! Unsere Aufgabe als Linke in Deutschland ist es, den Kampf gegen die massive Aufrüstung der Bundeswehr und der EU, die nicht den Frieden sichert, sondern die Kriegsgefahr erhöht, ins Zentrum zu stellen.

Wir brauchen breite Bündnisse von Initiativen, Gewerkschaften, Bewegungen und Vereinen. Gemeinsam können wir Krieg und Hochrüstung stoppen.
Das kann und darf sie natürlich in einem freien Land alles schreiben. Das regt mich noch nicht mal wirklich auf, das ist einfach nur unfreiwillig komisch.

Zum Rest deines Beitrages: Ja mei, kann natürlich sein, dass die Ukrainer militärisch nicht alles erreichen können, was sie sich vorstellen. Da lauf ich jetzt nicht gleich mit hochrotem Kopf an, wenn jemand die Möglichkeit ins Spiel bringt. Aber das ist mir zu diesem Zeitpunkt viel zu spekulativ alles, dass ich da zu jeder erdenklichen Konstellation was schreiben möchte.

Wichtig ist mir, dass die Ukraine, wenn Russland zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist, in diese mit der bestmöglichen Ausgangsposition gehen kann. Und da bin ich froh, dass die Unterstützung, insbesondere auch aus Deutschland, immer mehr ins Rollen kommt. Für die Zeit nach dem Krieg wird man dann über harte Sicherheitsgarantien gegen Russland sprechen müssen, sonst stehen wir in wenigen Jahren vor der gleichen Situation. Aber das ist alles noch eine Weile hin, fürchte ich.
GoodLord
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von GoodLord »

@Rigolax: Was wird denn schon wieder darüber diskutiert, ob man die Krim zurückerobern sollte/könnte oder nicht? Das klingt so als wäre die Rückeroberung des restlichen Ukrainischen Territorien schon so gut wie erledigt und die Weigerung die Krim aufzugeben das einzige, was den Krieg noch am laufen halten würde.

Auch wenn Crenshaw das anders sieht führt die Ukraine meiner Meinung nach nachwievor einen Kampf ums Überleben. Selbst wenn der Westen weiterhin Kriegsgerät und Munition in ausreichender Menge (was auch immer das bedeutet) liefern sollte (und ich sehe weder das Wollen noch das Können auf Dauer als gesichert) müssen in der Ukraine weiterhin genug Menschen bereit sein zu kämpfen, aber eben auch weiter in der Ukraine zu leben um den Staatsapparat, die Wirtschaft und die Gesellschaft am laufen zu halten. Von den enormen finanziellen Herausforderungen ganz zu schweigen.

Man kann gerne darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist auf eine Rückeroberung der Krim zu bestehen, statt Frieden zu schließen wenn die Option auf dem Tisch liegt. Aber das ist doch derzeit ne rein akademische Diskussion und keiner kann vorhersehen wie sich das ganze entwickelt. Vielleicht macht es irgendwann militärische und/oder politisch Sinn die Krim zurück zu erobern, vielleicht nicht. Vielleicht wäre das nur unter erheblichem Blutzoll möglich, vielleicht auch nicht. Vielleicht ist Putin irgendwann bereit im Austausch für die Krim irgendwelche Zugeständnisse zu machen, vielleicht auch nicht. Vielleicht eringt die Ukraine in anderen Bereichen die Oberhand vielleicht auch nicht. All das sind doch relevante, aber derzeit kaum abzuschätzende Faktoren, die man wissen müsste um auch nur ne ansatzweise sinnvolle Antwort auf die Frage geben zu können, ob die Rückeroberung versucht werden sollte oder nicht.

Aber was würde denn die Ukraine - oder überhaupt irgendwer - stand heute gewinnen, wenn Selenski heute unilateral erklären würde, dass sie die Krim aufgeben werden, egal wie sich der Krieg weiterentwickelt?
Rigolax
Beiträge: 2172
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Rigolax »

Es kann durchaus sein, dass ich in gewissen Denkmustern gefangen bin: meine Sorge ist allgemein, dass es gewissermaßen an Kompromissbereitschaft fehlen könnte im Handling der Situation. Ich halte fehlende Kompromissbereitschaft für gewissermaßen ein grundlegendes Problem der Gegenwart und das potentiell in Bezug auf einen Krieg fatal, auch wenn eine Seite Kompromisse eingehen müsste, die es eigentlich gar nicht machen sollte. Vielleicht ist das "Problem" beim Ukrainekrieg, dass moralisch richtig/falsch grundsätzlich hier eindeutig sind wie selten zuvor und dass diese moralische Klarheit gewissermaßen zu einer Intransigenz motiviert.

