Du gibst hier, wissentlich oder unwissentlich, mittelbar oder unmittelbar, ein Narrativ von Mitch McConnell wieder, der, nachdem er beinahe 300 Tage lang eine Abstimmung über die Berufung von Merrick Garland an den Supreme Court im Senate blockiert hat, behauptet hat, während der anstehenden Amtszeit von Trump würden die Demokraten alles blockieren - OBWOHL (und ich sage das nun sicherlich zum fünften Mal) die Republikaner bis 2018 die Mehrheit im Senate und House besaßen. Und natürlich hast du es bislang vermieden, auf diesen Punkt einzugehen: Du weißt ebensogut wie ich, dass die Behauptung Quatsch ist, schon aus realpolitischen Gründen.
Diese ganze Erzählung ist also kompletter Unsinn. Aber sie ist strategisch platzierter Unsinn: Einfach mal hier die ersten fünf Minuten schauen für eine pointierte Zusammenfassung: The Alt-Right Playbook: You go high, we go low
Des weiteren bedienst du in diesem Zusammenhang auch ein weiteres neurechtes Narrativ, nämlich: Die Demokraten hätten es von Tag 1 an auf ein Impeachment angelegt. Ich zitiere dich:
Dazu haben wir jetzt vier Jahre Blockade und Hinarbeitung auf den Impeachment-Prozess erlebt, der dann implodierte.
Ich verdrehe dir hier also gar nichts im Mund. Du spinnst hier eine Erzählung von Demokraten, die angeblich seit vier Jahren versucht haben, Trump zu impeachen, zu blockieren, nichts anderes getan hätten und damit ultimativ gescheitert wären.
Das erst im Juli 2019 der auslösende Telefonanruf aus dem Frühjahr 2019 bekannt wurde, wird hier einfach unter den Tisch gekehrt. Stattdessen wird eine viel bequemere Realität geschaffen: Nicht Trumps Verhalten ist schuld am Impeachment, sondern die Demokraten, die es von Anfang an drauf angelegt hätten. Das Nanci Pelosi zuvor wochenlang ein Impeachment verhindert hat, weil es zu polarisierend wäre und ihre Meinung erst geändert hat, nachdem immer mehr Fakten auftauchten - geschenkt. In die selbe Kerbe schlägt auch das Verb "implodieren", welches suggeriert, das Impeachment wäre gescheitert, weil die Vorwürfe in sich zusammengefallen oder verpufft wären. Tatsache ist jedoch, dass Trump Impeached WURDE und lediglich die Amtsenthebung gescheitert ist, weil erneut Mitch McConnell jeden Versuch der Aufklärung, etwa durch Zeugenanhörungen oder das Anfordern von Dokumenten, blockiert hat.
Natürlich stammt diese Erzählung nicht ursprünglich von dir. Es ist eine der klassischen rechten Opfermythen: Die Demokraten und der "Deep State", die seit Beginn Trumps Präsidentschaft zu "stehlen" versuchten hätten, ist eine weitverbreitete Verschwörungstheorie unter Trumpanhängern. Es passt auch zur im verlinkten Video etablieren Strategie, seinem Gegner genau das vorzuwerfen, was man selbst getan hat und was als "going low" etabliert ist, siehe erneut Merrick Garland und der vakante Sitz am Supreme Court.
Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, als Verteidigung für einen völlig untauglichen Präsidenten schonmal im Vorfeld ein mögliches Impeachment zu skandalisieren und zur Verschwörung zu erklären, wenn man selbst nicht davon ausgehen kann, dass Trump eine Amtszeit ohne größere Skandale übersteht. Die vorhersehbare und gerechtfertigte Empörung der Gegenseite wird vorweggenommen und dann so getan, dass, weil man sie vorhergesehen hat, sie jeglicher Grundlage entbehrt. Dabei ist in Wahrheit nicht die Empörung das Problem, sondern die Handlung, die sie ausgelöst hat. Hier wird die Vertauschung von Ursache und Wirkung zur Strategie erhoben.
Und dann, wenn man dir all diese "Tatsachenverdrehungen" vorhält, was in der Wortwahl noch echt bewusst diplomatisch formuliert ist, drehst du dich um, schreist "Diffamierung", "schlechter Stil" und inszenierst dich als Opfer. Doch nicht ich bin es, der sich hier falsch verhält. Ich besitze nur nicht die Geduld, dir diese Märchen durchgehen zu lassen. Also verfällst du in Tone Policing, um auf den eigentlichen Widerspruch nicht eingehen zu müssen und brichst am Ende großmütig die Diskussion ab, natürlich nur im Sinne des Threads....