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Re: Präsident Trump

Verfasst: 27. Sep 2016, 15:49
von Vinter
Canardo hat geschrieben:...und denke speziell bei Pippi Langstrumpf das ein "Südseekönig" der den "Negerkönig" ersetzt echt kein Beinbruch wäre.
Es ist auch nicht so, als ob ich da nun hochempört wäre. Ich fand die Debatte damals nur irritierend, weil für mich intuitiv klar war, dass man Werke im Kontext ihrer Zeit sehen muss und nicht nachträglich "modernisieren" sollte und ich mich fragte, wer denn bitteschön auf so eine Idee kommt. Und bzgl dem Herrn der Ringe: Das du dich da mal nicht täuscht. Krege wurde unfassbar angefeindet für seine "moderne" Neuinterpretation. Carroux damals direkt mit Tolkien selber an der ersten deutschen Fassung gearbeitet, er selbst soll wohl als Sprachwissenschaftler großer Fan der deutschen Sprache gewesen sein.
Fuchsi hat geschrieben: Was jahrzehntelang anscheinend niemanden gestört hat (zumindest bekam man davon ja nichts mit) wird plötzlich an allen Ecken und Enden in Frage gestellt oder gar geächtet.
Dinge zu legitimieren, weil es früher auch niemanden gestört hat ist aber schwierig. Natürlich hat es jahrzehntelang niemand gestört, wenn ich Negerkuss sage. Und ich behaupte mal aus einem Gefühl heraus, auch die meisten Schwarzen sehen das weitaus weniger kritisch als die Leute, die sich stellvertretend empören.

Aber DASS diese Debatten aufkommen ist grundsätzlich etwas positives. Denn es zeigt eine gesellschaftliche Sensibilisierung für Themen wie Unterdrückung und Rassismus. Dass sie an solchen Fronten gekämpft werden ist natürlich Humbug - da gibt es drängendere Probleme. Aber so ein Thema wie "Negerkuss - Schokokuss" ist natürlich auch schön plakativ, da kann jeder was zu sagen.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 27. Sep 2016, 16:40
von derFuchsi
Vinter hat geschrieben: Es ist auch nicht so, als ob ich da nun hochempört wäre. Ich fand die Debatte damals nur irritierend, weil für mich intuitiv klar war, dass man Werke im Kontext ihrer Zeit sehen muss und nicht nachträglich "modernisieren" sollte und ich mich fragte, wer denn bitteschön auf so eine Idee kommt.
Im Kontext seiner Zeit sehen ist ein schöner Stichpunkt.
Die heutzutage geächteten Begriffe wie Neger/Mohr oder Zigeuner waren vor nicht allzu langer Zeit noch garnicht so negativ besetzt wie heutzutage.
Das ergibt sich schon aus dem Kontext. Wer würde z.B. ernsthaft behaupten dass Astrid Lindgren Rassistin war?
1968 sang eine gewisse Alexandra ein romantisches Lied über einen Zigeunerjungen.
Ob der Sarotti-Mohr einen diskriminierenden Hintergrund hatte würde ich auch bezweifeln.
Joachim Herrmann hat Roberto Blanco einen „wunderbaren Neger“ genannt und einen riesen Shitstorm geerntet. Alleine diese zwei Wörter sagen doch eigentlich alles. Der hat das offensichtlich als Lob gemeint und nicht mitbekommen wann dieses Wort aus dem öffentlichen Sprachraum verbannt wurde.
etc...
Waren sicher alles Rassisten und wussten es nur selbst nicht.

Selbst wenn diese Begriffe im Ursprung rassistisch gemeint waren wurden sie im Allgemeinen nicht so benutzt sondern es waren eben gängige Begriffe um Menschen diversen Ethnien zuordnen zu können.

Nebenbei gibt es sogar Betroffene die mit den neuen Begriffen nicht einverstanden sind wie Gruppierungen die weder zu den Sinti noch zu den Roma gehören und daher lieber Zigeuner genannt werden wollen.

