Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

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tepete
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Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von tepete »

Moin,
ihr habt mir schon gestern bei einer Frage geholfen, lege direkt eine Zweite nach. :)

Also, muss das an Hand von Beispielen machen, die aber gar nicht meine persönliche Haltung beschreiben müssen. Auf die persönlichen Gedanken will ich auch gar nicht hinaus, sondern nur auf das eigentlich Thema, warum eben ich immer erkenne, dass wenn eine Person A sagt, sagt sich auch automatisch B und C. Ich kann praktisch aus einer Haltung A ableiten, wie B und C wird.

Ein Beispiel zu den aktuellen Themen Klima, Corona und der Krieg:

Wenn jemand zB nicht die AfD wählt, dann weiß ich, dass dieser für Ukraine ist und gegen den Russen. Das klappt bisher zu 100%. Wenn jemand hingegen die AfD wählt, dann bin ich mir sicher, dass er pro Putin ist, was dann bisher auch 100% gestimmt hat.

Ich hingegen kann aber die AfD wählen und trotzdem gegen Putin sein.

Anderes Beispiel Corona: wenn jemand das Virus leugnet oder zumindest Angst vor der Impfe hat, dann herrscht 100% die Meinung, dass Gates uns verseuchen will mit Mikrochips.


Meine Kernfrage also ist, wieso können die Leute nicht über den Tellerrand hinaus schauen und eine mehr verzweigte Meinung haben? Kann doch wirklich nicht sein, dass es für die aller meisten in meinem Umfeld oder auch sozial media so ist, dass die alle stringend einer Meinung sind.

Ich kann aber zB sagen ja, der Klimawandel der letzten 120 Jahre ist Menschen gemacht, und trotzdem die AfD wählen, weil ich denen eben nicht blind folge sondern weiter denke.

Oder ich kann zB linke Positionen teilen ohne 100% der linken Linie treu zu sein.

Wieso hab ich das Gefühl, dass die Leute sich nicht trauen, ihr eigenes Weltbild mal ein kleinwenig zu erweitern, sondern sich von mir praktisch in diese Schubladen stecken lassen, und es nahe zu immer passt.

Das ist jetzt Tatsache: Hab nun echte Verschwörer kennegelernt, polnische Landsleute. Die hauen den ganzen Verschwörerkäse raus den es auch hier in D gibt. Das ist wirklich 1zu1 wie hier, und keiner von denen stellt eine solche krude Theorie auf, erweitert sie aber vllt doch mal mit paar richtigen Fakten. Es gibt immer nur eine Linie.

Klar was ich meine? :D

mfg jan
Mauswanderer
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Mauswanderer »

Du ziehst vermutlich Schlüsse aus einer viel zu kleinen, extrem vorselektierten Stichprobe. Das zeigt ja schon dein erstes Beispiel: Es gibt ja auch links der Mitte, weit weg von der AfD, Menschen, die eher Russland als der Ukraine nahestehen. Und natürlich könntest du trotz konträrer Position mutwillig die AfD wählen, wenn du wolltest, aber wer sagt denn, dass nicht ein Neonazi mutwillig die Grünen wählen könnte, wenn er der Meinung ist, damit etwas belegen zu können? Und gerade am politischen Rand sind viele Wähler politisch nicht sonderlich komplex, sonst wären sie nicht an diesem Rand. Das sind aber ja nicht "alle".
tepete
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von tepete »

Mauswanderer hat geschrieben: 21. Jun 2022, 20:55 Du ziehst vermutlich Schlüsse aus einer viel zu kleinen, extrem vorselektierten Stichprobe. Das zeigt ja schon dein erstes Beispiel: Es gibt ja auch links der Mitte, weit weg von der AfD, Menschen, die eher Russland als der Ukraine nahestehen. Und natürlich könntest du trotz konträrer Position mutwillig die AfD wählen, wenn du wolltest, aber wer sagt denn, dass nicht ein Neonazi mutwillig die Grünen wählen könnte, wenn er der Meinung ist, damit etwas belegen zu können? Und gerade am politischen Rand sind viele Wähler politisch nicht sonderlich komplex, sonst wären sie nicht an diesem Rand. Das sind aber ja nicht "alle".
Ich glaube, du hast mir die Antwort bereits gegeben. Die von denen ich spreche, bewegen sich eben auf diesen extremen Rändern, und da kann die Haltung ja wohl nicht so vielseitig sein. Danke, das ging ja flott diesmal :))
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Vinter
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Vinter »

Das Ding ist folgendes: Es gibt eine kleine Gruppe von Menschen, die von einer Spaltung der Gesellschaft profitieren bzw glauben zu profitieren. Die Idee ist, dass es am Ende zwei Lager gibt und entweder man ist man für dich oder für die anderen ("die woke, linksversiffte Altparteien-Ökodiktatur von Linkspartei bis CSU" 😉)

Der Weg, so eine Spaltung herbeizuführen ist, zu polarisieren und eine Gegenerzählung zur vorherrschenden Meinung aufzubauen. Alles was der "Mainstream" sagt ist falsch und das Gegenteil richtig. Das Problem ist: Wenn du dein politisches Kapital daraus ziehst, immer genau das Gegenteil von dem zu verkünden, was (idR ja aus guten Gründen!) vorherrschende Meinung ist, dann landest du automatisch immer bei Schwachsinn: Den Klimawandel gibt es nicht, die Impfung ist gefährlicher als das Virus, Ukraine ist der Aggressor etc etc etc.

