Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

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Yometheus
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Yometheus »

Peninsula hat geschrieben: Hmmm... also gerade dieser Song bringt eine Haltung mancher Vertreter des Hip-Hop auf den Punkt, die ich ziemlich anstrengend finde und nur schwer nachvollziehen kann.
Einerseits schwingt da ein Stolz auf die eigenen Codes mit, andererseits ist man seltsam beleidigt, dass man von anderern "missverstanden" wird, die diese Codes nicht kennen. Einerseits ist man beleidigt, dass Rap nicht ernstgenommen wird, andererseits ist man beleidigt, wenn Texte ernstgenommen werden, die doch angeblich ganz anders zu lesen sind (So abwegig finde ich es bspw. nicht jemandem wie Kool Savas Homophobie zu "unterstellen", man denke an "Wo sind" mit Xavier Naidoo). Einerseits macht man sich bewusst respektlos über alles und jeden lustig, ist aber extrem dünnhäutig, wenn es um Rap als Gegenstand von Parodien geht usw.
Wow! Ganz starker Post! Möchte ich zu 100% unterschreiben! :)
Blaight hat geschrieben:Spricht einem schon aus dem Herzen.
https://www.youtube.com/watch?v=ZpB8URcuA38" onclick="window.open(this.href);return false;
Mein Bruder hat mir den Track vor paar Wochen gezeigt und meine Reaktion war: "Nee, find ich kacke!" 8-) . Ich kann mit diesem "Ich-hab-den-dicksten-Puller-und-der-wär-noch-größer-wenn-die-Welt-nicht-so-gemein-wäre"-Rap überhaupt nix anfangen. Der Beat is so lala und der Text ist einfallslos und platt:
Sie schreiben über Hip-Hop, da bei Noisey
Der Redakteur sagt Deutschrap enttäuscht ihn
Oh, du bist ’n Kenner, wie es aussieht!
No, du bist ’n Penner, wie du aussiehst!
Der im Track angesprochene POL1Z1STENS0HN von Böhmermann ist da um WELTEN besser, brauch ich nicht verlinken, kennt ihr bestimmt alle.

Um nochmal ausführlicher zu begründen, woher meine Meinung kommt:
"GangstaRap" war für mich schon immer ein zweischneidiges Schwert: Zum einen habe ich vor ca. 12 Jahren auch den einen oder anderen Track von Bushido hoch und runter gehört und das lag - so wie Blaight es in seinen Postings hier im Thread beschrieben hat - an der Gesamtsituation in meinem Leben, wo diese Art von Musik eine Mischung aus Therapie und Rebellion war. Ich habe gerade nochmal auf Wiki geschaut, auf Bushidos Album "Vom Bordstein bis zur Skyline" gibt es folgenden literarischen Erguss zu hören:
„Nur weil du eine Frau bist und man dir in den Bauch fickt, heißt es nicht, dass ich dich nicht schlage bis du blau bist“
Diesen Schwachsinn kann ich heute nicht mehr hören und finde vor allem die menschenfeindliche Haltung (z.B. gegenüber Frauen oder Homosexuellen) einfach nur widerwärtig. Das Album ist übrigens auch mittlerweile indiziert - zu Recht. Aber als mich meine erste Freundin damals richtig fies betrogen und verarscht hatte, und dann so nen derber Text auf nem fetten Beat daher kommt, da habe ich das bissl anders gesehen. Natürlich wollte ich nie jemanden tatsächlich wehtun, es ging mir beim Hören immer nur um die Provokation, welche diese Zeilen auslösen.

Zum anderen habe ich Hiphop ursprünglich als Form von Poesie kennengelernt. Bands wie Blumentopf, die nie jemanden gedisst haben, sondern sich immer nur selbst boosteten - "Ihr kriegt uns nicht still" ist für mich einer der besten Raps überhaupt, sowohl inhaltlich als auch stilistisch 8-) - und Rapper wie Curse, die immer einen starken, deepen Inhalt in den Vordergrund stellen. Gerade Curse ist für mich einer der besten Rapper, weil er auf der inhaltlichen und der stilistischen Ebene überzeugt. Tracks wie "Und was ist jetzt?" sind bei Trennungsschmerz auch wesentlich heilsamer und kraftvoller als abartige Gewaltphantasien.