Noch was passendes aus der Wikipedia
"Beispielsweise weist der Philosoph Slavoj Žižek darauf hin, dass sich „politisch korrekte“ Begriffe abnutzten (die Ersatzbegriffe erben mit der Zeit die Bedeutung des Wortes, das sie ersetzen sollten), wenn sie nicht mit einer Veränderung der sozialen Wirklichkeit einhergingen. So sei allein durch eine fortwährende Neuschöpfung von Ersatzbegriffen (wie in dem US-amerikanischen Beispiel Negro – black people – coloured people – African-Americans) noch keine Veränderung erzielt, wenn nicht den Worten eine tatsächliche soziale Integration folge. Die rein sprachliche Prägung immer neuer Begriffe enthülle die Unfähigkeit, die tatsächlichen Ursachen von Rassismus und Sexismus allein durch Sprachpolitik zu überwinden. Zudem entstehe durch die laufende Neuschaffung von Begriffen eine exzessive Struktur, da jeder Begriff durch den folgenden seinerseits unter Diskriminierungsverdacht gestellt und entwertet werde. Dieser Effekt wird auch „Euphemismus-Tretmühle“ genannt. Laut Žižek versuche die Geisteshaltung der „politischen Korrektheit“ durch ihre zirkuläre Selbstbezogenheit alle Spuren der Begegnung mit „dem Realen“ (Lacan) zu beseitigen."

Re: Präsident Trump

Verfasst: 28. Sep 2016, 00:02
von IpsilonZ
derFuchsi hat geschrieben:
Vinter hat geschrieben: Es ist auch nicht so, als ob ich da nun hochempört wäre. Ich fand die Debatte damals nur irritierend, weil für mich intuitiv klar war, dass man Werke im Kontext ihrer Zeit sehen muss und nicht nachträglich "modernisieren" sollte und ich mich fragte, wer denn bitteschön auf so eine Idee kommt.
Im Kontext seiner Zeit sehen ist ein schöner Stichpunkt.
Die heutzutage geächteten Begriffe wie Neger/Mohr oder Zigeuner waren vor nicht allzu langer Zeit noch garnicht so negativ besetzt wie heutzutage.
Das ergibt sich schon aus dem Kontext. Wer würde z.B. ernsthaft behaupten dass Astrid Lindgren Rassistin war?
1968 sang eine gewisse Alexandra ein romantisches Lied über einen Zigeunerjungen.
Ob der Sarotti-Mohr einen diskriminierenden Hintergrund hatte würde ich auch bezweifeln.
Joachim Herrmann hat Roberto Blanco einen „wunderbaren Neger“ genannt und einen riesen Shitstorm geerntet. Alleine diese zwei Wörter sagen doch eigentlich alles. Der hat das offensichtlich als Lob gemeint und nicht mitbekommen wann dieses Wort aus dem öffentlichen Sprachraum verbannt wurde.
etc...
Waren sicher alles Rassisten und wussten es nur selbst nicht.

Selbst wenn diese Begriffe im Ursprung rassistisch gemeint waren wurden sie im Allgemeinen nicht so benutzt sondern es waren eben gängige Begriffe um Menschen diversen Ethnien zuordnen zu können.
Natürlich war Astrid Lindgren keine Rassistin. Im Gegenteil, ein Mädchen das stolz von sich sagt, dass es eine Negerprinzessin sein will war zu der Zeit sicher etwas sehr rebellisches. Sie war wohl sicher eher der "Gutmensch" der damaligen Zeit.

Und natürlich war es im entsprechenden Kontext auch eine wichtige Botschaft an Kinder. Zu zeigen, dass nichts falsch daran ist eine dunkle Hautfarbe zu haben und man sogar stolz als "Neger" sein kann, auch wenn vielleicht viele Menschen um einen herum andere Dinge behaupten.
Aber ist diese Botschaft heute noch aktuell oder sind wir nicht schon viel weiter? Sind wir nicht von "auch ein schwarzer Mensch kann stolz sein" bei "die Helligkeit der Hautfarbe sollte völlig irrelevant sein" angekommen? So wichtig die Botschaft damals war, wie aktuell ist sie heute noch und inwiefern hat es noch einen Wert einen Begriff zu erhalten, der für viele Dunkelhäutige als schwer beleidigend und herabwertend empfunden wird?
Und ist es sinnvoll, wenn ich meinem Kind diesen Begriff vorlese und dann aber noch erklären muss, dass das Wort heute eine Beleidigung ist und es bitte nicht schwarze Menschen mit "Neger(könig)" ansprechen soll? Südseekönig ist doch ein wirklich schönes Wort, sowohl vom Klang als auch vom Bild her. Warum soll mein Kind eine tolle Geschichte nicht mit einem weitaus weniger negativ behafteten Begriff kennenlernen dürfen?

Der Sarotti Mohr hat halt den klassischen dunkelhäutigen Diener dargestellt. Ich finde schon, dass man sagen kann, dass die Verromantisierung einer solchen Angelegenheit wie Sklaverei es wert ist umgeändert zu werden.

