Spiele und Kunst

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Nachtfischer
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Nachtfischer »

Jochen hat geschrieben:Ich postuliere keinen Unterschied.
Doch. Und im zitierten Post schon wieder im Unterschied zwischen "Mein Kampf" und "Wen die Nachtigall stört". ;)
Jochen hat geschrieben:Die These, dass "Mein Kampf" ebenso Kunst sei wie "Wen die Nachtigall stört" und die Lieder von Frank Rennicke ebenso wie die von Hannes Wader ist nunmal keine gute.

Darüber lässt sich tatsächlich streiten. Allein an der politischen Gesinnung des Schaffenden lässt sich das wohl kaum festmachen. An der Intention der Werke selbst wiederum schon eher. Wenn ich ein Buch schreibe, um möglichst viele Leute von meiner politischen Sichtweise zu überzeugen, dann bin ich von der "psychologischen Stimulation" und einer "Erfahrung um ihrer selbst willen" schon ziemlich weit weg.
Jochen hat geschrieben:Ernstgemeinte Frage: Meinst du das ernst?
Natürlich. Die harte Gegenthese zu "Ich glaube, dass Gott existiert!" in der Form "Ich glaube, dass Gott nicht existiert!" trägt eine genauso schwere Beweislast. Die besagte "default position" wäre vielmehr "Ich glaube nicht, dass Gott existiert (weil es meines Erachtens bisher keine guten Argumente dafür gibt, dass er es doch tut usw.)". Genauso haben wir hier deine Behauptung "Ich glaube, dass es fundamentale Unterschiede zwischen Werk X und Werk Y gibt, die nur eines der beiden zur Kunst machen!". Ich nehme lediglich die Haltung ein, dass ich hier bisher keine (überzeugenden und konkreten) Argumente für derartige Unterschiede gelesen habe, die über meine (zugegebenermaßen relativ umfassende) Definition hinausgehen.
Jochen

Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Jochen »

Nachtfischer hat geschrieben:Doch. Und im zitierten Post schon wieder im Unterschied zwischen "Mein Kampf" und "Wen die Nachtigall stört".
Auch dort postuliere ich zunächst keinen Unterschied, sondern "bloß" die Absurdität der Behauptung, das alles ließe sich unter den gleichen Oberbegriff stellen, weil es einem ähnlichen Schaffensprozess entspringe.
Darüber lässt sich tatsächlich streiten. Allein an der politischen Gesinnung des Schaffenden lässt sich das wohl kaum festmachen. An der Intention der Werke selbst wiederum schon eher
Ich würde ja vorschlagen, irgendwann auch mal was am Inhalt der Werke festzumachen ;)
Natürlich. Die harte Gegenthese zu "Ich glaube, dass Gott existiert!" in der Form "Ich glaube, dass Gott nicht existiert!" trägt eine genauso schwere Beweislast
Mit Verlaub, aber das ist Gulasch. Die These, dass etwas vollkommen Unbewiesenes und logisch nicht stringent Vorstellbares mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht existiert, trägt keineswegs eine vergleichbare Beweislast wie die Gegenthese. This way, religiöser Mumpitz und Verschwörungstheorien lie.
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Dostoyesque
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Dostoyesque »

Joss hat geschrieben:
Dostoyesque hat geschrieben:Oh, im Gegenteil. das will ich ja. Habe nichts gegen Kunstfutzis, bin ja selbst einer. Ich habe aber von "herablassenden Kunstfutzis" geredet. Ich rede eher von der Art herablassenden, prätentiösen Person, der man so im Leben begegnet und mit Genuß auf Dinge, die andere mögen, spuckt, weniger um einer Diskussion willen, sondern eher, um dem Gegenüber zu zeigen, wo er und seine Vorlieben hingehören.
Da hast du aber ein sehr schönes Beispiel gefunden. Musste dazu übrigens an den Arroganz-Thread denken. Denn der Dietl, der konnte so prächtige Interviews geben. Da würden dem ein oder anderen, denen Jochen schon als arrogant erscheint, aber fesch die Ohren schlackern.
Falls jemand verspätet hinzustoßt: Ursprünglich war in meinem Post diese Szene aus dem Monaco Franze inkludiert. Der Joss hat den Ursprungspost anscheinend noch erwischt, ich hab ihn recht schnell editiert, weil ich nicht schon wieder einen Gesprächspartner dazu zwingen wollte, 5 Minuten auf youtube zu verbringen um meinen Punkt zu verstehen.

