Mit 38 Stunden haben ich es beendet und bin froh darüber, dass es vorbei ist. Das Ende war tatsächlich ein guter Abschluss der letzten beiden Serienteile.
Das Game ist nicht schlecht, es war stets bemüht, aber letztlich ist es für mich eine große Enttäuschung.
Aber was war gut:
1. Das Artdesign,
2. das Charakterschauspiel und
3. das deftige Kampfgameplay
4. ja und viele Charaktere - insbesondere die aus dem Vorgänger - habe ich gern wieder gesehen.
Das war schlecht:
1. Gemessen an der Spielzeitlänge fehlt es dem Game an Höhepunkten. Nach dem spannenden Anfang muss man lange warten bis wieder etwas Aufsehenerregendes passiert. Das Ende feuert aus allen Rohren doch davor ist zu viel Leerlauf dabei. Zumal man viele hier dargestellte Orte und Kreaturen aus dem Vorhänger bereits kennt.
Im Vorgänger haben mich die Kämpfe gegen Baldur, die Weltenschlange, die Elfenwelt, der Drache in der Mine oder die Höhlen der Valküren begeistert. Aus GoWR bleibt mir wenig in Erinnerung.
2. Die Charaktere widersprechen sich in Wort und Tat in einer Tour und das nervt. Es macht die Figuren unglauwürdig und ihre Entscheidungen beliebig. Ich weiß nicht wie oft in dem Game "Ragnarök" wahlweise verhindert oder vorangetrieben werden soll, das ändert sich ständig. Auch Gefühle von Hass und Freundschaft sind in diesem Game beliebige Spielbälle der Autoren. Deswegen konnte ich mit den Figuren irgendwann nicht mehr mitfühlen.
Einige Nebenfiguren sind zudem komplett flach und uninteressant geschrieben, Karl May und Winnetou lassen vom erzählerischen Niveau her grüßen.
3. Und mein größter Kritikpunkt ist das Writing. Wer auch immer die Story von GoWR geschrieben hat sollte sein Honorar glücklich einstecken und darüber schweigen.
Dieser Story fehlt jede Dringlichkeit, jede Glaubwürdigkeit in der Motivation der Hauptfiguren und in der Bedrohung für eben diese.
Was will die Geschichte erzählen?
Soviel ist klar: Ragnarök bedroht die Welten, Kratos Leben und seine Vaterrolle stehen auf dem Spiel, Atreus muss sich fragen, was seine Rolle als Loki ist. Ferner Odin und Thor wollen sich für den Tod ihrer Söhne wahrscheinlich rächen.
Und aus dieser Ausgangslage macht das Spiel...nichts. Das Ende von Teil GoW 2018 wird eins zu eins hergenommen und als Zitatespender verwendet. Ansonsten bewegt sich nichts.
Atreus und Kratos drehen sich über 30 Spielstunden um die Prophezeiung Ragnarök/Loki ohne das hierbei eine klare Erzählrichtung entsteht.
Ständig grübeln die Figuren rum, was sie als nächstes tun sollten. Jede Entdeckung und Begegnung mit neuen Figuren bringt kaum neuen Schwung in die Geschichte.
Mit Ausnahme von Atreus Reisen zu Odin und der Familiengeschichte um Thor.
Der Endruck entsteht, dass die Autoren nicht wissen, was sie zwischen Anfang und Ende des Games erzählen wollen. Und die Auflösung des Ganzen ist denkbar simpel.
Und ohne jeden Mut. Lieber habe ich ein kontroverses Game wie Tlou2 als diese Operette in welcher letztlich Odin und Thor sterben zum Preis eines Zwerges und dem Ergebnis, dass Atreus sich von seinem Vater loslöst. Das ist ok, aber so simpel. Warum schafft man es nicht diesem Game einen klaren erzählerischen Fixpunkt zu geben wie bei jedem anderen Game dieser Art (wie die Schätze in Uncharted oder die Asche der Mutter in GoW 2018).
Das Game bekommt es nicht mal hin, dass die Antagonisten eine fühlbare, dauerhafte Bedrohung ausstrahlen und die Hauptfiguren zum Handeln antreiben.
Warum ziehen Atreus und Kratos überhaupt los? Weil ihr Hausdach zerstört wurde? Weil der Schutzzauber ihres Heims durchbrochen war?
Der Schutzzauber konnte bereits im Vorgänger Baldur nicht vom Haus fernhalten. Im Gegensatz zu Baldur lässt es Thor aber bei einer saftigen Schlägerei mit Kratos bewenden. Die Blutschuld sei beglichen, meint er, und ab da übt er auf Kratos keinerlei Druck mehr aus. Er verfolgt sie nicht. Die Bedrohungslage hört nach dem Anfang einfach auf.
Ragnarök könnte, wie hier erzählt, morgen oder in tausend Jahren losgehen. Wie lang der Winter anhält weiß Niemand.
Also warum was tun? Das wissen die Hauptfiguren nicht und ich frage es mich beim spielen ebenfalls ständig. Das ist kein gutes Gefühl in einem Story-Action-Game, da will ich doch vom Präsentierten gefesselt sein.
Statt zu kämpfen könnten Kratos mit Mimir und Atreus in eine Bibliothek gehen und eine Textrecherche zur Ragnarök-Prophezeiung durchführen. Und der Witz ist, dass tun sie im Grunde sogar verteilt auf 9 Welten...
Also diese Erzählung erzählt kaum etwas. Sie stützt sich auf die Schauwerte der Welt und die Interaktion der Charaktere miteinander. So funktioniert jede Telenovela, wenig zählbarer Inhalt, aber viele Drama.
GoW 2018 war ein großartiges Game, dieses Spiel hier ist ein längerer DLC. Empfehlen kann ich es nicht, die Story kann man sich ja auf YouTube ansehen.
Schade