Und Joachim Herrmann? Der Mann, der gesagt hat, dass ein Vergleich zwischen den Vertriebenen und Flüchtlingen eine Beleidigung der Vertriebenen sei? Auch hier kann man in meinen Augen gerne über die Geisteshaltung dieses Mannes diskutieren.
derFuchsi hat geschrieben:Nebenbei gibt es sogar Betroffene die mit den neuen Begriffen nicht einverstanden sind wie Gruppierungen die weder zu den Sinti noch zu den Roma gehören und daher lieber Zigeuner genannt werden wollen.
Ja, und es gibt orthodoxe Juden die den Staat Israel ablehnen. Und Deutsche, die das Grundgesetz kacke finden.
Was soll mir das sagen? Meinungen und Empfindungen sind halt komplex. Es gibt auch sicher Schwarze die ich "Neger" nennen kann und die dann darüber lachen. Andere wiederum würden mich wohl fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Und genauso gibt es Roma, die sich von dem Begriff diskriminiert fühlen. Und angesichts der Historie des Begriffs ist das auch absolut nachvollziehbar.

Es geht hier eben nicht nur um lustige kleine Bezeichnungen. Es geht hier nicht um so harmlose Sachen wie einen Deutschen als "Kartoffel" (apropos, die Reaktionen auf diesen Begriff zeigen auch wie schnell Deutsche dann ganz schnell plötzlich selbst die tief beleidigten sein können) zu bezeichnen. Begriffe wie Neger und Zigeuner haben eine ganz andere (äußerst unrühmliche) Geschichte.
derFuchsi hat geschrieben:Noch was passendes aus der Wikipedia
"Beispielsweise weist der Philosoph Slavoj Žižek darauf hin, dass sich „politisch korrekte“ Begriffe abnutzten (die Ersatzbegriffe erben mit der Zeit die Bedeutung des Wortes, das sie ersetzen sollten), wenn sie nicht mit einer Veränderung der sozialen Wirklichkeit einhergingen. So sei allein durch eine fortwährende Neuschöpfung von Ersatzbegriffen (wie in dem US-amerikanischen Beispiel Negro – black people – coloured people – African-Americans) noch keine Veränderung erzielt, wenn nicht den Worten eine tatsächliche soziale Integration folge. Die rein sprachliche Prägung immer neuer Begriffe enthülle die Unfähigkeit, die tatsächlichen Ursachen von Rassismus und Sexismus allein durch Sprachpolitik zu überwinden. Zudem entstehe durch die laufende Neuschaffung von Begriffen eine exzessive Struktur, da jeder Begriff durch den folgenden seinerseits unter Diskriminierungsverdacht gestellt und entwertet werde. Dieser Effekt wird auch „Euphemismus-Tretmühle“ genannt. Laut Žižek versuche die Geisteshaltung der „politischen Korrektheit“ durch ihre zirkuläre Selbstbezogenheit alle Spuren der Begegnung mit „dem Realen“ (Lacan) zu beseitigen."
Jo, da kann ich wohl zustimmen. Man verbeißt sich lieber in Diskussionen um Begrifflichkeiten anstatt am Problem selbst zu arbeiten.
Aber Begriffe wie Negro/Neger und black people/Schwarze haben komplett verschiedene Historien. Ich sage auch meist "Dunkelhäutige" oder "Schwarze" und mache mir sonst keinen großen Kopf darum, ob es nicht nen noch schöneren Begriff gibt und musste mir dafür auch noch nie nen dummen Spruch anhören. Aber wie schon weiter oben gesagt, es geht eben nicht einfach nur um nen etwas schöneren Begriff.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 28. Sep 2016, 09:01
von derFuchsi
Mir ging es hier um den Aspekt "Im Kontext seiner Zeit".
Anscheinend gab es also eine Zeit in der Neger und Zigeuner völlig gebräuchliche harmlose Begriffe waren.
Waren die Betroffenen damals schon gekränkt und man hat es damals in der persönlichen Filterblase halt nie bemerkt?
Und falls nicht, wann begann der Prozess dass sich diese Wörter in der Öffentlichkeit ins Negative wandelten und warum?
Und da kämen wir dann zum Wikipedia Artikel.

Joachim Herrmann kenne ich übrigens nicht und habe mich nie mit ihm befasst, mir fiel nur der Satz der damals in den Medien kreiselte als schönes Beispiel ein.

