Mal ins Buchregal geschaut und nur verschiedene Bücher von Albert Camus gefunden. Fast alle von unterschiedlichen Übersetzern/innen. Eigentlich ziemlich gut lesbar und verständlich übersetzt. Sprachlich nicht zu modern, aber auch nicht alt, sehr literarisch und damit irgendwie passend zu Camus. Hat mich von der Sprache her sehr an Heinrich Böll und Jean Amery erinnert, also "seriöse" literarische Sprache, typisch für die 60er, 70er und 80er.
Kann mir aber gut vorstellen, dass als Sachen, die als gehobene Literatur erachtet werden und Philosophie bei Übersetzungen mehr Liebe erfahren, als der durchschnittliche Bestseller, der möglichst schnell vorliegen soll.
Infinite Jest von David Foster Wallace war schon zum Erscheinen ein Phänomen in den USA. Dennoch hat es sechs Jahre gedauert, bis mit Ulrich Blumenbach ein williger Übersetzer gefunden war und dann hat er auch nochmal sechs Jahre gebraucht, bis das Buch auf deutsch veröffentlicht werden konnte. Wohl eine Ausnahmesituation, die halt nur möglich war, da David Foster Wallace den Ruf hatte (und vielleicht auch noch hat) die Romanavantgarde seiner/unserer Zeit zu sein. Infinite Jest wurde 1996 in den USA direkt damit vermarktet, dass es sehr schwere Kost ist (bzw. sein soll), verbunden mit Herausforderung es zu bewältigen. Es wurde sozusagen als Dark Souls der Literatur hingestellt um die "wahren" Leser/innen anzustacheln.
Aus meiner Erfahrung: Übersetzer/innen von Lyrik sind in der Regel selber Lyrikerinnen und Dichter.Skyryd hat geschrieben: ↑6. Okt 2023, 11:32 Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, weil ich dafür nicht tief genug in der Materie bin:
Sind Übersetzer*innen eigentlich in der Regel auch Schriftsteller*innen? In meinem Laien-Verständnis würde ich gerade gar nicht wissen, wie ich an so eine Übersetzung herangehen soll. Soll ich "nur" übersetzen? Darf ich dem Text meinen eigenen Stempel aufdrücken, oder sollte ich das tunlichst vermeiden? Ich stelle es mir schon als große Herausforderung vor, einen Text zu übersetzen, sich in die Sprache des Originals einzufühlen und diese dann ins Deutsche übertragen zu wollen.
Wir reden hier bisher ja hauptsächlich vom schriftstellerischen Handwerk, aber in der Übersetzung gewinnt das ja nochmal eine neue Dimension hinzu, indem ich eventuell den Stil des Originals kopieren möchte.
Bei Prosaübersetzern/innen ist das nicht zwangsläufig der Fall. Zumal Übersetzungen in der Regel so grausig bezahlt werden, dass man mehr oder weniger nur am Übersetzen sein muss, um davon überhaupt überleben zu können, wenn es keine anderen Einnahmequellen gibt.
Wie man da an einen Text herangeht hängt sehr vom Text ab, je nach Situation auch von den Übersetzern/innen. Es gab vor paar Jahren mal eine sehr lesenswerte Veröffentlichung, in der mittelhochdeutsche (?!?) Minnesanglyrik von zeitgenössischen Dichterinnen und Lyrikern in eine heutige Sprache übertragen wurden. Dort ließt man in den neuen Texten ganz klar die Handschrift der Übersetzer/innen, als den im Buch gegenübergestellten Originaltext.
Sehr empfehlenswert: "Unmögliche Liebe"
https://www.hanser-literaturverlage.de/ ... -25654-5/