Runde #265: Es war einmal in Russland

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Don Mchawi
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Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Don Mchawi »

Moin,

ich habe die Folge noch längst nicht zu Ende gehört, sie läuft gerade, aber da noch kein Thread offen ist und ich glaube schon jetzt loswerden kann, was ich möchte, mache ich das einfach mal.
Wahrscheinlich habt ihr schon damit gerechnet, dass etwas in der Art kommt, verstehe auch, wenn das nervig ist.
Grundsätzlich sind die Anekdoten super und unterhaltsam und ohne Zweifel gibt es eine Menge auch kurioser Dinge aus den GUS-Ländern zu erzählen. Oder generell von Berufsreisen außerhalb der EU.
Aber ich finde den Überbau denkbar ungelungen. Dass ich in der Folge auffällt, dass es gar nicht nur um Russland geht, geschenkt. Aber dass ihr bzw insbesondere Ralph das dann weg wischt a la 'passt schon, können wir einfach als Russland benennen' sagt hier viel insb. über Ralphs Ansichten aus.
Ich verstehe, dass es als Fremder in der Region schwer ist, die Länder auseinander zu halten. Die Sprache klingt ähnlich, sie waren in einem Sammlstaat organisiert, die moderne Architektur ist nahezu identisch. Das Ganze aber als Russland zu verkaufen, ist mMn ignorant gegenüber den unterschiedlichen Kulturen und politisch auch ein Statement, das problematisch ist. Dahinter steckt auch russische Darstellung über Jahrhunderte, die intern mit Zwangsassimilisierung und Verfolgung die verschiedenen Kulturen der anderen Länder wie am prominentesten der Ukraine, und nach außen eine scheinbare (Hallo, Fuchsi, jetzt müsste es stimmen :mrgreen: ) Einheit und Gleichheit als Legitimation und Machtprojektion propagierte.

Was mich aber wirklich stört, ist dass ihr (und leider auch hier insbesondere Ralph) in einer Weise diese Geschichten präsentiert, als seien sie in irgendeiner Weise repräsentativ für die gesamte GUS. Wenn dann von Reisen in den wilden Osten gesprochen wird, alles als Chaos und Abenteuer sowie trist und heruntergekommen dargestellt wird und eben in einer Verallgemeinerung über ein Gebiet, das größer ist, als die gesamte EU, sind das nur billige Klischees, die reproduziert werden. Ralph ist mit dieser Erwartung in die Ukraine und hat dann natürlich auch genau das wahrgenommen. Klsichees sind nicht deshalb gefährlich, weil sie unwahr sind, sondern weil sie nur einen Teil der Wahrheit abbilden. Wunderbar fasst das mMn nach die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Adichie in ihrem TED-Talk 'Danger of a Single Story' zusammen, das ich euch, wenn ihr es noch nicht kennt, wirklich empfehlen kann: https://www.youtube.com/watch?v=D9Ihs241zeg
Denn genau darum geht es hier... Ihr und insbesondere Ralph (es tut mir Leid, dass ich dich iher immer namentlich erwähne, Ralph, aber von dir kommen die meisten dieser Aussagen und ich bin überzeugt, dass du mit dir Kritik umgehen kannst, ist nicht persönlich gemeint) macht genau das, ihr erzählt eine single story mit bekannten Komponenten. Es geht eben auch nicht darum, solche Anekdoten nicht zu erzählen, im Gegenteil. Aber man muss sie nicht als typisch für den ~Ostblock darstellen.

