COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

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Jochen Gebauer
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Jochen Gebauer »

Das vermeintliche Problem mit der fehlenden Immunisierung erscheint mir nicht stichhaltig. Dann führt man sie eben verpflichtend ein und entlässt Verweigerer aus dem Staatsdienst. Dafür gibt es für Bedienstete der öffentlichen Hand mehr als genug Rechtsgrundlage und auch genug Beispiele, wo eine Immunisierung Vorraussetzung für die Weiterbeschäftigung ist (z.B. Masern-Impfung bei Lehrern).

Und selbst wenn dann einige rechte Querdenker lieber den Polizeidienst verlassen - super. Leichter wird man die garantiert nicht mehr los. Und billiger auch nicht. Win-win.

Auch das Argument, dann müsse man ja in jedem Zug, jedem Betrieb, jedem Geschäfts kontrollieren halte ich nicht für stichhaltig. Auch hier gibt's zig Beispiele, wo stichprobenartige Kontrollen in Verbindung mit harten Sanktionierungen zu einer signifikanten Verringerung des unerwünschten Verhaltens führten. Siehe z.B. Trunkenheit am Steuer.

Und schließlich finde ich es einigermaßen grotesk, dass ausgerechnet die Organisationen, die verfassungsrechtlich und hoheitlich für die Kontrolle der Gesetze zuständig sind, das ausgerechnet in diesem Fall nicht leisten könnten oder sollten. Da kann man den Staat auch zumachen, wenn seine Exekutive in einer Krise nicht imstande sein soll, die Einhaltung der Krisenmaßnahmen zu kontrollieren. Das ist so, als würde ein Krankenhaus in der Corona-Pandemie sagen, sorry, Beatmen können wir hier keinen, sind mit Krochenbrüchen und Mandelentzündungen schon echt am Limit.

Wenn der Staat ernsthaft sagen würde (was er hoffentlich nicht tut, sooo inkompetent ist er dann doch noch nicht), sorry, ihr müsst alle in den harten Lockdown, weil wir einen Lockdown für Ungeimpfte nicht kontrollieren können, wäre zumindest für mich der Punkt erreicht, wo dieser Staat seine exekutive Legitimität verloren hätte und ich keinerlei staatsmoralische Verpflichtung mehr sähe, mich an diese Regeln zu halten. Das wäre auch ein gewaltiger Spaß vor dem Verfassungsgericht, wenn eine Regierung erklären würde, warum die Exekutive ihr fundamentalsten hoheitlichen Aufgabe nicht nachkommen kann :mrgreen:
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Vinter hat geschrieben: 15. Nov 2021, 11:51 50% der jetzt noch Ungeimpften haben AfD gewählt. Weitere 16% die Coronaleugnapartei Die Basis.
Jo, auch ein schönes Beispiel dafür, dass Statistik schwer ist. Das wurde aber auch in den Medien oft verzerrt. Jedenfalls verstehe ich es so, dass nicht 50% der nicht Geimpften in dieser Umfrage AfD gewählt haben, sondern 50% derjenigen, die überhaupt gewählt haben. Der Nicht-Wähleranteil dürfte recht hoch sein in dieser allgemeinen Boykott-Fraktion.

Vgl: https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 6bb35ee918 "Demnach haben 50 Prozent der ungeimpften Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl im September ihr Kreuz bei der AfD gemacht." (fett von mir; Spiegel hat das als erstes berichtet).
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Jochen Gebauer
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Jochen Gebauer »

