Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

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Guthwulf
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Guthwulf »

Axel hat geschrieben: 29. Aug 2019, 10:58Allein der mediale Vorwurf dieser Art zerstört Leben. Davon kann sich ein Betroffener nie wieder freischwimmen, irgendwas wird in den Augen der Leuten immer bleiben.
Ja, das ist ein gesellschaftliches Problem grad im Kontext der modernen Internetkultur. Selbstverständlich hat für den individuellen Fall immer "Unschuldig bis zum Beweis der Schuld" zu gelten und selbstverständlich ist der "Lynchmob" durch Öffentlichkeit oder sensationshungrige Medien zu verurteilen.

Du vergisst oder ignorierst dabei aber die Kehrseite.

Es gibt den genauso fatalen medialen Vorwurf, dass es eigentlich irgendwie Schuld des Opfers sei oder den Generalverdacht, dass es dem Opfer nur um Aufmerksamkeit und Geld ginge.

Überall wo es Machtgefälle gibt, gibt es Machtmißbrauch und das Ausmaß an (akzeptiertem oder indirekt toleriertem) sexuellem Mißbrauch ist ebenfalls ein großes gesellschaftliches Problem. Die Opfer dieser Verbrechen stehen naturgemäß auf der Seite mit weniger Macht, sind durch das Verbrechen traumatisiert und haben oft (die sehr berechtigte Befürchtung) nicht ernstgenommen oder gesellschaftlich verurteilt zu werden. Deshalb kamen und kommen diese Verbrechen oft nie oder viel zu spät zur Anzeige. Erst durch die Öffentlichkeit von Mißbrauchsfällen (durch öffentliche Bekenntnisse von Opfern), die daraus resultierende öffentliche #MeToo Bewegung und die Angst vor den negativen Konsequenzen einer Beschuldigung, hat es überhaupt erst eine gesellschaftliche Diskussion und Fortschritte gegeben.

Deshalb kann ich es zumindest verstehen, wenn Opfer öffentlich gehen, auch wenn diese Öffentlichkeit dann natürlich leider ebenso mißbraucht werden kann. Die "Lösung" dazu kann aber nicht sein, dass Opfer öffentlich gefälligst die Klappe halten sollen und das Verbrechen rechtzeitig zur Anzeige bringen müssen, weil sie ansonsten "selber schuld" sind. Das ist nicht nur unfair gegenüber den traumatisierten und hilfsbedürftigen Opfern, sondern hat ja in der Vergangenheit nachweislich nicht funktioniert. Andernfalls hätten wir das gesellschaftliche Problem des sexuellen Mißbrauchs nicht.

Wie immer... kein Schwarz/Weiß sondern viele Graustufen und eine Abwägungsentscheidung.

EDIT: Mist... zu langsam...
Stuttgarter hat geschrieben: 29. Aug 2019, 11:42
Schlagerfreund hat geschrieben: 29. Aug 2019, 11:37
@Axel:
Schöner Survivorship Bias.
Gerade bei psychischen Erkrankungen oder Trauma gehen sehr viele Leute nicht zum Arzt und verheimlichen das auch vor ihrem Umfeld. Da ist bei Vergewaltigungen noch komplexer als bei "simplen" Sachen wie z.B. Depressionen.
Vor allem ist die Argumentation ein fataler Teufelskreis. Da Vergewaltigungen nach wie vor, obwohl mittlerweile wenigstens drüber diskutiert wird, oft ein absolutes Tabu darstellen. Frauen reden oftmals nicht darüber, was ihnen passiert ist. Geben sich selbst die schuld. Schämen sich. Um das aufzubrechen, müssen Debatten wie #metoo stattfinden. Um Frauen zu zeigen, dass sie darüber reden müssen. Dann kommen aber (vor allem) Männer und fürchten, dass Männer zu Unrecht beschuldigt werden könnten.
Volle Zustimmung! Und diese Aussagen negieren selbstverständlich auch nicht das Problem, dass diese Öffentlichkeit in Einzelfällen mißbraucht werden kann. Das ist selbstverständlich auch ein Problem, nur in diesem Kontext vielleicht nicht gaaanz so wichtig wie das erstere (des sexuellen Mißbrauchs)
Zuletzt geändert von Guthwulf am 29. Aug 2019, 11:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Schlagerfreund
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Schlagerfreund »