Ein wenig mehr Selbstreflexion in der Rolle als Multiplikator wäre hier mMn nötig gewesen. Vor kurzem hattet ihr ja auch erst die Vorurteile-Folge, das wäre doch ein schöner Effekt daraus gewesen. Ich finde es irgendwie befremdlich, nicht einmal kyrillisch lesen zu können, aber die ganze GUS darstellen zu wollen (auch wenn mir klar ist, dass ihr das nicht so deutlich selbst aussprechen würdet, ich finde, ihr tut es).
Ich selbst habe neben anderen Reisen in die GUS nach St Petersburg, Weißrussland, Moldawien und weite Teile der Ukraine ein Jahr in Kiev gelebt - und würde trotzdem nie solche allgemeingültigen Aussagen treffen. Vielleicht auch deswegen? Weiß ich nicht. Ich finde es aber, und hier fange ich mich spätestens an, mich zu wiederholen, befremdlich. Was ich sagen kann, ist dass u.a. Ukrainer mit vielen Vorurteilen zu kämpfen haben, die natürlich auch Entwicklung, Beziehungen und Wirtschaft beeinträchtigen, etwa durch Einbußen im Tourismus. Single Story eben.

Gerade, Minute 47, sagt Andre, dass ihr aufpassen wollt, dass es nicht nur ein abklappern von Klischees wird. Ist es bis jetzt leider geworden, mMn. Und Ralph erzählt daraufhin, wie damals die Mentalität war, dass es so 'in ihren Genen' war. Sorry, habe jetzt eine Stunde rum, ich werd mit der Folge nicht mehr warm.
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Asphyx
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Asphyx »

Ich kann die Kritik von Don Mchawi schon ein Stück weit nachvollziehen, würde aber weniger hart mit euch ins Gericht gehen wollen. Klar, da werden schon ein paar Klischees bemüht, aber ihr erzählt halt eure persönlichen Eindrücke und Erlebnisse von damals, und die können schon deswegen nur ein Teil des Bildes zeigen. Wenn man sein ganzes Leben im Westen verbracht hat und dann kurz nach der Öffnung erstmals in die Länder des ehemaligen "Ostblocks" kam, war das bestimmt erstmal ein Kulturschock - und ich vermute, umgekehrt war es nicht anders, wenn auch auf anderer Ebene. Ich selbst war 1990 zum ersten Mal in Prag, und von der Altstadt abgesehen war das damals auch für mich noch ein sehr tristes Erlebnis, und dass in den ersten Jahren nach dem Fall des eisernen Vorhangs mehr als nur ein Hauch von Wildwestatmosphäre durch diese Gesellschaften wehte, würde wohl auch die dortige Bevölkerung so sehen (und auch Vorurteile gab es bestimmt auf beiden Seiten). Von Sebastian, der ja doch einen Großteil seiner jüngeren Jahre im Osten verbracht hat, habe ich diesbezüglich jedenfalls keinen Einspruch vernommen. Völlig zu Recht habt ihr aber auch festgehalten, dass die Menschen, die ihr dort kennengelernt habt, fast durch die Bank ausgesprochen freundlich und liebenswürdig waren (was auch meinen Erfahrungen entspricht), und dass sich seit damals sehr viel zum Positiven verändert hat. Ich jedenfalls zähle mittlerweile einige TschechInnen zu meinen besten Freunden und bin auch jedes jahr mehrfach dort, weil ich mich einfach wahnsinnig wohl da fühle und insbesondere Prag zu den schönsten und charmantesten Städten zähle, die ich je bereist habe. Kann ich jedermann nur empfehlen. :)

Von all dem abgesehen fand ich die Folge extrem interessant und unterhaltsam. Und nebenbei bemerkt finde ich Ralf sehr sympathisch und halte ihn für eine Bereicherung eures Podcasts - und wenn ich mir ansehe, wie oft er in letzter Zeit zu Gast war, empfindet ihr das offensichtlich ähnlich. ;)
ElFabio
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von ElFabio »

Also ich hab nach der Folge einen sehr positiven Eindruck von Land und Leuten mitgenommen.
Durch die Schilderungen wie gastfreundlich und bemüht die Leute dort waren, wurden eher Klischees widerlegt als bestätigt.
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Leonard Zelig
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Leonard Zelig »

Asphyx hat geschrieben: 4. Mai 2020, 15:10 Ich jedenfalls zähle mittlerweile einige TschechInnen zu meinen besten Freunden und bin auch jedes jahr mehrfach dort, weil ich mich einfach wahnsinnig wohl da fühle und insbesondere Prag zu den schönsten und charmantesten Städten zähle, die ich je bereist habe. Kann ich jedermann nur empfehlen. :)
Hab in Prag mein Auslandssemester gemacht und kann das nur unterstreichen. Wobei ich hauptsächlich Kontakt zu anderen Erasmus-Studenten hatte und weniger zu TschechInnen.