https://www.youtube.com/watch?v=qHF1i-oFdu8

Ich hab ehrlich gesagt sehr wenig Ahnung was Dietl angeht, bin nicht sonderlich gebildet was deutsches Fernsehen aus den 80ern angeht, aber ich mag den Monaco Franz und besonders diese Szene.
Zuletzt geändert von Dostoyesque am 2. Feb 2016, 18:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Joss
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:Ich würde ja vorschlagen, irgendwann auch mal was am Inhalt der Werke festzumachen ;)
... oder der Form... oder... dem Verhältnis von Form und Inhalt. :?
Nachtfischer hat geschrieben:Natürlich. Die harte Gegenthese zu "Ich glaube, dass Gott existiert!" in der Form "Ich glaube, dass Gott nicht existiert!" trägt eine genauso schwere Beweislast
Glaube, nur mal so, trägt nie eine Beweislast. Den müsste man also schon mal weglassen. Deswegen gab es auch Glaubensbeweise eher in der Inquisition und Gottesbeweise in der Theologie und Philosophie. Bei letzteren ging es um die Existenz. Beim Existenzbeweis macht es aber einen Unterschied. Denn "Gott existiert" (= Gott ist...), stellt andere Anforderungen als "Gott existiert nicht" (= "siehst du, niemand zuhause"). "Gott existiert nicht" kann man gut aussitzen, "Gott existiert" dagegen nicht, das ist eine anstrengende Angelegenheit, wie einige zigtausend Seiten Philosophiegeschichte beweisen. Ich würde meine Dollars in diesem Fall also auf Jochen setzen.
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Dostoyesque
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Dostoyesque »

Nachtfischer hat geschrieben:Tatsächlich sind die Übergänge hier meines Erachtens absolut fließend. Ich halte es da mit Donald Knuth: "We should continually be striving to transform every art into a science: in the process, we advance the art."
Sogar wenn die Übergänge fließend wären, gibt es dennoch Merkmale, die es einem erleichtern, Kunst von Wissenschaft zu unterscheiden. Wieso sonst gibts diese beiden Welten in unserer Kultur, die gerne auch noch von anderen gegenübergestellt werden? Ein Zitat macht noch kein Argument. Gerade hab ich ein Zitat von einem "Earl Edward George Bulwer-Lytton" gefunden, was auch sehr gut zum Thema passt: Art and science have their meeting point in method. Beide Prozesse verlangen Kreativität und Beobachtungsgabe, was nicht bedeutet, dass Kunst und Wissenschaft identisch sind oder der Übergang fließend sein muss. Der kreative Prozess, der zu einer psychischen Stimulation führt ist kein eindeutiges Merkmal für ein Kunstwerk genauso wie es kein eindeutiges Merkmal einer wissenschaftlichen Erkenntnis ist, wie wir uns anscheinend einig sind, angesichts dessen, dass du jetzt von einem fließenden Übergang sprichst. Was sind dann die spezifischen Merkmale der Kunst?
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Nachtfischer
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Nachtfischer »

Jochen hat geschrieben:Auch dort postuliere ich zunächst keinen Unterschied, sondern "bloß" die Absurdität der Behauptung, das alles ließe sich unter den gleichen Oberbegriff stellen, weil es einem ähnlichen Schaffensprozess entspringe.
Und die Tatsache, dass sich zwei Dinge nicht unter einen gemeinsamen Oberbegriff stellen lassen, impliziert einen Unterschied. Ob du nun einen Unterschied postulierst oder die Implikation eines Unterschieds, einer Argumentation, die konkret diesen Unterschied betrifft, bedarf es in jedem Fall.
Jochen hat geschrieben:Ich würde ja vorschlagen, irgendwann auch mal was am Inhalt der Werke festzumachen ;)
Genau. Und dann kommst du ganz schnell in die Gefilde von "Och, der Inhalt ist mir jetzt aber nicht genug Kunst, um Kunst zu sein. Der da drüben aber schon!". Und da werden dann irgendwo (wohl nicht bei Hitler oder Rembrandt, aber irgendwo dazwischen) die von mir ganz zu Beginn des Threads angesprochenen willkürlichen Grenzen gezogen.
Jochen hat geschrieben:Mit Verlaub, aber das ist Gulasch. Die These, dass etwas vollkommen Unbewiesenes und logisch nicht stringent Vorstellbares mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht existiert, trägt keineswegs eine vergleichbare Beweislast wie die Gegenthese.
Ich sprach nie davon, welche der beiden Thesen ich für die vernünftigere (die mit größerer Wahrscheinlichkeit wahre) halte. Da bin ich vollkommen bei dir. Nur prinzipiell: Auch die Aussage "Es gibt keinen Gott!" ist eine positive Behauptung und würde eines Beweises bedürfen. Um zu dem Unterschied jetzt nicht noch 3 Seiten tippen zu müssen (und weil ich glaube, dass wir uns dazu hier alle sowieso nicht sonderlich uneinig sind), verlinke ich hier mal dieses Erklärungsvideo.