Und wenn ich mir solche Perlen wie Käpt'n Pengs "Sie mögen sich", "Sockosophie" oder "Wer bist ich?" anhöre, dann fällt das Rumgehampel vor Statussymbolen und das Anzünden von Basketballkörben zu halbgaren Text für mich hinten runter. Also bitte nicht falsch verstehen, bitte hört euren Kram, so wie er euch gefällt, ich will hier niemanden zu nahe treten, habe euch alle liep :mrgreen: aber Tracks wie "Masafaka" habe ich nicht im Kopf, wenn ich begeistert von dieser Spielart Musik rede und schreibe.

Cool finde ich übrigens auch Gossenboss mit Zett, weil es so eindeutig ironisch ist, die Beats einfach reinhauen und der Typ verdammt nochmal gut rappen kann:
Du kaufst dir teure Technik, ich mach billige Raps
Kauf mir Linseneintopf und furz meinen Text
Das bringt mich weiter und ich finde es vom feinsten
Deine kunterbunte Hip-Hop Traumwelt grau zu streichen.
Kauf dir nicht mein neues Album, was willst du damit anfang'n?
Rap ohne Sinn, ohne Zusamm'nhang.
Ihr habt hier nichts gehört, heute hast du keine Wahl,
ich mach wieder schlechten Rap und was du denkst ist mir egal.
(Bla bla bla)
:lol: :lol: :lol:
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W8JcyyU
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von W8JcyyU »

Yometheus hat geschrieben:Bands wie Blumentopf, die nie jemanden gedisst haben, sondern sich immer nur selbst boosteten - "Ihr kriegt uns nicht still" ist für mich einer der besten Raps überhaupt, sowohl inhaltlich als auch stilistisch 8-)
Es wird doch gedisst: hier der imaginäre Battlegegner ("Ihr rafft es nicht, packt es nicht, doch Faktum ist: Diese Crew ist
viel zu krass für Dich"). Insgesamt wirkt das im Vergleich zu einem jungen Samy Deluxe schon damals wesentlich bemühter und weniger humorvoll.

Dazu kommt, dass man genau wie bei Samy, mittlerweile schlicht das Alter anhört. Beim Topf war das zum Release-Zeitpunkt schon offensichtlich, Samy hat durch die Releases der letzten Jahre gezeigt, dass die Vortragsweise nicht mehr zeitgemäß ist.
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Wudan
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Wudan »

Achherrje.. wo soll man da anfangen lol. Ich hab jetzt leider weniger die Zeit noch die Lust um auf alle Argumente einzugehen bezüglich der Songtexte der Gangsta-Rapper, die ja alle irgendwo stimmen, aber auch doch irgendwie nicht. Zumals an der Abneigung wahrscheinlich eh nichts ändern würde.

Um kurz drauf einzugehen: Es gibt solche und solche Künstler, aber bei vielen ist es einfach wichtig den Rapper als "Kunstfigur" zu sehen, ohne dass die Dinge die er von sich gibt notwendigerweise einen Bezug zur Realität haben müssen, auch wenn es so dargestellt wird. Es gibt natürlich auch Realtalk Rapper die jedes Wort das sie sagen auch so meinen, aber gerade in Gangstabereich sollte man das ganze eher ein wenig differenziert sehen und nicht jede Zeile auf die Goldwaage legen, sonst braucht man gar nicht erst anzufangen. Letztendlich wird einem da ein Hollywood-Film verkauft, und der Rapper ist der Schauspieler (das hat übrigens Haftbefehl genau so mal gesagt). Da werden Klischees bedient, Action gemacht, es geht um Autos Knarren und Frauen - wie sich das eben so gehört.

