Runde #254: Through the Darkest of Times

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Dilanor
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Dilanor »

Andre Peschke hat geschrieben: 27. Feb 2020, 14:40 Wie lange kann es dauern "Ja, du hast recht" zu schreiben?? ;)
Es mag eine Berufskrankheit sein, aber DAS habe ich noch nie geschrieben ;-)
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Don Mchawi
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Don Mchawi »

Dilanor hat geschrieben: 27. Feb 2020, 15:31

Es mag eine Berufskrankheit sein, aber DAS habe ich noch nie geschrieben ;-)
Da sowohl du als auch Andre deinen Beruf jetzt angedeutet haben und er ja scheinbar irgendwas mit dem Thema zutun hat - darf ich nachfragen, was du machst? Geschichtslehrer oder in der Art?
Dilanor
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Dilanor »

Ah, ich vergass, ich bin hier mit Pseudonym unterwegs, ich bin Kai Bodensiek und Anwalt und habe auch am Projekt mitgearbeitet. Das weiss Andre natürlich ;-)
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Don Mchawi
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Don Mchawi »

Aaah. Vielen Dank, habe kurz überlegt, woher ich den Namen noch kenne. Der Interviewpartner der Gamestar u.a. zu Rechtsfragen im IT/Games-Bereich. :mrgreen:
Danke für die Transparenz, hoffe, habe dein Pseudonym damit nicht entwertet :mrgreen:
error42
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von error42 »

Habe mir das Spiel heute morgen gekauft, weil ich vor dem Hören der Folge unbedingt "blind" zumindest reinspielen wollte. Nach 2 Stunden war ich doch sehr ernüchtert und habe mir dann die Podcastfolge vorgenommen und (leider) meinen schlechten ersten Eindruck bestätigt bekommen.

Großes Lob aber dafür, daß Ihr das Spiel nicht geschont habt, trotz der großen Sympathie mit seiner Grundintention, die wir ja sicher alle teilen. Das ist mal wieder ein Paradebeispiel, bei dem zu viel Gutmütigkeit der Kritik dem Medium Schaden zufügen kann.

Und vielen Dank vor allem an André, für die Mühe eines zweiten Spieldurchgangs! Das hat einige interessante und wichtige Fragen beantwortet, die für mich sonst offen geblieben wären, weil ich sicher nicht die Zeit für einen 2. Durchgang investiert hätte (vermutlich werde ich nichtmal meinen ersten Durchgang weiterspielen). Das ist genau eine der Sachen, die ein Projekt wie ThePod als "Mehrwert" bieten kann! Und insgesamt zeigt die Folge mal wieder, auf welchem Level an Sorgfalt und Tiefe Eure Spielbesprechungen sind. Klasse!

Abgesehen vom Spiel selbst und dem verschenkten Potenzial des Stoffes ist das Spiel mal wieder eine Erinnerung, auf welchem traurigen Niveau sich die Spieleproduktion in Deutschland bewegt. /sadface
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Jon Zen
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Jon Zen »

Ich habe jetzt auch endlich Through the Darkest of Times durchgespielt.

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Leider ist es kein gutes Spiel. Ich wollte es für gut empfinden, ich bin damit gescheitert. Aus vielerlei Gründen. Das tut mir Leid für alle Beteiligten, weil es ein gutes Spiel hätte werden können und seine wichtige antifaschistische Botschaft dann glauwürdiger hätte verbreiten können.
Ein wenig Geld, Zeit und Beratung haben offensichtlich gefehlt.
Das Argument, dass das Spiel nur 15 € koste, lasse ich nicht gelten, zur gleichen Zeit konnte man sich auch ein GTA V für den gleichen Preis kaufen. Außerdem gibt es auch genügend andere kleine Spiele, über die ich viel Gutes schreibe (z.B. Slay the Spire, Yes your Grace oder Football, Tactics & Glory).

