The Panel: Triggerwarning

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IpsilonZ
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von IpsilonZ »

Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 19:55 Also ich persönlich habe, wie schon vorher geschrieben, absolut nichts gegen Triggerwarnungen.
Mir ist es auch egal ob die Wissenschaft diesbezüglich positive Effekte beschreibt. Es genügt, dass Menschen Triggerwarnungen als für sie hilfreich artikulieren um sie zu legitimieren.

Ich halte es nur für wichtig die Entscheidung darüber den content creators zu überlassen, weil ich die politische Forderung nach Triggerwarnungen (aus bereits beschriebenen Gründen) ablehne.

Und diesbezüglich fand ich das Panel sehr eindimensional besetzt. Es wurde sehr schnell deutlich, dass alle Beteiligten Triggerwarnungen als absolut notwendig betrachten, es als rückständig betrachten wenn sich Teams der Thematik entziehen und Gegenstimmen als regressive Hindernisse empfinden die es zu überwinden gilt.

Wenn ein Team das intern für sich formuliert ist das ja völlig in Ordnung. Wenn ein journalistisches Panel das als moralisch gebotene, politische Forderung in die Welt trägt, finde ich das schwierig. Es zwingt Künstler sich dazu zu verhalten, weil es bereits als politische Position verstanden wird sich dem Thema zu entziehen.
Wenn Künstler sich durch etwas was im Journalismus besprochen wird zu etwas "gezwungen" fühlen, ist das dann nicht eher ein Problem der Kunst/der Künstler?

Ich sehe echt das Problem nicht darin, im Journalismus Dinge zu besprechen die die Gesellschaft voran bringen könnten. Selbst wenn es einseitig ausfallen sollte. das rückständig ist und Menschen potentiell (sogar ernsthaft) schaden kann. Wenn Künstler mit diesem Denkanstoß dann aber immer noch denken, dass es ihr Werk total verfälscht, wenn es in einem Menü einen Punkt mit Triggerwarnungen gibt.. dann ist das halt so. Und jeder Journalist hat ja dann immer noch die Freiheit zu sagen, dass das schädlich sein kann.
Sheeperich
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Sheeperich »

Naja ich empfand das im Panel auch eher als Forderung als als Denkanstoß
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Dwarf Vader
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dwarf Vader »

skade hat geschrieben: 30. Dez 2020, 17:48
Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 15:37 Es gibt kein Recht darauf, nicht verletzt zu werden.
Das sieht die Charta der Menschenrechte der EU anders: https://fra.europa.eu/de/eu-charter/art ... rsehrtheit
Es besteht durchaus ein Recht darauf, nicht verletzt zu werden und ein nicht ganz kleiner Teil des Strafrechts basiert darauf.

Es ist praktisch nicht _möglich_, jede Art von Verletzung zu verhindern, aber es ist möglich, Leid zu verhindern. Das Konzept nennt sich Harm Reduction: https://en.wikipedia.org/wiki/Harm_reduction
Es ging ja um Kommunikation (im weitesten Sinn) und um die emotionalen Zustände die in diesem Kontext hervorgerufen werden können.
Ich sehe nicht das Art.3 meint, man müsse Diskurse so gestalten, dass eine emotionale Belastung der Teilnehmer ausgeschlossen werden kann.
Und selbst wenn Art.3 sich auf Kommunikation beziehen würde, wären Trigger nicht Auslöser von psychischen Krankheiten, sondern von Symptomen von bereits bestehenden psychischen Krankheiten.

Ich finde es auch schwierig Teams die auf Triggerwarnungen verzichten hier implizit vorzuwerfen, sie würden allgemeine Menschenrechte ignorieren.

skade hat geschrieben: 30. Dez 2020, 17:48 Was ich damit sagen will: Triggerwarnungen können auf vielen Ebenen hilfreich sein, und auch das wird im Podcast gut hervorgehoben - sie geben dem Individuum die Entscheidungsmacht zurück. Und da haben Dritte auch tunlichst den Mund zu halten, denn sie wissen nicht, in welcher Phase der Verarbeitung sich einer Person gerade befindet.
Es interessiert Dritte vielleicht einfach nicht, in welcher Phase der Verarbeitung sich andere befinden. Ich verstehe nicht woher der Anspruch kommt, Menschen müssten sich allgemein mit möglichst allen Krankheitsbildern beschäftigen und auf jede spezielle Form und Phase adäquat reagieren. Das ist doch naiv.