Ich will mal mit einem krasseren Beispiel kommen um es zu verdeutlichen: Ich bin damals zu Rapmusik gekommen über eine spezielle Sparte des Rap, genannt "Horrorcore". Diese Art des Rap ist extrem gewalthaltig, die texte extrem blutrünstig, die Künstler tragen gerne Masken und verkleiden sich. Es werden quasi Szenen aus Horrorfilmen gerappt. Da werden Frauen gemeuchelt, Körper zerstückelt, Blut getrunken, Körperteile abgehackt und schlimmeres^^ Der größte Fehler den man nun machen könnte, wäre dies für bare Münze zu nehmen und dem Künstler zu unterstellen wirklich ein Mörder zu sein. Es würde auch überhaupt keinen Sinn ergeben, denn:
Beziehen wir das mal auf den Film: Nehmen wir "Das Schweigen der Lämmer". Ein Klassiker der weitläufig geachtet und respektiert wird. Manche finden´s toll sich so zu gruseln, manche nicht, aber KEINER würde ernsthaft auf die Idee kommen dem Schauspieler Anthony Hopkins ernsthaft solch psychopatische Tendenzen zu unterstellen und zu vermuten er würde im echten Leben wirklich gerne die Innereien seiner Opfer verspeisen. Auf die Idee kommt schlicht niemand. Jeder weiß das es nur fiktiv ist. Ähnlich ist es in der Musik. Aber in der Musik wird sehr viel selbstverständlicher davon ausgegangen das der Künstler im echten Leben auch für das steht was er in seiner Musik vertritt. Das gilt nicht nur für Rap. Auch die Metaller haben darunter zu leiden. Z.B. Blackmetal: extreme Texte, extreme Musik, aber ich denke ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich sage das nur die aller wenigsten im echten Leben tatsächlich Satan anbeten und Jungfrauen opfern.

Und genauso muss man mE auch bei den Gangstern sehen: Nicht jeder denkt wirklich nur an Waffen und Drogen verkaufen und Analsex. Es ist eine Rolle wie jede andere auch (Ausnahmen bestätigen die Regel), und die Frage ist eigentlich nur ob man mit dieser Form des Entertainments etwas anfangen kann oder nicht. Man kann die Musik auch geil finden ohne selbst misogyn zu sein, so wie man Actionfilme lieben kann ohne selbst ein Waffenfreak zu sein.

Und wenn ich Sachen höre wie weiter oben "Ist das wirklich das Weltbild was wir unseren Kindern vermitteln wollen?", dann kann ich nur entgegnen "Was für Musik hast du denn mit 16 gehört?". Gerade in dem Alter ist Musik nur geil wenn dazu ein Erwachsener ankommt und genau so eine Frage stellt!

Ich hoffe es kam bisschen rüber was ich meine. Mist, jetzt hab ich doch viel mehr geschrieben als ich eigentlich wollte. Kurzum: Seht´s mehr als "Entertainment" und weniger als "Weltbild".

Zum Schluss noch was zum auflockern und schmunzeln, zumindest ich fands voll lustig^^

Bayrischer Gangsta, der Boazn Kini! :D

https://www.youtube.com/watch?v=pkWPMETx-nA
Zuletzt geändert von Wudan am 10. Dez 2016, 18:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Wudan
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Wudan »

Ricer hat geschrieben:Hatte in Deutsch mal ein Rapprojekt in einer 6. Klasse durchgezogen. Ein Schüler hat mich auf SpongeBozz aufmerksam gemacht. Konnten wir im Unterricht natürlich nicht durchziehen. War aber sehr interessant sich mit ihm darüber zu unterhalten.
https://www.youtube.com/watch?v=KozqVkp ... be&t=3m55s
hahahaha! Sehr geil! :D
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Yometheus
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Yometheus »