Ich wollte es aufgrund eines Bugs oder wegen eines untererklärtem Feature sogar abbrechen, weil aus einem banalem Grund die Hauptaktion im 3. Akt nicht mehr lösbar war (ich verlor eine der 3 Uniformen, man benötigt 3 und man kann nur 3 bekommen - in Berlin 1941!).
Auf das miserable Gameplay wurde im hervorragendem Podcast dazu bereits fast alles gesagt. Ein weiterer Kritikpunkt ist das zu kleine Inventar, weswegen ich mehrmals, auch im Winter 1945 Kohle und Nahrungsmittel wegschmeißen musste, obwohl ich 3 Häuser besaß.

Bild

Die Spielmechanik erinnert zuerst an das Min-Maxen eines "This is Police", "Banner Saga" oder eines X:COM (mit der Long War Mod). Also, dass es immer schlimmer wird, obwohl alle Aktionen gelingen.
In Wirklichkeit spielt man aber Animal Crossing in der Nazi Zeit. Man muss drei Gegestände einer Sorte bekommen, dann 40 Mark, dann bekommt man eins davon, um zwei davon zu bekommen und so weiter und so fort. Sobald man das durchschaut hat, funktioniert die eigentlich nett erzählte (aber auch sehr plakative) Handlung mitsamt seiner Dramturgie und düsteren Stimmung nicht mehr. Stattdessen vergleiche ich Hitler mit Tom Nook. In Animal Crossing verschwinden aber meine schwer ergrindeten Gegenstände nicht!
Besonders Schade ist, dass der Visual Novel Teil fast nicht mit dem Gameplay verknüpft ist. Eine erfahrener zusätzlicher Gamedesigner hätte hier vielleicht helfen können.

Im Post Mortem wird darauf eingegangen, dass das Spiel hauptsächlich für den ausländischen Markt produziert wurde, deswegen wohl auch die Forrest Gump Geschichte, die man als halbwegs gebildeter Deutscher fast Szene für Szene vorraussehen kann (mit Ausnahmen: z.B. die angesprochene Köpenicker Blutwoche).
Die Hauptziele, die man pro Kapitel erledigen kann, sind gute Ideen und als ich die Freiheitsglocke zerstörte, fühlte sich all die Mühen meiner Widerstandstruppe sinnvoll an. Dass diese aber sehr schwer zu erreichen sind, trotz maximalem Fokus darauf, ist Schade, besonders warum:
Es gibt nämlich 3 Hauptressourcen in diesem Spiel: Zeit, Moral und "Verdacht".
Mit Verdacht meine ich die Leiste, wann Mitglieder der Gruppe auffliegen. Diese ist aber (wie im Podcast erwähnt) fast egal, weil es Vorteile bringt und leicht ist, wenn man Mitglieder aus dem Gefägnissen befreit.
Die Zeit dagegen ist eine unbekannte, wenn man das Spiel ohne Vorwissen spielt. Irgendwann ist das Kapitel vorbei, egal ob man nur noch 1-2 Wochen bräuchte, um das Hauptziel zu erreichen. Das ist äußerst unbefriedrigend und immersionsbrechend.
Der Hauptfeind (ohne Vorwissen) ist während eines Kapitels die Moral der Truppe. Diese sinkt unaufhörlich und kostet viel Zeit wieder aufzufrischen.
Leider erweckt das Spiel mit dieser Gameplayaussage, dass nicht die Nazis der Grund für den schwachen Widerstand in Deutschland war, sondern deren fehlender Wille. Auch weil man eben keinen Einfluss auf das Nazi-Regime und den Krieg hat, kann man daraus interpretieren, dass Widerstand während einer Terrorherrschaft zwecklos ist.
Das wollten die Entwickler bestimmt auf keinen Fall damit aussagen, aber ihr Gameplay ist eindeutig. Hier hätten sie Hilfe gebraucht, auch vom Publisher.
In der Visual Novel erweckt das Spiel die Hoffnung, dass man etwas ändern kann. Die dort angesprochenen Möglichkeiten stehen dem Spieler aber maximal nur in einer verkürzten Variante als Option offen. Das Leben innerhalb einer Widerstandsgruppe wird leider auch kaum glaubhaft beleuchtet. Zwar gibt es diese Texte vor jedem Wochenbeginn, die das Leben meiner Mitstreiter etwas schildern, aber das funktioniert (zumindest bei mir) überhaupt nicht. Weil sie generisch sind, kann ich sie kaum unterscheiden!