Gleichzeitig schirmst du die Leute, die dir folgen, aber auch ab. Denn du hast ja als Grundannahme bereits etabliert, dass Medien, Wissenschaft und Parteien dich anlügen. Ergo sind deine Follower recht schnell nicht mehr erreichbar für andere Meinung und insbesondere die Realität, während sie gleichzeitig mit "alternativen Fakten" so zugeschwemmt werden, dass sie auch gar nicht mehr die Aufmerksamkeit haben, sich woanders zu informieren oder dich zu hinterfragen. Dadurch kommt dann diese Bündelung von Schwachsinn zustande, über die solche Ableitungen möglich werden, wie "Wenn einer gegen Impfen ist, ist er bestimmt für Russland".

Um Inhalte und Überzeugungen geht es dabei nicht, sondern lediglich darum, immer die Gegenposition einzunehmen. Das ist deine Falle, in die du die Leute locken willst. Sobald es irgendein starkes Thema gibt, setzt du ein paar steile Thesen ab und gelangst so an naive Follower, die du beim nächsten Aufreger dadurch, dass sie dir nun folgen, erneut erreichst. Ein schönes Beispiel dafür: Ganz zu Anfang der Pandemie, als Regierung, RKI und Co noch nicht viel davon hielten, den Leuten Masken zu empfehlen, wurde auf AfD-Kanälen FÜR Masken geworben (und natürlich die untätige Regierung kritisiert.)

Dabei kommt dir noch etwas anderes zugute: Wenn du und deine Follower sich erstmal von der Idee gelöst haben, dass das Weltbild irgendwo noch in der Realität verankert sein sollte, hast du es plötzlich höllisch einfach, Stimmung zu machen. Du bist nicht mehr darauf angewiesen, was in der Welt passiert, sondern kannst mit wenig Aufwand genau die attraktiven Lügen erzählen, die deine Zielgruppe hören will. Es ist dann das Problem der Gegenseite, dich aufwendig mit Recherchen, Faktenchecks, Quellen etc zu widerlegen. Viel zu aufwendig! Währenddessen hast du bereits drei weitere Lügen erzählt und deine Follower weiter aufgeheizt. Außerdem: Die Realität ist natürlich niemals so glasklar und pointiert, wie das Märchen, was du dir einfach ausdenken kannst. Das macht es für dich nochmal einfacher.

Ebenfalls vorteilhaft: Weil du immer solche steilen Thesen raushaust, scharrst du vor allem unkritische Menschen um dich, denen du auch in Zukunft alles erzählen kannst. Genau so funktionieren Scams: Wenn der nigerianische Prinz von dem Schatz erzählt, den er dir geben will, dann ist das Englisch nicht so mies, weil die Scammer blöd sind. Das ist Absicht. Der Scammer will nicht, dass klar denkende, kritische Menschen glauben, sie hätten ein seriöses Angebot vor sich. Denn die sind am Ende skeptisch und fallen nicht darauf hinein, wenn sie überweisen sollen. Das war dann Zeitverschwendung. Daher die wilde Geschichte vom nigerianischen Prinzen in schlecht formulierten, vor Fehlern wimmelnden Englisch: Damit von Anfang an nur die unkritischsten Geister antworten, die man gut bearbeiten kann. Und bei der Polarisierung ist es das Gleiche: Du willst eine möglichst hörige Gefolgschaft, die du am Ende auch auf die Straße schicken kannst und die dich nicht in Frage stellen. Und deshalb kannst du denen auch vorher schon alles erzählen: Great Reset, Great Replacement, Pferdeentwurmungsmittel gegen Corona, Frühsexualisierung, Transsexuelle, die nicht tatsächlich transsexuell sind, sondern entweder beim Frauensport dominieren wollen oder auf dem Klo Mädchen belästigen.... All dieser offensichtliche Schwachsinn, denn kein normaler Mensch glauben würde. Jedoch, wenn man sehr unkritisch ist oder wenn man Mürbe gemacht wurde durch die Überflutung auf allen Kanälen oder auch, wenn man sich in einer verletzlichen und orientierungslosen Phase seines Lebens befindet und unglücklich in die Falle geraten ist...
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Dicker
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Dicker »

@Vinter: well said :clap: :clap: :clap:
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Smutje187
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Smutje187 »

Bei QAnon/Trump/Corona kommt leider noch ein anderes Stilmittel der neuen Verschwörungsrechten hinzu: Du musst nicht mal mehr deiner Gefolgschaft irgendwelchen Schwachsinn auftischen, sondern wirfst ihnen nur ein paar Stichworte hin und hälst sie dann dazu an, selbst zu recherchieren - und weil mittlerweile so viel Käse im Internet steht, Menschen einem (natürlichen) confirmation-bias unterliegen (man traut eher dem Fakt, welcher mich bestätigt, als dem der mich widerlegt) und diese Menschen den ihnen erzählten Blödsinn dann schlussendlich quasi „selbst“ erarbeitet haben, verfängt er besser und dauerhafter, als beispielsweise die frühere Beschallung in der Kirche des Mittelalter, die den Menschen noch eingeredet hat, es gäbe Sünden, von denen man sich freikaufen kann, ohne dass man das selbst nachlesen könnte.
Voigt
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Voigt »

Nochma zurück zum Ausgangspunkt, ich kenne zwei Impfskeptiker im persönlichen Leben und beide denken nicht dass Bill Gates irgendwen mit Mikrochips kontrolliert.