W8JcyyU hat geschrieben:Es wird doch gedisst: hier der imaginäre Battlegegner ("Ihr rafft es nicht, packt es nicht, doch Faktum ist: Diese Crew ist
viel zu krass für Dich"). Insgesamt wirkt das im Vergleich zu einem jungen Samy Deluxe schon damals wesentlich bemühter und weniger humorvoll.
Der Topf überhöht sich selbst indem er auf amüsante und eloquente Art und Weise zeigt, dass sie die "besten" sind. Es wird aber kein anderer Rapper explizit gedisst, ich finde, dass ist ein gewaltiger Unterschied zu anderen Battletracks.
Samy Deluxe Part 2 ist natürlich auch stark und das Gebooste geht stilistisch in dieselbe Richtung wie beim Topf. Das macht "Ihr kriegt uns nicht still" aber auch nicht schlechter. Ich habe den Topf übrigens vor paar Jahren in Dresden und letzten Oktober in Hamburg bei ihrer Abschiedstour gesehen und ja, die sind verdammt alt geworden, aber das hat ihren Reimen, vor allem im Freestyle (!!!), keinen Abbruch getan. ;)
Wudan hat geschrieben:Letztendlich wird einem da ein Hollywood-Film verkauft, und der Rapper ist der Schauspieler (das hat übrigens Haftbefehl genau so mal gesagt). Da werden Klischees bedient, Action gemacht, es geht um Autos Knarren und Frauen - wie sich das eben so gehört.
Diese Argumentation ist ja nicht neu und an und für sich völlig legitim. Nur geht ein Stallone ja nach den Dreharbeiten nicht nach Hause und gibt vor wie Rocky oder Rambo zu leben. Der von Blaight verlinkte Track "Masafaka" kritisiert doch genau jene, die meinen, Hiphop sei eben "nur" Musik und keine Realität. Das wird dann halt immer gedreht wie man es gerade braucht: Wenn irgendjemand die Texte ernst nimmt, dann wird es als Klischee verharmlost. Und wenn jemand die Texte nicht ernst nimmt, dann wird das Klischee bedient und die große Kitschkeule rausgehauen ("Ich lebe für Hiphop!").
Aber selbst wenn dieser offensichtliche Widerspruch gar nicht so relevant wäre: Wenn der beste GangstaRap-Track der letzten Jahre von einem Satiriker von ZDFneo kommt, der sich dabei auch noch über dieses Genre lustig macht, sagt das eigentlich alles über die inhaltliche und stilistische Qualität des Genres. Haftbefehls "Chabos wissen wer der Babo ist" ist z.B. einfach dummer, inhaltsloser, schlechter Rap. Einzig der Beat hat was, so dass ich alle Cover wesentlich besser finde, die ich dazu gehört habe, z.B. dieses hier.
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Wudan
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Wudan »

Yometheus hat geschrieben: Diese Argumentation ist ja nicht neu und an und für sich völlig legitim. Nur geht ein Stallone ja nach den Dreharbeiten nicht nach Hause und gibt vor wie Rocky oder Rambo zu leben.
Das machen viele (die meisten?) Rapper auch nicht :D Ach was war das Geschrei bei den Fans groß als damals rauskam dass Bushido noch bei seiner Mutter lebt und von ihr die Wäsche gewaschen kriegt (lange her, wird mitlerweile anders sein). Oder als bei anderen rauskam das sie sogar Abi haben, Jawohl! ABI! geradezu ungelaublich! Kollegah ist z.b. auch so einer - Abi, Jurastudium, hat nie auch nur Ansatzweise auf der Straße gelebt. Viele von denen gehen auch nach der "Arbeit" nach Hause und führen ein ganz normales Familienleben.

Aber du hast natürlich recht dass es da eine gewisse Ambivalenz gibt. Natürlich kann man nie eine Aussage über eine Personengruppe völlig verallgemeinern und sagen ALLE Rapper sind dies, oder ALLE Rapper sind das. Es gibt natürlich auch völlig ernst gemeinten Rap. Es gibt Leute die sind tatsächlich in Ghetto-artigen Verhältnissen aufgewachsen und rappen über völlig reale Dinge und meinen das auch so. Gemein haben aber fast alle das gerne übertrieben wird.

Da kommt auch der Begriff "real" ins Spiel. Rapper behaupten für sich ja so gerne "real" zu sein. Das seh ich auch immer bisschen kritisch. Was ist "real" denn überhaupt? Was sagt das? Muss ein Rapper alles was er rappt wirklich erlebt haben um real zu sein? Oder langt das die grundsätzliche Aussage/Attitüde stimmt? Den Begriff finde ich durchaus ein wenig problematisch, zumal einer der schlimmsten Vorwürfe in dem Geschäft ja ist "nicht real" zu sein. Wer ist das denn schon? MC Bogy vielleicht, aber das würde ich widerrum nicht als erstrebenswert erachten.

Ich wollt eigentlich noch mehr sagen und was ganz anderes aber ich merk grad ich verzettel mich lol ... daher der Rest in Kurz.
Wenn der beste GangstaRap-Track der letzten Jahre von einem Satiriker von ZDFneo kommt, der sich dabei auch noch über dieses Genre lustig macht, sagt das eigentlich alles über die inhaltliche und stilistische Qualität des Genres.
Naja diese Aussage würde ich mal ganz stark unter "Geschmackssache" verbuchen. Ich fand den Track auch cool und musste lachen über die gelungene Parodie, aber "der beste Track der letzten Jahre" ist es sicherlich nicht. Und ich find auch nicht das Böhmermann sich nur "lustig macht", ich sehs fast eher als liebevolle Parodie die eben so gut geworden ist weil er sich auch wirklich bisschen in der Musikrichtung auskennt. Das es da genug Rapper und Schreiber gab die sich darüber aufgeregt haben find ich auch affig. (Staiger, börks, der Typ wird eh viel zu ernst genommen mMn).
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W8JcyyU
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von W8JcyyU »