Besonders erschreckend finde ich da auch gewisse Tendenzen. Ich habe gelesen das es z.B. in der Frauenklinik der Universitätsmedizin Frankfurt einen Notfallservice/Soforthilfe Service für Frauen gibt die das Opfer von Vergewaltigungen geworden sind. In dem Zusammenhang wurde genannt das nur 8% der Frauen die Opfer einer Vergewaltigung geworden sind diese auch zur Anzeige bringen. Das schließt übrigens keine Dunkelziffer ein. In Frankfurt wird dann in der Klinik auch das Angebot gemacht das man auch Spuren sichert. Ohne diese Sicherung von Spuren ist es dann auch vor Gericht schwierig. Erschreckend ist das von in den letzten 12 Monaten dort von 20 Frauen nur 10 Spuren haben sichern lassen und nur eine einzige Frau Anzeige hat erstatten lassen. Das liegt wohl oft damit zusammen, dass die Täter aus dem engstem Umfeld kommen.
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Axel
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Axel »

Ich bin raus. Übrigens: Ich bin ebenfalls Opfer einer langjährigen Vergewaltigung. Aber ist ja egal, bin ja nur ein weißer Mann.
Stuttgarter
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Stuttgarter »

Axel hat geschrieben: 29. Aug 2019, 11:57 Übrigens: Ich bin ebenfalls Opfer einer langjährigen Vergewaltigung.
Und das ist furchtbar. Und durch nichts zu entschuldigen, zu relativieren oder sonstiges.

Und somit bist letztlich auch Du vermutlich Teil von #metoo. Da geht es nicht um "Männer gegen Frauen". Sondern um "Machtmissbrauch gegenüber wie auch immer abhängigen". Von Anfang an wurde bei #metoo immer betont, dass es nicht um eine reine Geschlechtersache geht. Die Realität sieht nur halt so aus, dass in den absolut überwiegenden Fällen Männer ihre Macht gegenüber Frauen ausnutzen. Das Beispiel Spacey hat aber schon vor zwei Jahren gezeigt, dass nicht nur Frauen Opfer sind.
ZiggyStardust
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von ZiggyStardust »

Stuttgarter hat geschrieben: 29. Aug 2019, 11:15 Ganz ehrlich, ich kanns nicht mehr lesen. Auf vermutlich 999 Frauen, die schon mal Opfer sexueller Gewalt wurden, kommt ein Kachelmann. Das schließe ich recht salopp aus den Zahlen der Bundesregierung, nach der jede dritte Frau über 18 schon mindestens einmal Opfer sexueller Gewalt wurde. Wahrscheinlich geht das Verhältnis "vergewaltigte Frau" <-> "zu Unrecht beschuldigter Mann" also noch viel weiter auseinander.

Könnten wir uns ausnahmsweise bitte mal tatsächlich auf die massenhaft Frauen konzentrieren, die tagtäglich Opfer werden? Statt die paar Männer, die zu Unrecht beschuldigt werden?
Das stimmt so einfach nicht. Es sind eher so um die 20%.:
Insgesamt 78 Ermittlungsverfahren führte die Rostocker Kripo im Jahr 2017 wegen sexueller Übergriffe gegen Frauen. „63 davon wurden wegen begründeter Zweifel am Ende eingestellt. In 15 Fällen haben wir sogar Verfahren gegen die Frauen einleiten müssen – wegen des Vortäuschens einer Straftat oder auch falscher Verdächtigung“, sagt Ermittlerin Britta Rabe.
https://www.ostsee-zeitung.de/Nachricht ... getaeuscht