Korrekt. 66% der Ungeimpften von 76,6% der Gesamtwähler haben Basis/AfD gewählt. Jetzt müsste man den Anteil der Impfverweigerer unter den Nichtwählern kennen, um eine seriöse Zahl über das Wahlverhalten der Ungeimpften zu bekommen. Sie wird auf jeden Fall deutlich unter den 66% für AfD/Basis liegen. Immer noch viel zu hoch, garantiert, aber die Zahl sollte eigentlich keinem Journalisten so rausrutschen.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 15. Nov 2021, 14:50 Und schließlich finde ich es einigermaßen grotesk, dass ausgerechnet die Organisationen, die verfassungsrechtlich und hoheitlich für die Kontrolle der Gesetze zuständig sind, das ausgerechnet in diesem Fall nicht leisten könnten oder sollten. Da kann man den Staat auch zumachen, wenn seine Exekutive in einer Krise nicht imstande sein soll, die Einhaltung der Krisenmaßnahmen zu kontrollieren. Das ist so, als würde ein Krankenhaus in der Corona-Pandemie sagen, sorry, Beatmen können wir hier keinen, sind mit Krochenbrüchen und Mandelentzündungen schon echt am Limit.

Wenn der Staat ernsthaft sagen würde (was er hoffentlich nicht tut, sooo inkompetent ist er dann doch noch nicht), sorry, ihr müsst alle in den harten Lockdown, weil wir einen Lockdown für Ungeimpfte nicht kontrollieren können, wäre zumindest für mich der Punkt erreicht, wo dieser Staat seine exekutive Legitimität verloren hätte und ich keinerlei staatsmoralische Verpflichtung mehr sähe, mich an diese Regeln zu halten. Das wäre auch ein gewaltiger Spaß vor dem Verfassungsgericht, wenn eine Regierung erklären würde, warum die Exekutive ihr fundamentalsten hoheitlichen Aufgabe nicht nachkommen kann :mrgreen:
Tatsächlich ist es aber so. Entfernter Verwandter arbeitet als Polizist hier bei der PD Chemnitz und was der teilweise erzählt, da schlackern einem die Ohren. Es ist tatsächlich so, dass der ganze öffentliche Bereich genauso kaputtgespart wurde wie der Gesundheitsbereich. Weniger Lohn, schlechtere Personalschlüssel und allgemein beschissene Arbeitsbedingungen. Nach dem ersten Lockdown letztes Jahr war das so, dass Polizisten im Stadtzentrum die Maskenpflicht überwachen sollten. Haben die gemacht, in dem die dort Schichten geschoben haben. Jedoch: Die Dienststellen hatten dadurch weniger Personal für die allgemeinen Aufgaben die da so anfallen. Und in der Zeit muss da wohl sehr viel liegen geblieben sein. Ähnlich ist es bei den Gesundheitsämtern und anderen Verwaltungsbereichen.

Jetzt ist es so, dass unsere Gesundheitsministerin Petra Köpping letzte Woche ganz großspurig verkündet hat, dass in jedem Landkreis (!) drei Teams bestehend aus je einem Polizisten und Mitarbeiter aus Gesundheitsamt und Ordnungsamt unterwegs sind um die 2G Regeln zu überprüfen. Das macht bei 10 großen Landkreisen und drei kreisfreie Großstädte ungefähr 39 Beamte, die im ganzen Freistaat Sachsen die 2G Regeln kontrollieren sollen. Mag vielleicht sogar in den kreisfreien Städten sogar funktionieren mit je drei Teams. Aber in den Landkreisen? Mehr als nur eine willkürliche Stichprobe ist da nicht drin.

Die machen das so, weil man von den jeweiligen Behörden schlicht nicht mehr abziehen kann, wenn man das Funktionieren dieser Behörden nicht auf den Spiel setzen will. So auf Kante genäht sind die. Deswegen haben Gesundheitsämter auch bei niedriger Inzidenz bereits Probleme irgendwelche Infektionswege nachzuvollziehen.

Jetzt rächt es sich, dass man seit 20 Jahren das Mantra fährt "die Verwaltung zu verschlanken". Irgendwann hat man dann so wenig Personal, dass nur noch das absolut nötigste sichergestellt werden kann. Bereitschaftspolizei fällt auch nahezu weg, weil die ja bei Demos, Fußballspielen, etc. eingesetzt werden.