Yometheus hat geschrieben: Aber selbst wenn dieser offensichtliche Widerspruch gar nicht so relevant wäre: Wenn der beste GangstaRap-Track der letzten Jahre von einem Satiriker von ZDFneo kommt, der sich dabei auch noch über dieses Genre lustig macht, sagt das eigentlich alles über die inhaltliche und stilistische Qualität des Genres. Haftbefehls "Chabos wissen wer der Babo ist" ist z.B. einfach dummer, inhaltsloser, schlechter Rap. Einzig der Beat hat was, so dass ich alle Cover wesentlich besser finde, die ich dazu gehört habe, z.B. dieses hier.
Kann diese Argumentation nicht verstehen. Inhaltlich bietet Chabos exakt genauso viel wie das Blumentopf Ding: Rein gar nichts. Das sind typische Battlerap-Motive, von denen es unzählige gibt und die, rein inhaltlich, nicht aus der Masse herausstechen.

Der Vergleich bezüglich Inhalt ist daher nichtssagend.

Für Sookee gilt exakt das gleiche. Man reisst zwar gesellschaftliche Fragen an, verpackt diese aber absolut konturlos. Rap gegen Nazis, Rap gegen Sexismus, Rap gegen Fremdenhass, Rap gegen Diskriminierung. Unterschreibe ich alles, findet man so allerdings auch im CDU Wahlprogramm. Sookee ist Feuilleton-Rap in seiner pursten Form. "Check die Inhalte, und guck, die trifft sogar den Takt!". Den Takt treffen kann heute jeder und inhaltlich ist das alles sehr dürftig.
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haise
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von haise »

Yometheus hat geschrieben:Haftbefehls "Chabos wissen wer der Babo ist" ist z.B. einfach dummer, inhaltsloser, schlechter Rap. Einzig der Beat hat was, so dass ich alle Cover wesentlich besser finde, die ich dazu gehört habe, z.B. dieses hier.
Oh, wieder einer, der meint, dass Haftbefehl schlechten Rap macht. Ich persönlich praktiziere den Sprech-Gesang seit einigen Jahren und muss sagen, dass Haftbefehl flowtechnisch und vom Style her etwas Revolutionäres und Neuartiges im deutschen Raum geschaffen hat. Vorallem sein letztes Solo-Album "Russisch Roulette" war, für mich (und viele andere auch), eine hochwertige Kreation und ein wertvolles Werk für Rap ansich.

Natürlich kannst du Haftbefehl schlecht finden, aber du hast (in meinen Augen) nicht das Recht Haftbefehl als schlechten Rapper zu verunglimpfen. Dann fehlen dir sowohl Respekt und Toleranz - 2 Tugenden, die gerade im Rap sehr wichtig sind.
Würdest du auch behaupten, dass die "ganzen" großen Deutsch-Rapper, die vermehrt Hafti feiern, falsch liegen und keine Ahnung haben?

Wie in allen Lebensbereichen dieser Welt ist die Diversität auch in dieser Musikrichtung endlich angekommen und genau das macht dieses Genre, für mich, erst aus. Es entwickelt sich in alle Richtungen und bringt verschiedenste Styles, Flows, Thematiken etc. mit sich - und Haftbefehl ist einer dieser "Äste", ein Wichtiger.
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Blaight
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Blaight »

Was vielen Aussenstehenden bei Rap nicht bewusst ist, ist dass Rap sehr heterogen ist und zumindest die deutsche Rapszene sich immer selbst hinterfragt und kritisiert. Dieses extrem differenzierte Spektrum an Äußerungen, Meinungen und Thematiken schafft kein szenefremdes Magazin wiederzugeben, mit dem Effekt, dass Sidos Masafaka mit so sehr aus der Seele spricht. Die raffen es einfach nicht.
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Nachtfischer
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Nachtfischer »