Weil im Zuge von #MeToo immer wieder der Name Woody Allen fiel, hab ich versucht so viele Artikel wie möglich dazu zu lesen. Am Plausibelsten war aber am Ende aber ein Blogartikel einer seiner Adoptivsöhne. Und der lässt einen daran zweifeln, dass Mia Farrow die Wahrheit sagt und nicht ihre Kinder gegen ihren Ex-Mann aufgehetzt hat.
To those who have become convinced of my father’s guilt, I ask you to consider this: In this time of #MeToo, when so many movie heavyweights have faced dozens of accusations, my father has been accused of wrongdoing only once, by an enraged ex-partner during contentious custody negotiations. During almost 60 years in the public eye, not one other person has come forward to accuse him of even behaving badly on a date, or acting inappropriately in any professional situation, let alone molesting a child. As a trained professional, I know that child molestation is a compulsive sickness and deviation that demands repetition. Dylan was alone with Woody in his apartment countless times over the years without a hint of impropriety, yet some would have you believe that at the age of 56, he suddenly decided to become a child molester in a house full of hostile people ordered to watch him like a hawk.
http://mosesfarrow.blogspot.com/2018/05 ... arrow.html

Das Problem in der Spieleindustrie ist die toxische Boys-Club-Mentalität. Studios müssen diverser werden, dann erledigen sich die Probleme nicht von selber, aber es wird schwerer für die Täter innerhalb des Unternehmens Akzeptanz für ihr Verhalten zu bekommen. In großen Unternehmen herrscht einfach eine andere Sensibilität für das Thema als in dem typischen Spielestudio.
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Schlagerfreund
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Schlagerfreund »

@ZiggyStardust
Wenn man sich etwas tiefer mit dem Thema beschäftigt, dann sieht man auch das in Deutschland die Zahlen in den Bundesländern teilweise massiv auseinander gehen. Ansonsten muss man auch vorsichtig sein, weil der Artikel auch nur aussagt das bei 15 von 78 Fällen in Rostock wegen Täuschung ermittelt wird. Die Ergebnisse davon werden aber nicht genannt.
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Stuttgarter »

ZiggyStardust hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:17

Das stimmt so einfach nicht. Es sind eher so um die 20%.:
Insgesamt 78 Ermittlungsverfahren führte die Rostocker Kripo im Jahr 2017 wegen sexueller Übergriffe gegen Frauen. „63 davon wurden wegen begründeter Zweifel am Ende eingestellt. In 15 Fällen haben wir sogar Verfahren gegen die Frauen einleiten müssen – wegen des Vortäuschens einer Straftat oder auch falscher Verdächtigung“, sagt Ermittlerin Britta Rabe.
https://www.ostsee-zeitung.de/Nachricht ... getaeuscht
Moment. Du vermischst hier zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben. Einerseits die zur Anzeige gebrachten Vorfälle - andererseits die Zahl der Bundesregierung "jede dritte Frau", in der die Dunkelziffer enthalten ist.

Abgesehen davon, dass es nicht grade statthaft ist, die Zahl der Rostocker Kripo aus dem Jahr 2017 als Beleg für eine gesellschaftliche Allgemeinaussage zu nehmen. Wir sind uns hoffentlich einig, dass 78 Rostocker Ermittlungsverfahren relativ wenig aussagen bei ca. 10 Millionen Opfern in Deutschland. :ugly:

[Edit: Die 10 Millionen sind eine Schätzung. 2017 gabs 41 Millionen Frauen in Deutschland. Da ich keine Statistik gefunden habe, wieviel davon volljährig waren, hab ich großzügig mal 11 Millionen Minderjährige unterstellt. Somit laut Bundesregierung 10 Millionen Opfer.]
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Sakesleg
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Sakesleg »

Was heißt in dem Zusammenhang eigentlich 'Opfer sexueller Gewalt'? Zählt in diese Statistik auch ein ungefragt zugeschicktes Penisfoto? (auch unschön aber doch Welten von einer Vergewaltigung entfernt)
ZiggyStardust
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von ZiggyStardust »