Genauso in Gesundheitswesen. Ich bin mir sehr sicher: Hätten wie noch die Dichte an Krankenhäusern wie in den 90ern und den damaligen Personalschlüssel, würden wir noch lange nicht von Überlastung sprechen. Auch die Jahre vor Corona sind die Krankenhäuser in den Wintermonaten sehr regelmäßig in die Überlastung gekommen, mussten OPs verschieben etc. Hat damals nur niemanden interessiert.

Das wird vorm BVerfG in der Tat noch interessant, wenn es darum geht in den nächsten Jahren in Hauptverfahren die ganzen Klagen aufzuarbeiten. Insbesondere wenn die Hauptargumentation der Politik die Vermeidung der Überlastung des Gesundheitswesens bleibt. Da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das BVerfG hier den Auftrag gibt, den eingeschlagenen Weg der letzten 20 Jahre strikt zu ändern.
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 15. Nov 2021, 16:18 Ich bin mir sehr sicher: Hätten wie noch die Dichte an Krankenhäusern wie in den 90ern und den damaligen Personalschlüssel, würden wir noch lange nicht von Überlastung sprechen.
Da es sich bei der Verbreitung von Covid19 um exponentielles Wachstum handelt - vermutlich maximal zwei Wochen später.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 15. Nov 2021, 16:23
Axel hat geschrieben: 15. Nov 2021, 16:18 Ich bin mir sehr sicher: Hätten wie noch die Dichte an Krankenhäusern wie in den 90ern und den damaligen Personalschlüssel, würden wir noch lange nicht von Überlastung sprechen.
Da es sich bei der Verbreitung von Covid19 um exponentielles Wachstum handelt - vermutlich maximal zwei Wochen später.
Da braucht man sich doch nur mal die Entwicklung seit 1991 anzuschauen:

Bild

Und hier eine gute Analyse zur Entwicklung des Personals aus dem Jahr 2016: https://www.blickpunkt-wiso.de/post/per ... -1504.html
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Felidae
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 15. Nov 2021, 17:11

Da braucht man sich doch nur mal die Entwicklung seit 1991 anzuschauen:
Ich wollte nur drauf raus, dass das bei exponentiellem Wachstum sehr schnell völlig egal ist. Kein Staat der Welt kann drauf vorbereitet sein, eine Pandemie einfach laufen zu lassen. Selbst das beste vorstellbare Gesundheitssystem kommt bei exponentiellem Wachstum an seine Grenzen. Ich weiß, Du gibst gern für praktisch alles dem Staat die Schuld - und ja, im Gesundheitssystem sind Fehler gemacht worden. Aber speziell DIESE Situation hätte nix und niemand verhindern können. Der Engpass wäre nur eben leicht verzögert aufgetreten.

Ich kann zum Thema "exponentielles Wachstum" wirklich nur die Legende vom Schach-Erfinder und den Reiskörnern empfehlen.
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Vinter
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Vinter »

Es spielt auch eigentlich keine Rolle. Denn wir haben nunmal 2021 und die Situation ist, wie sie ist. Klar können wir lange und zurecht beklagen, was für Fehler seit 1991 gemacht wurden, aber das hilft uns heute nicht. Wir müssen gucken, wie wir mit der Situation, wie sie sich uns heute präsentiert, umgehen. Impfpflicht ist da der beste gangbare Weg, wenn man einen Mechanismus zur Kontrolle findet.