In einem persönlichen Kontext gibt es häufig ausreichend Motivation, weil Menschen betroffen sind zu denen man eine Beziehung hat. Aber allgemeine awareness gegenüber psychischen Erkrankungen zum moralischen Gebot zu machen, ansonsten müsse man den Mund halten?
Wieso?
Natürlich ist das hilfreich in so ziemlich jeder Hinsicht wenn Menschen bereit sind, diesen Aufwand zu betreiben.
Aber es ist doch genauso in Ordnung, wenn sie es einfach lassen.
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HerrReineke
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von HerrReineke »

ElFabio hat geschrieben: 30. Dez 2020, 20:12 Wo anfangen? Wo aufhören? Schwierig...
An der Stelle bin ich ehrlicherweise für eine sehr simple "Lösung": Diese Medien sind derart anders, dass die Debatte aus meiner Sicht nicht direkt übertragbar ist. Und sie sollte insbesondere keinerlei Einfluss darauf haben, wie man Triggerwarnungen in Bezug auf Computerspiele betrachtet. Die haben nunmal den Vorteil, dass solche Warnungen vergleichsweise leicht realisierbar sein dürften - auf Arten und Weisen, die sehr passgenau auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sein können (z.B. die erwähnten kaskadierenden Elemente, bei denen die Warnung immer konkreter wird - aber jede_r diese Warnung auch direkt und schnell "wegklicken" könnte). Für mich stellt sich daher das Problem des "wo anfangen? wo aufhören?" bei Computerspielen viel weniger bzw. nur noch hinsichtlich der Frage: Welche Trigger wollen wir als Entwickler aufzählen?
Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 19:55 Ich halte es nur für wichtig die Entscheidung darüber den content creators zu überlassen, weil ich die politische Forderung nach Triggerwarnungen (aus bereits beschriebenen Gründen) ablehne.

Und diesbezüglich fand ich das Panel sehr eindimensional besetzt. Es wurde sehr schnell deutlich, dass alle Beteiligten Triggerwarnungen als absolut notwendig betrachten, es als rückständig betrachten wenn sich Teams der Thematik entziehen und Gegenstimmen als regressive Hindernisse empfinden die es zu überwinden gilt.
Aus meiner Wahrnehmung ging es in dem Panel aber gar nicht um die Debatte, ob man Entwickler_innen dazu "zwingen" will, sowas einzubauen (z.B. weil Gesetze gefordert würden, die sowas vorschreiben). Ich hatte hier eher den Eindruck, dass alle drei "nur" sehr befürworten, wenn das Thema überhaupt mal im öffentlichen Diskurs so weit kommen würde, dass Entwickler_innen berhaupt eine aktive Entscheidung für oder gegen den Einbau solcher Warnungen treffen (können) und falss die Entscheidung dafür fällt, diese möglichst simpel realiserbar wäre. Oder kurz: Das Panel ging an der Stelle für mich eher um die Frage, ob Entwickler_innen überhaupt davon wissen sollten um eine informierte Entscheidung fällen zu können - und dies wurde bejaht.
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Dwarf Vader
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dwarf Vader »

HerrReineke hat geschrieben: 30. Dez 2020, 20:55 Das Panel ging an der Stelle für mich eher um die Frage, ob Entwickler_innen überhaupt davon wissen sollten um eine informierte Entscheidung fällen zu können - und dies wurde bejaht.
Ja, aber genau dadurch wird die Möglichkeit sich dem Thema bewusst oder unbewusst zu entziehen zu einer nicht länger legitimen Position.
Die Entscheidung die Thematik auszublenden, sei es aus Überzeugung oder aus Unwissenheit, wird zur politischen Position und entsprechend rezipiert.

Damit wird jeder mögliche Umgang aus Sicht des Panels (so habe ich es letztlich verstanden) zu einem politischen und damit auch künstlerischen Statement.

Diese Perspektive ist imho eine radikal politische Forderung, diese kann und muss Journalismus abbilden. Aber spätestens da sollte man dieser Haltung etwas entgegensetzen und einen Diskurs führen.


Möchte noch kurz allen danken, die hier mit mir diskutieren/diskutiert haben, VORALLEM denen die nicht meiner Meinung sind.
Offensichtlich geht es um ein emotionales Thema. Nur weil ich überzeugt meine Position vertrete bedeutet das nicht, dass ich mich nicht für andere Positionen interessiere oder grundsätzlich nicht bereit wäre meine Meinung zu überdenken oder zu revidieren.
Ist im Internet bisweilen ja schwierig einzuschätzen.
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HerrReineke
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von HerrReineke »

Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 21:22
HerrReineke hat geschrieben: 30. Dez 2020, 20:55 Das Panel ging an der Stelle für mich eher um die Frage, ob Entwickler_innen überhaupt davon wissen sollten um eine informierte Entscheidung fällen zu können - und dies wurde bejaht.
Ja, aber genau dadurch wird die Möglichkeit sich dem Thema bewusst oder unbewusst zu entziehen zu einer nicht länger legitimen Position.
Die Entscheidung die Thematik auszublenden, sei es aus Überzeugung oder aus Unwissenheit, wird zur politischen Position und entsprechend rezipiert.

Damit wird jeder mögliche Umgang aus Sicht des Panels (so habe ich es letztlich verstanden) zu einem politischen und damit auch künstlerischen Statement.

