Vorhin beendet und jetzt noch ganz aufgewühlt von diesem Ende. Das ist wohl die beste Geschichte, die ein Videospiel je hatte. So differenziert, so unnachgiebig, so emotional, so unerwartet.
Wo soll man Anfangen? Am besten am Anfang.
Vorweg, ich wurde nicht gespoilert, hab keinen Trailer gesehen und bin ohne Erwartungen (bis auf das wenige, was man im Vorfeld immer wieder hört) an das Spiel herangegangen.
Ich war ja nie der riesen Fan von Joel, insbesondere aufgrund seiner Entscheidung Ellie am Ende von Teil 1 zu retten. Klar, die Fireflys hatten kein Recht über das Leben von Ellie zu entscheiden. Aber das ist auch eine moralisch äußerst komplexe Frage. Und was macht Joel. Er rettet Ellies Leben und tötet dafür ebenfalls Unschuldige. Das macht es nicht besser und ich kann niemanden verstehen, der so ein Handeln rechtfertigt. Ab dem Punkt, war Joel für mich unten durch. Und dann belügt er auch noch Ellie darüber.
Insofern hat mich sein Tod nicht so hart getroffen, wie viele andere. Ich hab ihn sogar kommen sehen, nachdem was für Kommentare Abby im Vorfeld losgelassen hat, wenn man seine Vergangenheit bedenkt und weiß, in was für einer Welt sich das alles abspielt. Aber der Tod funktioniert wunderbar als Motivation für Ellie und ich kann ihren Schmerz und ihre Rachegelüste gut nachvollziehen.
Aber dann schafft es das Spiel mir Ellie immer unsympathischer werden zu lassen. Schritt für Schritt mit jedem Mord, den sie begeht. Mir hat sehr gut gefallen, wie in diesen Situationen die Figuren keine Zeit für Erklärungen haben (nicht wie in den meisten Filmen). Es geht sofort immer hart zur Sache, immer im Überlebensmodus, eine Eskalation nach der nächsten. Und am Ende fragt man sich, was man hier eigentlich die ganzen Zeit treibt.
Und dann macht das Spiel etwas sehr interessantes, es wechselt die Perspektive. Ich fand das anfangs erstmal nur das, interessant. Insbesondere, da sie mit Abby einen Charakter haben, der anders ist. Ich mochte sie nicht direkt. Sie ist für eine Frau sehr männlich, scherzt mit Manny über seine letzten Eroberungen, wie es sonst nur Kumpels machen würden. Auf mich wirkte das erstmal befremdlich und sogar unsympathisch abseits ihres Mords an Joel. Also spielte ich sie gezwungener Maßen. Leider ist ihre Geschichte gerade am Anfang eher uninteressant.
Erst als man auf Lev und Yara trifft, nimmt alles Fahrt auf. Ihre Entscheidung zu den beiden zurück zu gehen und ihre Schuldgefühle kaufe ich ihr ab. Aber dass sie sich darauf einlässt, trotz Höhenangst, zurück zum Krankenhaus zu gehen, hat mich etwas rausgebracht. Das und der Abschnitt auf der Insel sind imo dumme und lebensgefährliche Entscheidungen. Aber gut, sie ist eine Frau mit Prinzipien.
Dabei ist der Abschnitt auf dem Höhenweg einer der besten. Man lernt Lev und auch sie besser kennen und die Schauwerte sind wirklich toll. Spätestens da, hatte ich mich an sie gewöhnt. Die Auswirkungen von Ellies Rachefeldzug zu sehen, waren auch sehr eindrucksvoll und verstärkten den negativen Eindruck, den ich von Ellie hatte, noch mal mehr.
Und dann kommt es zur ersten Konfrontation mit Ellie und man ist das gut. Ohne dass ich es groß gemerkt habe, hat mich Naughty Dog stark auf die Seite von Abby gezogen und Ellie kommt einem wie eine undankbare Göre vor. Abby sagt es in diesem Moment auch sehr schön. Sie hat sie leben lassen und was macht sie daraus? Am Besten fand ich, dass Abby am Ende Größe zeigt und Ellie wieder einmal am Leben lässt. In dem Moment war ich Team Abby. Das hätte ich anfangs nicht gedacht.
Und dann kommt der Abschnitt mit der Farm und das Spiel hätte so schön enden können. Aber Ellie stellt ihre Rache vor ihr eigenes Glück, um eine Leere in sich zu füllen, von der der Spieler bereits weiß, dass man sie mit Rache nicht füllen kann.
Als sie dann erfährt, dass Abby sowieso schon so gut wie tot ist, was macht sie? Sie geht immer weiter. Sie, nur sie, muss es beenden. Und dann steht man als Spieler da und soll das Messer in Abbys Brust treiben und will eigentlich nur, dass sich die beiden mal ordentlich aussprechen. Aber das gönnt einem das Spiel nicht.
Und das ist sooooo gut. Das ist so konsequent. Wie es Naugty Dog schafft, dass man beide Figuren mag und gleichzeitig nicht mag. Wie sie zeigen, dass beide nur die andere Seite ein und derselben Medaille sind. Nur das Abby auf ihrer emotionalen Reise schon einen Schritt weiter ist. Das hat so eine Wucht und eine so traurige und bittere Note. Ellie hat einerseits einen gewissen Frieden gefunden und doch alles verloren.
Und ich muss noch erwähnen wie vorbildlich die Themen lesbische Liebe und Transgender in das Spiel integriert wurden. Nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern ganz natürlich. So muss man das machen. So stört es nicht und ist einfach nur eine weitere Facette der Figuren.
Über das Gameplay will ich gar nicht viele Worte verlieren. Es ist leider more of the same aus dem ersten Teil und war da schon nur Mittel zum Zweck. Abby spielt sich zwar etwas anders, aber leider nicht anders genug. Und das man bei ihr wieder von vorne mit dem endlosen looten und aufwerten anfangen muss, war imo mehr nervig als cool.
Außerdem sind gerade die ersten 2/3 des Spiels zu lange. Der Prolog sowieso, aber auch der Ellie und Abby Abschnitt im Seattle. Das hat sich das Spiel zu sehr wiederholt. Nicht nur vom Gameplay, sondern auch von den Locations.
Der letzte Abschnitt kam unerwartet und ich dachte mir nur, echt jetzt? Im Nachhinein ist er aber essentiell und rundet die Geschichte noch mal schön ab.
Ach ja, dass die Grafik genial ist, wissen wir ja. Aber diese Details. Das ist echt unglaublich. An was die Entwickler alles gedacht haben. Allein die unzähligen Kill Animationen. Oder das während der Kämpfe die Charakter passend ihr Gesicht verziehen. Das sucht schon seinesgleichen.
Insgesamt tatsächlich eines der besten Spiele des letzten Jahres. Hätte man mich nach 15h gefragt, hätte ich gesagt, joa, ganz nette Geschichte, Gameplay ist nicht so meines. Letztes stimmt immer noch. Aber diese emotionale Achterbahnfahrt, deren gemächlicher Anfang einfach dazu gehört, sucht ihresgleichen. Ich bin sehr froh, dieses Spiel gespielt zu haben.
Und was die Hälfte des Internets gegen diese Geschichte hat, kann ich nach etwas Recherche zwar einigermaßen nachvollziehen, hab aber das Gefühl, dass diese Leute die Geschichte nicht verstehen konnten oder wollten und grundsätzlich etwas anderes vom Spiel erwartet hatten. Ist halt so, muss nicht für jeden funktionieren. Ob Naughty Dog das so krass vorhergesehen hat? Ich glaube nicht.