Im übrigen stimme ich Felidae zu: Ungebremstes exponentielles Wachstum muss das Gesundheitssystem überlasten. Und wir befinden uns ja nun in der vierten Welle, nicht, weil wir keine Intensivbetten wie 1991 haben, sondern, weil zu viele Leute nicht aus den ersten drei Wellen gelernt und sich immer noch nicht freiwillig impfen lassen haben.
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XfrogX
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von XfrogX »

Also alles was ich von Polizisten und Beamten gehört habe ist, die können nicht mal wirklich kontrollieren, weil kein Personal. Und das was an Personal da ist hat dann bei den 2 Polizisten die ich kenne auch eher die Einstellung das sie besseres zu tun hätten und das ganze sowieso eher Quatsch ist.
Und da ging es noch darum eher einfache lockdowns zu kontrollieren. Nun dann noch bei jeder Firma rein zu gehen und draußen jedes Mal 2 g zu kontrollieren dürfte eher nicht die Aufgabe leichter und einfacher machen.
Und den Busfahrer den ich kenne verstehe ich völlig das der sagt, er ist geimpft, trägt Maske und der Rest ist ihm egal, er holt sich weder prügel noch Diskussionen von verweigern ab, noch Stress mit dem Chef weil Verspätungen sich aufstauen.

Und das dürfte schaffnern ähnlich gehen.

Und das unser Staat schon lange nicht mehr wirklich in der Lage ist präventiv zu arbeiten ist doch schon lange bekannt, bei der Polizei gehts doch garnicht mehr wirklich darum vergehen zu verhindern, sondern nur noch denen nachzulaufen.
Nicht umsonst machen hier reihenweise die Banken ihre Automaten zu weil die dauern gesprengt werden. Das zu kontrollieren wäre unmöglich sagt dann die Polizei. Aber mehr Kameras gehen (Bilder haben die ja eh schon von den Innenräumen) das verhindert aber halt 0 das die Automaten gesprengt werden, nur das die Polizei ein paar Stunden mehr versucht doch Anhaltspunkte auf dem Filmen zu finden während die schon über alle Berge sind.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

XfrogX hat geschrieben: 15. Nov 2021, 22:23 Und das unser Staat schon lange nicht mehr wirklich in der Lage ist präventiv zu arbeiten ist doch schon lange bekannt
Bei Leuten vielleicht, die Bekannte / Freunde / Verwandte in diesen Bereich haben. Aber in der Allgemeinheit? Ich bin mir sehr sicher, wenn die breite Gesellschaft wüsste wie fragil mittlerweile die Absicherung staatlicher Aufgaben organisiert sind - da würden sich viele aber absolut nicht mehr sicher fühlen. Angefangen bei der chronischen Unterfinanzierung vieler Kommunen über den wirklich jämmerlichen Zustand vieler Polizeidirektionen bis hin zu der Tatsache wie hart auf Kante mittlerweile Verwaltungen genäht sind. Und letztere sind ja alles keine faulen Bürokraten, die den ganzen Tag fröhlich im Büro Kaffee saufen - sondern die halten den ganzen Apparat zusammen. Quasi alle die ich aus den Bereichen kenne, haben zu mir schon gesagt, dass es an einem Wunder gleicht, dass der Laden nicht schon lange zusammengekracht ist. Die haben insbesondere in den Verwaltungen auch ne hohe Personalfluktuation. Auch weil die Arbeitsverdichtung seit den 2000ern so stark zugenommen hat... und gleichzeitig kann und will man die Personalschlüssel seitens der Politik nicht erhöhen. Die Kommunen können nicht, weil kein Geld. Und die Länder wollen nicht, weil die nen absurden Sparfetisch fröhnen. Quer über alle Parteien! Folge ist, dass man immer wieder neue Leute einarbeiten muss und es schon auf personeller Ebene immer weniger wirklich erfahrene Leute gibt.
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Axel
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Axel »

Vinter hat geschrieben: 15. Nov 2021, 21:26 Und wir befinden uns ja nun in der vierten Welle, nicht, weil wir keine Intensivbetten wie 1991 haben, sondern, weil zu viele Leute nicht aus den ersten drei Wellen gelernt und sich immer noch nicht freiwillig impfen lassen haben.
Mit dieser Aussage implizierst Du ja, dass von Geimpften wenig bis keine Infektionsgefahr mehr ausgeht, verstehe ich Dich da richtig?

