Nachgeforscht: Körperbilder

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RogueMike
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Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von RogueMike »

Eigentlich ist “Nachgeforscht” eine meiner liebsten Podcast-Serien hier. Zum Thema Körperbilder würde ich jedoch gerne anmerken (kurz gesagt: ich finde die Betrachtungsweise etwas unausgeglichen):

https://ourworldindata.org/grapher/shar ... ry=USA+DEU (*)

Wie haben es seit mindestens 1975 (weiter gehen die Daten hier nicht zurück) mit einem quasi (oder tatsächlich) kontinuierlichen Anstieg des Anteils übergewichtiger Menschen zu tun. 2016 lag dieser Wert in den USA bei 70 % und in Deutschland bei 63 %. (Anmerkung: “Übergewicht” wird hier definiert über den BMI, was nicht immer akkurat ist – der Körperfettanteil wäre eigentlich besser - , aber effektiv ein guter Indikator sein sollte) Man könnte also meinen:

a) Kein Wunder, dass immer mehr Menschen mit ihrem Körper unzufrieden sind
b) Zurecht sind die meisten Menschen mit ihrem Körper unzufrieden

Darüber hinaus kann eine gewisse Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch positive Auswirkungen haben. Denkbar wäre, dass diese Unzufriedenheit Menschen dazu antreibt, etwas aktiver zu werden und sich besser zu ernähren und dass das aus diesem Lebenswandel entstehende Glück (was auch Leidreduktion sein kann) das dem der Körper-Unzufriedenheit entsprechende Leid übersteigt. (Ich würde in nahezu jedem solchen Fall davon ausgehen, die Frage ist aber natürlich nach der Gesamt-Bilanz, alle Menschen betrachtend.)

Weiterhin:

- Wenn ich mich richtig erinnere (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), wurde der Begriff “Essstörung” lediglich im Sinne einer Magersucht verwendet. Realistisch betrachtet sind doch aber Formen unkontrollierten Essverhaltens im Allgemeinen das (weitaus) größere Problem. Sicher, Magersucht ist ein Problem, aber meiner Ansicht nach in der Berichterstattung (nicht nur hier) etwas überrrepräsentiert.
- Das mehrmalige Erwähnen von Testosteron-Missbrauch im Zusammenhang mit Muskalaufbau kann leicht den Anschein erwecken, es wäre kaum möglich, auf natürliche Weise einen hinreichend athletisch-muskulösen Körper zu erreichen. Dem ist aber nicht so (wenn man es gescheit angeht) und das Nachhelfen mit Testosteron ist auch keineswegs Standard im Fitnessstudio.
- Butter ist trotzdem schädlich, nämlich für die globale Glück-Leid-Bilanz ;) :P

Zum Thema “Können wir bestimmten Studien überhaupt trauen?”: Es wurde ja bereits erwähnt, dass manche (/einige/viele -> unterscheidet sich wohl recht stark von Fachbereich zu Fachbereich) Studien nicht in optimaler Weise konzipiert werden. Darüber hinaus haben wir, ebenfalls bereits angedeutet, eine mehr oder weniger begrenzte Aussagekraft im Sinne der Statistik. Und es ist leider so, dass (zu) “viele” Studien nicht reproduzierbar sind, auch weil oftmals mit zu laschen Signifikanzniveaus gearbeitet (oder auch gezieltes “p-hacking” betrieben) wird. Wer interessiert ist, kann hier weiterlesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Replication_crisis

[Am saubersten wird wohl in der Teilchenphysik gearbeitet, aber zugegebenermaßen kann man hier am besten unter wirlichen Laborbedingungen arbeiten; der Mensch ist nunmal ein komplexes Wesen mit freiem Willen, außerdem ist Mensch nicht gleich Mensch und Studien mit Tausenden von Menschen wären etwas teuer…]

P.S.: Ich habe gerade eben nochmal das Ende gehört: "In die Falle tappen" (, auf das eigene Äußere zu achten) - warum so pessimistisch? Ich finde, dass sowohl in der Psychologie als auch in den Sozialwissenschaften tendenziell das Augenmerk zu stark auf negative Aspekte gerichtet wird. Hier wären die nicht zu unterschätzenden positiven Aspekte, also bezogen auf "Achten auf das eigene Körperbild": Es ist gut für die Gesundheit, Sport kann auch Spaß machen (sowie für kognitive Leistungen förderlich sein, soweit ich weiß, und mir sind beim Sport schon sehr oft gute Ideen gekommen), sich im eigenen Körper wohlzufühlen ist an sich etwas gutes (klar, der Anspruch kann im Extremfall zu hoch sein) und anderen zu gefallen, auch wenn es nur um die Optik geht, ist erst einmal auch etwas positives (auch für den Betrachter).

(*) P.P.S.: Strenggenommen müsste man bei den oben verlinkten Statistiken die sich im zeitlichen Verlauf ändernde Altersstruktur beachten (Es ist ungewöhnlicher, als junger Erwachsener einen hohen BMI zu haben)
Phazonis
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Phazonis »