Finde es auch schade wenn Russland und die Ukraine immer in einen Topf geworfen werden. Oder wenn lang und breit über die Befindlichkeiten Russlands geredet wird, aber kein einziger Experte aus Osteuropa interviewt wird.
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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CurtisCraig
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von CurtisCraig »

Also ich hab ehrlich gesagt die Anekdoten sehr genossen. Ich bin während des hörens spazieren gewesen und hab 10km abgelatscht ohne es wirklich zu merken weil ich in das Gespräch vertieft war. Die Unterstellung das hier nur Klischees bedient werden kann ich eigentlich nicht wirklich bestätigen. Für mich haben bloß ein paar Leute erzählt was sie dort so erlebt haben. Keiner hat gesagt das es repräsentativ für das gesamte russische Reich gilt. Aber vielleicht bin ich in der Hinsicht einfach nur nicht so empfänglich.

Das einzige was ich allerdings noch leicht kritisch anmerken muss/möchte ist das dass Gespräch für mich etwas angenehmer konsumierbar gewesen wäre, wenn der Herr Adam häufiger seine angefangenen Sätze auch zuende gebracht hätte ;)

Aber ansonsten sehr unterhaltsam.
Zuletzt geändert von CurtisCraig am 4. Mai 2020, 16:07, insgesamt 2-mal geändert.
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bluttrinker13
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von bluttrinker13 »

ElFabio hat geschrieben: 4. Mai 2020, 15:18 Also ich hab nach der Folge einen sehr positiven Eindruck von Land und Leuten mitgenommen.
Durch die Schilderungen wie gastfreundlich und bemüht die Leute dort waren, wurden eher Klischees widerlegt als bestätigt.
Sehe ich ähnlich. Don Mchawi hat nen Punkt, keine Frage, aber damit der wirklich valide ist, muss der Anspruch hinzukommen, dass der podcast die genannten Ländern auch akkurat repräsentieren möchte. Den Anspruch hat er aber ganz klar nicht. Es ist eine launige Erzählung die subjektive Eindrücke schildert und unterhaltsam sein soll. Dazu gehören Klischees und Vorurteile nun mal. Konnte nichts negatives entdecken, im Gegenteil. Dass die Russen crazy sein können (Wer hat schon mal Russen abdancen sehen? Ein Fest), die Ukrainer sowieso, weiß ich aus eigener Erfahrung. Alles nett gemeint.

Btw, Prag! City beste! :3
Hatte dort ein wunderschönes verlängertes Mai-Wochenende, vor etlichen Jahren mit meiner Süßen.
Erinnere mich noch wie ich ohne jegliche Sprachkenntnisse, während sie sich frisch machte, mit tschechischen Stammgästen beim Bier über Black Sabbath geschwärmt habe. Die wollten mir sogar noch eins ausgeben (hab selber ne Runde bezahlt), und haben mir zum Abschied nen Feuerzeug geschenkt. Voll lieb. Und das Bier, meine Herrn. :dance: :clap:
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Axel
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Axel »

Praha war vor 10-15 Jahren noch charmant. Heute ist das nur noch ne überteuerte Touri-Falle. In Ostrava, Ústí nad Labem und Most gibt es ebenfalls schöne Dinge zu entdecken - und man kommt noch mit Einheimischen in Kontakt. In den letzten Jahren habe ich meine Liebe zur Tschechei entdeckt. Auch weil es ja tatsächlich nebenan liegt. Es ist schon der Wahnsinn, wie fern einem die osteuropäische Kultur eigentlich ist, obwohl es schon ein paar Kilometer weiter anfängt. :|

