Bei der zionistischen Bewegung ging es explizit darum, einen jüdischen Nationalstaat für die jüdische Diaspora zu erschaffen. Nationalstaat bedeutet, dass ein Volk, eine Ethnie, eine Nation formt, die einen gemeinsamen Staat hat, so wie "die Deutschen" als Nationalstaat Deutschland haben. Das Konzept mutet heute veraltet, gar reaktionär an, war tatsächlich aber mal progressiv, eben überhaupt so eine Einigkeit zu schaffen, man denke an das Chaos der vielen deutschen Kleinstaaten im Mittelalter, lose nur vereint im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen ("Einigkeit und Recht und Freiheit").
Was ist mit "säkularer Staat" gemeint? Die meisten Juden, die Israel gegründet haben, waren AFAIK säkular; sie trennten Religion und Staat, waren nicht einmal besonders religiös. Es ergibt keinen Sinn, jüdische Identität als ausschließlich religiös zu begreifen. Judentum ist mehr als "Religion". Juden verstehen sich i.d.R. selbst als Ethnie, d.h. sie blicken auch auf eine gemeinsame Kultur und Abstammungsgeschichte. Israel sollte bzw. ist in dem Sinne der Nationalstaat der Juden als Ethnie; das ist nicht vergleichbar mit dem Vatikan als eine Art Heimstätte von Christen.
Natürlich gab und gibt es auch nicht-jüdische Israelis, d.h. palästinensische Israelis, auch außerhalb von West Bank/Gazastreifen/Ost-Jerusalem. Israel ist kein reiner Ethnostaat, war auch nie so angelegt.
Palästina als eigener Staat war ja IIRC von Anfang an angedacht.Voigt hat geschrieben: ↑27. Okt 2023, 20:07 Ich verstehe auch die Idee des Gebietes von Israel als das Gebiet aus den alten Texten, wäre das Land leer gewesen, wäre das auch kein Problem.
Nun lebten in der Zwischenzeit seit vielen Jahren dort Leute, die zuerst unter Fremdherrschaft der Osmanen, dann der Briten als Mandat standen, aber dann nicht wie in Syrien und Irak eigene Staaten aus den Mandatsgebieten bekamen, sondern stattdessen kolonialistisch verdrängt wurden. Nicht von britischer eigener Bevölkerung, aber unter deren Vorherrschaft/Fremdherrschaft isses passiert.
Israel hat im Grunde als eine Kolonie angefangen bzw. hat es die britische Kolonialherrschaft (das Mandatsgebiet) abgelöst, es fand eine koordinierte Ansiedlung statt, also eine sog. "settler colony". In gewisser Weise finde ich konsequent, wenn sog. post-koloniale/anti-koloniale Linke die Staatsgründung Israels kritisch sehen. So wird auch das eigentlich indigene Gebiet in den USA oftmals angesprochen und sog. land acknowledgements finden statt (etwa bei Microsoft-PKs: https://www.youtube.com/watch?v=87JXB0t6de4 (sorry für den schlechten Upload, fand eben keinen besseren)). Der Unterschied zu Israel ist aber natürlich, dass historisch das ein jüdisches Gebiet ist, demnach ein solider Anspruch per se besteht, außer man findet noch ein paar Kanaaniter. Ob es nun unbedingt klug war, dort im Wespennest den Staat aufziehen, kann man schon hinterfragen; allerdings spielen dann ja doch religiöse Bezüge auch eine Rolle. Ich schrieb schonmal: Imho wäre am besten gewesen, Israel anfangs von den USA oder der UN kollektiv verwalten zu lassen und erst später zu übergeben quasi, das hätte vielleicht einigen Ärger erspart.