Schlagerfreund hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:21 @ZiggyStardust
Wenn man sich etwas tiefer mit dem Thema beschäftigt, dann sieht man auch das in Deutschland die Zahlen in den Bundesländern teilweise massiv auseinander gehen. Ansonsten muss man auch vorsichtig sein, weil der Artikel auch nur aussagt das bei 15 von 78 Fällen in Rostock wegen Täuschung ermittelt wird. Die Ergebnisse davon werden aber nicht genannt.
Sicher gehen die Zahlen auseinander, aber Falschbeschuldigungen sind jetzt auch nicht die absolute Ausnahme wie suggeriert. Arschlöcher gibt es bei beiden Geschlechtern. Der Großteil aller Männer vergewaltigt keine Frauen. Punkt. Mir stößt es sauer auf, dass das Thema seit 2015 so omnipräsent ist, aber als nur Deutsche die Täter waren, das ganze eher selten thematisiert wurde. Vergewaltigungen in der Ehe waren sogar bis 1997 straffrei und jetzt erzählen uns die gleichen Politiker wie gefährlich Deutschland geworden wäre in den letzten Jahren.
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derblaueClaus
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von derblaueClaus »

Puh, das Thema ist dann doch deutlich komplexer als Stuttgarter, Schlagerfreund und Guthwulf uns hier weismachen wollen. Nur weil man zur Zurückhaltung bei der Vorverurteilung warnt, heißt es noch lange nicht, dass man der anderen Seite den Mund verbietet. Im Gegenteil. Aber Sexualität und damit auch das Sexualstrafrecht sind extrem komplex. Jedem Vorwurf nachzugehen ist richtig, jeden Vorfall vorzuverurteilen, weil ja eine (im Übrigen falsche @Stuttgarter) Statistik die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers gering macht ist selbstgerecht, schädigt potentiell andere erheblich und wird der komplexen Situation in keinem Fall gerecht.

Ich finde es zusammengefasst erschreckend, mit welche nonchalance der Wert der öffentlichen Integrität Anderer und die Grundsätze unseres Rechtsstaates zur Seite gefegt werden. Selbst wenn es nur ein unschuldiger von 100 ist ( Kriminologische Untersuchungen legen wie gesagt eine deutlich andere Zahl näher) muss es unser Anspruch sein, diesen 101 nicht zu verurteilen. Und zwar weder als Justiz noch als Gesellschaft.
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EchnaTron
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von EchnaTron »

Axel hat geschrieben: 29. Aug 2019, 11:33 Das wird immer gern behauptet. Aber gibt es dafür auch konkrete Beispiele? In Deutschland etwa beträgt die Verjährungsfrist von Vergewaltigung 20 Jahre. Wobei die Verjährung bis zum 30. Lebensjahr des Opfers ruht. Das heißt, man hat als Opfer, beispielsweise wenn man als Kind, Jugendlicher oder junger Erwachsener vergewaltigt wurde, noch Jahrzehnte später die Möglichkeit den Täter anzuzeigen. Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund die Verjährungsfrist so hoch gesetzt.
Mit Verjährung hatte mein Einwand nichts zu tun. Aber nimm doch einfach den folgenden, immer wieder vorkommenden Fall an:

Eine Frau wird Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung (welche im übrigen nicht immer Spuren hinterlassen muss) und traut sich aus diversen Gründen (gesellschaftliches Stigma, Machtgefälle zwischen ihr und dem Täter, etc.) längere Zeit nicht, das zur Anzeige zu bringen. Was willst du da nach 5 Jahren noch nachweisen? Passiert ist es aber dennoch.
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Guthwulf
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Guthwulf »

derblaueClaus hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:42 Jedem Vorwurf nachzugehen ist richtig, jeden Vorfall vorzuverurteilen, (...) ist selbstgerecht, schädigt potentiell andere erheblich und wird der komplexen Situation in keinem Fall gerecht.
Volle Zustimmung. Mir is noch nich ganz klar, wo wir auseinanderliegen?
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Schlagerfreund
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Schlagerfreund »

Hat doch niemanden bestritten das der Großteil der Männer das nicht tut. Darum geht es doch auch nicht. Was meiner Meinung nach aber ein nicht unerheblicher Teil tut (besonders in der Branche) ist Verharmlosung, Täterschutz, Relativierung oder einfach Gleichgültigkeit.