Dabei sei gesagt, dass eine der beiden Personen sich im Dezember letzten Jahres dann doch zum ersten mal gegen Corona geimpft hat, halt bis dahin nich und auch weiterhin zurückhaltend bei anderen optionalen Impfungen für ihre Kinder.

Sonst recht vernünftig, ist aber so spirituell mit auch Heilsteinen, möglichst alles Natur und so unterwegs.
tepete
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von tepete »

Smutje187 hat geschrieben: 22. Jun 2022, 08:02 Bei QAnon/Trump/Corona .....
Da fällt mir eine gruselige Sache zu ein. Übrigens, doof, dass das doch nicht ohne Politik geht.

Hat mich ein Typ angesprochen wegen meines Let's go Brandon Shirts, weil er es so gut fand. Mein erster Gedanke war als ich den gesehen habe, -bin da leider voller Vorurteile und nicht wirklich tollerant - was das denn für ein volltattowierter Punk ist.

Er meinte, Shirt.ist super, endlich Mal einer mit Verstand und wollte mir dann sein Aufkleber am Auto zeigen. Es war ein QAnon Aufkleber. Sag Mal, was wählst du eig und wie stehst du zu Russland, entgegnete ich fragend. Er sagte, die AFD und er wäre voll auf Putins Kurs. Dann noch etwas geschnackt, seine Nummer hab ich dankend abgelehnt. Als ich ihm dann meine Haltung gesagt hatte, war er etwas verwirrt.

Das passt eig auch zu meiner ursprünglichen Frage. Gibt's wirklich nur Vorverurteilungen?

Hab kürzlich einen mit dem FCK NZS Shirt gesehen. Ich denke doch auch nicht automatisch, dass er ein linksextremer Steinewerfern ist.

Verstehe zwar anhand der bisherigen Antworten, wieso Leute eben so sind, aber wirklich nachvollziehen kann ich das nicht.
Zuletzt geändert von tepete am 22. Jun 2022, 12:49, insgesamt 2-mal geändert.
Rigolax
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Rigolax »

Hat mich auch irritiert, dass bei jemandem, der zumindest Angst vor einer Covidimpfung hat, mit "100%" Sicherheit die Meinung herrschen würde, dass Gates der Gesellschaft Mikrochips unterjubeln will. Selbst wenn ich eine ggf. hyperbolische/polemische Überspitzung herausnehme, erscheint mir dies verfehlt, da Menschen doch wohl aus vielen Gründen "Angst" vor etwas haben können; man muss nicht jede Angst ernst nehmen, aber nicht jeder Phobiker bzw. Neurotiker ist automatisch Verschwörungsgläubiger.

Grundsätzlich gibt es einen Trend zum Konformismus und es ist tatsächlich oftmals aus wenig Informationen extrapolierbar, wie jemand zu ganz verschiedenen politischen/sozialen/kulturellen Themen steht. Das geht auch soweit, dass man bei jemandem, der "Woke"-kritische Thesen vertritt, signifikant davon ausgehen kann, dass er die neuen Star Wars-Filme nicht mag bzw. einen bestimmten Teil dieser aus bestimmten Gründen (talking points) nicht leiden kann; ob das immer aufgrund von Suggestibilität so ist oder sich dort nur irgendwie Korrelationen bilden -- quasi: (not so) great minds think alike -- weiß ich nicht sicher, es gibt aber sicherlich bestimmte, eh, "thought leaders", die bestimmte Thesen immer, immer, immer wieder vertreten und starken Einfluss ausüben. Es ist auch etwa so, wer in den USA [edit: für] deren laxes Waffenrecht ist, ist oftmals eher Anti-Abtreibungsrecht ("Pro-Life"), obwohl an sich ja merkwürdig ist, dass das so ist, weil das doch sehr verschiedene Sachen sind, man könnte doch plausibel vertreten, dass ein liberales Waffenrecht nicht per se das Problem ist (vgl. in der Schweiz, wo das offenbar funktioniert), andere soziale Baustellen angegangen werden müssten, und gleichzeitig für Recht auf Abtreibung sein ("Pro-Choice") -- das ist doch kein inhärenter Widerspruch und bestimmt gibt es noch Libertäre, die das vertreten. Aber die Polarisierung ist allgemein so stark geworden und die Sinnsuche so notwendig anscheinend, dass politische Strömungen teilweise (noch stärker als früher?) zu Ersatz-Religionen mutieren, und das hört auch nicht auf bei Trumpismus und bei den "Anti-Woken" Substackerati-Contrarians, auch die sog. progressive Strömung ist doch so einem "ideological capture" ausgesetzt: Wer Pronomen in seiner Twitter-Bio hat, hat wahrscheinlich noch eine Ukraine-Flagge und wer die Spritzen-Icons in seinem User-Namen hat, folgt vermutlich Jan Böhmermann und guckt jeden Tag Tagesthemen, und ganz allgemein als Stichwort: Intersektionalität. Es wird gerne auf (sog.) konservative Comedians rumgehackt, dass die nicht lustig sein könnten, aber Ryan Long funktioniert meines Erachtens doch teils: "When Your New Identity is Supporting Ukraine".