Blaight hat geschrieben:Was vielen Aussenstehenden bei Rap nicht bewusst ist, ist dass Rap sehr heterogen ist und zumindest die deutsche Rapszene sich immer selbst hinterfragt und kritisiert. Dieses extrem differenzierte Spektrum an Äußerungen, Meinungen und Thematiken schafft kein szenefremdes Magazin wiederzugeben, mit dem Effekt, dass Sidos Masafaka mit so sehr aus der Seele spricht. Die raffen es einfach nicht.
Ich glaube das ist aber beispielsweise einem Jan Böhmermann sehr wohl bewusst (siehe dazu auch die letzte Neo Magazin Sendung des Jahres, die quasi eine große deutsche Hip-Hop-Party war). Und dass gerade der dann angegangen wird, zeugt doch eher davon, dass die Szene (oder zumindest Sido) "es nicht rafft" beziehungsweise sich schlicht viel zu ernst nimmt.
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Blaight »

Das hinterlässt natürlich Interpretationsspielraum. Jan Böhermann biedert sich der deutschen Rapszene seit langem an. Doch auch die größte Katze, kann nicht, was der Löwe kann. Wer bei den großen mitspielen will, muss auch mal ne Stichelei wegstecken können. Sich gegenseitig testen, unter Druck setzen, provozieren, das gehört eben auch zu Rap dazu. Da kann man schon gut Zwischentöne ausmachen.

https://www.youtube.com/watch?v=sd-bM92nFvA" onclick="window.open(this.href);return false; Kollegah zu Polizsitensohn

https://www.youtube.com/watch?v=tdj7GyvIPOQ" onclick="window.open(this.href);return false; Songtipp allgemein
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von W8JcyyU »

Blaight hat geschrieben:Was vielen Aussenstehenden bei Rap nicht bewusst ist, ist dass Rap sehr heterogen ist und zumindest die deutsche Rapszene sich immer selbst hinterfragt und kritisiert.
Tut sie nicht. Man betrachte die großen Themen der letzten Jahre: Bushido und Mafia, Araber-Clans und Rockergruppen, "Islamisierung der Promophasen", Salafisten und Pierre Vogel. Wenn zu diesen Themen überhaupt was kam, dann nur angestoßen durch externe Presse.

Dazu noch das unsouveräne Verhalten bei eigentlich humoristischen Themen. Sei es der Böhmermannsche Polizistensohn oder auch der Vergleich von Caspers Texten mit denen von Roland Kaiser oder die Reaktionen auf die Bewertung von Rapvideos durch Serdar Somuncu. Ständig antwortet man mit Abschottung a la "ihr versteht uns eh nicht". Das ganze Gebaren wirkt insgesamt eher pubertär und von Hinterfragen kann keine Rede sein.
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Blaight
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Blaight »

W8JcyyU hat geschrieben: Das ganze Gebaren wirkt insgesamt eher pubertär und von Hinterfragen kann keine Rede sein.
Oh ja absolut, deswegen ist und bleibt Hip Hop ja auch eine Jugendkultur. Und eklatante, generelle Schwächen einzugestehen, ist einfach keine Stärke von Rap. Leider kann ich nicht wiederfinden, wo DesoDogg/DenisCuspert reflektiert wurde...hmm
Diese Zeile von SeraFinale lässt sich wohl auf Rapdeutschland allgemein anwenden.

Wir sind an Freundlichkeit nicht zu überbieten und nicht topbar,
bei uns sagt man nicht „Entschuldigung“, hier sagt man „Was, du Opfer?!“
Berlin bleibt immer auf dem Boden, wie Parkett,
und wir sind vorne rum scheiße drauf, aber hintenrum nett.
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Wudan
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Wudan »

W8JcyyU hat geschrieben: Tut sie nicht. Man betrachte die großen Themen der letzten Jahre: Bushido und Mafia, Araber-Clans und Rockergruppen, "Islamisierung der Promophasen", Salafisten und Pierre Vogel. Wenn zu diesen Themen überhaupt was kam, dann nur angestoßen durch externe Presse.
Ich bin nicht ganz sicher ob das jetzt direkt dazu passt aber das hat mich an eine Aussage von PA Sports erinnert die er mal in nem Interview gemacht hat, bezügl. Radikalismus/Nationalismus. Ich muss immer lachen dabei weil er´s so geil assi rüberbringt^^ aber inhaltlich stimm ich ihm 100% zu: https://www.youtube.com/watch?v=3RW-eMjnky0" onclick="window.open(this.href);return false;


Aber mal was völlig anderes: Was haltet ihr von Samy Deluxe? Grad die letzten Tage wieder einiges von ihm angehört und ich muss sagen, für mich ist das immernoch einer der Großmeister des deutschen Rap. Wie er entspannt freestylig rappen kann und Tracks einfach in einem Take aufnimmt muss man erstmal nachmachen, vor allem wie er frei auf die Offbeats rappt und drüber flowed... einzigartig, technisch auf jeden Fall immernoch weit vorne.

