Probanden
- Es waren insgesamt 500 Probanden (51.6% weiblich).
- Der Personen stammen aus einer anderen noch nicht beendeten Untersuchung zum Familienleben ("longitudinal study of inner family life"), die Familien mit Kindern zwischen 10 und 13 Jahren untersucht.
- Ab der 3. Messung (da es sich ja um eine Langzeitstudie handelt, werden die Daten zu einmal im Jahr erhoben) wurden die Fragen der Videospiel-Untersuhung hinzugefügt und seit dem erfasst. Die Daten auf dem der Videospiel-Text basiert stammt aus Erhebung 3 - 11.
- Die Retentionrate (also die Prozentzahl der Nicht-Abbrecher) liegt zwischen allen 9 Messzeitpunkten bei ca. 65%.
- Beim Beginn der Datenerhebung lag das Durchschnittalter bei knapp 14 Jahren (SD=1.03) und beim Abschluss bei gut 23 Jahren (SD=1.01)
- Das war ja schon im Podcast erwähnt, aber einfach der Vollständigkeit halber: ca. 65% kaukasische Familien, 12% schwarz, 19% multiethnisch & 4% anders
- übrigens gaben 68 Personen (13.6%) an, nie Videospiele gespielt zu haben und wurden demnach bei den Daten nicht berücksichtigt
- 2007 begann mit der ersten Erhebung die eigentliche Hauptuntersuchung; 2009 (bei der insgesamt 3. Erhebung) wurden dann die Videospiel-Themen hinzugefügt
- der Zeitraum zwischen den Datenerhebungen lag bei einem Jahr, allerdings wurde die 11. Erhebung erst 3 Jahre nach der vorherigen 10. durchgeführt (Gründe dafür habe ich nicht gefunden)
- die Personen wurden ursprünglich durch Informationen aus einer Telefonumfrage ausgewählt und kontaktiert (61% der Familien haben darauf reagiert)
- die im Podcast angesprochene Unterrepräsentation von sozioökonomisch schwächeren Familien resultierte übrigens aus der Erhebung der Datenbank, welche zum ursprünglichen Auswählen der Familien verwendet wurde, da diese auf Informationen aus verschiedenen Abo-Services bestand (bei denen verhältnismäßig wenig finanziell schwächere Familien zu erreichen waren). Das wurde aber (wie auch schon im Podcast gesagt) versucht auszugleichen.
- es gab übrigens eine Vergütung von 50$ für den Zeitaufwand der Datenerhebung
- die Probanden gaben bei jeder Befragung ihre 3 Lieblingsspiele an und zusätzlich, wie oft sie diese spielen (5-stufige Skala)
- isg. wurden 789 Spiele genannt, die wiederum anhand ihrer Gewalthaltigkeit (org: "given a violence rating") auf einer Skala von 0 (keine Gewalt) bis 5 (extreme Gewalt) eingestuft wurden
- dieses Violence rating basiert auf den Information der media content coding Website (also eine Website, auf der Informationen bzgl. Gewalt, sexuellen Inhalten, Drogen etc - also alles, was die Alterseinstufung eines Spiels beeinträchtigen könnte - gesammelt und bewertet werden) Common Sense Model . Dazu werde ich später in meinen persönlichen Anmerkungen noch ein bisschen was schreiben. Als Beispiele für einen Violence score von 5 werden GTA, Dead Rising, Gears of War und Call of Duty genannt und als Beispiele für die "no violence"-Kategorie sind Bejeweled, Peggle und American Idol vertreten.
- In dem Paper wird diese Website übrigens so vorgstellt: According to the Website, ‘‘each game is subjected to a detailed evaluation process by expert, trained reviewers, who come from every corner of the media, academic, and parenting worlds . [including] teachers, librarians, and experienced academics who’ve studied the impact of media at length. All are passionate about both media and Common Sense’s ‘sanity, not censorship’ approach to providing information and have been extensively trained in our child development-based rating rubric.’’