Zum positiven Teil:
Die Musik gefiel mir sehr und untermalte die Stimmung gut.
Die Visual Novel (die eigentlich nichts mit dem "Spiel" zu tun hat, was anfangs sehr verwirrend ist) erzeugt in ihren besten Momenten Gänsehaut und zeigt die Tragik der einzelnen Personen. Weil man aber alles aus der ich Perspektive erlebt, ist die Handlung unglaubwürdig und vorhersehbar. Trotzdem ist sie nett zum Durckklicken und es wirkt näher, als wenn man gleiches nur liest oder im Fernsehen sieht, da man in der ICH Perspektive diese Episoden erlebt. Das war eine gute Entscheidung.

Bild

Ein weiterer Kritikpunkt sind die angegebenen Wahrscheinlichkeiten währen der "Hauptmissionen". Als ich die Olympiaglocke sprengen wollte, kam eine Visual Novel zur Aktion. Den möglichen Handlungen wird eine Erfolgswahrscheinlichkeit zugeordnet (meistens zwischen 30 und 65%). Aber man muss so oft entscheiden, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit unter 5% liegen sollte, trotzdem gelang es mir. Ich glaube diese sind nur zur Aufladung der Dramaturgie dar, also Fake. Wenn ein Spiel den Spieler anlügt, ärgert mich das.

Grundsätzlich kann ich nicht nachvollziehen, warum sich um ein solches Prestigeobjekt der Publisher nur so wenig Ressourcen dafür aufwendet.
Through the Darkest of Times war wohl mehr in der Presse, als die meisten AA Projekte von THQ Nordic. Da kann Handygames vermutlich auch wenig dafür, um so etwas muss sich meiner Meinung nach die Geschäftsführung von THQ Nordic kümmern.
Das kann doch nicht sein, dass das erste antifaschistische Spiel mit Hakenkreuze keine Geld für die Verwendung von echten Zeitdokumenten bekommt?!
Da wäre viel gute PR für drinne gewesen. Eine verspielte Chance.
Auch denke ich, dass einem Berater wie Wolfgang sofort das mangelhafte Gameplay aufgefallen wäre und er es nach seiner 1-Ressourcen Theorie verbessert hätte, das gilt auch für die Verknüpfung der beiden Spielbereiche (Visual Novel, Strategiespiel).

Fazit: Für Menschen, die sich viel mit Spielen und (zumindest etwas) mit Geschichte auseinander setzen, ist es nichts, wobei es zu spielen, ist keine verschwendete Zeit.
Für Menschen, die wenig mit Computerspielen zu tun haben, wenig Wissen über Nazi-Deutschland haben, aber sich dafür interessieren: denen kann man es empfehlen. Uneingeschränkt. Das Wissen muss weitergeben werden. Never Forget!
Die Entwickler haben bewiesen, dass man auch mit einem schwachen Spiel, Disskussionen eröffnen kann, die Positives bewirken, Menschen Computerspiele als Kulturgut akzeptieren. Dafür ziehe ich meinen Hut.
Sie hätten aber mehr Hilfe und Ressourcen benötigt, um ihr angestrebtes Ziel vollends zu erreichen.
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Jon Zen hat geschrieben: 16. Jul 2020, 23:37 ...
Mir hat die Rezension sehr gefallen. Sie zeigt mir klar die Eigenheiten des Gameplays auf und was es damit (unbeabsichtigt) transportiert.
Danke!
Jon Zen hat geschrieben: 16. Jul 2020, 23:37 Besonders Schade ist, dass der Visual Novel Teil fast nicht mit dem Gameplay verknüpft ist. Eine erfahrener zusätzlicher Gamedesigner hätte hier vielleicht helfen können.
Ich fürchte, dass das einfach nicht gut möglich ist. Das sind zwei sehr verschiedenen Medienarten die sich nur schwer verbinden lassen.
Die beste Aussage wäre vermutlich "lasst es bleiben". (Nur die Verbindung der Medien, nicht das Nazi-Thema an und für sich.)
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Jon Zen
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Re: Runde #254: Through the Darkest of Times

Beitrag von Jon Zen »