Aber ist schon klar, heute möchte man seinen Kindern beim vorlesen von Kinderbüchern eher nicht noch umständlich erklären müssen dass Neger/Zigeuner heute ein Schimpfwort ist aber damals nicht und warum eigentlich (Hier fangen dann spätestens die Erklärungsnöte an). Unangenehmen Diskussionen entgeht man am besten indem man die Wörter entfernt und alle sind zufrieden.
Den Faden könnte man weiter spinnen mit Denkmäler die entfernt werden und Kunstwerke die umbenannt werden und des weiteren mehr. Unangenehme intellektuelle Auseinandersetzung mit der damaligen Zeit ist nicht erwünscht oder wird dem Menschen wohl zumindest nicht zugetraut.

Die Debatte hätte wohl besser in den Fremdenfeindlich-Thread gepasst.
Wie kriegen wir jetzt wieder den Bogen zu Trump? ;)

Re: Präsident Trump

Verfasst: 28. Sep 2016, 09:56
von IpsilonZ
derFuchsi hat geschrieben:Mir ging es hier um den Aspekt "Im Kontext seiner Zeit".
Anscheinend gab es also eine Zeit in der Neger und Zigeuner völlig gebräuchliche harmlose Begriffe waren.
Waren die Betroffenen damals schon gekränkt und man hat es damals in der persönlichen Filterblase halt nie bemerkt?
Und falls nicht, wann begann der Prozess dass sich diese Wörter in der Öffentlichkeit ins Negative wandelten und warum?
Und da kämen wir dann zum Wikipedia Artikel.

Joachim Herrmann kenne ich übrigens nicht und habe mich nie mit ihm befasst, mir fiel nur der Satz der damals in den Medien kreiselte als schönes Beispiel ein.

Aber ist schon klar, heute möchte man seinen Kindern beim vorlesen von Kinderbüchern eher nicht noch umständlich erklären müssen dass Neger/Zigeuner heute ein Schimpfwort ist aber damals nicht und warum eigentlich (Hier fangen dann spätestens die Erklärungsnöte an). Unangenehmen Diskussionen entgeht man am besten indem man die Wörter entfernt und alle sind zufrieden.
Den Faden könnte man weiter spinnen mit Denkmäler die entfernt werden und Kunstwerke die umbenannt werden und des weiteren mehr. Unangenehme intellektuelle Auseinandersetzung mit der damaligen Zeit ist nicht erwünscht oder wird dem Menschen wohl zumindest nicht zugetraut.

Die Debatte hätte wohl besser in den Fremdenfeindlich-Thread gepasst.
Wie kriegen wir jetzt wieder den Bogen zu Trump? ;)
Das stimmt. ^^
Dann werde ich das Thema später dort weiterführen.

Zum Thema selbst: Hat jemand schon das TV Duell gesehen? Werde ich evtl. noch nachholen, auch wenn ich mir schon ausmalen kann, wie es in etwa gelaufen ist. Aber vielleicht werde ich ja überrascht.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 28. Sep 2016, 10:14
von derFuchsi
Habe nur Nachrichten darüber überflogen. Kurzer Blick in Google News am nächsten Morgen, folgende Schlagzeilen:
Clinton hat erstes TV-Duell gewonnen
Unentschieden nach TV-Duell zwischen Trump und Clinton
Clinton ist gut, Trump ist besser
Donald Trump erklärt sich zum Sieger: "Ich war super"
WTF?! Was denn nun.

Mittlerweile bin ich des Themas in der Presse etwas überdrüssig nachdem man bereits vor Monaten die hierzulande eigentlich völlig uninteressanten Vorwahlen ausgeschlachtet hatte bei denen es um rein GARNICHTS geht aber man so getan hat als wäre das bereits die Präsidentschaftswahl.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 28. Sep 2016, 11:54
von Malvitus
derFuchsi hat geschrieben:Habe nur Nachrichten darüber überflogen. Kurzer Blick in Google News am nächsten Morgen, folgende Schlagzeilen:
Clinton hat erstes TV-Duell gewonnen
Unentschieden nach TV-Duell zwischen Trump und Clinton
Clinton ist gut, Trump ist besser
Donald Trump erklärt sich zum Sieger: "Ich war super"
WTF?! Was denn nun.
Willkommen in der modernen Nachrichtenwelt, bei der jede noch so kleine oder große Special Interest Seite den selben Stellenwert hat wie große professionelle News Outlets.