Sein neustes Video, Rapsupamchacht: https://www.youtube.com/watch?v=I_wBrNwzu3Q" onclick="window.open(this.href);return false;

Oder hier, einfach mal ganz easy bei ner Autofahrt aufgenommen ohne großes Studio-Tamtam: https://www.youtube.com/watch?v=uBk8sob4OjI" onclick="window.open(this.href);return false;

Und hier noch ein "One-Take-Wonder": https://www.youtube.com/watch?v=nTFYXKkOhTY" onclick="window.open(this.href);return false;
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von W8JcyyU »

Wudan hat geschrieben: Aber mal was völlig anderes: Was haltet ihr von Samy Deluxe? Grad die letzten Tage wieder einiges von ihm angehört und ich muss sagen, für mich ist das immernoch einer der Großmeister des deutschen Rap.
Nein. Auf Platte ist Samy spätestens nach Schwarzweiss technisch höchstens noch Durchschnitt. In seiner Mixtape-Reihe ist er dann in Blumentopfsche Muster verfallen: Vor lauter Selbstbeweihräucherung ob des vermeintlichen technischen Vorsprungs verkannt, dass man aus der Masse nicht (mehr) heraussticht.

Höre ich mir SSIO an, klatscht mir dieser auf harten und aggressiven Elektro-Beats die Silben nur so um die Ohren.

Weg von den Spittertracks und den Zweckreimen. In der Struktur näher an die alten Freestyles und dafür mal einen Text, der thematisch nicht nach jeder Zeile springt. Dann kommt auch mal wieder was hörbares bei rum.
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Blaight
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Blaight »

Ich kann mit Samy Deluxe seit dem gleichnamigen Album nichts mehr anfangen.
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Seroon
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Seroon »

Beispiele für, meiner Meinung nach, intelligenten Rap:

Dave How I Met My Ex, Lyrics
Lecrae Hang On, Lyrics
Rittz Fuck Cancer, Lyrics
Little Simz Pressure, Lyrics
Edit: Lyric Jones & Nameless Adulting
Zuletzt geändert von Seroon am 25. Okt 2019, 13:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Blaight
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von Blaight »

Ich finde schon den Begriff "intelligent" an dieser Stelle vollkommen undifferenziert. Asozialer Battlerap kann extrem intelligent sein, auch wenn davon hier vermutlich wenig gut ankommen würde.

https://www.youtube.com/watch?v=8zPaiXXz1-0

ICh finde das beispielsweise ziemlich intelligent, auch wenn es sicherlich nicht im Bewertungsmaßstab der meisten hier so bewertet wird.
"Beyla nennt den krassesten von McFit liebevoll Mama".

https://www.youtube.com/watch?v=2rl_Ts7JSLg
"30 min auf deiner Ma schwitzen ist billiger als ins Solarium geh*n".
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echtschlecht165
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Re: Hip Hop - Eine sehr wohl intelligente Musikrichtung

Beitrag von echtschlecht165 »

Hier mal eine Empfehlung aus Österreich. Kamp MC (Geheimtipp ist er keiner mehr)

Kamp ist leider genauso wie er es in seinen Texten immer sagt (depressiv, süchtig nach allerhand, und wohl seelisch sehr instabil), und hat aufgrund seiner persönlichen Probleme wohl nie den Sprung nach oben geschafft.
Aber vorallem das album V.O.Z (Versager ohne Zukunft), dass es sogar im JUICE zum Album des Monats brachte, ist der Hammer schlechthin, aber inzwischen leider 10 Jahre alt. Ich hoffe sosehr dass da noch was kommt irgendwann.

https://www.youtube.com/watch?v=iRnPS73ojEA

https://www.youtube.com/watch?v=eMfyeZfrAvM

https://www.youtube.com/watch?v=pOltk7AC3Ts
In Stein gemeißelt
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