Hast Du die schwedische Studie auf den Schirm, die seit einigen Wochen diskutiert wird? https://www.spektrum.de/news/corona-imp ... ge/1945216

Demnach beträgt die Effektivität von Biontech nach 6 Monate nur noch 23%. Nun weiß man nur nicht ob die hohen Werte zu Begin an fehlenden Delta-Variante liegen, oder ob diese Werte auch mit Delta gelten. Es kann eben auch gut sein, dass Biontech generell gegen die Delta-Variante kaum wirkt.

Demzufolge müssen eben auch Geimpfte die ganzen Maßnahmen befolgen. Was sie aber stand jetzt zum ganz großen Teil nicht tun. Sie lassen sich nicht testen und denken, sie wären geschützt und schützen andere. Und verhalten sich dementsprechend. Das wäre auch die Dynamik, die Kekule bereits im Sommer als "unsichtbare Welle der Geimpften" prognostizierte.
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Vinter
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Vinter »

Ich finde es ja hochspannend, wie genau du irgendwelche Zahlen rezitieren kannst, wann, wo, wie, wieviele und wieso Geimpfte als Überträger in Frage kommen und wie sie sich infizieren.

Tu uns doch mal einen Gefallen und schlag die selben Zahlen für Ungeimpfte nach. Welchen Schluss ziehst du daraus?

Axel, ich will ehrlich sein. Mich ärgert, dass du offensichtlich in der Lage bist, dich sehr selektiv zu informieren und im Zweifel sogar Studien zur Hand hast, um irgendetwas beweisen zu wollen. Und ich werde dir auch verraten, weshalb mich das ärgert. Mich ärgert das, weil ich aus deiner Fähigkeit, dich selektiv zu informieren ableiten muss, dass du den ganzen anderen, wichtigen Kram kennst und die richtigen Schlüsse daraus ziehen könntest. Aber das tust du nicht. Du ignorierst das und trägst stattdessen zur Desinformation bei.

Desinformation wie zum Beispiel diese implizite Legitimation, sich nicht impfen zu lassen, die ich aus deiner Entgegnung herauslesen muss. Weil die Impfung nicht perfekt ist. Weil sie versagen kann. Weil Geimpfte trotzdem ansteckend sein können. Warum dass nicht gegen das Impfen spricht, wurde in den letzten Tagen, Wochen und Monaten nun wirklich an jeder Ecke, in jeder Zeitung und in jeder Talkshow erklärt. Man muss es nur hören wollen: Weil es um Wahrscheinlichkeiten geht.

Ja, der Schutz der Impfung vor einer Infektion lässt nach einer Weile nach. (Aber bei den meisten Menschen nicht der Schutz vor einem schweren Verlauf und Hospitalisierung, womit wir genau beim Thema wären. Das steht sogar in deinem Text). Das war übrigens schon seit Beginn der Impfkampagne erwartet worden. Aber die Antwort auf diesen nachlassenden Schutz vor Infektion ist nicht, sich nicht impfen zu lassen. Die Antwort ist im Gegenteil, sich erneut impfen zu lassen. Auch das steht im Text.
Der Schutz vor Krankenhausaufenthalt und Tod erwies sich als beträchtlich stabiler. Aber auch hier ließ die Wirksamkeit mit der Zeit nach: von anfangs rund 90 Prozent Effektivität auf gut 40 Prozent nach zirka sechs Monaten. Das lag vor allem an den Älteren ab 80 Jahre – bei den Jüngeren blieb der Schutz vor schwerem Verlauf nach einem halben Jahr mit rund 80 Prozent weitgehend stabil. Wegen der geringen Fallzahlen wurde hier allerdings nicht zwischen den Impfstoffen unterschieden.

»Die Befunde stützen die Gabe einer Booster-Dosis«, fassen Nordström und sein Team zusammen.