@Joss: Ich habe "Ich glaube, dass..." hier nicht im Sinne von religiösem Glauben verwendet, sondern im Sinne von "Angesichts der bisher dazu vorliegenden Ergebnisse der Wissenschaft, ist X die Theorie, von der es am vernünftigsten ist, sie als korrekt anzusehen".
Dostoyesque hat geschrieben:Was sind dann die spezifischen Merkmale der Kunst?
Jede Kunst ist eine Wissenschaft, aber nicht jede Wissenschaft eine Kunst. Wenn ich das Beamen erfinde, dann tue ich das beispielsweise zum Zweck der erhöhten Mobilität, nicht um es hinzustellen, damit es andere "schön" oder "ausdrucksvoll" finden (sprich nicht um seiner selbst willen).
Zuletzt geändert von Nachtfischer am 2. Feb 2016, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.
Jochen

Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Jochen »

Ich muss mich für heute (und aus beruflichen Gründen wahrscheinlich auch für morgen und übermorgen) leider aus der Diskussion ausklinken, möchte aber die Gelegenheit nutzen, um anzuerkennend in die Runde zu schauen, weil ich die Diskussionen wirklich zu schätzen gelernt habe. Auch wenn (oder weil) wir nicht immer einer Meinung sind.
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Joss
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Joss »

Nachtfischer hat geschrieben: Ich sprach nie davon, welche der beiden Thesen ich für die vernünftigere (die mit größerer Wahrscheinlichkeit wahre) halte. Da bin ich vollkommen bei dir. Nur prinzipiell: Auch die Aussage "Es gibt keinen Gott!" ist eine positive Behauptung und würde eines Beweises bedürfen. Um zu dem Unterschied jetzt nicht noch 3 Seiten tippen zu müssen (und weil ich glaube, dass wir uns dazu hier alle sowieso nicht sonderlich uneinig sind), verlinke ich hier mal dieses Erklärungsvideo.

@Joss: Ich habe "Ich glaube, dass..." hier nicht im Sinne von religiösem Glauben verwendet, sondern im Sinne von "Angesichts der bisher dazu vorliegenden Ergebnisse der Wissenschaft, ist X die Theorie, von der es am vernünftigsten ist, sie als korrekt anzusehen".
Kant hat dazu geschrieben, dass die Setzung von Gott als Begriff wegen seiner Allumfassendheit bereits den Existenzoperator mitsetzt, sprich der ontologische Gottesbeweis tautologisch ist. Die Verneinung der Existenz Gottes hingegen könne man nicht ausschließen, demnach wäre die Existenz Gottes nicht notwendig und seine Nichtexistenz eben möglich. Damit war das Thema in der Philosophie vom Tisch, denn ohne Notwendigkeit kein Beweis, wogegen dem Ausschluß die Möglichkeit ausreicht. Das berührt auch deine Gedanken, die Verhältnisbestimmungen von Möglichkeit und Notwendigkeit in der Führung von Beweisen. Wer eine Existenz unterstellt, muss einen Beweis als notwendig ausführen. Wer eine Existenz leugnet hat es, und darum ging es hier ja, wesentlich leichter.