Sebastian Solidwork hat geschrieben: 17. Jul 2020, 10:39
Jon Zen hat geschrieben: 16. Jul 2020, 23:37 ...
Mir hat die Rezension sehr gefallen. Sie zeigt mir klar die Eigenheiten des Gameplays auf und was es damit (unbeabsichtigt) transportiert.
Danke!
Jon Zen hat geschrieben: 16. Jul 2020, 23:37 Besonders Schade ist, dass der Visual Novel Teil fast nicht mit dem Gameplay verknüpft ist. Eine erfahrener zusätzlicher Gamedesigner hätte hier vielleicht helfen können.
Ich fürchte, dass das einfach nicht gut möglich ist. Das sind zwei sehr verschiedenen Medienarten die sich nur schwer verbinden lassen.
Die beste Aussage wäre vermutlich "lasst es bleiben". (Nur die Verbindung der Medien, nicht das Nazi-Thema an und für sich.)
Danke!

Zur Verknüpfung zwischen dem Strategiepart und der Visual Novel: Ich denke, da gebe es so viele Möglichkeiten, es zu verbessern. Im Post Mortem wurde dieser Kritikpunkt nicht ausgereizt, was ich aber aufgrund der generellen harten Kritik am Spiel verstehe und André und Dom den Entwickler sicher nicht "zerstören" oder anprangern wollten (was ich gut finde). Zum Beispiel geisterte mir folgendes durch den Kopf:

Die Visual Novels erzählen jeweils kleine Geschichten über Kontakte zum Widerstand und mögliche Aktionen. Hätte man diese in den Vordergrund gerückt, dann hätte es ein klares Ziel pro Kapitel gegeben. Es hätte nicht 3 Ressourcen gebraucht, sondern man hätte alleine die Gefahr durch Aufdeckung der Nazi-Institutionen gehabt.
Beispiel Olympia 1936: Das Ziel des Kapitels wäre die Zerstörung der "Freiheitsglocke" im Olympia Park gewesen. Das erzählt auch die Einführungs Visual Novel des Kapitels (bzw. man wählt zu Beginn des Kapitels eines der drei Ziele aus).
Man sieht dann auf der Strategiekarte seine verbleibenden Wochen bis zum "Heist" und die Schritte, die man bis dahin erledigen muss (es kann auch mehr Lösungsrouten geben). Das Moral System gibt es nicht, auch braucht man weniger Geld und kann nicht mehr betteln gehen. Damit wäre der Fokus auf den tatsächlichen Widerstand gesetzt. Im Heist kommen dann Personen vor, die man auch aus der Visual Novel kannte.
Besonders gut könnte das gemacht werden, wenn es keine generischen Mitstreiter mehr gäbe, sondern eine gewisse Anzahl an Charakteren. Diese könnten je nach Missionsziel und Kapitel varrieren und hätten eine "echte" Persönlichkeit, ähnlich den Verbindungsleuten in der Novel. Würden sie verhaftet werden, wären sie weg, oder müssten durch schlechtere, generische Widerständler in diesem Kapitel ersetzt werden. Dadurch wäre mit einem leichten Trick eine emotionale Fallhöhe geschaffen: Der Hass und die eigene Angst vor den Nazi Häschern würden steigen + das Spiel wird am richtigen Punkt schwerer.
Daraus könnten sich folgende Konstellationen am Ende jedes Kapitels ergeben:
Wenn man das Missionsziel nicht schafft und erwischt wird, ist das Spiel zu Ende. Wenn man das Missionsziel nicht schafft, aber nicht erwischt wird, geht es normal weiter. Wenn man das Missionsziel schafft und nicht erwischt wird, geht das Spiel weiter, aber man müsste positives Feedback in den nächsten Kapiteln bekommen (damit der Spieler das Gefühl bekommt, dass Widerstand gegen ein Terrorregime Sinn macht). Wenn man das Missionsziel schafft, aber erwischt wird, geht es nicht weiter, aber die Taten Freiheitsgruppe werden gewürdigt (ein bisschen wie am Ende des Spiels).
Besonders interessant wäre eine Entscheidung, wo man zwischen "Nicht schaffen, aber unerkannt bleiben" und "Schaffen, aber entdeckt werden" wählen müsste.
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