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 Darüber hinaus kann eine gewisse Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch positive Auswirkungen haben. Denkbar wäre, dass diese Unzufriedenheit Menschen dazu antreibt, etwas aktiver zu werden und sich besser zu ernähren und dass das aus diesem Lebenswandel entstehende Glück (was auch Leidreduktion sein kann) das dem der Körper-Unzufriedenheit entsprechende Leid übersteigt. (Ich würde in nahezu jedem solchen Fall davon ausgehen, die Frage ist aber natürlich nach der Gesamt-Bilanz, alle Menschen betrachtend.)
Das Problem ist, dass das Bild was in den Medien transportiert wird meist außerhalb jeglicher Praxis liegt. Ich würde zustimmen, dass Unzufriedeheit mit einem selbst einen auch motivieren kann, aber dann sollte das Ziel auch eines sein, was realitisch ist und das ist das Schönheitsideal der Medien nunmal nicht.
RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 und anderen zu gefallen, auch wenn es nur um die Optik geht, ist erst einmal auch etwas positives (auch für den Betrachter).
Du müsstest mir mal erklären wann das positiv ist. Und klar es geht hier allein um die Begründung, aber wenn ich höre, dass jemand abnehmen will, weil er anderen gefallen will oder Anerkennung will oder auch nur sich wohl fühlt wenn andere ihn dafür bewundern klingt für mich das nur nach Problemen. Entweder nach geringen Selbstwertgefühl oder einer Unklarheit darüber, was man selbst erreichen will.
Was ich noch interessant fand war Andres Begründung, warum er die Körperbilder nie als Vorbilder sah. Ich meine klar Duke nukem ist enorm überzeichnet, aber es gibt ja auch Körperbilder, die glaubhafter sind. "Denn sie sind ja nicht real, also warum sollte ich mich nach ihnen richten" ist eine Ausrede die man genauso auf Filme anwenden könnte. Zum Job eines Models/Schauspielers gehört es nunmal gut ausszusehen, also könnte ich genauso sagen, nach derren Bild muss ich mich nicht richten, weil mein Job nunmal sich nicht nur nach dem Aussehen richtet und es wäre unrealistisch sie als mein Ideal zu nehmen. Gerade nach den Anekdoten die dann noch kamen könnte man sogar die Frage nach dem real auch mal stellen, denn die Modelfigur auf dem Bild/ der Schauspieler in der Szene ist dann auch ungefähr genauso real wie Lara Croft. Also warum klappt es bei Videospielen, aber bei Filmen nicht?
RogueMike
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von RogueMike »

Phazonis hat geschrieben: 17. Apr 2019, 05:51
RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 und anderen zu gefallen, auch wenn es nur um die Optik geht, ist erst einmal auch etwas positives (auch für den Betrachter).
Du müsstest mir mal erklären wann das positiv ist.
Ich meinte das ganz einfach in dem Sinne, dass sich Menschen gerne sowohl Dinge als auch Menschen anschauen, die "hübsch" aussehen. Das hört ja nicht beim Körperbild auf, sondern man kann es auch auf Kleidung und alle möglichen weiteren Gegenstände ausdehnen; die meisten Leute würden z.B. sicher lieber ein vollständiges/heiles Notre Dame besichtigen (Kirchenkritik erspare ich mir aber an dieser Stelle :ugly: ). Selbstverständlich gilt, dass die Definition von "hübsch" im Auge des Betrachters liegt (was für andere hässlich ist, kann z.B. für Andre "hübsch" bzw. betrachtenswert sein) und außerdem handelt es sich hierbei nur um einen kleinen Aspekt, insbesondere wenn es sich um eine Person als Ganzes handelt, da sind natürlich andere Eigenschaften viel gravierender als das Aussehen. Aber wenn wir es uns aussuchen können, wie beispielsweise in einem Computerspiel, wird typischerweise das umgesetzt was als "hübsch" gilt.
Zuletzt geändert von RogueMike am 17. Apr 2019, 06:28, insgesamt 1-mal geändert.
RogueMike
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von RogueMike »

Phazonis hat geschrieben: 17. Apr 2019, 05:51 Und klar es geht hier allein um die Begründung, aber wenn ich höre, dass jemand abnehmen will, weil er anderen gefallen will oder Anerkennung will oder auch nur sich wohl fühlt wenn andere ihn dafür bewundern klingt für mich das nur nach Problemen. Entweder nach geringen Selbstwertgefühl oder einer Unklarheit darüber, was man selbst erreichen will.
Es ist halt eine Abwägungssache und im Idealfall sollten wohl anderen Gründe Kern der Motivation sein (Gesundheit/Körpergefühl/Mobilität). Wobei, wie gesagt, es ist nunmal so: Für die meisten Menschen ist das Aussehen anderer Personen nicht komplett unwichtig, oder, anders formuliert: wenn entsprechende Nachteile als kleines Problem empfunden werden, verschwindet es nicht einfach, indem man es wegredet, auch
wenn dies natürlich gut für die Psyche sein kann (was wiederum isoliert betrachtet etwas gutes ist!).
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Andre Peschke »

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 Wie haben es seit mindestens 1975 (weiter gehen die Daten hier nicht zurück) mit einem quasi (oder tatsächlich) kontinuierlichen Anstieg des Anteils übergewichtiger Menschen zu tun. 2016 lag dieser Wert in den USA bei 70 % und in Deutschland bei 63 %. (Anmerkung: “Übergewicht” wird hier definiert über den BMI, was nicht immer akkurat ist – der Körperfettanteil wäre eigentlich besser - , aber effektiv ein guter Indikator sein sollte) Man könnte also meinen:

a) Kein Wunder, dass immer mehr Menschen mit ihrem Körper unzufrieden sind
b) Zurecht sind die meisten Menschen mit ihrem Körper unzufrieden
Zwei Dinge dazu.

1. Im Kontext unserer Diskussion ging es um eine ästhetische Unzufriedenheit. Sprich: Ich bin unglücklich mit meinem Aussehen. Nicht mit meiner Gesundheit. Das Ästhetische Ideal ist an letzteres ja eben nicht gekoppelt, denn wir können ein Schönheitsideal haben, dass sowohl quasi Magersucht befördert oder auch eines, dass Fettleibigkeit idealisiert. Die psychische Belastung weil ich zu stark von einem Ideal abweiche, existiert also unabhängig von einem BMI (theoretisch könnten wir heute alle viel fetter, aber viel zufriedener mit unserem Aussehen sein, wenn die Rahmenbedingungen sich entsprechend gewandelt hätten). Und man würde hoffen - das kann ich aber nicht beantworten - dass die Studien hier entsprechend diese Variable kontrolliert haben (die Diskussion dazu, wie wichtig das ist, hatten wir ja). Wäre ja auch recht einfach herstellbar, indem man Gruppen untersucht, die eindeutig nach BMI zufrieden sein dürfen.

