Andre Peschke hat geschrieben: ↑21. Aug 2020, 09:20Ich denke, er ist schon skeptisch, ob die Spiele nicht doch einen Einfluss haben. Im Buch sind ein paar Passagen, bei denen man als Spieler die Augenbraue hebt, weil da dann zB beim Attentäter von München mal recht schnell eine Spielesucht "diagnostiziert" wird (an den Stellen im Buch, fehlen dann auch ganz schnell die Fußnoten). Man merkt auch die Themenferne, wenn er "Teamspeak" als "Teamspeaker" bezeichnet.
Andre
Dazu passend las ich hier grad einen Artikel auf mdr.de, vom 2. August:
https://www.mdr.de/nachrichten/politik/ ... t-100.html Darin: "Der Attentäter von Halle spielte exzessiv sogenannte Ego-Shooter auf der Spieleplattform 'Steam'. Dort verbrachte Stephan B. Hunderte Stunden mit Computerspielen und unterhielt auch zahlreiche Kontakte." (Hartleb wird auch kurz zitiert)
Das ist imho u.U. auch ein Beispiel für gewisse Ressentiments: Man kann erst einmal wenig daraus ableiten, dass jemand "Hunderte Stunden" Computerspiele spielte, auch speziell Ego-Shooter, auf Steam; das als "exzessiv" zu charakterisieren, ohne einen angegebenen Zeitrahmen oder Informationen zu den Lebensumständen, ist imho schlichtweg unsachlich. Ich denke mal, eine Menge Leute hier werden hunderte Stunden Computerspiele/Ego-Shooter gespielt haben (unter anderem ich selbst, hunderte Stunden in TF2 alleine). Man stelle sich vor, jemand habe Hunderte Stunden Romane gelesen (Stichwort "Lesesucht").
Jedenfalls könnte es sein, dass der Attentäter von Halle "exzessiv" Ego-Shooter spielte: Hat jemand dazu konkretere Infos? Ansonsten ist so eine Formulierung (gerade bei den ÖR) imho kontraproduktiv, erinnert dann tatsächlich an eine Art "Killerspiel-Debatte-Light", insbesondere da "Gamer" doch leicht die Formulierung durchschauen können. -- Als Kontext: Der Täter von München in 2016 hatte offenbar über 3000 Stunden Spielzeit in diversen Counter-Strike-Varianten (
https://vdvc.de/blog/2016/07/24/volker- ... s-grenzen/). Da passt "exzessiv" durchaus, das wären aber dann aber ja
Tausende Stunden (und ein Journalismus würde das dann wohl auch eher so formulieren) und die Person war dabei auch noch wesentlich jünger (18 vs. ungefähr 27 bei Halle) und auch noch Schüler. Dennoch wäre es, wie Hartleb es offenbar in seinem Buch tut, immer noch fragwürdig, eine "Sucht" fernzudiagnostizieren, aber ich kann zumindest die Gründe dafür noch nachvollziehen.
Floki hat geschrieben: ↑24. Aug 2020, 15:59
Dieser Gamerbeissreflex "Oh, nicht schon wieder die Killerspiele Debatte" nervt mich. Wenn eine signifikante Zahl von Amokläufern zockt und sich in dem Kosmos rumtreibt, dann muss das gefälligst untersucht werden.
Dazu noch: Wenn eine signifikante Zahl von Amokläufern zockte, könnte das auch eher unüberraschend sein und schlicht an der entsprechenden Kohorte (Altersgruppe/Geschlechtlichkeit) liegen. Es wäre dahingehend vielleicht eher verwunderlich, wenn eine signifikante Zahl von Amokläufern
nicht zocken würde.
Ein Nicht-Spielen von (gewaltdarstellenden) Videospielen könnte in bestimmten Kohorten dagegen sogar für psychische/soziale Devianz sprechen, also ein Indikator sein, dass eine (jugendliche/adoleszente) Person gefährdungsgeneigt sein könnte (um auf diesen Jugendschutzbegriff nochmal zurückzugreifen, also „gefährdungsgeneigt“). Siehe jedenfalls dafür z.B. „Moral Combat: Why the War on Violent Video Games Is Wrong”, Abschnitt „What’s Normal is Normal“; der Abschnitt davor ist auch interessant, bzgl. dass ggf. gerade Schulamokläufer statistisch gesehen
weniger violente Spiele spielten als ihre Peers.
Stellt sich imho die Frage, ob man sonst nicht (mal wieder) eher Korrelationen hinterherjagt bzw. was man angesichts der so starken "Mainstreamigkeit" von Gewaltspielen überhaupt noch ableiten kann. Produktiver wäre es vielleicht doch spezifischere Spiele/Darstellungen (z.B. Hatred) zu betrachten und/oder auf exzessives Spielverhalten abzustellen (siehe oben) -- neben dem Herumtreiben in bestimmten Kosmen.