Und na ja, jeder Mist wird überspitzt ins Extreme: ist es eine Gefahr, dass trans Frauen (assigned male at birth) laxe Transgender-Gesetze ausnutzen, um sich im Frauensport einzuschleusen oder Frauen/Mädchen an öffentlichen Orten/Sanitäranlagen etc. zu belästigen? Nein, aus meiner Sicht ist es keine regelrechte Gefahr, das wird nicht gehäuft vorkommen, gibt dafür keine Indizien, aber ich denke durchaus, dass es vorkommen kann und vielleicht sogar schon vorkommt, dass es durchaus ein Problem ist, das Beachtung finden sollte, wenn auch nicht mit höchster oder auch nur hoher Priorität und dass die Rechte von genuinen trans Personen überwiegen sollten gegenüber einer "Gefahr" ausgehend von bad actors. --- Wobei der Sport-Aspekt schon nicht ohne ist und man dazu ganze Abhandlungen schreiben kann; leider wird im Kontext der Richtung diesbezüglich auch teilweise (!) biologischer Mumpitz vertreten, der die physischen Unterschiede von Männern/Frauen vor und auch noch nach eines (biologischen) Transitioning derart relativiert, dass es nicht mehr rational vertretbar ist m.E., sondern absurd postfaktisch; wer einmal eine männliche Pubertät durchlaufen hat und das mit durchschnittlichen oder auch nur etwas unterdurchschnittlichen hormonalen Impact, also mit einem gewissen Testosteron-Spiegel (keine hinreichende Puberty Blocker und Cross-Sex-Hormone erhalten), der hat doch nach allen Erkenntnissen in fast allen Sportarten lebenslang einen körperlichen Vorteil, der nicht wettmachbar ist und der im Bereich des Spitzensports entscheidend sein kann bzw. oftmals wohl ist. Und was ist denn dahingehend der best approach? Also mir fällt keiner ein, außer dass man allgemein überlegt, wie sinnhaft Spitzensport wirklich ist, und ich meine insbesondere auch männlicher, weil es ab einem bestimmten Niveau so extrem wird, dass derart geringe biologische Unterschiede entscheiden, die mit keinem Lebensstil/Training mehr ausgleichbar sind, ich meine das sind solche extremen idiosynkratischen Eigenschaften, im genetischen Sinne "Mutationen", die notwendig sind, um Topplätze zu erreichen und das wird wohl immer extremer, also ich find Spitzensport ist teils, und ich meine damit insbesondere Cis-Hetero-Male-Sportler, eine genetische "Freak Show" im Grunde, nur dass die Gesellschaft diese Abweichungen abfeiert, weil sie ja "die Menschheit" voranbrächten (höher, schneller, weiter), als ob das so toll per se wäre, herauszufinden, wie schnell jemand unter optimalsten Bedingungen laufen könnte oder wie weit er eine Scheibe werfen kann etc.
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von PrinzEisenerz »

Rigolax hat geschrieben: 22. Jun 2022, 12:38 ...
Guter Post.
Vor allem beim Abtreibungsthema bin ich etwas abgehängt. Müsste es nicht abseits von Extrempositionen immer eine "Bis zu welchem Monat?" Diskussion sein? Da verstehe ich wirklich nicht, warum es emotional so aufgeladen diskutiert wird.

edit: da ich das Thema nicht derailen will, nur nochmal worauf ich hinaus will:

Ich empfinde es so, dass bei vielen Themen, wo man die Details diskutieren müsste, eher ein "Dafür oder Dagegen" entsteht. Das ist bei Waffengesetzen oder Migration ja genauso.
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Vinter
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Vinter »

Das Thema kommt (wie alle diese Culture War Themen) aus den USA zu uns herübergeschwappt. Natürlich haben wir hier auch unsere eigene Abtreibungsdebatte, aber verstärkt wird das sicherlich dadurch, dass es importiert wird, in der Hoffnung, dass es hier einen ähnlichen Effekt erzielt wie drüben.

Dazu muss man wissen: 1973 war Roe v. Wade, das Supreme Court Urteil, dass Abtreibungen in den USA legalisierte, überhaupt kein großes Thema. Auch die Christen in den USA waren zu der Zeit in Mehrheit für ein Recht auf Abtreibungen.

Dass es heute so ein Thema ist, liegt daran, dass es dazu gemacht wurde. Abtreibungen sind heute ein "Wedge Issue", also genau der Keil, der in die Mitte der Gesellschaft getrieben wird, um sie zu spalten. Aus konservativen Kreisen wurde viel Kraft aufgewendet, um die Leute dazu zu bringen, sich dazu zu positionieren und um klar zu machen: Wenn du für uns bist, bist du gegen Abtreibungen.