--> Soll nicht heißen, dass dein Input hier nicht wertvoll ist. Nur als Zusatzerwägung gemeint. Die Tatsächliche Zunahme von Übergewichtigkeit wäre sicher ein spannender Diskussionspunkt gewesen, aber (siehe auch gleich 2.) für uns unmöglich im Rahmen dieser Folge seriös recherchierbar. Da mussten wir uns auf den von uns erfassten Konsens der wissenschaftlichen Untersuchungen stützen und konnten nicht noch eben solche Variablen nachkontrollieren, die in den Studien hoffentlich mitgedacht wurden.

2. Wir müssten diskutieren wie tauglich der BMI grundsätzlich ist. Deine Aussage basiert ja auf der Prämisse, dass das ein "guter Indikator sein sollte". Das kann ich nicht beurteilen. Nehmen wir an, das stimmt: Dann müssten wir (zusätzlich zu der von dir vermerkten Veränderung der Demographie) Veränderungen an der BMI-Berechnung über die Zeit und insbesondere Veränderungen der Schwellenwerte auch noch einbeziehen (ab welchem Wert wird jemand als übergewichtig klassifiziert & war dieser Schwellenwert konstant über die Jahre oder wurde er evtl. gesenkt?). Sieht man ja zB bei Verbrechensstatistiken sehr häufig, dass durch die Veränderung von Erfassungskriterien der Eindruck entsteht, dass eine bestimmte Art von Vergehen zurückgeht / häufiger auftritt und dabei werden Daten nur anders verarbeitet.

Darüber hinaus kann eine gewisse Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch positive Auswirkungen haben. Denkbar wäre, dass diese Unzufriedenheit Menschen dazu antreibt, etwas aktiver zu werden und sich besser zu ernähren und dass das aus diesem Lebenswandel entstehende Glück (was auch Leidreduktion sein kann) das dem der Körper-Unzufriedenheit entsprechende Leid übersteigt. (Ich würde in nahezu jedem solchen Fall davon ausgehen, die Frage ist aber natürlich nach der Gesamt-Bilanz, alle Menschen betrachtend.)
RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 - Wenn ich mich richtig erinnere (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), wurde der Begriff “Essstörung” lediglich im Sinne einer Magersucht verwendet. Realistisch betrachtet sind doch aber Formen unkontrollierten Essverhaltens im Allgemeinen das (weitaus) größere Problem. Sicher, Magersucht ist ein Problem, aber meiner Ansicht nach in der Berichterstattung (nicht nur hier) etwas überrrepräsentiert.
Logisch, aber unsere Fragestellung war ja, welchen Einfluss die idealisierte Darstellung in Spielen und anderen Medien auf Menschen hat. Insofern ist es logisch, dass in diesem Kontext nur Magersucht als Essstörung zur Sprache kommt. Das heißt nicht, dass es keine anderen gibt oder diese weniger dringliche Probleme darstellen. Sie sind für unsere konkrete Betrachtung nur außerhalb unseres Fokus.
RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05Das mehrmalige Erwähnen von Testosteron-Missbrauch im Zusammenhang mit Muskalaufbau kann leicht den Anschein erwecken, es wäre kaum möglich, auf natürliche Weise einen hinreichend athletisch-muskulösen Körper zu erreichen. Dem ist aber nicht so (wenn man es gescheit angeht) und das Nachhelfen mit Testosteron ist auch keineswegs Standard im Fitnessstudio.
Wir haben das konkret thematisiert in Bezug auf den Druck dem auch Männer ausgesetzt sind, einem bestimmten Schönheitsideal zu genügen und welche Maßnahmen sie zu ergreifen bereit sind, um diesem Ideal zu genügen. Das kann IMO beim verständigen Hörer nicht diesen Anschein erwecken.
RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05Ich habe gerade eben nochmal das Ende gehört: "In die Falle tappen" (, auf das eigene Äußere zu achten) - warum so pessimistisch? Ich finde, dass sowohl in der Psychologie als auch in den Sozialwissenschaften tendenziell das Augenmerk zu stark auf negative Aspekte gerichtet wird.
Auch hier wieder: Die Folge hatte ja einen klar umrissenen Fokus. Uns hat interessiert, ob die landläufige Meinung hier bestünde ein negativer Effekt einer näheren Betrachtung standhält. Wir müssen unsere Betrachtung eingrenzen, sonst werden die Folgen endlos lang und der Rechercheaufwand für Helge unzumutbar.

Andre
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Ines
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Ines »

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 Wenn ich mich richtig erinnere (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), wurde der Begriff “Essstörung” lediglich im Sinne einer Magersucht verwendet. Realistisch betrachtet sind doch aber Formen unkontrollierten Essverhaltens im Allgemeinen das (weitaus) größere Problem. Sicher, Magersucht ist ein Problem, aber meiner Ansicht nach in der Berichterstattung (nicht nur hier) etwas überrrepräsentiert.
Essstörungen nach ICD-10 (unserem hiesigen Diagnosesystem) enthalten Magersucht (Anorexia Nervosa), Bulimie, Essenfälle und Erbrechen bei anderen psychischen Erkrankungen und Restkategorien. In die Restkategorien kommt noch die Binge Eating Disorder (Essenfälle ohne Kompensationsmaßnahmen wie Erbrechen, Abführmittelmissbrauch oder exzessiven Sport). Dafür gibt es im DSM 5 (seit 2013, genutzt eher in der Forschung und z.B. in den USA für die Diagnostik) eine eigene Diagnose. Binge Eating kommt bei Frauen mit einem Verhältnis von ca. 3:2 häufiger vor als bei Männern und unter anderen die Störung begünstigende Bedingungen werden restriktives Essverhalten der Mutter und häufige Diäten, die die Selbstregulation von Hunger und Essverhalten beeinträchtigen, diskutiert.
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Decius
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Decius »