Ansonsten kann man das auch spiegeln. Der Großteil der Frauen die so etwas zur Anzeige oder auch nur zur Sprache bringen sagen die Wahrheit. Hier hilft dann auch ein Blick in die Details. Falsche Anschuldigungen entstehen oft unter Druck oder sind auch nicht gerade selten psychischen Krankheiten geschuldet. So gab es z.B. einen Fall in dem eine Mädchen eigentlich einfach nur zu spät nach Hause gekommen ist und dann eine sexuellen Übergriff erfunden hat um den nicht unerheblichen Zorn ihrer Eltern zu entgehen. Ebenfalls gibt es auch diverse Fälle wo weibliche Stalkerinnen, immer wieder abgelehnt werden und dann irgendwann zu diesem Mittel greifen. Das ist alles mit Sicherheit kein Freischein und auch gefährlich, weil so jede Frau erstmal im Verdacht steht sich das "einfach nur ausgedacht" zu haben.

Wie gesagt halte ich es auch nicht für sehr sinnvoll das gesamte Spektrum zu diskutieren. Hier geht es doch um den leider "klassischen" Missbrauch von Machtpositionen und den Strukturen die sie gestalten und erhalten.
Was heißt in dem Zusammenhang eigentlich 'Opfer sexueller Gewalt'? Zählt in diese Statistik auch ein ungefragt zugeschicktes Penisfoto? (auch unschön aber doch Welten von einer Vergewaltigung entfernt)
Klar ist das nicht mit einer Vergewaltigung zu gleich zu setzen, aber gerade in dem Fall gibt es ja auch ein den Vorwurf das ein Masturbationsvideo geschickt worden ist und als die Reaktion darauf nicht positiv war wurde die eigene Machtposition ausgenutzt.
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derblaueClaus
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von derblaueClaus »

EchnaTron hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:44 Mit Verjährung hatte mein Einwand nichts zu tun. Aber nimm doch einfach den folgenden, immer wieder vorkommenden Fall an:

Eine Frau wird Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung (welche im übrigen nicht immer Spuren hinterlassen muss) und traut sich aus diversen Gründen (gesellschaftliches Stigma, Machtgefälle zwischen ihr und dem Täter, etc.) längere Zeit nicht, das zur Anzeige zu bringen. Was willst du da nach 5 Jahren noch nachweisen? Passiert ist es aber dennoch.
Wie fast jede Vergewaltigung in der Praxis nachgewiesen wird: Mit der Aussage des Opfers. Es ist ein großer Irrtum, dass man vor Gericht einen naturwissenschaftlich wasserdichten Beweis braucht. Auch dieses "Dann steht ja Aussage gegen Aussage" ist Unsinn. Letztlich kommt es darauf an, was und wem das Gericht größeren Glauben schenkt.
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Schlagerfreund
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Schlagerfreund »

derblaueClaus hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:48
EchnaTron hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:44 Mit Verjährung hatte mein Einwand nichts zu tun. Aber nimm doch einfach den folgenden, immer wieder vorkommenden Fall an:

Eine Frau wird Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung (welche im übrigen nicht immer Spuren hinterlassen muss) und traut sich aus diversen Gründen (gesellschaftliches Stigma, Machtgefälle zwischen ihr und dem Täter, etc.) längere Zeit nicht, das zur Anzeige zu bringen. Was willst du da nach 5 Jahren noch nachweisen? Passiert ist es aber dennoch.
Wie fast jede Vergewaltigung in der Praxis nachgewiesen wird: Mit der Aussage des Opfers. Es ist ein großer Irrtum, dass man vor Gericht einen naturwissenschaftlich wasserdichten Beweis braucht. Auch dieses "Dann steht ja Aussage gegen Aussage" ist Unsinn. Letztlich kommt es darauf an, was und wem das Gericht größeren Glauben schenkt.
Das stimmt so nicht. Gibt es z.B. medizinische Untersuchungen. Gibt es dafür typische Verletzungen? Gibt es z.B. Spuren von Sperma, Haaren oder Hautschuppen des mutmaßlichen Täters? Gerade deswegen ist ja eine schnelle Untersuchung und Sicherung dieser Spuren so wichtig. Inbesondere wenn der Täter eine wesentlich mächtigere Position hat als du selbst.