Deshalb gibt es darüber auch keine differenzierte Debatte. Es geht einzig um die schon angesprochene Polarisierung: Gehörst du zu unserem Stamm oder zum anderen? ("Tribalism")

Und du hast völlig recht: Die Polarisierung findest du bei all diesen Themen wieder, eben weil die Polarisierung der eigentliche Sinn und Zweck ist. Und je unvernünftiger eine Position ist, desto eher ist sie dazu geeignet, den Stammesmitgliedern nicht nur zu signalisieren "Ich bin einer von euch", sondern auch "Seht her, ich bin mit ganzem Herzen dabei".
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Andre Peschke
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Andre Peschke »

Selektion und Abstraktion: Wenn ich nur stark genug abstrahiere, dann lässt sich die Welt easy schematisieren, so wie ich auch einfach sagen kann: Das sind alles rote Autos, obwohl da vielleicht von dunkelstem Weinrot bis "von Orange kaum noch zu unterscheiden" alles dabei ist. Die Vielseitigkeit existiert, du eliminierst sie nur durch zu grobe Schematisierung. Am konkreten Beispiel: "Ich bin für Putin" kann alles bedeuten von "Ich finde das richtig, was Putin tut" über "ich habe Angst vor einem Weltkrieg und möchte Putin daher lieber gewähren lassen" bis hin zu "mir geht es um meinen Gaspreis". Entsprechend ist es ausgeschlossen, dass es nicht auch außerhalb der AFD-Wähler Angehörige der Kategori "pro Putin" gibt. Es wird nur umgekehrt so sein, dass es unter den Wählern einer autoritär orientierten, menschen- und grundgesetzfeindlichen Partei die allgemein sozial ausgegrenzt wird, mehr Putin-Befürworter gibt, weil hier eine ideologische Schnittmenge existiert. Diese Erkenntnis ist aber nicht besonders aufregend. Du wirst auch bei McDonalds weniger Veganer finden.

Was noch hinzu kommt: Menschen äußern sich gerade bei Fragen von sozialem Gewicht nicht zu 100% offen und ehrlich, sondern zensieren Äußerungen, die sie innerhalb ihrer sozialen Gruppe benachteiligen könnten oder schützen Haltungen vor, von denen sie sich Anerkennung versprechen. Nicht jeder, der Pro-Putin ist, wird das frei aussprechen. Nicht jeder der Gendern idiotisch findet, wird das genau so sagen. Stattdessen bewegt man sich innerhalb der Grenzen, die das soziale Umfeld toleriert oder strebt sogar absichtlich in Richtung der Meinung, von der man sich Anerkennung verspricht.

Wenn ich dann auch noch aus einer kleinen Stichprobe meine Folgerungen ableite oder gar selektiv die Fälle ausblende, die bei näherer Betrachtung eigentlich gar nicht so richtig ins Schema fallen, dann bestätigt das natürlich meine Wahrnehmung.

Kurz: Nicht Menschen sind minderkomplex, sondern es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deine Analyse.

Andre
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Terranigma
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Terranigma »

Die Problematik mit Schubladen ist bereits jene, dass Menschen zeitgleich (!) in einer Vielzahl an Schubladen existieren, die sich teils überschneiden, teils bestätigen und teils explizit widersprechen. Die Reduktion eines Menschen auf eine binäre Entscheidung - "Ja/Nein", "Dafür/Dagegen" - ist eben bereits das: eine Reduktion, und damit eine Abstraktion.

Daraus mag sich der Eindruck ergeben, dass man aus A auch B und C valide und triftig ableiten kann, aber ich würde vehement widersprechen, dass diese Ableitungen auch triftig und valide sind. Die Tatsache, dass man eine Ableitung vorgenommen hat und diese Ableitung nun existiert, edelt sie nicht; die Tatsache, das man dies tut, sagt nichts über die Qualität der Ableitung aus.

Aus dem Umstand etwa, dass jemand die AfD nicht wählt, lässt im Hinblick auf die Haltung bzgl. des Ukraine-Krieges nichts valide ableiten. Eben weil man die Person hier reduziert und diese Perspektive ausblendet, dass ein Mensch zeitgleich in allerlei Sachverhalten verfangen ist, d.h. parallel in quasi-tausenden Schubladen parallel existiert. Die Annahme, dass die Schublade "AfD - Ja/Nein" nun maßgeblich die Haltung bzgl. des Ukraine-Krieges prägt, ist nicht begründet. Sachverhalte sind sicherlich eines, aber niemals monokausal. Aber die Annahme, dass es einen monokausalen Zusammenhang zwischen der Beurteilung des Ukraine-Krieges sowie der Parteimitgliedschaft gäbe, ist monokausal gedacht. Spontan fallen mir bereits dutzende Gründe ein, weshalb jemand Mitglied der AfD sein könne bzw. auch nicht, und davon unabhängig ebenso allerlei Gründe, welche Haltung ein Mensch gegenüber dem Ukraine-Konflikt einnehmen könne. Entscheidungen sind immerzu auch Güterabwägungen, d.h. die Frage, was einem in welchem Kontext wichtiger ist. Es mag Menschen geben, welche Mitglied der AfD sind weil sie z.B. sehr EU-kritisch eingestellt sind und dies ihr zentrales Anliegen ist, die zeitgleich aber den Ukraine-Krieg scharf ablehnen. Evidenz: der letzte Parteitag der AfD ist genau an dieser Frage gescheitert, weil ein eingebrachter Antrag von Höcke nur vom "Ukraine-Konflikt" sprach, aber den Begriff "Krieg" vermied. Andere AfD-Mitglieder haben dies als Verharmlosung des Angriffskrieges explizit kritisiert. Mir erscheint die Grundannahme des Threads eher auf einem Confirmation Bias zu basieren, denn dass es auch innerhalb der AfD - Hinweis: ich finde die Partei scheiße - ein Meinungsspektrum gibt und nicht jede Person in jeder Frage derselben Meinung ist, insb. nicht in der Beurteilung des Ukraine-Krieges, erscheint mir insb. nach dem Eklat des Parteitages vor'n paar Tagen evident.