Ein Skeptiker würde hier nicht mit sprachlichen Erwiderungen, sondern konsequent allein mit einem Achselzucken begegnen. Denn wieso sollte man als Skeptiker überhaupt von Gott sprechen oder gar ihn beweisen, wenn man jeden Beweis wiederum widerlegen kann?
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tobias
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von tobias »

derFuchsi hat geschrieben:Man müsste also erstmal klären, wie definiert man überhaupt Kunst?
Ich habe nur bis hier gelesen und prophezeie bereits das dies bereits auf der bisher letzten Seite dieses Threads vermutlich weder geklärt ist noch eine Definition gefunden wurde die von allein Seiten voll und ganz akzeptiert wird.
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tobias
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von tobias »

Axel hat geschrieben: [*] Die Zeit überstehen
[*] Inspiration fördern
[*] Sich bestenfalls ins kollektive Gedächtnis einbrennen[/b]
Das ist zwar eine gute Definition für einen populären Klassiker, aber nichts davon würde ich als genuin künstlerisch betrachten. Die Inspiration mag man vielleicht in die Richtung hin interpretieren...

Sind Kunstwerke die zerfallen keine Kunst? Was ist mit Kunst die so komplex und unzugänglich ist das sie nur von einer kleinen Minderheit verstanden oder geschätzt werden? Inspiration zu was?
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tobias
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von tobias »

Ich versuche mal eine Minimaldefinition von Kunst anzubieten, in der Hoffnung das diese zumindest irgendwie akzeptabel ist. Freilich ist dieses Unterfangen schon an sich arrogant, da dies vermutlich schon von tatsächlichen Experten versucht wurde und diese damit - soweit mir bekannt - letztlich auch scheiterten. Aber ich versuche es trotzdem einfach mal.

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Kunst ist ein Produkt (oder auch ein Prozess), der in einem engen Zusammenhang zu Kreativität, Kultur und der Überwindung bloßen Zwecks steht. Grundlage von Kunst ist das Vorhandensein mehrerer höherer kognitiver und psychologischer Funktionen.
Zuletzt geändert von tobias am 3. Feb 2016, 11:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von derFuchsi »

Joss hat geschrieben:Erst der Diskurs über Kunst macht Kunst sichtbar. Der Diskurs aber hat keinen Anfang und kein Ende.
Das ist mir zu philosophisch.
Das kommt gleich nach "Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand ist da um es zu hören, hat der Baum dann ein Geräusch gemacht ?"

Mit der Definition wäre ja alles Kunst was jemand als Kunst definiert.
Axel hat geschrieben: Was macht für mich Kunst aus?

[*] Die Zeit überstehen
[*] Inspiration fördern
[*] Sich bestenfalls ins kollektive Gedächtnis einbrennen[/b]
Der erste Punkt gefällt mir irgendwie. Allerdings was wäre dann mit vergänglichen Kunstwerken ? Ist also auch kein allgemeingültiges Merkmal, falls es sowas überhaupt gibt. Das war ja meine Ursprungsfrage.
Punkt 3 wäre eigentlich in Punkt 1 enthalten, wie soll sonst etwas die Zeit überdauern.
Inspiration fördern würde ich erstmal bejahen. Ist das nicht der eigentliche Sinn von Kunst ?
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Joss
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Joss »

derFuchsi hat geschrieben:
Joss hat geschrieben:Erst der Diskurs über Kunst macht Kunst sichtbar. Der Diskurs aber hat keinen Anfang und kein Ende.
Das ist mir zu philosophisch.
Das kommt gleich nach "Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand ist da um es zu hören, hat der Baum dann ein Geräusch gemacht ?"

Mit der Definition wäre ja alles Kunst was jemand als Kunst definiert.
Nicht "jemand". Wenn man Kunst verstehen will, kann man sich die Regeln ihres Erscheinens gerade nicht ausdenken, sondern muss sie durch den geschichtlichen Verlauf verstehen. Mag sein, dass dir das zu philosophisch ist. Aber vielleicht bist du auch einfach nur zu faul dafür. Du strebst ja nach klaren Definitionen und handlichen Erklärungen. Dem habe ich schon weiter oben mit Begründung eine Absage erteilt. Weil Kunst sich dem Schachteldenken eben verweigert. Das kannst du dann wiederum gern in der Schachtel "Philosophie" verstauen. Ich denke, da ist es nicht schlecht aufgehoben.
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Nachtfischer
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Nachtfischer »