Eigentlich herrscht Konsens darüber, dass Clinton besser war, da sie die meisten representativen Umfragen gewonnen hat (vorsicht! Es gibt genügend Online Umfragen die hier gerne mal zitiert werden um zu zeigen das Trump besser war. Die haben aber keine IP Sperre oder ähnliches. Man kann so oft abstimmen wie man will. Demenstprechend für die Tonne sind die daraus abgeleiteten Aussagen). Natürlich beanspruchen beide Seiten den Sieg für sich, aber selbst FOX News musste sich zu einem Untentschieden durchringen. Das Trump schwächer war sieht man finde ich auch an seiner Reaktion. Jetzt ist natürlich das Mikrofon Schuld. Und der Moderator war sowieso parteiisch (obwohl er Republikaner ist).

Ich habe mir die Debatte angeschaut. Zu Beginn waren sie etwa gleich stark, dann zerfiel Trump und Clinton konnte Punkten und ihr ziemlich schlecht darstehen lassen. Gerade seine Verteidigung war teilweise lausig, was bestimmt auch mit seiner unzureichenden Vorbereitung zusammenhängt. Clinton hatte aber auch noch ordentlich Luft nach oben, wirkte aber hervorragend vorbereitet.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 1. Okt 2016, 14:46
von Stammbräu
Duell
WahlKampf
Angriff
Verteidigung
WählerTerritorium abschlagen

Alles ist "War on blabla"

Ich finde diese Inszenierung irgendwie so "kriegerisch". Gefällt mir gar nicht...

Re: Präsident Trump

Verfasst: 7. Okt 2016, 23:14
von Vinter
http://www.planet-interview.de/intervie ... sen/49203/" onclick="window.open(this.href);return false;

Um mal zu KenFM zurück zu kommen. Er hat ein wahnsinnig langes Interview gegeben und redet da insbesondere in der zweiten Hälfte enorm viel Bullshit. Teilweise widerspricht er sich unfassbar selbst und man merkt, wie er sein komplettes Weltbild dem Narrativ "Westen (insbesondere USA) schlecht, Russland gut" unterordnen. Das führt stellenweise zu einer kognitiven Dissonanz, die seinesgleichen sucht.

Ich glaub, warum ihm viele Leute vertrauen ist, weil er auch ab und zu Lichte momente hat. Aber was ist eine Quelle schon wert, bei der die Chance auf Bullshit 50:50 beträgt? Allein wie er große Teile seines Weltbildes mit "Unsere Familie ist gut in Mustererkennung" begründet ist hanebüchen. Auf der anderen Seite liegt Ken damit vermutlich näher an der Wahrheit als er selbst ahnt, es ist nämlich augenscheinlich, dass er Ereignisse explizit in ein Muster einsortieren will, in dem er sich verrannt hat. Und erst dieses selbstgeschaffene Muster zwingt ihn dazu, zusammenhanglose, sogar wiedersprüchliche Ereignisse in sein Weltbild einzubauen.

Das ist übrigens ein Effekt, der schon wissenschaftlich untersucht wurde: Widersprüchliche Informationen sorgen nicht dafür, dass man seine Theorie überdenkt, sondern, dass man versucht, sie in seine immer komplexer wachsende Theorien einzubauen.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 9. Okt 2016, 00:00
von IpsilonZ
Vinter hat geschrieben:http://www.planet-interview.de/intervie ... sen/49203/

Um mal zu KenFM zurück zu kommen. Er hat ein wahnsinnig langes Interview gegeben und redet da insbesondere in der zweiten Hälfte enorm viel Bullshit. Teilweise widerspricht er sich unfassbar selbst und man merkt, wie er sein komplettes Weltbild dem Narrativ "Westen (insbesondere USA) schlecht, Russland gut" unterordnen. Das führt stellenweise zu einer kognitiven Dissonanz, die seinesgleichen sucht.

Ich glaub, warum ihm viele Leute vertrauen ist, weil er auch ab und zu Lichte momente hat. Aber was ist eine Quelle schon wert, bei der die Chance auf Bullshit 50:50 beträgt? Allein wie er große Teile seines Weltbildes mit "Unsere Familie ist gut in Mustererkennung" begründet ist hanebüchen. Auf der anderen Seite liegt Ken damit vermutlich näher an der Wahrheit als er selbst ahnt, es ist nämlich augenscheinlich, dass er Ereignisse explizit in ein Muster einsortieren will, in dem er sich verrannt hat. Und erst dieses selbstgeschaffene Muster zwingt ihn dazu, zusammenhanglose, sogar wiedersprüchliche Ereignisse in sein Weltbild einzubauen.