Menschen sind komplexe Wesen, die allerlei Identitäten haben und in allerlei Kontexten zeitgleich unterwegs sind. Die Reduktion eines Menschen auf eine Identität, auf eine Antwort auf eine Frage, sagt in der Gesamtheit wenig über den Menschen in der Gänze aus und bietet gewiss keine Grundlage, um valide Prognosen ableiten zu können. Wenn man somit ein Merkmal herausgreift und meint, ausschließlich anhand dieses Merkmals eine valide Ableitung in Bezug auf andere Sachverhalte vornehmen zu können, wäre meine erste Frage: "Wie kommst du darauf, dass dieses Merkmal überhaupt relevant ist - warum nicht eines der 737.208.281 Merkmale, die ein Mensch besitzt?"
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m0ebius
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von m0ebius »

Rigolax hat geschrieben: 22. Jun 2022, 12:38 Und na ja, jeder Mist wird überspitzt ins Extreme: ist es eine Gefahr, dass trans Frauen (assigned male at birth) laxe Transgender-Gesetze ausnutzen, um sich im Frauensport einzuschleusen oder Frauen/Mädchen an öffentlichen Orten/Sanitäranlagen etc. zu belästigen? Nein [...]
Gerade die Debatte um Transsexuelle im Sport ist ein Musterbeispiel für ein wedge issue, bei dem absichtlich verwendet wird, um progressive Politik zu behindern.

Es mag sein, dass es gewisse körperliche Vorteile für Transfrauen gegenüber Cisfrauen gibt, aber de facto sind Transfrauen im Frauensport einfach nicht auffällig erfolgreich. Alleine schon die Idee, dass - den absoluten Spitzensport mal ausgenommen - irgendjemand den Wechsel seiner Geschlechtsidentität auf sich nehmen würde, um im Sport Wettbewerbsvorteile zu bekommen, ist doch absurd. Deshalb gibt es faktisch gar keinen Anlass dafür, Transfrauen vom Frauensport auszuschließen (wenn Transfrauen in einer Weltmeisterschaft gut abschneiden, sollte man das für die betreffende Sportart überdenken).

Warum findet die Debatte trotzdem statt, und es werden in den USA sogar auf so lächerlichen Ebenen wie im Schulsport Gesetze erlassen, die Transfrauen ausschließen? Man kann hier Ressentiments einer Mehrheit ausnutzen, die gar keinen Grund dazu hatte, ihre Position bezüglich dieses irrelevanten Themas zu überdenken, um billige Zustimmung einzuheimsen. Noch wichtiger ist, dass die Gegenseite dazu gezwungen wird, entweder ihren Standpunkt auf Kosten anderer, wichtigerer, politischer Positionen zu verteidigen, oder die betroffene Minderheit, hier die Transfrauen, im Namen höherer Ideale vor den Bus zu werfen. In jedem Fall wird zwischen diese beiden Reaktionsmöglichkeiten ein Keil getrieben - es handelt sich um ein wedge issue.

Es ist schwierig, darauf zu reagieren. Meine Reaktion besteht darin, nur minimal inhaltlich zu reagieren und auf die perfide Strategie hinzuweisen, so dass man sich um wichtigere Dinge (wie z.B. die Verteidigung der Demokratie gegen Trumpisten und ähnliche politische Kräfte oder den materiellen Verteilungskampf zwischen der Bevölkerujngsmehrheit und den Superreichen) kümmern kann.
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Axel
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Axel »

Terranigma hat geschrieben: 22. Jun 2022, 14:53
Menschen sind komplexe Wesen, die allerlei Identitäten haben und in allerlei Kontexten zeitgleich unterwegs sind. Die Reduktion eines Menschen auf eine Identität, auf eine Antwort auf eine Frage, sagt in der Gesamtheit wenig über den Menschen in der Gänze aus und bietet gewiss keine Grundlage, um valide Prognosen ableiten zu können. Wenn man somit ein Merkmal herausgreift und meint, ausschließlich anhand dieses Merkmals eine valide Ableitung in Bezug auf andere Sachverhalte vornehmen zu können, wäre meine erste Frage: "Wie kommst du darauf, dass dieses Merkmal überhaupt relevant ist - warum nicht eines der 737.208.281 Merkmale, die ein Mensch besitzt?"
Danke dafür. Ich bin ja das beste Beispiel und die Ambivalenz in Person. :mrgreen: Zwei Beispiele:

- Ich bin altlinks und ja, feminist (wie er früher mal war). Handle in meinen Projekten auch danach (Geschlechterverteilung am besten 50/50 usw) - Aber ich komme mit dem heutigen Feminismus, der ganzen Wokeness, der ganzen Gendersprache, diese ganzen Theorien darum und dieser ganzen Ideologie (Cis bla irgendwas) einfach nicht klar! Mir ist das alles zu absurd, zu ideologisch, zu extremistisch. Ich steige da auch nicht durch und will es auch nicht.

Für mich zählt schlicht: Sei kein Arschloch. Bewerte Menschen nicht aufgrund von Geschlecht, Ethnie oder Geld. Fertig ist mein Weltbild.