Diese Perspektive ist imho eine radikal politische Forderung, diese kann und muss Journalismus abbilden. Aber spätestens da sollte man dieser Haltung etwas entgegensetzen und einen Diskurs führen.
Ja: Dass Leute in der Spieleentwicklung sich diesem Thema nicht unbewusst komplett entziehen können sollten ist eine Forderung, möglicherweise auch eine "politische". Hier hätte man mehr Diskussion anbieten können, aber ich persönlich empfand das an dieser Stelle nicht als Mangel. Denn nein: daraus allein würde ich nicht schlussfolgern, dass ein darauf folgendes (nunmehr: bewusstes) "sich entziehen" oder eine bewusste Entscheidung gegen den Einbau dadurch keine legitime Position mehr sein könnte.

Im Gegenteil sorgt doch eine Aufklärung, dass es das Thema überhaupt gibt und dass es für einen und die eigene Arbeit relevant sein könnte, sowie der Abbau von Hemmnissen bei einer möglichen Umsetzung (z.B. durch Best Practices und Hilfsangebote) doch erst dafür, dass es wirklich eine (bewusste) Entscheidung auch dagegen geben kann. Bisher treffen die meisten Entwickler_innen (so meine Mutmaßung) hierzu bislang gar keine Entscheidung (haben also gar keine "legitime Position" inne, weil ihnen jegliche Positionierung fehlt) und falls es doch mal eine Entscheidung gibt, erfolgt diese (auch meine Mutmaßung) eher nicht anhand der Frage, ob der Einbau solcher Warnungen sinnvoll/gut wäre, sondern aufgrund der bestehenden Unsicherheiten und Probleme bei einer möglichen Umsetzung aufgrund der Frage, ob das vom Arbeitsaufwand/finanziell trivial genug ist, die Entwicklung nicht zu beeinträchtigen.

Letzteres (Ablehnung aus ökonomischen Gründen) kann natürlich auch später Grundlage einer legitimen Ablehnung sein und bleiben - aber wenn sich Aufwand in der Entwicklung der Trivialität nähert bzw. in Anbetracht der Gesamtinvestition vollkommen unerheblich würde, wäre dieses Statement aus meiner Sicht zwar (politisch) weiterhin legitim, aber ethisch nicht mehr nachvollziehbar.
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Ironic Maiden
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Ironic Maiden »

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wo das Problem mit Triggerwarnungen sein sollte, wenn die z.B. so eingebaut werden
Voigt hat geschrieben: 30. Dez 2020, 18:36 Relativ simpel: Dieses Spiel hat mehrere Themen die bestehende Trauma auslösen können.
Wenn du mehr erfahren möchtest, welche das sdi, können, klicke hier und les darüber in den Spieloptionen in diesem Menü.
Zum Fortfahren klicke hingegen hier.

Auf Shopseiten halt dann eine aufklappbare Tabelle/Box. Ähnlich wie Steam das etwa für Early Access Titel macht oder für die Liste von Steam Features (Achievment, Controllerunterstützung, Sprachen)
Das stört doch nun wirklich nicht, sondern ist lediglich eine Zusatzinformation. Ich denke auch nicht, dass das irgendwas am "künstlerischen Gehalt" ändert, denn es geht ja nicht darum, den Inhalt des Spieles zu ändern sondern nur darum, einige Informationen für potentiell Betroffene zugänglich zu machen. Klar erfordert das von den Entwicklern, sich über potentielle Trigger in ihrem Spiel bewusst zu sein, aber das ist mMn nicht zu viel verlangt. Wenn ich ein Werk schaffe, sollte ich als Künstler auch wissen, was ich da eigentlich gerade schaffe. Und wenn dann ein Team der Meinung ist, Triggerwarnungen aus was für Gründen auch immer mit Absicht nicht zuzulassen, ist das auch ok, aber dann sollten sie sich vielleicht überlegen, warum sie das nicht möchten und dass ihr Spiel dann eben von manchen Menschen bewusst nicht gespielt werden wird. Auch das ist eine legitime künstlerische Entscheidung. Ich denke nur, dass es hier eben darum geht, die Entscheidung für oder gegen Triggerwarnungen bewusst zu treffen anstatt die Thematik einfach zu ignorieren.

Für mich sind Triggerwarnungen kein Symptom dafür, dass unsere Gesellschaft "verweichlichen" würde oder plötzlich jede persönliche Marotte öffentliche Wertschätzung erfahren muss, sondern sie sind ein Mittel, um unsere Gesellschaft freundlicher und rücksichtsvoller zu machen. Wir sind in diesen Bereichen in den letzten Jahren schon so weit gekommen. Im Grunde hilft man mit diesen Mitteln Menschen, die große Probleme haben, ohne dass den anderen dadurch etwas weggenommen wird. Man könnte sagen, dass sie eine Form von Höflichkeit sind.
Und natürlich könnte man sagen, dass das politische Ideen sind. Alles, was die Gestaltung des Zusammenlebens in der Gesellschaft betrifft, ist politisch. Aber das macht dasThema doch an sich nicht schlecht. Und ja, natürlich ist es "progressiv" Triggerwarnungen einzubauen, eben weil das ein neues Phänomen ist und "rückständig" wenn man das nicht macht, weil es früher nicht so war. Aber mit dieser Bezeichnung muss man dann halt leben, eben weil sie beschreibt was man tut. Man kann nicht gleichzeitig nicht rückständig sein wollen und nichts ändern. Insofern fand ich auch die Bezeichnungen im Podcast für diese Vorgehensweisen nicht abwertend sondern einfach nur beschreibend.
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
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Cupp
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Cupp »