Das ist übrigens ein Effekt, der schon wissenschaftlich untersucht wurde: Widersprüchliche Informationen sorgen nicht dafür, dass man seine Theorie überdenkt, sondern, dass man versucht, sie in seine immer komplexer wachsende Theorien einzubauen.
Erstmal danke für diese Webseite. Die sieht echt interessant aus und ich finds beeindruckend, dass es eine längere (und mMn sehr faire) Abhandlung über den Verlauf des Interviews selbst gibt. Streichungen werden nicht einfach schweigend vorgenommen, sondern gut erklärt. Das sind Dinge, die man in den Medien wirklich leider nur recht selten findet.

Lichte Momente hat er bestimmt. Dass man "andere Meinungen aushalten muss" habe ich zum Beispiel zwar schon oft gehört (sagt Serdar Somuncu, den ich im Gegensatz zu Ken Jebsen sehr mag, auch ab und zu mal), aber er ist auf jeden Fall sehr richtig. Manchmal klingen Sachen aber auch nur erstmal schön. Zum Beispiel wenn er sagt, dass er im Interview nur eine Position abbilden will....

Und genau zu diesem, dass er nur eine andere Position abbilden will, fällt mir dann ein Interview mit Daniele Ganser ein, dass ich vor ner Weile mal gesehen habe. Da bildet er eben nicht nur ab, sondern spielt sich mit ihm munter den Ball hin und her. Sein Gegenüber redet und er gibt nur ein paar Stichpunkte und gibt Aussagen des anderen einfach noch mal brav wieder. Teilweise warte ich nur darauf, dass er die Sätze von seinem Gegenüber vollendet. Und das ganze läuft in einem solch absurden Ausmaß, dass es wirkt wie ein ein gescripteter Dialog.
Und beim Interview mit Serdar Somuncu, wo er dann ne Aussage zum Gaza Konflikt und vor allem Israel rauskitzeln will, hakt er dann plötzlich ganz doll nach und ist nicht mehr der brave Stichpunktgeber um sein Gegenüber weiterreden zu lassen. :)

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 09:01
von qwrtzp
Falls sich jemand noch für Trumps politische Position interessiert:
Es ist eigentlich sehr überraschend, wie wenig die zu seinen Macho-Sprüchen passt. Er wird von vielen Rechten und Republikaner in Amerika als Liberaler oder Sozialdemokrat bezeichnet und die angeführten Beispiele geben einem schon zu denken. Universal Healthcare, Minimum Wage, Legalisierung Mexikanischer Einwanderer, Unterstützung von Planned Parenthood, Moderate Position bezüglich Israel/Palästina, Dialog mit Russland. Man muss sich nur dessen bewusst sein, dass der Mann mehr Opportunist als Idealist ist, weswegen es auch reihenweise Artikel über seine Widersprüche und Meinungsänderungen findet. Wegen diesem kompletten Mangel an ideologischer Überzeugung, mache ich mir wenig Sorgen, was er als Präsident so anstellen würde. Mehr oder weniger das gleiche wie alle anderen auch. Viel schlimmer als beim Friedensnobelpreisträger wird es schon nicht kommen.

Slavoj Žižek: 'Trump is really a centrist liberal'
https://www.theguardian.com/books/2016/ ... st-liberal" onclick="window.open(this.href);return false;

15 Reasons Trump Is a Liberal — and a Lunatic Conspiracy Theorist
http://www.nationalreview.com/article/4 ... y-theorist" onclick="window.open(this.href);return false;

Yes, Trump is the liberal Republican in the race
http://www.washingtonexaminer.com/yes-t ... le/2584381" onclick="window.open(this.href);return false;

Die Suche nach "Trump is actually a liberal" oder ähnlichen Aussagen führt zu etlichen dieser Art von Artikel von verschiedenen politischen Lagern.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 10:42
von derFuchsi
Diverse Aussagen zur Außenpolitik klangen für meine laienhaften Ohren jedenfalls nicht unvernünftig.
Das klang nach weniger eigener Einmischung (Reduzierung der Truppeneinsätze im Ausland) und mehr die Verbündeten in die Pflicht nehmen (Zur Not sollen die halt dafür zahlen wenn sie schon keine Truppen schicken).
Wenn das dazu führt dass sich die Amerikaner mal nicht gleich überall einmischen und damit wieder Unheil anrichten dann ist doch viel gewonnen.