Ich würde aber auch davor ein wenig warnen wollen, die ehemaligen Ostblockstaaten allzu sehr über einen Kamm zu scheren. Zwischen Russland, Weißrussland, Ungarn, Ukraine, Polen, Tschechien, Slowakei oder Rumänien gibt es schon starke Unterschiede was Kultur, Mentalität und Geschichte betrifft. WIR wollen ja auch nicht mit Franzosen, Holländern oder gar - Gott bewahre - den Schweizern in einen Topf geworfen werden! :mrgreen: Auch wenn Floki das richtig einwirft: Dort ist man da auch nicht so genau darin, „den Westen“ zu differenzieren. :lol:
Don Mchawi
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Don Mchawi »

CurtisCraig hat geschrieben: 4. Mai 2020, 15:45 Die Unterstellung das hier nur Klischees bedient werden kann ich eigentlich nicht wirklich bestätigen.
Ich finde Unterstellung hier nicht die richtige Wortwahl bzw empfinde ich den Vorwurf, ich hätte etwas unterstellt, als nicht angemessen. Habe ja durchaus aus dem Podcast meinen Eindruck hergeleitet und stellenweise auch direkt zitiert. Habe auch kein Problem damit, dass man das durchaus anders wahrnehmen kann und das tun ja auch eigentlich alle bisher hier im Thread. Aber mir vorzuwerfen, ich würde etwas unterstellen, finde ich nicht richtig. Aber vielleicht hänge ich mich da auch zu sehr an dem Wort auf.
Floki hat geschrieben: 4. Mai 2020, 15:53 Als jemand der seine Vorfahren und immer noch Familie aus Osteuropa hat, kann ich sagen: Ich kann nachvollziehen, wie man die Staaten alle relativ über einen Kamm schwert und kann es einsortieren und würde es nicht als Unwissenheit und Framing verstehen. Passt schon. Kommt immer drauf an wer und wie man verallgemeinert. Glaubt mir, da macht sich auch keiner die Mühe uns hier haargenau zu differenzieren. ;-)
Ich glaube tatsächlich schon, dass es von osteuropäischer Seite eine stärkere Differenzierung in der Wahrnehmung westeuropäischer Staaten gibt als andersrum, aber das ist jetzt auch nur unbelegtes Bauchgefühl meinerseits. :mrgreen: Dass es natürlich auch Verallgemeinerung oder Framing wie du so schön sagst in die andere Richtung ist klar, aber mMn ja kein Grund, es ebenso zu machen.
Mir geht es im Wesentlichen aber ja auch nicht darum, dass solche Bilder im Kopf falsch oder etwas Schlimmes wären; wir haben alle unsere Bilder im Kopf, die unsere Wahrnehmung anderer Länder/Kulturen prägen und von unserer sozio-kulturellen Umgebung geprägt sind. Aber ich finde, in dem Moment, in dem ich etwas über (und ja nicht nur zu tatsächlich) einem Land publiziere und das mit einer Gewissen Reichweite, habe ich die Verantwortung, mich etwas tiefer damit auseinander zu setzen und eben auch zu fragen, was genau ich zu erzählen habe und warum ich es vielleicht so erlebt habe, wie ich es erlebt habe. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass vermeintlich chaotische Systeme und Umstände oft nur für Außenstehende so chaotisch wirken, in sich aber klare Struktur haben. Die ist aber schwer zu durchdringen, wenn ich keinen Zugang zu der Kultur habe und mit bestimmten Erwartungen hingehe, denn das, was ich erwarte zu sehen, werde ich vermehrt sehen - selektive Wahrnehmung bzw selektiv verstärkte Wahrnehmung. Passiert natürlich unterbewusst und ist vollkommen normal und ja auch sinnvoll wie alle Vorurteile irgendwo einen sinnvollen Kern haben oder mal hatten.