ElFabio hat geschrieben: 30. Dez 2020, 20:12 Hmm...ich hab zu dem Thema keine abschließende Meinung.
Was mir aber durch den Kopf geht: Wenn bei Spielen Triggerwarnungen als sinnvoll erachtet werden, müsste dann nicht auch bei Musik auf Youtube eine Triggerwarnung eingeblendet werden? Beispielsweise In Extremo, "Schenk nochmal ein". Schönes, nachdenkliches Lied - aber für jemanden der Alkoholkrank war vielleicht nicht ganz einfach.
Aus Büchern wird man anhand der Klappentexte auch oft nicht schlau was den Inhalt betrifft.
Filme weisen meist nur auf die Altersbeschränkung am Anfang hin.
Wo anfangen? Wo aufhören? Schwierig...
Da gibt es gerade im Musikbereich noch deutlichere Beispiele und ja, man sollte vielleicht zumindest mal darüber nachdenken wie man damit umgeht. So ist ein Lied wie Jeanny von Falco für Menschen mit Missbrauchserfahrungen vielleicht nicht die tollste "Überraschung", wenn es mal im Radio läuft. Zu den Reaktionen von Betroffenen auf solche Trigger wurde ja schon geschrieben und daher sehe ich sie auch als sinnvoll. Und eine Umsetzung wie Voigt sie beschrieben hat, sollte möglich sein. Dann kann sich jeder selbst informieren oder eben auch nicht.

Mich stört insgesamt die Politisierung des Begriffs und die dadurch mühsamen Besprechungen und Diskussionen. Rein psychologisch/psychiatrisch ist das Problem in meinen Augen relativ simpel und funktioniert bei Dingen wie Epilepsie-Warnungen ja auch (einigermaßen). Für Betroffene sind solche Warnungen hilfreich und mitunter wichtig, alle anderen klicken weiter.
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Dwarf Vader
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dwarf Vader »

HerrReineke hat geschrieben: 30. Dez 2020, 21:59 Denn nein: daraus allein würde ich nicht schlussfolgern, dass ein darauf folgendes (nunmehr: bewusstes) "sich entziehen" oder eine bewusste Entscheidung gegen den Einbau dadurch keine legitime Position mehr sein könnte.
HerrReineke hat geschrieben: 30. Dez 2020, 21:59 (..) wäre dieses Statement aus meiner Sicht zwar (politisch) weiterhin legitim, aber ethisch nicht mehr nachvollziehbar.
Wenn ich eine Position für moralisch nicht vertretbar halte, deligitimiere ich sie.
Das kann man auf einer persönlichen Ebene machen, aber in einem Panel sollte dies zumindest diskutiert werden weil es ja nicht die einzige Position ist.

Ich halte es jederzeit für legitim, mich einer Thematik oder einem Diskurs ohne Angabe von Gründen zu entziehen und verstehe nicht mit welchem Recht ein Außenstehender darüber moralisch urteilen will.
Es wäre etwas anderes, würden wir über Barrierefreiheit diskutieren. Hier geht es um Zugänglichkeit zum Gemeinwesen, zu Institutionen etc.
Aber es geht um Zugang zu künstlerischen Inhalten und Zugang zu persönlichem Ausdruck. Dazu kann man imho Meinungen, Geschmäcker, Wünsche etc. haben, aber mit welchem Recht man hier einen moralischen Anspruch stellt, sehe ich nicht.

Edit:
Ich sehe auch ganz praktische Hürden, denn wenn man schon aus einer moralischen Perspektive argumentiert, muss man die auch konsequent umsetzen. Es wurde im Panel explizit gefordert Phobien bei Triggerwarnungen zu inkludieren. Wenn das für alle Phobien gelten soll, stoße ich schnell an die Grenzen der Machbarkeit. Wenn ich hier anfange auszuschließen muss ich im Zweifel jemanden mit Hundephobie erklären warum er nicht berücksichtigt wird, jemand mit Spinnenphobie aber schon. Auch PTBS gibt es aus unterschiedlichsten Gründen. Es gibt Menschen bei denen die Krankheit durch den Tod eines Verwandten ausgelöst wurde. Nach welchem Kriterium will ich hier allgemein und transparent differenzieren?
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HerrReineke
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von HerrReineke »

Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 22:34 Wenn ich eine Position für moralisch nicht vertretbar halte, deligitimiere ich sie.
Das kann man auf einer persönlichen Ebene machen, aber in einem Panel sollte dies zumindest diskutiert werden weil es ja nicht die einzige Position ist.
Okay, da scheinen wir schlicht Wörter anders zu benutzen / zu verstehen. Nur weil ich aus persönlicher Überzeugung etwas für ethisch falsch halte, bedeutet das für mich nicht, dass ich eine konträre ethische Überzeugung eines anderen Menschen nicht auch als legitime Ansichten anerkennen könnte. Meine ethischen Ansichten sind ja keine göttlichen Offenbarungen, die Absolutheit beanspruchen (also, meistens zumindest :ugly: ).