Vielleicht nochmal konkret die Frage: Wozu brauchen wir denn die Definition? Nützt die irgendwem an irgendeiner Stelle irgendwas? Sollten wir nicht einfach ein existierendes Ding angucken, uns fragen "Was will es?" und dann beurteilen, was es in diesem Sinne gut oder schlecht macht? Und dann vielleicht noch die Frage oben drauf setzen, ob das, was es will, gut oder schlecht ist? Wozu müssen wir es dabei jemals in Kunst und Unkunst einteilen?
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derFuchsi
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von derFuchsi »

Im Grunde genommen geht es um die beliebte Debatte ob Spiele Kunst sind, was ja kontrovers diskutiert wird. Selbiges wird bei Filmen und Musik aber als selbstverständlich wahrgenommen und kaum bezweifelt soweit ich das sehe. Werden doch die Akteure gerade im Musikgeschäft auch gerne als Künstler bezeichnet.
Daher nahm ich an eine exaktere Definition des Begriffes Kunst wäre hilfreich um überhaupt eine Diskussionsgrundlage zu haben in einer solchen Debatte.
Aber wie ich das sehe scheitert die große Debatte schon bei der Festlegung der Grundlagen. Ich lese aus dieser Debatte hier heraus: Kunst scheint man nicht definieren zu können, Kunst ist einfach.

Als logisch gestrickter Mensch nahm ich an dass man auch hier zu einem einleuchtenden Ergebnis kommen könnte. Jedenfalls habe ich in meiner einfachen Welt eine einigermaßen festgelegte Vorstellung was Kunst ist und was nicht. Aber vermutlich war das Vorhaben von vorneherein zum scheitern verurteilt weil Kunst als solche nichts mit Logik zu tun hat.

Vielleicht kann man trotz fehlender Begriffsdefinition klären ob Spiele denn nun Kunst sind aber ich fürchte das Ergebnis wird ähnlich ausfallen wie bisher.
Zuletzt geändert von derFuchsi am 3. Feb 2016, 13:35, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Nachtfischer »

derFuchsi hat geschrieben:Im Grunde genommen geht es um die beliebte Debatte ob Spiele Kunst sind

Ja, schon klar. Aber wen interessiert das denn (und vor allem warum)? Es sind Dinge, in die wir unsere Zeit mal mehr und mal weniger gern investieren. Damit stehen sie erstmal grundsätzlich in einer Reihe mit Musik, Filmen, Büchern, Gemälden, YouTube-Videos und sonstigen Medien (im Sinne von "Werttransporteuren"). Nun unterscheiden sie sich von den anderen genannten Informationsträgern fundamental durch ihre Interaktivität, weshalb man sich meines Erachtens beim näheren Hinsehen auch zuerst auf selbige stürzen sollte. Aber ob da nun ein ganzes Medium unter die Abteilung Kunst fällt oder nur zum Teil oder doch gar nicht... who cares?
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von derFuchsi »

Unter Anderem entflammt die Diskussion gerne in Zusammenhang mit der Zensur von NS-Symbolik in Spielen wohingegen in Filmen normalerweise nicht zensiert wird. Das alles unter dem Deckmantel der Kunst. Die Botschaft ist bisher: Filme sind Kunst, Spiele nicht.
http://www.noz.de/deutschland-welt/medi ... deospielen
Und deshalb werden bei Filmen NS-Symbole toleriert im Gegensatz zu Spielen.

Außerdem sind Spiele meiner Meinung nach nach gesellschaftlich noch immer nicht genau so angesehen wie z.B. Filme und Bücher. Es ist IMHO immer noch ein Unterschied als Hobby FILME und BÜCHER anzugeben oder (COMPUTER-/VIDEO-)SPIELE.
Eine akzeptierte Einstufung als Kunstform wäre hier vielleicht zwar nicht zwingend nötig aber bestimmt hilfreich.
Zuletzt geändert von derFuchsi am 3. Feb 2016, 14:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Joss »