Andre Peschke hat geschrieben: 17. Apr 2019, 11:16
2. Wir müssten diskutieren wie tauglich der BMI grundsätzlich ist. Deine Aussage basiert ja auf der Prämisse, dass das ein "guter Indikator sein sollte". Das kann ich nicht beurteilen. Nehmen wir an, das stimmt: Dann müssten wir (zusätzlich zu der von dir vermerkten Veränderung der Demographie) Veränderungen an der BMI-Berechnung über die Zeit und insbesondere Veränderungen der Schwellenwerte auch noch einbeziehen (ab welchem Wert wird jemand als übergewichtig klassifiziert & war dieser Schwellenwert konstant über die Jahre oder wurde er evtl. gesenkt?). Sieht man ja zB bei Verbrechensstatistiken sehr häufig, dass durch die Veränderung von Erfassungskriterien der Eindruck entsteht, dass eine bestimmte Art von Vergehen zurückgeht / häufiger auftritt und dabei werden Daten nur anders verarbeitet.

Muss man eigentlich nicht groß diskutieren, weil die Wissenschaft da recht eindeutig ist - der BMI ist sehr gut geeignet die langfristigen Gesundheitsaussichten eines Menschen vorauszusagen: https://www.thisisinsider.com/bmi-may-b ... th-2018-12
Das größte Problem des BMI ist, dass er zu nett zu übergewichtigen Menschen ist, und es sein kann, dass man ungesund viel Fett haben kann, aber trotzdem normalgewichtig ist. Die Anzahl der fitten Bodybuilder, die laut BMI adipös sind (das Beispiel, dass immer herausgeholt wird) trifft ein paar zehntausend Menschen auf der Welt - und da reicht ein Blick um die als Ausnahme zu klassifizieren. Keiner hätte Arnold mit einem BMI von 31 zu seinen Glanzzeiten geraten abzuspecken - weil eben klar ersichtlich, dass er kein Problemfall war. Das waren die Steroide, aber das ist ein anderes Thema)
Der Schwellenwert wurde in 150 Jahren nur einmal geändert - in den späten 90ern, wo Übergewichtig von BMI 27 auf BMI 25 gesenkt wurde, aufgrund vieler Studien, dass eben BMI 27 unhaltbar hoch war.

Das Thema ist mir ein bisschen wichtig - war ich doch lange das Klischeebild vom fetten Nerd mit 126 kg/BMI 39. Bis ich in 1,5 Jahren auf 75 kg/BMI 22 abgespeckt habe. Weil mit 38 der Körper die Jahrzehnte der Misshandlung nicht mehr mitmacht.
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sleepnt
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von sleepnt »

Ich sehe bei mir es ebenso wie die Sprecher.

Allerdings ist mein Avatar wie eine Erweiterung meiner Selbst, weshalb ich diesen weniger hinterfrage. Zumal ja sogar im Falle eines Charaktereditors ja sogar es mir manchmal überlassen wird (es gibt manche, wo ich Körpergewicht zumindest in Maßen beeibflussen kann). Dann ist es ja sogar selbstwirksam, wenn ich mir da meinen gestählten Supermann zusammenstelle.

Aber ich glaube, dass Spiele da zum Gesamtbild aller Medien dennoch Beitragen und sich da Film, Fernsehen und Werbung (etc.) anschließen.
Pestilence
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Pestilence »

Decius hat geschrieben: 17. Apr 2019, 12:04 Das Thema ist mir ein bisschen wichtig - war ich doch lange das Klischeebild vom fetten Nerd mit 126 kg/BMI 39. Bis ich in 1,5 Jahren auf 75 kg/BMI 22 abgespeckt habe. Weil mit 38 der Körper die Jahrzehnte der Misshandlung nicht mehr mitmacht.
Du bist Dir aber schon darüber im klaren, dass das überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat und eine BMI-Diskussion eher schädlich bei diesem Thema ist? Es geht nicht darum ob die Menschen mit sich selbst zufrieden sind, weil ihr BMI stimmt, sondern ob Spiele mit dafür verantwortlich sein können, dass Menschen unglücklich mitnichten Aussehen sind. Auch wenn ich mal davon ausgehe das du zufrieden mit deinem Körper bist, lässt keine deiner Aussagen darauf schließen, ob du mit deinem BMI von 22 unglücklicher bist, nachdem du Spiele mit Charakteren gespielt hast, die vielleicht in deinen Augen schöner sind als du selbst.

Dünn, in Definition nach dem BMI, sein bedeutet nicht, dass man nicht unglücklich über sein Aussehen sein kann, ganz im Gegenteil. Ich kenne mehr als genug Patienten mit Lungenerkrankungen, die waren mit einem BMI von bis zu 20 unglücklicher, als mit einem BMI von 30. Deine persönlichen Aussagen gehen völlig an der Realität vorbei, die ich in meinem Alltag erlebt habe. Deswegen bleibe ich dabei, jegliche weitere Diskussion im Zusammenhang vom BMI und der Selbstzufriedenheit, sind absolut schädlich für dieses Thema.
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Sakesleg
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Sakesleg »

Ich glaube nicht dass Spiele-Charaktere dazu führen dass man mit seinem Aussehen unzufrieden ist - dafür sind diese in den aller meisten Fällen noch zu weit davon entfernt wie echte Menschen auszusehen und dem Spieler ist jederzeit klar dass das eine künstliche, virtuelle Figur ist. Fotos von echten Menschen, die dann für den Laien unsichtbar krass überarbeitet werden, verzerren das Bild davon wie echte Menschen aussehen viel schlimmer.
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Schlagerfreund
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Schlagerfreund »

Ich halte mich dann lieber mal an dem was in der Folge so erzählt worden ist und lasse so Seitenfelder wie BMI mal aus.