Ich will damit auch echt nicht sagen, dass man sich mit jeder Kultur, mit der man in Kontakt kommt, so tief auseinander setzen sollte. Nur ab dem Moment, ab dem ich über sie publiziere und nochmal mehr, wenn ich niemanden aus dieser Kultur dabei aktiv einbinde, steuere ich zur Deutungshoheit bei und definiere mit meiner Darstellung zusammen mit anderen Publikationen unsere Wahrnehmung dieser Kultur.
Und da liegt, finde ich, eine andere Verantwortung. :think:
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CurtisCraig
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von CurtisCraig »

Don Mchawi hat geschrieben: 4. Mai 2020, 16:28
CurtisCraig hat geschrieben: 4. Mai 2020, 15:45 Die Unterstellung das hier nur Klischees bedient werden kann ich eigentlich nicht wirklich bestätigen.
Ich finde Unterstellung hier nicht die richtige Wortwahl bzw empfinde ich den Vorwurf, ich hätte etwas unterstellt, als nicht angemessen. Habe ja durchaus aus dem Podcast meinen Eindruck hergeleitet und stellenweise auch direkt zitiert. Habe auch kein Problem damit, dass man das durchaus anders wahrnehmen kann und das tun ja auch eigentlich alle bisher hier im Thread. Aber mir vorzuwerfen, ich würde etwas unterstellen, finde ich nicht richtig. Aber vielleicht hänge ich mich da auch zu sehr an dem Wort auf.
Okay. Dann vielleicht statt "Unterstellung" eher das Wort "Andeutung"?
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Don Mchawi
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Don Mchawi »

CurtisCraig hat geschrieben: 4. Mai 2020, 16:35

Okay. Dann vielleicht statt "Unterstellung" eher das Wort "Andeutung"?
Oder Kritik. Letztlich auch nicht so wichtig, wie wir es genau nennen, durch deinen Kommentar sehe ich, dass du es nicht so negativ meintest, wie es zunächst für mich klang und damit weiß ich wiederum, wie du es meinst und alles ist gut. :mrgreen:
ElFabio
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von ElFabio »

Don Mchawi hat geschrieben: 4. Mai 2020, 16:28 Nur ab dem Moment, ab dem ich über sie publiziere und nochmal mehr, wenn ich niemanden aus dieser Kultur dabei aktiv einbinde, steuere ich zur Deutungshoheit bei und definiere mit meiner Darstellung zusammen mit anderen Publikationen unsere Wahrnehmung dieser Kultur.
Und da liegt, finde ich, eine andere Verantwortung. :think:
Wenn ich im WDR das Reisejournal "Wunderschön" anschaue bekomme ich auch keine differenzierte Darstellung und die haben wesentlich mehr Reichweite. Hier wird mir eine Postkartenidylle präsentiert und es liegt an mir, das entsprechend einzuordnen.

Ein Multiplikator oder Moderator ist doch nicht immer notwendig. Das Durchschnittsalter der Podcasthörer liegt um die 30, jeder sollte das für sich entsprechend einordnen können und nicht alles für bare Münze nehmen.
Don Mchawi
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Don Mchawi »

ElFabio hat geschrieben: 4. Mai 2020, 16:53

Wenn ich im WDR das Reisejournal "Wunderschön" anschaue bekomme ich auch keine differenzierte Darstellung und die haben wesentlich mehr Reichweite. Hier wird mir eine Postkartenidylle präsentiert und es liegt an mir, das entsprechend einzuordnen.

Ein Multiplikator oder Moderator ist doch nicht immer notwendig. Das Durchschnittsalter im Podcast liegt um die 30, jeder sollte das auch mal für sich entsprechend einordnen können und nicht alles für bare Münze nehmen.
Ich kenne jetzt speziell 'Wunderschön' nicht, stimme dir aber zu, dass es natürlich auch in den ÖR einseitige Darstellungen in unterschiedliche Richtungen gibt. Und dass es dort eventuell schwerwiegender ist, da sie eine höhere Reichweite und größere gesellschaftliche Rolle insgesamt haben.
Mir geht es gar nicht unbedingt darum, dass alles differenziert dargestellt werden muss; vor allem ging es hier ja um ganz persönliche Anekdoten. Allerdings bewegen diese sich eben sehr in den bestehenden Klischees und stärken sie damit eben auch. Und dann sollte zunächst eine offene (ist mir wichtig, ich kenne Ralf nicht außerhalb meines Zuhörerstatus beim Podcast, d.h. ich möchte ihm ausdrücklich nichts unterstellen, wie er mit seinen Erfahrungen jenseits des Podcasts umgeht) Reflexion eingebunden sein, die die Anekdoten einordnet.
Ich würde die gleiche Kritik natürlich auch an Reisereportagen anbringen und dort sogar viel mehr, da sie ja wirklich mit dem Anspruch hingehen, ein Land darzustellen. Entsprechend hat jetzt auch nicht The Pods Reputation bei mir gelitten, hätte die National Geographic einen Artikel mit ähnlichen mMn kritikwürdigen Punkten, würde ich das da auch deutlich negativer bewerten.