Laut RKI sind Stand Mitte September 89% der Coronafälle in Krankenhäusern ungeimpft.

Bild

Ja Axel, um es nochmal ganz explizit zu sagen: Es sind die Ungeimpften, die aktuell die Überlastung der Krankenhäuser verantworten und nicht Leute mit Impfdurchbrüchen, die sich zu sicher gefühlt haben. Selbst in der Gruppe Ü60, bei denen der Schutz vor Infektion und Hospitalisierung am massivsten nachlässt, waren es Mitte September lediglich 20% Impfdurchbrüche. (Aber die genauen Anteile spielen eigentlich keine Rolle. Wenn jeder geimpft ist, sind 100% der Krankenhausfälle Impfdurchbrüche. Heißt dass, die Geimpften wären das Problem? Nein. Es heißt, dass die absoluten Zahlen an Krankenhausfällen erheblich kleiner wäre als heute)

Und ja, solange der Großteil der Geimpften nicht geboostert ist, müssten wieder striktere Maßnahmen erlassen werden, um die aktuellen Welle einzudämmen. Dass das noch nicht geschehen ist, ist Versagen der Politik. Aber das alles entbindet Ungeimpfte nicht davon, dass absolut Minimale zu tun und sich ebenfalls impfen zu lassen.
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LegendaryAndre
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von LegendaryAndre »

Felidae hat geschrieben: 15. Nov 2021, 20:27 Ich kann zum Thema "exponentielles Wachstum" wirklich nur die Legende vom Schach-Erfinder und den Reiskörnern empfehlen.
Die kannte ich noch gar nicht! Eine interessante Legende, die ich mir merken und dem einen oder anderen im Zusammenhang mit Covid erzählen werde. ;) Eigentlich tragisch dass viele nicht dazu in der Lage sind zu verstehen was ein exponentieller Anstieg der Zahlen in der Praxis bedeutet. Es ist als wäre ein Knoten in ihrem Gehirn der jegliche Vernunft unterbindet. Selbst nachdem sie die Folgen in anderen Ländern wie Italien gesehen haben glauben sie es nicht. Ähnlich verhält es sich leider beim Thema Umwelt. Bitter, und genau deshalb überfliege ich die Corona-News nur noch und versuche mich aus Gesprächen herauszuhalten, um mich lieber auf die kleinen positiven Dinge des Lebens zu konzentrieren.
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Crenshaw
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Crenshaw »

Axel hat geschrieben: 15. Nov 2021, 17:11
Felidae hat geschrieben: 15. Nov 2021, 16:23
Axel hat geschrieben: 15. Nov 2021, 16:18 Ich bin mir sehr sicher: Hätten wie noch die Dichte an Krankenhäusern wie in den 90ern und den damaligen Personalschlüssel, würden wir noch lange nicht von Überlastung sprechen.
Da es sich bei der Verbreitung von Covid19 um exponentielles Wachstum handelt - vermutlich maximal zwei Wochen später.
Da braucht man sich doch nur mal die Entwicklung seit 1991 anzuschauen:

Und hier eine gute Analyse zur Entwicklung des Personals aus dem Jahr 2016: https://www.blickpunkt-wiso.de/post/per ... -1504.html
dir ist aber schon klar, das Krankenhaus nicht gleich Krankenhaus ist?
es gibt eine Unmenge an Krankenhäuser die keine ITS haben, es gibt eine Unmenge an Fachkliniken und auch noch Privatkliniken. die meisten davon machen keine bzw. können gar keine COVID Patienten behandeln (also schwere Fälle mit Beatmung usw.).

z.B. hat München über 50 KH, und während die einen KH (fast) überlastet waren mit den Coronapat. waren, hatten andere gar keine bzw. konnten auch keine behandeln.