- Von mir aus soll jeder selber sich impfen lassen oder nicht. Ich mache niemanden einen Vorwurf aufgrund der einen oder anderen Entscheidung. Und genauso erwarte ich, dass man es mir nicht vorwirft, dass ich aus großer Angst vor Nebenwirkungen mich gegen das Impfen entschieden habe. Hier in gutes Interview im RBB zum Thema Impfschäden - Wenn ich nun überlege, ich müsste nun im Rollstuhl sitzen und kein Arzt würde mich ernstnehmen... Davor habe ich extrem viel mehr Angst als vor nem Virus (welches ich minimum schon dreimal hatte). Und ich erwarte von anderen Menschen, dass sie meine Angst respektieren und nicht verunglimpfen oder mich haten. Genauso wie ich jeden respektiere, der noch Maske im Supermarkt trägt. Soll jeder machen wie er es für richtig hält und sich aus dem Leben des jeweils anderen raushalten.


Ich trage so viele Identitäten in mir. So viele Einstellungen, so viele Werte. Die vielleicht auch hier und da sich widersprechen. Denn wir Menschen sind widersprüchlich. Diese Ambivalenz muss man auch einfach aushalten können. Gehört zum Fundament einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft. Menschen in Schubladen sortieren zu wollen ist jedoch alles andere als freiheitlich.
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bluttrinker13
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von bluttrinker13 »

Andre Peschke hat geschrieben: 22. Jun 2022, 14:18 Kurz: Nicht Menschen sind minderkomplex, sondern es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deine Analyse.

Andre
Terranigma hat geschrieben: Menschen sind komplexe Wesen, die allerlei Identitäten haben und in allerlei Kontexten zeitgleich unterwegs sind. Die Reduktion eines Menschen auf eine Identität, auf eine Antwort auf eine Frage, sagt in der Gesamtheit wenig über den Menschen in der Gänze aus und bietet gewiss keine Grundlage, um valide Prognosen ableiten zu können. Wenn man somit ein Merkmal herausgreift und meint, ausschließlich anhand dieses Merkmals eine valide Ableitung in Bezug auf andere Sachverhalte vornehmen zu können, wäre meine erste Frage: "Wie kommst du darauf, dass dieses Merkmal überhaupt relevant ist - warum nicht eines der 737.208.281 Merkmale, die ein Mensch besitzt?"
:romance-heartbeating: :romance-heartbeating:

Aus Sicht der Psychologie sei vielleicht noch erwähnt, dass es für uns als "kognitive Knauser" (vgl. Podcasts mit Helge) schon manchmal sinnvoll ist, Komplexität zu reduzieren und Leute in Schubladen bzw. in "Typen", Dimensionen in grobe Kategorien, oder multikausale Zusammenhänge in monokausale umzuwandeln.

Man sollte sich jedoch immer gewahr sein, dass man dann eben mit nur mit künstlichen Modellen von Dingen arbeitet, krass vereinfacht und ihrem Naturzustand enthoben. Man lehnt sich dann automatisch sehr aus dem Fenster, wenn man von diesen Modellen auf die Dinge an sich schließt. Nimmt man an, dass da unumstößliche Wahrheiten über diese Dinge an sich folgen, hat man eigentlich schon einen logischen Fehler gemacht und ist invalide. Anders gesagt, wenn ich Menschen in Typen einteile, so kann ich damit arbeiten, um mir die gewisse Anforderungen im komplexen Alltag einfacher zu machen. Ich muss dabei aber realisieren, dass ich damit nicht den Menschen an sich erfassen oder beurteilen kann, sondern mit einer Art reduzierten Karikatur hantiere.

Wenn man feststellt, dass man selbst viel mit Kategorien und Schubladen arbeitet im Alltag, lohnt es sich meines Erachtens schon durchaus, mal kritisch zu reflektieren, ob man da nicht einem bias aufsitzt, so wie confirmation bias oder self-fulfilling prophecies. Kann ja sein, dass die für mich gut funktionieren, weil sie für mich eben (unangenehme) Ambiguität reduzieren. Könnte dann aber auch für eine Tendenz zur Ambiguitätsintoleranz sprechen. Und wenn man Leute fragt, wollen die meisten immer eher gern ambiguitätstolerant sein.
Rigolax
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Rigolax »

m0ebius hat geschrieben: 22. Jun 2022, 15:53 Es mag sein, dass es gewisse körperliche Vorteile für Transfrauen gegenüber Cisfrauen gibt, aber de facto sind Transfrauen im Frauensport einfach nicht auffällig erfolgreich.
Es gibt z.B. diesen Fall: https://www.theguardian.com/sport/2022/ ... -fina-vote
Oder diesen: https://www.sueddeutsche.de/sport/olymp ... -1.5371124
m0ebius hat geschrieben: 22. Jun 2022, 15:53 Alleine schon die Idee, dass - den absoluten Spitzensport mal ausgenommen - irgendjemand den Wechsel seiner Geschlechtsidentität auf sich nehmen würde, um im Sport Wettbewerbsvorteile zu bekommen, ist doch absurd.
Das hängt sicherlich auch davon ab, wie schwierig es ist, am Frauensport teilzunehmen. Ideologisch geht es ja in die Richtung, dass Self-ID grundsätzlich ausreichen soll, um das Geschlecht zu "wechseln" bzw. die korrekte Geschlechtsidentität anzunehmen/einzufordern. Eine physische/biologische Transition, also Hormontherapie, soll dann grundsätzlich nicht mehr vorausgesetzt werden dann; ähnlich, wie man keine geschlechtsangleichenden Operationen mehr machen müssen soll, um den Personenstand zu wechseln. Dass es aber problematisch wäre aus kompetitiver Sicht, wenn man von jetzt auf Gleich sein Geschlecht quasi per Sprechakt ändern könnte, also ohne hormonelle Anpassungen, das ist ja evident eigentlich. Und ich bin mir sicher, irgendwer würde das irgendwann ausnutzen.
m0ebius hat geschrieben: 22. Jun 2022, 15:53 Warum findet die Debatte trotzdem statt, und es werden in den USA sogar auf so lächerlichen Ebenen wie im Schulsport Gesetze erlassen, die Transfrauen ausschließen?
Ja klar, das ist im Wesentlichen imho Quatsch. Da wird es bloß zur "wedge issue". Außerhalb von Spitzensport ist bzw. sollte das Thema nicht wirklich relevant sein imho.
tepete
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von tepete »

Danke euch allen für die Antworten.