- es wurde auch ein violence exposure score berechnet, der sich ganz simpel aus dem Produkt des violence score und der angegebenen Konsumhäufigkeit ergibt
- Aggression wurde mittels 5 Items (bspw. "I use physical force when angry."), denen anhand einer 5-stufigen Skala ("beschreibt mich nicht" bis "beschreibt mich sehr gut") zugestimmt werden sollte, erhoben
- zusätzlich wurden auch Dinge wie depressive Symptome, Angstsymptome oder prosoziales Verhalten erhoben, aber da das hier ja vor allem ein Forum über Computerspiele ist, erspare ich euch diese Infos mal
- der Vergleich zwischen dem Anteil gewalthaltiger Spiele bei Männern & Frauen darf natürlich nicht fehlen
- ... und hier die Grafik zur Entwicklung des Spielens gewalthaltiger Spiele
wobei ich finde, dass bei dieser Grafik der Eindruck entsteht, das der Anstieg zwischen Wave 10 & 11 enorm ist - was ja datentechnisch richtig ist, bei dieser Darstellung aber nicht berücksichtigt wird, dass zwischen allen Erhebungen 1 Jahr lag und bei dem letzten Anstieg 3 Jahren vergangen sind). Dadurch, dass der Abstand zwischen Wave 10 und 11 genauso groß ist, wie zwischen allen bisherigen Erhebungspunkten, wirkt der Anstieg viel höher als er eigentlich ist (wenn man die Entwicklung auf die Zeit bezieht - wozu so eine Darstellungsform schnell verleitet) - Wie im Podcast gesagt, wurden die Teilnehmer in 3 Gruppen unterteilt ("high initial violence" (4%), "moderate initial violence" (23%) & "low initial violence (73%), deren Spielen von gewalthaltigen Spielen sich leicht unterschieden hat und in den unterschiedlichen Gruppen sich Zusammenhänge zu anderen erhobenen Daten (bspw. höhere Depressivität bei den high initials, sobald deren Konsum solcher Spieler geschrumpft ist) ergeben haben. Für solche Zusammenhänge werden dann auch einige Erklärungsansätze angeboten, wobei diese sehr vage sind.
- Unter'm Strich bestärkt diese Studie - wie von Sebastian vollkommen richtig gesagt - die Nicht-Existenz eines Zusammenhangs zwischen Aggressivität & Konsum gewalthaltiger Spiele und merkt zusätzlich anhand der Daten an, dass der Konsum solcher Spiele nicht als Prädiktor für aggressives Verhalten genutzt werden könne, da sich bei den letzten Erhebungspunkten, die Aggressivitäts-Werte der einzelnen Gruppen nicht systematisch unterscheiden, obwohl es ja einen deutlichen Unterschied an Konsum dieser Spiele gab.
- Schwächen, die von der Studie direkt angesprochen werden, sind beispielsweise die Datenerhebung, welche komplett aus Selbstauskunft setzt - was gewisse Biases mit sich bringen kann.
Persönlich finde ich diese Studie (glücklicherweise) relativ ungeeignet, irgendwelche Schlagzeilen oder neuen Erkenntnisse bezüglich Killerspiel-Debatte oder andere Videospiel-Aggressions-Forschung bzw. Folgen von gewalthaltigen Spielen zu ziehen. Am Interessantesten für mich waren die Ergebnisse und Erklärungsansätze zu der möglichen positiven Wirkung von Computerspielen bei depressiven Symptomen, da diese weniger vorhanden waren, als die high initials noch eine relativ hohe Anzahl gewalthaltiger Spiele spielten und dann aber bei weniger Konsum der Spiele zunahmen. Aber bezüglich solcher Ansätze sind die Daten dieser Studie viel zu vage, als dass man da konkrete Schlüsse draus ziehen könnte. Es ist also ein Aspekt, den man mit zukünftiger Forschung definitiv mehr untersuchen sollte - aber zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht mehr als das.