außerdem ist nicht die Anzahl der Intensivbetten interessant (die kann man "relativ leicht" schnell erhöhen), sondern ob das Personal vorhanden die zu betreuen und da ist der Hauptknackpunkt, wenn kein Personal, dann keine freien Betten und ja für den Mangel gibt es die verschiedensten Gründe, zumal man auch nicht vergessen sollte, dass da noch ein riesiger Rattenschwanz hinten dran hängt, der eigentlich nie erwähnt wird
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Dicker
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Dicker »

LegendaryAndre hat geschrieben: 16. Nov 2021, 07:27 Eigentlich tragisch dass viele nicht dazu in der Lage sind zu verstehen was ein exponentieller Anstieg der Zahlen in der Praxis bedeutet. Es ist als wäre ein Knoten in ihrem Gehirn der jegliche Vernunft unterbindet.
Nicht nur wäre, dass ist so und wissenschaftlich gut untersucht. Nennt sich Exponential Growth Bias und beschreibt, dass es Menschen selbst mit Wissen um die Wachstumsraten schwerfällt, es richtig einzuschätzen. Unser Hirn ist wirklich nicht dafür gemacht.
https://www.bbc.com/future/article/2020 ... d-covid-19
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HerrReineke
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von HerrReineke »

Axel hat geschrieben: 16. Nov 2021, 00:02 Mit dieser Aussage implizierst Du ja, dass von Geimpften wenig bis keine Infektionsgefahr mehr ausgeht, verstehe ich Dich da richtig?

Hast Du die schwedische Studie auf den Schirm, die seit einigen Wochen diskutiert wird? https://www.spektrum.de/news/corona-imp ... ge/1945216

Demnach beträgt die Effektivität von Biontech nach 6 Monate nur noch 23%. Nun weiß man nur nicht ob die hohen Werte zu Begin an fehlenden Delta-Variante liegen, oder ob diese Werte auch mit Delta gelten. Es kann eben auch gut sein, dass Biontech generell gegen die Delta-Variante kaum wirkt.
Die Zahlen die du hier zitierst sind - sofern die Studie im Peer-Review besteht - durchaus richtig, aber die Schlussfolgerung halte ich für falsch, gerade auch in Anbetracht dessen, dass es nicht unbedingt der Schlussfolgerung aus der Studie entspricht. Es geht in dem zitierten Bereich nämlich um den Schutz vor einer (sympthomatischen) Infektion, nicht um den Schutz vor einem schweren Verlauf. Hier wird zwar ebenfalls eine Abnahme verzeichnet, aber diese setzt scheinbar später und weniger stark ein. Die Impfung schützt also trotzdem besonders gut gegen die Überlastung des Gesundheitssystems und um schlicht Leben zu retten. Und das sollte hoffentlich die Priorität sein und bleiben. Demzufolge fällt auch die Empfehlung und Schlussfolgerung aus: Impfen ist gut und sollte dringend erfolgen und sollte dann auch aufgefrischt werden, damit die Wirkung möglichst hoch bleiben.

In der Konsequenz sollten auch Maßnahmen darauf abzielen, dass die Impfquote steigt und auch geimpfte Personen Auffrischungsimpfungen bekommen. Würde es helfen, wenn geimpfte Personen zusätzlich auch noch getestet würden? Vermutlich schon, denn damit könnten Infektionsketten durchbrochen werden. Aber wenn die Gesamtbevölkerung ausreichend geimpft wäre, käme es darauf - jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob man sich das für das Gesundheitssystem erlauben kann - gar nicht mehr an. Weil es zwar noch Impfdurchbrüche gäbe, die aber vergleichsweise weniger wären.
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Peter
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Peter »