Das war alles hier hochkomplex und ich habe mir so manche Fremdwörter notiert um sie nachzuschlagen.

Ich frage mich aber, ob ich in diese Komplexität überhaupt denken muss. Ja sicher, in meiner Welt gibts nicht nur ja/nein, sondern irgendetwas dazwischen. Hab ich ja eingangs behauptet. Aber hier habe ich nun gelernt, dass der Mensch ja so komplex ist, dass ich gar nicht wirklich schlussfolgern kann auf all die anderen Ansichten der Person. Das ergibts sich ja aber schnell aus den Gesprächen, wie die Person zu anderen Dingen steht. Also habe ich dann ja auch schon meine Antwort.

Was ich meine ist, muss ich wirklich in der Komplexität denken wie ihr das hier hinschreibt? Wenn ja, dann dürfte ich ja zu nichts mehr etwas sagen, weil mangelnde Bildung. Kann mich doch über Physik auf einem Grundschul- oder Abi-Niveau unterhalten, aber eben auch mit noch mehr Bildung und eniem Doktortitel. Es gibt doch Abstufungen. Das was ihr hier schreibt, ist teilweise harte Psychologie. Muss das so tief gehen, so komplex werden?

Ich kann mir außerdem ja auch Wissen anlesen. ZB hier im Forum schreiben viele so elitär daher :) dass ich mich frage, wo das eig her kommt. Ich kann mir ja das was ihr hier schreibt, merken und dann wiedergeben bei Bedarf. Auf Face und Co ist das Niveau aber wirklich deutlich tiefer verankert.

Oft wird ja auch gesagt, "woher weißt du denn dass das stimmt was du da gelesen hast, hast du das studiert"
Frage: Muss ich etwas studieren um mitlesen zu können oder reicht es nicht aus wenn ich mir hobbymäsig in meiner Freizeit so viel anlese, dass ich praktisch locker jeden bachelorstudenten in die Tasche stecke.

Ja, aber sonst habt ihr mir sehr geholfen. Alles seh komplex. Weil, sonst ist ja jede Stammtischdiskussion zeitverschwendung weil ja gar nicht in der Tiefe gefachsimpelt wird, wie ihr das hier darstellt.


danke

Gruß
Jan
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Axel
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von Axel »

tepete hat geschrieben: 22. Jun 2022, 20:38 Das was ihr hier schreibt, ist teilweise harte Psychologie. Muss das so tief gehen, so komplex werden?
Nö, muss es nicht. Du kannst auch eines tun: Menschen schlicht erstmal so nehmen wie sie sind, ohne sie in irgendeine Schublade zu stecken. Vor allem nicht, wenn dir Psychologie zu kompliziert ist. Du solltest Dir nur folgendes merken, mitnehmen und anwenden: Jeder Mensch ist grundverschieden. Und jeder Mensch ist einzigartig.

Was ein Mensch denkt und vertritt ist im wesentlichen die Summe aus Sozialisierung, Erziehung und eigene Erfahrungen. Und selbst wenn bei zwei Menschen diese drei Dinge ähnlich sind, müssen beide dennoch nicht auf die gleiche Meinung kommen.

Zudem: Versuch hinter Schlagworte zu blicken. Was treibt ein Mensch an? Was sind seine Träume und Wünsche? Wovor hat er Angst? Was sind die Erfahrungen des Einzelnen? Das sind die Dinge, die Menschen in der Regel antreiben und umtreiben.

Beherzigst Du diese einfachen Grundregeln, wirst Du schnell entdecken, dass jeder Mensch sehr verschieden ist. Du musst Dir lediglich die Mühe machen hinter der öffentlichen Maske zu schauen.
tepete
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Re: Leute lassen sich immer in eine Schublade stecken und es passt fast immer

Beitrag von tepete »

Axel hat geschrieben: 22. Jun 2022, 20:49 ....
Und wenn es nur so kurze Gespräche mit neuen Leuten in der Mittagspause sind?

Dann frage ich mich, wie viele verschiendene Andersartigkeiten es denn überhaupt gibt. Es gibt doch garantiert nicht so viele Verschiendenheiten wie es Menschen gibt. Denn ehrlich gesagt, bin nun 39, und wirklich ne völlig neue Art von menschen lerne ich schon lange nicht mehr kennen. Haltungen sind mal so oder so, aber die Kombinationen sind oft sehr ähnlich.

Und bei kurzen Schnackern, kann ich ja nur auf das Gesagte eingehen. Die Pause dauert ja nicht ewig. :)
Zuletzt geändert von tepete am 15. Jul 2022, 19:17, insgesamt 1-mal geändert.
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