Ich mache eigentlich zwei Arten von Charakteren in Spielen. Entweder sind es schon Versionen die mir möglichst nahe kommen. Aber da geben viele Spiele nicht die wirklichen Möglichkeiten. Ich sehe halt ziemlich unauffällig aus und bin nur 1.72m. Viele Spiele nutzen ja eher Standardgrößen für Spielfiguren, was ich technisch gesehen auch gut verstehen kann.

Die zweite Art wären Charaktere die nix mit mir am Hut haben. Das wären z.B. weiblichere Charaktere, oder Figuren die über Attribute verfügen über die ich nicht verfügen kann. Mit dem Bart ist das nicht so wirklich etwas bei mir und lange Haare sehen bei mir auch komisch aus.

Ansonsten auch sehr oft etwas was dann eher in den Bereich Roleplaying geht. Wenn ein Spiel mir einen Hintergrund für eine Figur vermittelt, dann versuche ich auch die Figur so zu gestalten das sie in diesen Kontext passt und für mich glaubwürdig aussieht. Der "harte Outlaw" ist dann bei mir auch kein Jungspund mit Milchbubi Look.

PS: Wenn ich mich nicht täusche hatte Meister Peschke gestern Geburtstag. Glückwunsch!
bimbes1984

Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von bimbes1984 »

Ich versuche schon meinen Spielecharakter möglichst nahe an meinem Aussehen zu halten, das Problem ist nur, dass ich mein geiles Äußeres nur sehr schwer virtuell abbilden lässt, zu viele Muskeln, Narbe vom Kampf gegen einen Bären im Gesicht, dem Mariä Himmelfahrt-Tattoo, Sixback und vieles mehr.
Decius
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Decius »

Pestilence hat geschrieben: 17. Apr 2019, 13:03
Decius hat geschrieben: 17. Apr 2019, 12:04 Das Thema ist mir ein bisschen wichtig - war ich doch lange das Klischeebild vom fetten Nerd mit 126 kg/BMI 39. Bis ich in 1,5 Jahren auf 75 kg/BMI 22 abgespeckt habe. Weil mit 38 der Körper die Jahrzehnte der Misshandlung nicht mehr mitmacht.
Du bist Dir aber schon darüber im klaren, dass das überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat und eine BMI-Diskussion eher schädlich bei diesem Thema ist? Es geht nicht darum ob die Menschen mit sich selbst zufrieden sind, weil ihr BMI stimmt, sondern ob Spiele mit dafür verantwortlich sein können, dass Menschen unglücklich mitnichten Aussehen sind. Auch wenn ich mal davon ausgehe das du zufrieden mit deinem Körper bist, lässt keine deiner Aussagen darauf schließen, ob du mit deinem BMI von 22 unglücklicher bist, nachdem du Spiele mit Charakteren gespielt hast, die vielleicht in deinen Augen schöner sind als du selbst.

Dünn, in Definition nach dem BMI, sein bedeutet nicht, dass man nicht unglücklich über sein Aussehen sein kann, ganz im Gegenteil. Ich kenne mehr als genug Patienten mit Lungenerkrankungen, die waren mit einem BMI von bis zu 20 unglücklicher, als mit einem BMI von 30. Deine persönlichen Aussagen gehen völlig an der Realität vorbei, die ich in meinem Alltag erlebt habe. Deswegen bleibe ich dabei, jegliche weitere Diskussion im Zusammenhang vom BMI und der Selbstzufriedenheit, sind absolut schädlich für dieses Thema.
Ich verstehe dein Post ehrlich gesagt nicht, und schon gar nicht warum du so einen feindseligen Ton an den Tag legst. Mein Post kommt ja nicht aus der dünnen Luft, sondern als drittes in einem Diskussionszweig hier. Auch habe ich mit keinem Wort irgendwas in Sachen Aussehen oder Ästhetik gesagt - sondern zu dem Thema beigetragen um das es hier in dem (Neben)Diskussionsthema - Andres Post - ging - Gesundheit, welches sich aus dem Thema des Podcasts ergeben hat. Seltsam finde ich, dass du der Meinung bist anderen erklären zu müssen, was diskutiert wird und was nicht. Wo die Relevanz wie sich manche Lungenkranken fühlen in irgendeiner Weise meine persönliche Erfahrung negieren soll, ist mir auch nicht ganz klar. Meine Schwägerin fühlte sich mit 20 kg Übergewicht auch wohler als mit 10 kg Untergewicht während der Chemo - aber das lag an der Krebserkrankung, nicht am Gewicht (ging zum Glück auch beim zweiten Mal gut aus, sonst würde ich nicht so darüber schreiben). ;)
Tut mir leid, dass das Erwähnen meines persönlichen Hintergrundes, und warum das Thema mir am Herzen liegt, und vor allem die Relativierung der Gefahren des Übergewichts, dich so auf die Palme bringt. Ich werde in Zukunft vermeiden Diskussionsbeiträge in ein Diskussionsforum einzubringen.
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Andre Peschke »

Decius hat geschrieben: 17. Apr 2019, 12:04 Muss man eigentlich nicht groß diskutieren, weil die Wissenschaft da recht eindeutig ist - der BMI ist sehr gut geeignet die langfristigen Gesundheitsaussichten eines Menschen vorauszusagen: https://www.thisisinsider.com/bmi-may-b ... th-2018-12

Der Schwellenwert wurde in 150 Jahren nur einmal geändert
Gute Zusatzinfos, danke. Will nur nochmal rausstreichen, dass es mir weniger um die Zweifel ging, sondern um die Feststellung das wir uns in den Folgen auf eine bestimmte Perspektive fokussieren müssen, weil wir uns eben nicht auch noch dieses Zusatzwissen aneignen können.