Mit Multiplikatoren meine ich in dem Fall die Caster selbst, da sie ihre Erfahrungen weiter geben. Eine externe Moderation oder ein Osteuropaexperte oder Sprecher der ukrainischen Minderheit Russlands in diesem Podcast wäre sicherlich etwas zuviel des Guten :mrgreen:
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Kesselflicken
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Kesselflicken »

Hatte auch hin und wieder Bauchgrummeln bei der Folge. Aber ich mag Pauschalaussagen über Kulturen und Bevölkerungsgruppen prinzipiell doof. Völlig unabhängig davon, ob diese negativ oder positiv sind. Gerade die Formulierung, dass ihnen etwas in den Genen liegt. IIRC war es hier in Bezug auf Gehorsam.

Aber auch davon ab fand ich die Folge so lala. Fast alle von Ralphs Anekdoten wurden in den letzten Wochen schon mal in anderen Podcasts besprochen. Etwas Wiederholung ist natürlich nicht schlimm, aber hier hatte ich zuweilen den Eindruck, dass man die nochmal für alle und nicht nur für Backer aufzählen wollte. Und das ganze Denglisch... Gotteswillen. Außerdem hoffe ich, dass ihr Sebastian nebenbei was anderes habt machen lassen. Als Gesprächsteilnehmer war er ja nicht wirklich dabei. Seine kurzen Einwürfe fand ich aber immer gut! Er hat gefühlt meine Gedanken verbalisiert. Das Stöhnen bei den wirklich triefenden Klischees :clap:
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bluttrinker13
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von bluttrinker13 »

Varus hat geschrieben: 4. Mai 2020, 18:06 Hatte auch hin und wieder Bauchgrummeln bei der Folge. Aber ich mag Pauschalaussagen über Kulturen und Bevölkerungsgruppen prinzipiell doof. Völlig unabhängig davon, ob diese negativ oder positiv sind. Gerade die Formulierung, dass ihnen etwas in den Genen liegt. IIRC war es hier in Bezug auf Gehorsam.
Jedes Stereotyp hat aber wiederum einen ernst zu nehmenden Datenkern, sonst wäre es nutzlos und würde ausselektiert.

Hinsichtlich Gehorsam - klar, auf Individuen übertragen und dann auch noch mit Genetik begründen "das der Russe die Knute braucht" etc., das ist hochgradig fragwürdig und falsch. Natürlich gibt es den Oppositionellen und den Freidenker, den Rebellen, auch in slawischen Kulturen oder Staaten.

Aber, auf Kulturenebene deckt sich das mit vielen anekdotischen Berichten auch aus meiner Verwandtschaft, dass es im Hinblickauf "Gehorsam" oder eher: Akzeptanz und Gewichtung von Status und Autorität durchaus merkliche Unterschiede gibt, im Vergleich von Russland und Deutschland.

Und das deckt sich auch mit Forschungsergebnissen wie Hofstede's Kulturdimensionen:
https://www.hofstede-insights.com/count ... an,russia/
Hier mal als Vergleich, auf Power Distance scored Russland sogar noch höher als Japan.