Und was das Panel angeht: Da habe ich ebenfalls schlicht nicht den Anspruch, dass alle Position immer durch jemanden vertreten und diskutiert werden müssten. Aber das ist vermutlich dann auch eher eine Frage der Erwartungshaltung an ein konkretes Format und die scheint sich bei uns ebenfalls zu unterscheiden.
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Rince81
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rince81 »

Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 15:37 Ich finde, wenn es um Triggerwarnungen in Spielen geht, ist die künstlerische Gestaltungsfreiheit des Entwicklerteams maßgebend.
Ich verstehe nicht, wo da das Problem ist?
Für eine Freigabe der ESRB muss man Themen angeben, das Mature Rating von Cyberpunk wird begründet mit
Blood and Gore
Intense Violence
Nudity
Strong Language
Strong Sexual Content
Use of Drugs and Alcohol
und ausführlich:
https://www.esrb.org/ratings/36949/Cyberpunk+2077/
Rating Summary
This is a first-person RPG/shooter in which players assume the role of a mercenary named V trying to make their way through the open-world of Night City. Players can explore futuristic locations, interact with citizens, perform missions, and engage in combat to complete various objectives within a storyline. Characters use handguns, machine guns, rifles, and explosives during frenetic firefights with humans and cybernetically enhanced enemies; players can also use melee weapons (e.g., wrist-mounted blades, enhanced limbs) to stab enemies and, in some cases, dismember them. Combat is frenetic, with frequent gunfire, cries of pain, explosions, and blood-splatter effects. Some locations depict mutilated corpses with open chest cavities and/or exposed organs/entrails. During one quest, players assist a character by hammering nails through his hands and feet; screaming sounds and blood effects accompany the scene. The game contains nudity and sexual material: Players can select a gender and customize their character; customization can include depictions of breasts, buttocks, and genitalia, as well as various sizes and combinations of genitals. Players can encounter events where they have the option to engage in sexual activities with other main characters or prostitutes—these brief sex scenes (from a first-person perspective) depict partially nude characters moaning suggestively while moving through various positions. Some scenes contain brief depictions of thrusting motions; other scenes depict a character's head moving towards a partner's crotch. The game contains frequent depictions and references to fictional drugs, including characters taking puffs/hits from a state-altering inhaler/stimulant; an animated billboard ad depicts a man snorting speed. Some sequences allow the player to drink alcoholic beverages repeatedly until the screen distorts; player's character can also drive cars while drunk. The words “f**k” and "c*nt" appear in the dialogue.
Da beschwert sich doch auch niemand, dass dies die künstlerische Integrität der Entwickler bedroht, oder?
Die "Gesendet von meinem HTC11 Life mit Tapatalk"-Signatur
Sheeperich
Beiträge: 23
Registriert: 16. Jun 2017, 13:49

Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Sheeperich »

Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 22:34 [

Edit:
Ich sehe auch ganz praktische Hürden, denn wenn man schon aus einer moralischen Perspektive argumentiert, muss man die auch konsequent umsetzen. Es wurde im Panel explizit gefordert Phobien bei Triggerwarnungen zu inkludieren. Wenn das für alle Phobien gelten soll, stoße ich schnell an die Grenzen der Machbarkeit. Wenn ich hier anfange auszuschließen muss ich im Zweifel jemanden mit Hundephobie erklären warum er nicht berücksichtigt wird, jemand mit Spinnenphobie aber schon. Auch PTBS gibt es aus unterschiedlichsten Gründen. Es gibt Menschen bei denen die Krankheit durch den Tod eines Verwandten ausgelöst wurde. Nach welchem Kriterium will ich hier allgemein und transparent differenzieren?
Damit habe ich auch meine Probleme gehabt beim hören des Podcasts.
Man kann mmn nicht alles anbringen. Das wäre eine unfassbar müßige Arbeit für einen verschwindend kleinen Teil der Nutzer.