Andre
Nimlod
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Nimlod »

Ich fand die Folge wieder sehr schön. Das Format gehört eindeutig zu meinen Lieblingen. Eine gut Kombination, Daumen hoch.
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Puschkin
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Puschkin »

Schönheitsideale ist ja nicht nur der BMI.
Es gibt ja auch die Frage von Proportionen die man auch übertreiben kann wenn man designt(in einem weiten Sinne zu verstehen: zeichnen, Computergrafik, bildhauerei etc).
Das ist wieder die Frage was darf Kunsthandwerk einerseist und die Frage nach Verantwortung andererseits.

Was mir in der Folge gefehlt hat daher waren die Perspektiven wie darüber geredet. Einerseits von Spielerinnen und Spielern und andererseits bei den Gamedesign Studios.
Habt ihr keine qualitativen Studien oder Interviews dazu gefunden?
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Wudan
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Wudan »

Interessante Folge.

Mein erstes Gefühl, das auf Selbstreflexion beruht, war eigentlich das selbe wie das der Podcster: No way, da gibt es keinen Effekt von Computerspielen ausgehend. Und zwar aufgrund von 2 Sachen:

1.) Wie auch im Cast erwähnt durch den relativ hohen Abstraktionsgrad. Der Klaff zwischen einer Figur in einem Game und mich als realen Menschen ist schon recht groß, auch wenn er quasi jedes Jahr kleiner wird, neige ich doch zu der Behauptung das man diese "Fantasiefiguren" nur schwer auf den eigenen Körper beziehen kann, selbst unbewusst.

2.) Aber noch mehr, ist mir als Spieler jederzeit sehr bewusst dass die Figur auf meinem Bildschirm genau so aussieht wie sie der Entwickler haben wollte. Der Unterschied zwischen dick und dünn ist im Zweifelsfall nur ein Slider der vom Designer von rechts nack links gezogen wird. Das hat mit der Realität nichts zu tun. Ich weiß doch das die Figur auf dem Bildschirm für ihre Muskeln rein gar nichts getan oder geleistet hat, dass das alles nur Pixel sind die beliebig verändert werden können, und damit in mir auch kein "Neid" verursachen können. Hinter der sportlichen Figur steckt kein Training, sondern ein Editor. Allein deswegen würde ich schon behaupten das mich sowas vollkommen unbeeindruckt lässt.

Aber dann wiedderum.... kommt mir ein Gedanke der mich dann doch wieder zweifeln lässt:

Nehmen wir als Beispiel doch mal Senua, aus Hellblade: Senuas Sacrifice. Hier ist die Spielfigur nicht nur äußerst lebensecht dargestellt, obendrein ist ja auch durch diverse Entwicklervideos und Making Of´s bekannt dass das tatsächlich die Darstellerin Melina Jürgens ist, die "abgescannt" und digitalisiert wird. Man sieht in den Entwicklervideos wie sie tatsächlich trainiert, Hanteln hebt um muskulöse Oberarme zu kriegen, die Bewegungen einer Kriegerin in der echten Welt einübt. Natürlich wird ihre Figur am Ende trotzdem nachbearbeitet im Computer, dennoch verschwimmen hier die o.g. Grenzen voll und ganz, und ich kann mir durchaus vorstellen dass Senua von (natürlich eher weiblichen) Spielern idealisiert werden kann. Männliche Beispiele fallen mir dazu gerade keine ein, aber ich bin sicher es gibt sie. Und in Zukunft wird es immer mehr davon geben da die Produktionsweise von Spielen ja immer mehr in diese Richtung geht.

Also letztendlich denke ich dass diees Thema in Zukunft immer aktueller werden wird, da die Technik schnell und weit voranschreitet und die Grenzen zwischen Pixelfigur und echten Menschen merklich anfangen sich aufzulösen.
Raptor 2101
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Raptor 2101 »

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 04:05 [Am saubersten wird wohl in der Teilchenphysik gearbeitet, aber zugegebenermaßen kann man hier am besten unter wirlichen Laborbedingungen arbeiten; der Mensch ist nunmal ein komplexes Wesen mit freiem Willen, außerdem ist Mensch nicht gleich Mensch und Studien mit Tausenden von Menschen wären etwas teuer…]
Der ITER war ja gerade günstig, der LHC ein Schnäppchen und die "perfekten Silizium-Kugeln" gab's auf dem Krabbeltisch. In den "harten" Wissenschaften gibt es auch keine perfekten Laborbedingen, die schaffen die sich selber, koste es was es wolle (im reinsten Wortsinne...)