Ich fürchte nur das wird nicht passieren. Und sei es nur deswegen weil jeder Präsident politischen Zwängen unterworfen ist. Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit auch ganz anders geklungen ("Wir schaffen das". Ach nee, das war ja Merkel). Staatsführer wie Merkel oder Obama sind salopp formuliert sowieso überbewertet und in etwa das Gleiche wie früher die Könige. Am Ende haben die alle wenig zu sagen und entscheiden und verkünden auch nur was ihnen die Berater sagen. Mit wem die wiederum unter einer Decke stecken weiß man aber nie so genau.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 11:27
von Dogarr
Ich habe mir heute morgen vor der Arbeit eine Stunde des zweiten "Duells" angesehen und bin unschlüssig.

War das nun Comedy oder Trashtalk ?

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 11:59
von Malvitus
qwrtzp hat geschrieben:
Die Suche nach "Trump is actually a liberal" oder ähnlichen Aussagen führt zu etlichen dieser Art von Artikel von verschiedenen politischen Lagern.
Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass eine solche Google Suche sehr gefährlich ist, da sie bereits biased ist. Google wird dir nur Positionen liefern, die mit dem Bias der Anfrage übereinstimmen. Hinzu kommt, dass die Existenz von Artikeln zu einem Standpunkt nichts über die Aussagekraft sagt. Ich könnte so auch beweisen, dass der Papst Satanist ist mit der Suche "Pope is Satan".
Das klang nach weniger eigener Einmischung (Reduzierung der Truppeneinsätze im Ausland) und mehr die Verbündeten in die Pflicht nehmen (Zur Not sollen die halt dafür zahlen wenn sie schon keine Truppen schicken).
Trump hat überhaupt keinen Plan was Außenpolitik angeht. Er sagt einfach nur das, was in den Ohren der Leute gut klingt. "Wir beschützen sie, also wollen wir Geld". "Ich werde ISIS besiegen, aber wie das sag ich euch nicht, weil dann wissen die das ja auch" (Ja ne is klar). Der gute Mann wusste ja nichtmal das Russland die Krim annektiert hat.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 12:15
von derFuchsi
Muss er denn Ahnung haben? Dafür gibts ja den Außenminister ;)

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 18:10
von qwrtzp
Malvitus hat geschrieben:
qwrtzp hat geschrieben:
Die Suche nach "Trump is actually a liberal" oder ähnlichen Aussagen führt zu etlichen dieser Art von Artikel von verschiedenen politischen Lagern.
Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass eine solche Google Suche sehr gefährlich ist, da sie bereits biased ist. Google wird dir nur Positionen liefern, die mit dem Bias der Anfrage übereinstimmen. Hinzu kommt, dass die Existenz von Artikeln zu einem Standpunkt nichts über die Aussagekraft sagt. Ich könnte so auch beweisen, dass der Papst Satanist ist mit der Suche "Pope is Satan".
Du kannst auch gerne nach "Trump is actually a communist" oder "Trump is actually a fascist" googeln, wenn dich die Meinungen dazu interessieren oder du eine Abhandlung über seine politische Ausrichtung schreiben möchtest. Das war nur nicht der Inhalt meines Posts.
Es scheint bei deinem Kommentar die Annahme mitzuschwingen, dass man eben nur die Quellen ließt, die die eigene Grundannahme bestätigen. Eine Suchmaschine ist ein Recherche-Werkzeug. Wenn ich einen Aufsatz über Sex in Europäische Liebesroman der Neuzeit schreibe, ist es nicht gefährlich, dass ich in der Bibliothek in die Viktorianische Abteilung gehe. Ich sollte nur auch in andere Abteilungen schauen.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 18:28
von Vinter
Du verstehst ihn nicht. Es geht nicht um die Meinungen und Darstellungen in den Artikeln, die du unter so einer Googlesuche findest. DU induzierst dir einem confirmation bias - in dem du gezielt nach Artikeln suchst, in denen deine Meinung bestätigt wird.

Was willst du damit erreichen, aufzuzeigen, dass es Artikel mit dieser Botschaft gibt? Es gibt sicher für alles entsprechende Artikel, das pure Vorhandensein jener bestätigt aber noch gar nichts. Das ist keine Kritik am Statement, sondern an der Methodik.