Btw:
Triggerwarnungen die sich hinter einem Menü Punkt verstecken funktionieren mmn nicht.
User wollen dass nicht versteckt. Ist wollen solche Dinge direkt zu sehen bekommen. Dadurch hat man ein kleines Design Dilemma.
Die wenigen Leute die diese Warnungen haben wollen/benötigen wollen nicht gegängelt werden durch einen extra Menü Punkt.
Aber mich würde auch echt Mal interessieren wie viele Leute sind den überhaupt dahin betroffen von diesen benötigten triggerwarnungen?
Rigolax
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rigolax »

Kastanienkind hat geschrieben: 30. Dez 2020, 18:16 Erstmal danke für den spannenden Podcast und die unterschiedlichen Perspektiven zum Thema! Ein paar Fragen hatte ich am Ende aber immer noch: Ganz zentral stellt sich mir die Frage, ob es denn wirklich Sinn macht, die Triggerwarnungen im Spiel selbst zu erwarten, oder ob diese Ansätze aus der Community, von denen ihr auch gesprochen habt, nicht eine bessere Lösung wären. Hier müssten natürlich alle größeren Entwickler mit entsprechenden Plattformen zusammenarbeiten und das ganze müsste sich in Folge dessen auch so professionalisieren und institutionalisieren, dass man als Spieler:in weiß, woran man sich wenden muss. Spiele könnten dann immer noch eine Verlinkung zur entsprechenden Website bereitstellen, müssten sich aber nicht individuell um eine Integration der Triggerwarnungen kümmern.
Dies dürfte imho die beste Lösung sein, also über eine externe Datenbank bereitgestellt.

Eine solche Datenbank könnte vom (z.B. amerikanischen) Gamesverband finanziert/betrieben werden oder auch gemeinnützig und dann von den Usern selbst. Damit wären die Informationen zentralisiert, potentiell tendenziell standardisiert, filterbar nach eigenen Interessen und weitaus kleinteiliger darstellbar in einzelnen Punkten (auch im Sinne von potentiellen Spoilern). Studios könnten (und sollten dann angehalten sein) eigene Informationen dort zur Verfügung zu stellen, aber eine solche Lösung entlastet auch kleinere Studios und bringt etwas bei Spielen, die keine Inhaltshinweise von Haus aus haben (auch viele ältere Titel). User könnten zudem eigene Hinweise geben, diese könnten auch zur Abstimmung gestellt werden (Schwarmintelligenz) bzw. kommentiert (setzt ggf. eine gute Moderation voraus). An Triggerwarnungen interessierte User ist mE zuzumuten, auf solche externe Lösungen zurückzugreifen, insbesondere da ja wohl nur individuell bestimmte Inhalte von wirklichem Interesse sind (man könnte auch mittels Profilfunktion auf solchen Seiten automatisiert hinweisen bei Neuerscheinungen); in den Spielen selbst könnte auf diese Datenbank hingewiesen werden. Zudem erhöht diese Lösung ggf. die Bereitschaft in der Industrie, da die mE teils gefürchtete Ächtungsfunktion bei solchen Warnungen (ohne Kontext) abgebaut wird (so sieht es ggf. auf den ersten Blick fragwürdig aus, wenn ein Spiel prominent auf z.B „sexuelle Gewalt“ als Inhalt hinweist, mit einigem an Erklärungskontext wird der Inhalt aber nachvollziehbar, also warum dieser im Spiel überhaupt vorhanden ist).
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IpsilonZ
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von IpsilonZ »

HerrReineke hat geschrieben: 30. Dez 2020, 23:21 (...)
Und was das Panel angeht: Da habe ich ebenfalls schlicht nicht den Anspruch, dass alle Position immer durch jemanden vertreten und diskutiert werden müssten. Aber das ist vermutlich dann auch eher eine Frage der Erwartungshaltung an ein konkretes Format und die scheint sich bei uns ebenfalls zu unterscheiden.
Ich finde ein Panel das aus verschiedenen Spezialisten aus verschiedenen Bereichen besteht auch viel interessanter als ein Panel in dem der Fokus zwanghaft darauf gelegt wurde, alle Facetten abzubilden.
Sheeperich hat geschrieben: 31. Dez 2020, 00:04 (...)
Btw:
Triggerwarnungen die sich hinter einem Menü Punkt verstecken funktionieren mmn nicht.
User wollen dass nicht versteckt. Ist wollen solche Dinge direkt zu sehen bekommen. Dadurch hat man ein kleines Design Dilemma.
Die wenigen Leute die diese Warnungen haben wollen/benötigen wollen nicht gegängelt werden durch einen extra Menü Punkt.
Aber mich würde auch echt Mal interessieren wie viele Leute sind den überhaupt dahin betroffen von diesen benötigten triggerwarnungen?
Wie kommst du darauf, dass Leute das nicht wollen? Ich würde ehrlich gesagt davon ausgehen, dass Leute schon froh wären, dass es das überhaupt gibt. Und da das Thema ja sehr weit geht (also von z.B. heftigen Spinnenphobien bis zu Opfern von Gewalt und Menschen mit Kriegserlebnissen etc.) ist die Menge die davon betroffen wäre wohl auch grundsätzlich sehr schwer festzulegen.
jjone
Beiträge: 30
Registriert: 6. Mai 2019, 13:29

Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von jjone »