Die Aussage eines Opfers hilft auch nur dann wenn sie schlüssig ist und auch nachweisbare Verbindungen möglich macht. So kann sich z.B. ein Täter unglaubwürdig machen indem er Aussagen gemacht hat die falsch sind. Das ist besonders häufig der Fall wenn sich den zeitlichen Ablauf der möglichen Tat anguckt. Wenn da etwas nicht stimmig ist, dann macht sich die Person oft unglaubwürdig.

Aber wie gesagt, wir driften meiner Meinung nach wesentlich zu stark ab.
Legoli12
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Legoli12 »

Mal ganz unabhängig vom Fall *Beschuldigter* habe ich ein Frage, die vielleicht sehr dämlich klingt.
Wie berechnet man eigentlich Dunkelziffern?
Wir hören den Begriff immer wieder ob bei rechter Gewalt, sexuellem Missbrauch oder Verkehrsdelikten.
Per Defintion sind Dunkelziffern doch die Fälle, die nicht angezeigt wurden d.h. von denen die Polizei nichts weiß.
Ein Teil insbesondere bei sexuellem Missbrauch dürfte über die Krankenhäuser erfolgen wie der Beitrag von Schlagerfreund über das Frankfurt Uni-Klinikum nahelegt.
Ich frage mich deswegen, weil, wenn wir die Aussage des Artikels nehmen nachdem nur 8% der vergewaltigten Frauen das ganze zur Anzeige bringen, wir entweder eine Dunkelziffer von 316,25% (genau einem Drittel) oder 275% (Bei 30%) haben.
Das erscheint mir sehr viel, nicht unmöglich, aber sehr hoch.
Und nein natürlich behaupte ich in keinster Form, dass es sehr viele Fälle ohne Anzeige gibt insbesondere in einem solchen tabuisertem Thema.
Wer das behauptet hat mehr Vertrauen in die Menschenheit, als ich für gesund halte.
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam. - Cato der Ältere
(Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.)
Stuttgarter
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Stuttgarter »

ZiggyStardust hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:37
Mir stößt es sauer auf, dass das Thema seit 2015 so omnipräsent ist, aber als nur Deutsche die Täter waren, das ganze eher selten thematisiert wurde. Vergewaltigungen in der Ehe waren sogar bis 1997 straffrei und jetzt erzählen uns die gleichen Politiker wie gefährlich Deutschland geworden wäre in den letzten Jahren.

Da sind wir völlig beieinander - tatsächlich hab ich dank der Kölner Silvesternacht überhaupt erst richtig angefangen, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Da damals diese "frauenverachtenden Kulturen" plötzlich dauernd auftauchten - und ich den starken Verdacht hatte, dass vor 2015 für deutsche Frauen auch nicht alles Sonnenschein war. (Eine alles andere als repräsentative Umfrage in meinem persönlichen Umfeld hat das auch bestätigt - von 23 Frauen haben 22 bestätigt, schon mindestens einmal sexuell belästigt worden zu sein, und ich weiß mittlerweile von zehn Frauen, die schon mindestens einmal vergewaltigt wurden.)

In einem Punkt denk ich allerdings anders - ich denke, so zynisch das ist, dass es die Kölner Silvesternacht "gebraucht" hat, um das Thema allgemein gesellschaftlich bei uns zu debattieren. Und auch das ist zwar zynisch - aber Köln hat immerhin bewirkt, dass endlich das Sexualstrafrecht verschärft wurde. Ja, als "nur Deutsche die Täter waren", war das nicht so dringend. Der heutige Innenminister ist ja auch einer derjenigen, der 1997 noch gegen den "Vergewaltigung in der Ehe"-Paragraphen gestimmt hat.