Wie gesagt, das kann und darf man nicht 1:1 auf die individuelle Ebene übertragen (was Hofstede auch selber immer wieder betont). Aber kulturelle Unterschiede in Neigung zu der Akzeptanz von Machtunterschieden und Autoritäten, natürlich gibt es die. Es versteht sich von selbst dann ebenso, dass sie nicht in Stein gemeißelt sind.

Falls es dir aber nur um die "Gene" ging, sorry für's offtopic. :D
Yano
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Yano »

Eine sehr interessante Folge, war richtig spannend :)
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DickHorner
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von DickHorner »

Natürlich trinkt Ralf den James Bond-Drink, der im Übrigen richtig "Vesper" heißt. Schütteln verwässert den Drink nicht mehr als Rühren, wie auch, wo soll das zusätzliche Wasser den hergezaubert werden, es geht nur schneller und die richtige Temperatur ist entsprechend schneller erreicht. Kaum ein Bartender rührt den Drink die nötigen 30 Sekunden lang, fünf Sekunden schütteln ist halt einfacher.
Aber zum Thema:
Die Folge war echt cringe für mich. Fabulieren über James Bond-Drinks, das blendende Aussehen russischer (?) Sexarbeiterinnen, schwere Waffen (war damit die Handfeuerwaffe gemeint?), tot reiten aller möglichen Klischees, Saufgelage, das Rockstarleben, das man als Producer eben so hat...
Auf ner Party wär das so eine Art von Gespräch wo ich dann einfach weggehen würde.
Für mich war die Folge auf einer Ebene mit dieser Folge über Free2Play mit dem Typen, dem dauernd die Nase lief.
ElFabio
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von ElFabio »

Im Übrigen, ich verstehe schon die Ansicht von Don Mchawi und respektiere sie auch voll und ganz. Man muss sie allerdings nicht teilen, darum noch ein Einwurf:

Muss es immer der Qualitätsjournalismus sein, der alle Facetten beleuchtet?
In meinen Augen nein. Ich möchte doch auch ab und an einfach unterhalten werden.

Ich ziehe nochmal mein Beispiel mit dem Reisejournal heran.
Vielleicht möchte ich im Bericht über Kuba einfach mal berieselt werden über Rum, Zigarren und alte Autos und nicht konfrontiert werden mit Armut und Ausreisebeschränkungen.

Das ist vielleicht engstirnig oder egoistisch oder keine Ahnung was, aber ich glaube nicht, dass ich damit alleine dastehe.
Varus hat geschrieben: 4. Mai 2020, 18:06 Er hat gefühlt meine Gedanken verbalisiert. Das Stöhnen bei den wirklich triefenden Klischees :clap:
Freie Interpretation von Dir.
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Tattus
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von Tattus »

Ich fande diese Folge auch etwas anstrengend. Aber ich glaube, dass das ein grundsätzliches Problem an der (notgedrungen) relativ einseitigen Perspektive war. Immerhin hat Andre ab und zu versucht zu betonen, dass hier keine Aussagen über Russland oder den ehemaligen Ostblock im Allgemeinen getroffen werden sollen. Was aber natürlich trotzdem zum Teil geschehen ist. Das macht ja auch einen großen Teil des Spaßes an solchen Anekdoten aus.