Ich habe aus dem Podcast viel gelernt, weil ich mich damit nie beschäftigt hatte, und möchte das eigentlich nicht schmälern, aber bei dem Format hätte ich echt einen Gast erwartet, der da nicht komplett zustimmt. Habe so, obwohl ich da viel von für plausibel halte, ein emotionales Problem, das zu glauben. Nach dem Hören des Podcasts kenne ich jetzt den Punkt, fühle mich aber nicht kritisch auseinandergesetzt. Ungefähr so, als wenn man zu einer Partei geht und dann nur deren Sicht auf ein Thema hört. Hatte dieses Gefühl bei the pod noch nie, auch bei kontroversen Themen, wo die podcsdter eigentlich einer Meinung sind
SunshineBob
Beiträge: 19
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von SunshineBob »

Ich denke hier sollte man verschiedene Ebenen der Diskussion auseinander halten:

1. Inhaltswarnungen können Menschen mit "wirklichen" Problemen helfen, nicht erneut traumatisiert zu werden bzw sonstige körperliche Reaktionen auszulösen. Also sind solche Warnungen mindestens "nice to have" und richtig umgesetzt stören diese auch alle anderen Konsumenten nicht. Das ist die eine Ebene.

2. Die nächste Ebene ist die Frage nach dem moralischen oder sogar politischen Imperativ solche Warnungen auch einführen zu müssen. Da gibt es dann schon etwas mehr zu diskutieren. Wie bereits geschrieben müssen sensible Personen (sensibel in seiner deskriptiven Bedeutung, keine Wertung) auch damit leben, dass sich die Welt nun einmal weiter dreht und jederzeit überall ein Auslöser auftauchen kann. Dann liegt es nun mal (leider?) hauptsächlich in ihrer Hand diese zu meiden. Daraus könnte eine Forderung formuliert werden, sich selbst mit Medien bzw hier konkret mit Games vorher auseinanderzusetzen um vorher zu vermeiden, solche, die Auslöser enthalten, zu konsumieren. Eine entsprechende Warnung von Seiten der Entwickler könnte dabei helfen ("nice to have" s.o.); diese aber den Entwicklern vorzuschreiben würde in deren künstlerische Freiheit eingreifen. Es muss also eine Abwägung zwischen diesen beiden Positionen vorgenommen werden - hier ist Raum für eine gesellschaftliche bzw eher eine branchenweite Diskussion.

3. Die dritte Ebene ist die unötigste, hier geht es eigentlich um tribalism. Gerade der am Anfang der Folge zitierte Artikel spricht ja auch über (angebliche?) "verweichtliche" Kultur an US-Unis. Hier wird das Thema Inhaltswarnungen zum Teil des Schlachtfelds leftwing/rightwing. Ähnlich tribalistisch sind Argumente hier im Forum à la *hier beliebigen Kommentar zu diesem Thread von Golmo einfügen* zu verstehen. Es geht hierbei eigentlich nicht um die Sache sondern um das politische / ideologische Weltbild, das hinter Inhaltswarnungen gesehen bzw vermutet wird.

p.s. dass das Panel hier leider als Diskussionsforum versagt hat, ist imo evident. Gerade bei dem Thema hätte doch eine echte Diskussion zwischen Menschen mit gegensätzlichen Haltungen einen wirklichen Erkenntnisgewinn bringen können, so waren das einfach drei Leute, die sich gegenseitig versichert haben, dass ihre Meinung die richtige ist. Da hätte auch nur einer sitzen können und nen Vortrag halten, schade!
Dennis Diel
Beiträge: 118
Registriert: 13. Feb 2017, 10:39

Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dennis Diel »

Ich empfand das Panel auch als nicht besonders gelungen in Bezug auf eine möglichst breite Meinungsabdeckung. Drei Leute mit drei ähnlichen Meinungen sind halt irgendwann anstrengend, weil halt niemand auch nur den Versuch unternimmt, eine kleinstmögliche Contra-Position einzunehmen. Schade.

Dann: Dom nimmt irgendwann Mortal Kombat als Beispiel für ... was eigentlich? Er versucht mittels eines Fehlers („Mortal Kombat hat in Deutschland eine Jugendfreigabe“) die Brücke zu traumatisierten Entwicklern zu schlagen, die die Exekutionen der Spielcharaktere anhand reeller Beispiele nachzeichnen sollten. Das ist nicht nur ein komischer Brückenschlag, er ist auch faktisch falsch. MK hat in Deutschland keine Jugendfreigabe, sondern ist ab 18. Nur weil das Siegel nicht mehr „Keine Jugendfreigabe“ heißt, bedeutet das ja nicht, dass „ab 18“ jetzt das neue jugendfrei ist 😉
Dr_Hasenbein
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dr_Hasenbein »

Einfach im Optionsmenü verstecken und fertig. Dann gibts keine Spoiler und man wird nicht durch den zehntausendsten Splashscreen genervt. Wenn die Kosten dadurch steigen, dann bin ich gegen eine Implementation.
ZiggyStardust
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von ZiggyStardust »