Der Ansatz aus der Korrelation von Eingangs/Ausgangsignal eine Aussage über das Verarbeitende System zu machen halte ich für "gewagt", sobald man ein sich ständig veränderndes und selbst anpassendes System wie zb. das Menschliche Gehirn hat und man schlicht noch keine Ahnung hat wie im Detail die Operationen funktionieren. Das ist schon bei komplexen "Toleranzbelasteten" fixen Systemen kompliziert bis unlösbar (und das ganz ohne quantenphysikalische Effekte/Zufall)

Meine These: wir werden die Menschliche Psyche erst verstehen wenn sich ein paar Mathematiker,Informatiker und BioPhysiker hingesetzt haben, einen sündhaft teuren Großrechner mit einem noch teuren Modell beworfen haben und das am Ende auf 42 auflöst :D
RogueMike
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von RogueMike »

Andre Peschke hat geschrieben: 17. Apr 2019, 11:16 1. Im Kontext unserer Diskussion ging es um eine ästhetische Unzufriedenheit. Sprich: Ich bin unglücklich mit meinem Aussehen. Nicht mit meiner Gesundheit. Das Ästhetische Ideal ist an letzteres ja eben nicht gekoppelt, denn wir können ein Schönheitsideal haben, dass sowohl quasi Magersucht befördert oder auch eines, dass Fettleibigkeit idealisiert. Die psychische Belastung weil ich zu stark von einem Ideal abweiche, existiert also unabhängig von einem BMI (theoretisch könnten wir heute alle viel fetter, aber viel zufriedener mit unserem Aussehen sein, wenn die Rahmenbedingungen sich entsprechend gewandelt hätten). Und man würde hoffen - das kann ich aber nicht beantworten - dass die Studien hier entsprechend diese Variable kontrolliert haben (die Diskussion dazu, wie wichtig das ist, hatten wir ja). Wäre ja auch recht einfach herstellbar, indem man Gruppen untersucht, die eindeutig nach BMI zufrieden sein dürfen.
Ja, das ist ein wichtiger Punkt, dass das ästhetische Ideal das Gesundheitsideal nicht zwangsläufig adäquat abbildet. Nur, bezogen auf unsere heute westliche Gesellschaft, ist die Lücke da wirklich nennenswert? Ich habe das Gefühl, dass magersüchtige Körper durchaus als unästhetisch empfunden werden und übergewichtige Körper wiederum ebenfalls als vom Ideal abweichend. Und bzgl. der Vorstellung einer hypothetischen Gesellschaft, in der ein starkes Übergewicht überwiegend als Ideal gesehen wird: Ist ein solchen Szenario wirklich realistisch, außerhalb eines gewissen Mangels an Nahrung? (was dann insgesamt einer Dystopie gleichkäme, trotz mehr durchschnittlicher Körperbild-Zufriedenheit) In meiner Gedankenwelt eher nicht, aber ich habe in solchen Dingen vielleicht keine besonders starke Imagination.
Andre Peschke hat geschrieben: 17. Apr 2019, 11:16 2. Wir müssten diskutieren wie tauglich der BMI grundsätzlich ist. Deine Aussage basiert ja auf der Prämisse, dass das ein "guter Indikator sein sollte". Das kann ich nicht beurteilen. Nehmen wir an, das stimmt: Dann müssten wir (zusätzlich zu der von dir vermerkten Veränderung der Demographie) Veränderungen an der BMI-Berechnung über die Zeit und insbesondere Veränderungen der Schwellenwerte auch noch einbeziehen (ab welchem Wert wird jemand als übergewichtig klassifiziert & war dieser Schwellenwert konstant über die Jahre oder wurde er evtl. gesenkt?). Sieht man ja zB bei Verbrechensstatistiken sehr häufig, dass durch die Veränderung von Erfassungskriterien der Eindruck entsteht, dass eine bestimmte Art von Vergehen zurückgeht / häufiger auftritt und dabei werden Daten nur anders verarbeitet.
Ich denke, die BMI-Berechnung ist immer dieselbe geblieben. Diese simple Formel wurde überhaupt erst ins Leben gerufen, weil sie sich so leicht mit Hilfe eines Taschenrechners umsetzten lässt und vermutlich trotzdem ganz gut das Gesundheitsmaß im Sinne des Gewichts abbildet. Der Körperfettanteil ist wahrscheinlich die Größe, an der man eigentlich interessiert sein sollte. Diesen müsste man selbstverständlich auf das Geschlecht beziehen, denn Frauen haben aus biologischen Gründen naturgemäß einen höheren Körperfettanteil - spätestens hier wäre dann auch die sich verändernde Altersstruktur relevant, da Frauen in hohem Alter anzahlmäßig dominieren.

Warum nimmt man aber nicht den Körperfettanteil? Wir stoßen hier auf gewaltige Probleme im Sinne der Datenerfassung. Mit einfachen Mitteln ist er nicht hinreichend akkurat erfassbar, denn Körperfettwaagen sind sehr ungenau. Caliper-Messungen gelten als genauer, aber diese sind zeitlich aufwändiger und werden gerade von Menschen mit hohem Körperfettanteil als invasiv empfunden, denn hier wird die Dicke der Fettschicht an verschiedenen Körperstellen mit einer Art Zange abgegriffen und gemessen.

Akkurate Körperfettmessungen sind also nicht in großer Menge verfügbar, Größe und Gewicht jedoch schon. Wahrscheinlich wäre es möglich (und es wurde vermutlich bereits schon gemacht), basierend auf denselben beiden Variablen eine Formel zu entwickeln, die den Körperfettanteil besser abbildet, denn vermutlich über- bzw. unterschätzt der BMI den Körperfettanteil in bestimmten Bereichen der Körpergröße. Nur für die entsprechende Umsetzung hierfür bräuchte man die Rohdaten der Datenpaare Körpergröße und Körpergewicht. (wäre sicher irgendwie zu beschaffen)

Bzgl. der Veränderungen der Schwellenwerte: Ich denke, dass die BMI-Werte, ab der unter normalen Umständen Gesundheitsprobleme wahrscheinlich werden, (für eine bestimmte Altersklasse) eher universell bzw zeitlos sind und entsprechende Anpassungen eher aufgrund "später Einsicht" bzw. neuer Forschungsergenisse entstehen. Wenn dem nicht so wäre, müssten im Laufe der Zeit dramatische Dinge passieren wie
a) die durchschnittliche Körpergröße ändert sich deutlich
b) der durchschnittliche Körperfettanteil für bestimmte BMI-Regionen ändert sich stark (Beispiel: auf einmal viele ernsthafte Bodybuildr in der Gesellschaft)
Andre Peschke hat geschrieben: 17. Apr 2019, 11:16 Wir haben das konkret thematisiert in Bezug auf den Druck dem auch Männer ausgesetzt sind, einem bestimmten Schönheitsideal zu genügen und welche Maßnahmen sie zu ergreifen bereit sind, um diesem Ideal zu genügen. Das kann IMO beim verständigen Hörer nicht diesen Anschein erwecken.
Ok.