Aber grade deswegen finde ich persönlich es eben wichtig, heutzutage über alle sexuellen Vergehen zu reden. Seit 2015 macht sich nämlich eben der Irrglaube breit, dass Frauen hier im Paradies lebten, gäbe es keine Migration.
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Guthwulf »

derblaueClaus hat geschrieben: 29. Aug 2019, 12:48Wie fast jede Vergewaltigung in der Praxis nachgewiesen wird: Mit der Aussage des Opfers. Es ist ein großer Irrtum, dass man vor Gericht einen naturwissenschaftlich wasserdichten Beweis braucht. Auch dieses "Dann steht ja Aussage gegen Aussage" ist Unsinn. Letztlich kommt es darauf an, was und wem das Gericht größeren Glauben schenkt.
Um es mit deinen eigenen Worten zu sagen: "Puh, das Thema ist dann doch deutlich komplexer als du es uns hier weismachen willst". :whistle:

Ja, bei Sexualdelikten steht leider oft "Aussage gegen Aussage", weil zu viel Zeit vergangen ist, es keine Zeugen gibt oder keine Beweise nach der Tat gesichert wurden (z.B. Dokumentation von Verletzungsspuren etc.). Es ist auch richtig, dass das wesentliche Beweismittel oft die Aussage des/der Anzeigenden ist, die der Aussage des Beschuldigten entgegensteht, wenn dieser die Tat bestreitet. Allerdings ist die Aussage "wem das Gericht größeren Glauben schenkt" eine irreführende Vereinfachung. Es gilt auch im deutschen Rechtssystem die Unschuldsvermutung. Deshalb muss nicht der Beschuldigte seine Unschuld sondern die Strafverfolgungsbehörde seine Schuld beweisen. Das Gericht hat im Falle einer Anklage die Aufgabe, einerseits die Rechte des Opfers zu schützen, aber andererseits die vorgelegten Beweise daraufhin zu prüfen, ob die Vorwürfe zutreffend sind. Da gibts dann aussagepsychologisches Gutachten und sehr detaillierte Untersuchungen ob und inwiefern die verschiedenen Aussagen plausibel sind bzw. Beweiskraft haben. Ist das Gericht – nach abgeschlossener Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweisergebnisse – nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt, hat es also Zweifel daran, muss es "im Zweifel für den Angeklagten" freisprechen.
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Re: Das "#Me Too" der Spieleindustrie? Vergewaltigungsvorwürfe gegen Entwickler

Beitrag von Guthwulf »

Legoli12 hat geschrieben: 29. Aug 2019, 13:06Mal ganz unabhängig vom Fall *Beschuldigter* habe ich ein Frage, die vielleicht sehr dämlich klingt. Wie berechnet man eigentlich Dunkelziffern?
Ganz einfach... qualifiziertes Raten ;) Eine Dunkelziffer mit Kommastellen ist unseriös. Bestenfalls kann man vage Größenordnungen abschätzen. Die beruhen dann auf anderen begleitenden Faktoren, Umfragen oder ähnlichem. Es geht ja "nur" darum, irgendwie abzuschätzen, wie viele Fälle es abseits der zur Anzeige gebrachten tatsächlich gibt. Ies ist klar, dass nicht jedes Verbrechen gemeldet wird und demnach auch nicht in den amtlichen Statistiken auftaucht. Aber wie groß diese Dunkelziffer tatsächlich ist, kann man in der Natur der Frage natürlich nicht konkret berechnen. Am Ende des Tages geht es nur um eine grobe Abschätzung um ggf. Handlungsbedarf zu erkennen und Ressourcen oder Maßnahmen zielgerichteter zuordnen zu können.
Zuletzt geändert von Guthwulf am 29. Aug 2019, 13:26, insgesamt 2-mal geändert.
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