derFuchsi hat geschrieben: Filme sind Kunst, Spiele nicht.
Du kellst aber ziemlich aus und zu. Filme sind zunächst einmal wie Spiele auch Produkte. Man sollte schon mal anschauen, für welchen Markt sie zugeschnitten werden und vor allem auch mit welchen Mitteln. Kunst beanspruchst Autonomie in der Gestaltung, Freiheit ist ein wichtiger Begriff. Bei industriellen Produktionsformen wird es damit eben schwieriger, als wenn Joss zu den Wasserfarben greift. Wenn eine Produktionsfirma dem Drehbuchautor und der Regie entsprechende Auflagen macht, das Produkt auf einen bestimmten Markt und dessen Erwartungen zuzuschneiden, um Bedürfnisse zu befriedigen, dann sind wir egal bei welcher Art von Fabrikat weit von der Kunst entfernt. Daher ist es auch bei Film und Musik naheliegender Weise Unsinn, alles als Kunst auszuweisen. Warner Brothers geht es selbstverständlich nicht um Kunst, sondern um Box Office und Cash. Das begrenzt den Raum aller Beteiligten, sich als Künstler zu betätigen. In erster Linie sind Regisseure und Schauspieler etc. Angestellte... Darum werden Drehbücher angeboten und von manchen auch aus künstlerischen Motiven heraus abgelehnt. Darum knallt es öfters mal am Set. Und all das zusammengenommen reflektiert sich letztendlich in Diskursen. Diese Gestaltungsformate, Grenzen und Freiräume, kann man reflektieren und analysieren. Das geschieht in der Film-, Kunst- und Diskursanalyse, fließt zusammen in der Geschichte von Diskursen. Sowas wird auch veröffentlicht und kann man nachlesen, wenn man sich für solche Fragen interessiert.

Und gewiss hat das alles auch sehr viel mit Logik zu tun. Der Logik des Marktes z.B. Das wäre dann der mir einzig plausible Rahmen, um über Computerspiele als Kunst nachzudenken. Was auch hier dann die Fragen nach den Vorgaben, Zielgruppen, Bedürfnissen, Cash Flow und den Räumen, irgendwo dazwischen auch noch so etwas wie künstlerische Freiheiten zu realisieren, aufwirft. Ansätze gibt es dabei inzwischen durch den Indie-Bereich, wo die Gestaltungsfreiheit wesentlich größer ist. Nur ist das Ziel der dort tätigen in aller Regel auch der kommerzielle Erfolg, was dann wiederum den Zuschnitt auf den Markt, Zielgruppen und entsprechende Bedürfnisse bedingt. Kunst aber dient nie primär der Bedürfnisbefriedigung und den Markterfordernissen.
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von derFuchsi »

Joss hat geschrieben: Du kellst aber ziemlich aus und zu.
Bin mir nicht sicher was du meinst. Falls meine Enttäuschung über ein fehlendes greifbares Ergebnis in dieser Diskussion irgendwie beschuldigend rüber kam war das nicht meine Absicht.
Joss hat geschrieben: Kunst aber dient nie primär der Bedürfnisbefriedigung und den Markterfordernissen.
Den letzten Satz würde ich direkt in meine persönliche Kunstdefinition übernehmen ;)
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Re: Spiele und Kunst

Beitrag von Joss »

derFuchsi hat geschrieben:Bin mir nicht sicher was du meinst. Falls meine Enttäuschung über ein fehlendes greifbares Ergebnis in dieser Diskussion irgendwie beschuldigend rüber kam war das nicht meine Absicht.
Das war nur auf den konkreten und zitierten Satz bezogen. >Der< Film oder >die< Literatur, das ist so groß wie >die< Deutschen... meint: viel zu groß. Was hat ein Film von Til Schweiger mit einem der Nouvelle Vague gemein? Oder "Ziemlich beste Freunde" mit "Psycho"? Lief alles mal im Kino, okay. Aber wurde unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen nach ebenso unterschiedlichen Maßgaben und Kriterien produziert. Und auf diese Unterschiede kommt es eben an. Diese Unterschiede kann man bei tradierten Gegenstandsbereichen nicht einfach weglassen.

Darum, das war mein Argument, kann man bei einer Diskussion über Kunst nicht etwas lexikalisch griffiges erwarten. Dort geht es um (oft sehr feinsinnige) Differenzierungen und dir aber um das zusammenfassend greifbare. Das kann aber nur ein Lexikon bieten. Und der lexikalische Eintrag wiederum erfordert auch eine durchaus hohe Kunstfertigkeit. In Zeiten der Wikipedia (unendlicher Raum) vergisst man das gern, was das früher für eine schreckliche Arbeit war, das Wesentliche vom weniger Wesentlichen zu scheiden.
Zuletzt geändert von Joss am 3. Feb 2016, 16:00, insgesamt 1-mal geändert.
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