Jessica (BTS) hat geschrieben: 30. Dez 2020, 19:37 Wozu ich aber was einbringen kann: ich bin auch Psychologin und ich arbeite psychotherapeutisch. Ich arbeite mit zum Teil schwer traumatisierten Menschen. Diese Leute haben Dinge erlebt, die sich viele Menschen nicht mal vorstellen können. Wenn solche Leute getriggert werden, ist das was VÖLLIG anderes als "getriggert" im Sinne von Memes.
Wir reden hier von heftigsten Reaktionen, die von Panikattacken bis zu völliger Dissoziation (inneres Kopfkino / Chaos / Horrofilm / ... bei gleichzeitig äußerem Erstarrtsein, kein Ansprechen mehr auf Reize, ...) führen können. Es können Flashbacks auftreten. Flashbacks von Dingen, die wir uns nicht mal vorstellen wollen, weil sie so schrecklich sind. Jedes Flashback ist eine erneute Traumatisierung.
Aber sind denn Spieleentwickler in der Lage abzuschätzen, ob das eigene Spiel Trigger beinhaltet oder nicht? Der Auslöser kann ja auch vermeintlich banal sein. Ein Teddy, der genauso aussieht wie der, den man als Kind hatte, und die Erinnerungen wieder hochholt.

Zum Thema PTBS habe ich heute ein Video bei YouTube gesehen, das kann schon schlimmer sein als man das als Unbeteiligter vermutet:
https://youtu.be/WayryKjGRKg
Dwarf Vader hat geschrieben: 30. Dez 2020, 15:37 Es gibt kein Recht darauf, nicht verletzt zu werden. Wenn mich etwas triggert sollte imho der erste Impuls sein, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Ein Trigger ist letztlich Ausdruck einer persönlichen, emotionalen Schwäche, also eines persönlichen Problems. Und es ist imho immer sinnvoller da anzusetzen, als bei der Forderung, die Welt müsse darauf Rücksicht nehmen.
Es kommt doch darauf an, was einen verletzt. Ein sehr gläubiger Mensch fühlt sich vielleicht verletzt, wenn in einem Spiel sich zwei Männer küssen, weil das seinen Moralvorstellungen widerspricht. Ein anderer hat "Angst" vor virtuellen Spinnen. Aber das ist doch alles nicht vergleichbar mit Menschen, denen schlimme Dinge in der Vergangenheit widerfahren sind und durch einen Trigger in eine psychische Ausnahmesituation geraten können. Jemand, der im Supermarkt seine Lieblingsnudelsuppe nicht findet, vergleicht sich ja auch nicht mit hungernden Menschen in Somalia.

In den USA neigen leider viele junge Menschen zu fragwürdigen Selbstdiagnosen, während hierzulande eher das Gegenteil der Fall ist und psychische Krankheiten ignoriert werden. Beispielsweise bei angehenden Lehrern und Richtern, die sich ihre Verbeamtung nicht verbauen fallen.
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Jessica (BTS)
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Jessica (BTS) »

ZiggyStardust hat geschrieben: 31. Dez 2020, 13:53 Aber sind denn Spieleentwickler in der Lage abzuschätzen, ob das eigene Spiel Trigger beinhaltet oder nicht? Der Auslöser kann ja auch vermeintlich banal sein. Ein Teddy, der genauso aussieht wie der, den man als Kind hatte, und die Erinnerungen wieder hochholt.
Da sprichst du einen wichtigen Punkt an, der ja auch zurecht hier immer wieder schon genannt wurde. Man macht es sich sicher zu leicht, alle Verantwortung auf die Entwickler schieben zu wollen. Das funktioniert natürlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das das Ziel sein kann. Wichtig ist, eine grundsätzliche Sensibilität dafür zu schaffen, dass es Trigger gibt und dass es viel mehr Menschen gibt als man denkt, die in irgendeiner Form in psychische Ausnahmezustände durch bestimmte Inhalte geraten können.

Ich habe da auch keine Patentlösung für. Mir scheint die Idee, das über Plattformen analog zu gamephobias.com laufen zu lassen und in den Games einen entsprechenden Menüpunkt mit Verweis auf die Seite zu platzieren, vielleicht ein gangbares Verfahren.
Natürlich kann nicht jeder Teddybär extra Erwähnung finden. Natürlich gibt es immer ein gewisses Risiko. Aber es gibt ja schon Inhalte, die einfach grundsätzlich eher triggern, z.B. Suizid, Selbstverletzung, rituelle Gewalt, sexuelle Übergriffe usw.
ZiggyStardust hat geschrieben: 31. Dez 2020, 13:53 Zum Thema PTBS habe ich heute ein Video bei YouTube gesehen, das kann schon schlimmer sein als man das als Unbeteiligter vermutet:
https://youtu.be/WayryKjGRKg
Da hast du ein gutes Video gefunden!
"Gibt es Explosionen?" - "Nein." - "Meh."

Eine der Stimmen des Behind the Screens-Podcasts zu Games & Psychologie
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