Das es in der GOP noch größere, bigottere Arschlöcher als Trump gibt, ist jedoch unzweifelhaft. Bedenklich ist hingegen, wo jemand steht, dem Trump zu liberal ist bzw. das es entsprechende hohe Tiere in der Partei gibt.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 10. Okt 2016, 22:03
von qwrtzp
Vielleicht verstehst du ja nicht was ich sage, wenn ich schreibe, dass so Leute wie die von National Review oder Slavoj Žižek Trump für liberal halten und dies eben auch argumentieren können. Ich mache hier keine Diskussion zum Thema auf, wie Trump im europäischen, indischen, deutschen politischen Spektrum oder deiner persönlichen Welt einzuordnen wäre oder was er "wirklich denkt" oder was nur Wahlprogramm ist, sondern wie er im Amerikanischen System zu beurteilen ist.

Das kannst du gerne für bedenklich halten. Trump tritt ja zum Glück auch nicht für die CDU an.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 11. Okt 2016, 13:13
von Leonard Zelig
Vinter hat geschrieben: Das es in der GOP noch größere, bigottere Arschlöcher als Trump gibt, ist jedoch unzweifelhaft. Bedenklich ist hingegen, wo jemand steht, dem Trump zu liberal ist bzw. das es entsprechende hohe Tiere in der Partei gibt.
Trump kommt aus New York, das ist in politischen Fragen weitaus liberaler eingestellt als der Großteil des Landes. Daher wundert es nicht, dass er andere politische Ansichten hat als Tea-Party-Hardliner wie Ted Cruz, Mike Huckabee oder Rick Perry.

In der Vergangenheit stand er auch eher auf Seiten Clintons als der Republikaner:
https://www.youtube.com/watch?v=7nztJoFTtjc" onclick="window.open(this.href);return false;
https://www.youtube.com/watch?v=N5A02pNcGHs" onclick="window.open(this.href);return false;

Trotz allem Frust über die Ungerechtigkeiten in den USA (mittelalterliches Justizsystem, absurd hohe Gesundheitskosten, Jobverluste durch Deindustrialisierung, niedrige Steuern für Reiche) glaube ich, dass die Amis die bittere Pille Hillary Clinton schlucken werden. Und das Obama-Team wird mit ihren Aussagen aus dem Wahlkampf 2008 Recht behalten. Es wird sich unter ihr nix ändern. Vor allem nicht, wenn die Republikaner wie Umfragen andeuten die Mehrheit im Senat und Kongress behaupten können.

Re: Präsident Trump

Verfasst: 11. Okt 2016, 13:34
von Vinter
Das stimmt natürlich alles. Nie war der alte Spruch vom "kleineren Übel" wahrer als bei der Entscheidung zwischen Trump und Clinton. Das Clinton hingegen durch und durch die Eliten repräsentiert und im wesentlichen Politik für diese machen wird, ist klar, seit dem öffentlichen wurde, wie Bernie Sanders selbst parteiintern gebremst wurde. Die Democrats hatten ja nie ein interessante daran, dass wirklich eine Kandidatenwahl stattfand, das mußten sie lediglich simulieren. Diese ganze Farce mit den Superdeligierten ist ja offensichtlich dafür da, einen treuen Parteikader zu installieren.

Und in der Hinsicht muss man den Trumpwählern ja sogar recht geben: Es wäre ja toll, mal jemanden zu haben, der Anti-Establishment ist. Nur halt nicht in die Trump Richtung, sondern im Gegenteil: Jemand, der mit Vernunft und Idealismus faktenorientiert für ein gerechteres Land eintritt.

Stell dir doch mal vor, du lebst in einem Land, in dem im wesentlichen zwei Parteien (bzw sogar noch krasser: Zwei ParteienVORSTÄNDE) für dich die Vorauswahl treffen, ob Kandidat A oder B gegen deine interessen Politik macht. Leute, die aus reichen Familuenclans stammen, deren Väter, Großväter, Onkel und Brüder ebenfalls Berufspolitiker sind. Und dann wird dir gesagt: Demokratie, du hast die Wahl.

Das ganze ist der GOP jetzt eben entglitten, weil sie Trump und die Wut auf die geschilderten Zustände unterschätzt haben. Das hätte ebenso den Democrats passieren können. Und ich glaube nicht, dass vier oder acht Jahre Hillary, auf die es nun zwangsläufig hinauslaufen wird, das Problem beheben. Das wird in 8 Jahren eher noch krasser.

Und um mal nicht nur mit dem Finger auf die USA zu zeigen: Viel anders ist es hier auch nicht. Wir haben zwar kein Zweiparteiensystem, aber auch wir bekommen lediglich eine Vorauswahl präsentiert, die wir abnicken dürfen.