Grundsätzlich habe ich aber in der Vergangenheit schon oft festgestellt, dass sich Studien, die sich mit dem Zusammenhang von Gewalt in Spielen und aggressivem Verhalten beschäftigen, dass ich die angewendete Methodik für sehr fragwürdig halte. Statistisch werden so - je nach konkreten Methoden und Versuchsdesign - mal mehr, mal weniger Zusammenhänge gefunden, aber die Relevanz für den Alltag ist selbst bei gefundenem Zusammenhang eher nicht existent.
Was mich jedoch sehr fasziniert, ist diese Common Sense Media Website, von der ich bisher noch nie gehört habe. Ich habe mir deren Konzept, bewertete Aspekte und konkrete Bewertungen von Spielen mal angesehen und auf anhieb, wirkt es wie das beste und sinnvollste Jugendschutzsystem, das ich kenne (wobei der Haken daran natürlich ist, dass dabei sehr viel auf - wie der Name ja schon sagt - Common Sense gesetzt wird). Dort werden letztendlich sämtliche (oder zumindest sehr viele) Aspekte, die eine Entscheidung, ob und ab wann ein Spiel für Kinder oder Jugendliche geeignet ist, für verschiedenste Medien zusammengetragen und bewertet, wodurch sich in der Summe eine recht umfassende Übersicht - und damit meiner Meinung nach gute Anlaufstelle - ergibt. So zumindest der erste Blick, denn ich finde bei genauerer Betrachtung, merkt man einerseits, dass es eine US Website ist - wovon man ja erstmal halten kann, was man will, aber es wird an einigen Punkten schon sehr deutlich: die Definition was "schlimm" / kindgerecht ist, welche Werte von einem "kindgerechten Spiel" transportiert werden sollten, welchen Einfluss Drogen vs. Gewalt vs. sexuelle Inhalte haben (natürlich ist Sexuelles also ein absolutes Nogo)... Und es ergeben sich beim genauen Betrachten einiger Produkte schon etwas bizarre Bewertungen. Beispielsweise wird die 18+ Wertung von The Wolf of Wall Street nicht etwa damit begründet, dass Kinder / Jugendliche die Haltung des Films gegenüber dem Gezeigten nicht verstehen, sondern durch das alleinige Auftreten von Drogen, Alkohol und Sexualität. Es wird also eher verkannt, dass dieser Film dem gegenüber ja durchaus kritisch ist und kritisiert, dass es überhaupt gezeigt wird... das finde ich sehr fragwürdig. Oder das Beispiel GTA V: auch hier wird komplett ignoriert, dass das Spiel durchaus gesellschaftskritisch und satirisch ist. Das Problem einer Freigabe für Kinder wäre also eher der berechtigte Zweifel, dass es als solche erkannt wird und nicht, dass diese Inhalte existieren. Was mir dann bei der Bewertung von GTA dann wiederum sehr komisch vorkommt, dass es bei dem Aspekt "Consumerism" mit "not present" bewertet wurde. Ich gebe zu, ich habe die genauen Richtlinien für diese Bewertung noch nicht ganz durchschaut, aber die einzige Möglichkeit, wie die extrem Kapitalismus-verherrlichende Welt (von Mikrotransaktionen, Glücksspiel usw. mal ganz zu schweigen) nicht als fatal gesehen werden kann, ist durch die satirische Betrachtung - aber die wurde dem Spiel bei Drogen oder "positiven Botschaften" ja auch nicht anerkannt... meiner Meinung geht also nur ein von beidem: ein Haufen Consumerism, aber keine positiven Botschaften oder vice versa.
Naja, jetzt bin ich weit vom ursprünglichen Thema abgekommen... aber es war auf jeden Fall sehr interessant, sich sowohl mit der Studie als auch mit dieser Website zu beschäftigen.
Und noch eine Anmerkung zum Schluss: ich habe versucht, die Bilder etwas kleiner darzustellen... jedoch hat keiner meiner Versuche funktioniert... wenn jemand also eine Idee hat, wie ich die Bildgröße anpassen kann: immer her damit!