Bzgl. der Krim wird in diesem ZDF-Artikel Selenskyj zitiert mit: "Das ist unser Land. Das sind unsere Menschen. Das ist unsere Geschichte." https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ ... d-100.html Ich verstehe warum, aber ehrlich gesagt gefällt mir die Rhetorik schon nicht wirklich.
Incursio
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Incursio »

Alles andere bzgl. Krim zu kommunizieren wäre auf mehreren Ebenen taktisch unklug. Auch wenn natürlich die Gefahr besteht, dass ein zurückrudern, wenn es irgendwann zu ernsthaften Verhandlungen kommen sollte, schwieriger werden kann.
Was immer wieder gefragt wird und worauf es aus meiner Sicht nur ein Lösung geben kann: wie soll man überhaupt mit einem Regime wie dem russischen, ernsthaft verhandeln und auf das dann vertraglich zugesicherten vertrauen?
Meine Antwort: die Ukraine müsste in die Nato aufgenommen werden. Was das sowohl für den Westen, aber vor allem die Reaktion der Russen bedeutet, ist sicher kritisch zu beurteilen.

Was mich persönlich umtreibt ist wie schnell man (konkret ich) abstumpfen bzw. Verdrängen. Ich weiß, das ist ein menschlicher Selbstschutz, aber erschreckend ist es trotzdem.
Mir bleibt da manchmal nichts anderes als zu verzweifeln, die Menschheit ist einfach ein furchtbares Kollektiv, auch wenn es so viele tolle und „gute“ Individuen gibt - nachweislich in meinem Umfeld und natürlich rein subjektiv.
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lolaldanee
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von lolaldanee »

https://www.youtube.com/watch?v=MFYDYSYapz4
RealLifeLore hat neulich mal ein Video gemacht, das die Situation mit der Krim recht gut analysiert hat. Thematisiert auch, warum diese Halbinsel so unfassbar schwer zu erobern ist, mit historischen Beispielen, und warum sie für Russland militärisch (Marinestützpunkt Sevastopol) so unglaublich wichtig ist.

Für die Leute, die dort Leben, wäre sein 3. mögliches Szenario zimelich sicher das beste: Ein demilitarisierter eigener Staat unter direkter militärischer UN-Kontrolle
Das ist die einzige Möglichkeit, die ich sehe, wie weder hundertausende Russen von dort vertrieben werden, noch eine jahrelanger Partisanenkrieg herrscht und gleichzeitig Putin für seinen genozidalen Krieg nicht auf irgendeine Weise belohnt wird.

edit: Die UN könnte ja auch z.B garantieren, dass nach 15 Jahren oder so eine Abstimmung stattfindet, ob sich die Bevölkerung der Krim wieder der Ukraine anschließen möchte, oder ein eigener Staat bleibt.
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Xwing
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Xwing »

Das war ein gutes Video, danke dafür. Die Abhängigkeit der Krim von Frischewasserlieferung war mir bisher nicht klar...
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lolaldanee
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von lolaldanee »

Mir war so als wurde das in den Medien ein bisschen thematisiert, als sie die Brücke in die Luft gejagt haben, dass damit die Wasserversorgung der Krim wieder gefährdet ist. Das war ja einer der Hauptgründe die Brücke zu baun. Unsere öffentlichen Medien haben sich in diesem Krieg immer wieder als erstaunlich oberflächlich und von der russichen Propaganda gelenkt gezeigt. Über alles mögliche wurde ausschweifend berichtet, vor allem immer wieder über die vollkommen überschätzte Stärke der russsichen Armee, aber über solche fundamentalen Zusammenhänge eher selten.

Die Krim war faktisch seit 2014 im Belagerungszustand.
Darauf wird es auch fast mit Sicherheit wieder hinauslaufen. Was auch immer die Ukrainische Armee im Rest vom Land noch zurückerobern wird, die Krim ist ein ganz anderes Biest. Das wird alles sicherlich noch Jahre dauern, auf die eine oder andere Weise.
Am wahrscheinlichsten ist vermutlich wirklich: Ukrainische Armee rückt genau soweit vor wie sie müssen, um mit Langstreckenwaffen jegliche Versorgung der Krim zu verhindern.
Und dann wird gewartet. Wirklich eine klassische Belagerung, nur hier gleich einer ganzen Halbinsel, nicht nur einer Stadt.
Es könnte natürlich sein, dass die russiche Armee in ein paar Monaten so fundamental kollabiert, dass sie überhaupt nichts mehr verteidigen können, aber davon ist auch wieder nicht auszugehen
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