Zumal ich dabei die Begrifflichkeiten auch häufig ein bisschen ungenau finde. Das hat jetzt nicht soviel mit diesem Podcast im Speziellen zu tun und ist daher vlt. auch ein bisschen Off-Topic. So hat "Osten" nicht bloß den geografischen Aspekt sondern zeigt auch die eigene örtliche und politisch-historische Perspektive. Aus Sicht des Irans ist Russland zB Teil des "Westens". Und klar liegt Tschechien wiederum von den meisten Teilen Deutschlands aus gesehen im Osten. Allerdings befindet es sich genauso wie Polen in Mitteleuropa. Oder während viele Erfurt als Osten bezeichen würden, käme wohl niemand auf die Idee den Bayrischen Wald als Ostdeutschland zu bezeichnen, obwohl er geographisch gesehen östlicher liegt. Und was jetzt genau "hinter" dem Eisernen Vorhang und nicht "davor" liegt, hängt auch davon ab von wo man rauf guckt. Das macht diese Formulierungen nicht falsch oder richtig. Sie implizieren nur Dinge und spiegeln eine bestimmte Perspektive wieder, dessen man sich bewusst sein sollte, um anderen Perspektiven auch einen Raum geben zu können.
bluttrinker13 hat geschrieben: 4. Mai 2020, 19:12 Jedes Stereotyp hat aber wiederum einen ernst zu nehmenden Datenkern, sonst wäre es nutzlos und würde ausselektiert.
Das ist mir ein bisschen allgemein formuliert. Wie Don Mchawi gesagt hat, sind solche Klischees auch immer sich selbst verstärkende Prozesse bei allen Beteiligten und können sich häufig trotz ganz geringen Bezugs zur Wirklichkeit erstaunlich lang halten oder schaffen sich ihre eigene Realität.
ElFabio hat geschrieben: 4. Mai 2020, 19:59 Im Übrigen, ich verstehe schon die Ansicht von Don Mchawi und respektiere sie auch voll und ganz. Man muss sie allerdings nicht teilen, darum noch ein Einwurf:
Muss es immer der Qualitätsjournalismus sein, der alle Facetten beleuchtet?
In meinen Augen nein. Ich möchte doch auch ab und an einfach unterhalten werden.
[...]
Das ist vielleicht engstirnig oder egoistisch oder keine Ahnung was, aber ich glaube nicht, dass ich damit alleine dastehe.
Damit stehst du bestimmt nicht alleine da und man muss natürlich nicht immer über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Man kann ja auch über sexistische Witze von Mario Barth lachen. Klischees wird es immer geben. Je nach Ausprägung können sie aber auch nachteilig für ganze Gruppen sein. Und mit jeder Reproduktion sind sie schwerer wieder wegzubekommen.
BigBB
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von BigBB »

Ich fand die Folge sehr lustig und interessant.

Leider nix für Bus und Bahn. Nachdem ich dann mitten im Bus zwei mal laut in meinen Mundschutz losgeprustet hatte, hab ich mal besser ausgemacht und zu Hause weiter gehört. Irgendwann wird es dann auch für mich mal peinlich. ^^
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bluttrinker13
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Re: Runde #265: Es war einmal in Russland

Beitrag von bluttrinker13 »

Tattus hat geschrieben: 5. Mai 2020, 00:23
bluttrinker13 hat geschrieben: 4. Mai 2020, 19:12 Jedes Stereotyp hat aber wiederum einen ernst zu nehmenden Datenkern, sonst wäre es nutzlos und würde ausselektiert.
Das ist mir ein bisschen allgemein formuliert. Wie Don Mchawi gesagt hat, sind solche Klischees auch immer sich selbst verstärkende Prozesse bei allen Beteiligten und können sich häufig trotz ganz geringen Bezugs zur Wirklichkeit erstaunlich lang halten oder schaffen sich ihre eigene Realität.
Unabhängig davon, wie man das dann werten mag, ist das dann logisch aber auch kein Widerspruch. Wenn sich im Sinne einer self-fulfilling prophecy das Stereotyp anfängt, selbst zu erhalten oder zu verstärken, bewahrt es ja seine Realitätsverankerung ein Stück weit. Außerdem gibt es auch dafür dann irgendwelche Gründe. Anders gesagt, wenn der Russe anfängt sich wie sein Klischee zu verhalten, ein Stück weit, dann hast du wieder den Realitätsbezug. Selbiges natürlich auf Deutsche und alle anderen bezogen.

Grundsätzlich geht es mir hier nur darum, der manchmal etwas reflexhaften Ablehnung von Klischees und Stereotypen etwas entgegenzusetzen. Sie sind nicht nur schlecht und Vorurteilsbehaftet ("Zigeuner" etc), sie sind teilweise auch nützlich, witzig und Teil von kulturellen Identitäten.

Und genau in den Bereich ist der Podcast imo gegangen, und Mchawis Kritik war inhaltlich tadellos und gut, nur hier im Bezug mE fehl am Platze.
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