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Noch ein paar Anmerkungen/Wünsche bzgl. des Zitierens von Studien:

In dieser Ausgabe von Nachgeforscht wurden mindestens zwei Studien zitiert, die offenbar von Captain Obvious veröffentlicht wurden. Zum einen die mit den Lesern von Fitnessmagazinen bzw. Gaming-Zeitschriften, zum anderen die über die Schädlichkeit (im Simme der Körper-Selbstwahrnehmung) von Instagram vs. Youtube etc.. Einerseits wirkt das Zitieren solcher Studienergebnisse einigermaßen sinnfrei, aber vermutlich gibt es in diesem Bereich einfach kaum (oder nur schwer auffindbare) sinnvolle Studien. Außerdem habt ihr auf die methodischen Schwächen hingewiesen, es war also für den Hörer dennoch lehrreich. :)

Dennoch würde ich mir im Allgemeinen wünschen, dass etwas genauer darauf eingegangen wird, zu welchen Ergebnissen die Studien genau gekommen sind. D.h. bei einem Ranking wäre erwähnenswert wie groß die Unterschiede zwischen den Rängen genau sind und im Allgemeinen würde ich mir mehr Zahlen wünschen, d.h. wenn ein Unterschied festgestellt wurde, wie groß ist dieser bzw. was ist genau ist die statistische Aussage, welches Signifikanzniveau wurde verwendet bzw. wie groß ist der p-value? Darüber hinaus könnte man natürlich noch interessiert sein, wie sauber gearbeitet wurde, so werden manchmal die falsche Hypothesentests verwendet, etwa weil bestimmte Grund-Voraussetungen über die Verteilungen der Daten gar nicht erfüllt sind, aber da dies den Rahmen sprengen würde, wäre eine sinnvolle Alternative, einfach Links zu den Studien im Forum zu posten oder aber im Podcast standardmäßig die Autoren und den Titel der Studie zu nennen.

Trotz all meiner Kritik zu dieser Ausgabe bin ich sehr froh, dass dieses Format existiert. Es bringt in Regelmäßigkeit interessante Erkenntnisse ans Tageslicht in angenehm vorgetragener Form, auch in dieser Episode konnte man etwas mitnehmen und wer Kahneman empfiehlt, hat sowieso automatisch meine Sympathien. :) (Gäbe man mir den Auftrag, einer beliebigen Person genau ein Buch zu empfehlen, dann wäre es wohl "Thinking, fast and slow".)
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Re: Nachgeforscht: Körperbilder

Beitrag von Andre Peschke »

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 19:32 Ich habe das Gefühl, dass magersüchtige Körper durchaus als unästhetisch empfunden werden und übergewichtige Körper wiederum ebenfalls als vom Ideal abweichend.
Es geht in der Diskussion ja nicht um die Extreme, sondern darum dass viele Menschen unglücklich einem Ideal hinterherlaufen, obwohl sie gesundheitlich noch völlig im Rahmen sind (und die mit ihrem Körpertypus vielleicht nichtmal realistisch erreichbar sind). Ich verstehe dein Anliegen zu sagen "Übergewicht ist auch ein Problem und evtl. das erheblich dringlichere". Aber hier ging es nunmal um das andere Ende des Spektrums, da Übergewicht nicht medial zelebriert wird und Übergewichtige Avatare in Spielen gibt es fast nicht. Ergo war dies nicht Bestandteil unserer Betrachtung. Wir sind ja kein Gesundheitspodcast.

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 19:32Dennoch würde ich mir im Allgemeinen wünschen, dass etwas genauer darauf eingegangen wird, zu welchen Ergebnissen die Studien genau gekommen sind. D.h. bei einem Ranking wäre erwähnenswert wie groß die Unterschiede zwischen den Rängen genau sind und im Allgemeinen würde ich mir mehr Zahlen wünschen, d.h. wenn ein Unterschied festgestellt wurde, wie groß ist dieser bzw. was ist genau ist die statistische Aussage, welches Signifikanzniveau wurde verwendet bzw. wie groß ist der p-value?
Wir wollen mal eine Folge dazu machen, wie man Studien lesen und verstehen kann. Aber das ganze wird nicht so tief einsteigen können, wie du es hier beschreibst. Dann wird es unverständlich (IMO) und es wäre auch vom Aufwand her für Helge nicht machbar jede Studie zusätzlich noch auf diesem Detailgrad so aufzubereiten, dass er sie für den Hörer nachvollziehbar wiedergeben kann.

RogueMike hat geschrieben: 17. Apr 2019, 19:32Darüber hinaus könnte man natürlich noch interessiert sein, wie sauber gearbeitet wurde, so werden manchmal die falsche Hypothesentests verwendet, etwa weil bestimmte Grund-Voraussetungen über die Verteilungen der Daten gar nicht erfüllt sind, aber da dies den Rahmen sprengen würde, wäre eine sinnvolle Alternative, einfach Links zu den Studien im Forum zu posten oder aber im Podcast standardmäßig die Autoren und den Titel der Studie zu nennen.
Letzteres ist sicher machbar und können wir gern tun - soweit machbar (so manche Studie ist ja nicht frei zugänglich).

Andre
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