Vinter, du hast mit allem Recht und das ist auch der Grund, wieso ich, soweit es geht, überhaupt nicht mehr auf Alex' Postings eingehe. Irgendwann wird einem das echt zu blöd.
Vinter hat geschrieben: 16. Nov 2021, 01:51 Selbst in der Gruppe Ü60, bei denen der Schutz vor Infektion und Hospitalisierung am massivsten nachlässt, waren es Mitte September lediglich 20% Impfdurchbrüche.
Zu dem einen Punkt noch die Anmerkung, dass deine Angabe inzwischen schon sehr veraltet ist, da der Anteil von Woche zu Woche steigt. Bei den Ü60 liegt er Stand 11.11. bei 60,9% (Infektionen) bzw. 45,1% (Hospitalisierungen). Ja, wer ungeimpft ist, sollte sich unbedingt impfen lassen, bei lange zurückliegendem Impfschutz ist das aber bei Älteren ähnlich dringend. Frankreich macht es in meinen Augen genau richtig: Ü65 gelten ab dem 15.12. generell nicht mehr als geimpft, sofern sie keinen Booster bekommen haben. Wir sind dagegen quasi das Schlusslicht in Europa (wenn man mal Osteuropa ausklammert). Der obligatorische UK-Vergleich: Dort hat man in Relation zur Bevölkerung alleine in den letzten 7 Tagen mehr Booster verimpft, als bei uns insgesamt seit dem Booster-Start im September. Und wie schon erwähnt absolut vorbildlich: Alle für den Booster in Frage kommenden Geimpften wurden direkt kontaktiert, die Impfzentren haben noch geöffnet etc.
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MrSnibbles
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von MrSnibbles »

Danke Peter für die kontinuierlich tolle Aufbereitung der relevanten Zahlen. Auch wenn ich ständig Schaum vor dem Mund bekomme, wenn ich deine Postings lese weil sie gut vor Augen führen, dass es so viel besser laufen könnte. Wir sollten uns in Zukunft schön zurückhalten, die deutsche Effizienz zu loben. Nicht, dass ich das vorjer getan hätte aber trotzdem ;-)
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Heretic
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Heretic »

Auch wenn eine Impfung nur begrenzt Wirksamkeit zeigt, ist es schon angesichts der aktuellen vierten Welle absolut empfehlenswert und dringend vonnöten, sich den Schuss abzuholen. Besser gestern als morgen. Nicht nur wegen der eigenen Gesundheit und die der Mitmenschen, sondern auch wegen des überlasteten Klinikpersonals.
Rigolax
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Re: COVID-19 - Anatomie einer Pandemie

Beitrag von Rigolax »

Man sollte sich auch mal vor Augen führen, dass vielleicht nicht alle "Impfverweigerer" dämlich sind und diese Salamitaktiken nicht mitbekommen. Erst heißt es mantra-artig "impfen schützt", dann "impfen schützt vor schweren Verläufen", dann heißt es "ja, es schützt, aber es lässt stark nach bei älteren, lasst euch boostern". Vielleicht merkt man ja irgendwann, dass man Erwachsene nicht gönnerhaft wie Kinder behandeln kann, auch wenn diese teilweise sich wie Kinder aufführen (das ist kein Widerspruch), dass dies bemerkt wird und das Menschen (auch wenn es eher irrational ist) sehr Konsistenz mögen. Man könnte sich auch darüber echauffieren, dass mit uralten Zahlen hantiert wird, obwohl neuere vorhanden sind, die ein wahrheitsnäheres Bild zeichnen; ob da nicht Biases eine Rolle spielen?

Das ist kein Plädoyer von mir dafür, sich nicht impfen zu lassen (auch zum N-Mal). Es ist ein Plädoyer offen damit umzugehen. Weniger Freund-Feind-Dichotomisierung wäre vielleicht auch gut.

Im Übrigen dürfte eine "Impfpflicht" für die aktuelle Welle doch eh nicht all zu viel bringen. Bis das politisch etabliert wurde und hinreichend Schutz gebildet wurde durch Impfungen -- außer man kann die Impfungen wesentlich beschleunigen oder es soll nun doch eine, etwa mit Johnson, nun ausreichen -- , ist das Gesundheitssystem doch eh schon kollabiert.
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