Guthwulf hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 12:23
Da ist rechlich nix unsauber. Güterabwägung findet ständig und überall in der Rechtssetzung statt. Dir wird als Erwachsener der Zugang (bzw. die "Teilhabe") außerdem nicht verboten. Du darfst es kaufen und Hersteller dürfen es dir verkaufen. Das Hersteller dann vielleicht keinen Bock mehr haben, das indizierte Spiel direkt in Deutschland zu verkaufen (weil sie es hier nicht mehr für Kinder zugänglich bewerben/vertreiben/anbieten dürfen), ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Hersteller. Das du es dir als Erwachsener deshalb dann vielleicht umständlich importieren musst oder in einen für Kinder abgesperrten Bereich eines Ladengeschäftes gehen musst, ist der gesellschaftliche "Preis" für den Schutz der Jugend.
Und es wird wieder Realitätsverweigerung betrieben. Es war nie Entscheidung der Hersteller, denn die Vertreibspartner von physischen Kopien haben immer gesagt alles was eine Indizierung bekam wird nicht vertrieben. Und aus sämtlichen Digitalstores sind sie ebenfalls verschwunden und nur möglich auf den umständlichen Weg des VPNs zu beziehen. Somit ist "Herstellerentscheidung" direkt gelogen, denn dessen Meinung war egal.
Und kommen wir mal zum gesellschafltichen Preis: Wer hat den als akzeptabel festgelegt? Um aber bei objektifizierbaren Dingen zu bleiben. Der Preis in der Realität so wie du ihn beschrieben hast ist höher als das Gesetz ihn vorgesehen hat. Wie gesagt indizierte Spiele sollen in jedem Geschäft weiterhin erhältlich sein, es ist nur ein Werbeverbot. Wie geht man mit diesem Delta um? Bisher ignoriert man es. Und auch dort kommt ein Kritikpunkt an der BPJM her. Könnte ich mit der Indizierung "auf den Papier" leben. Joa, wenn ich in absolut jedem Geschäft an indizierte Spiele komme und sie nur aus der Öffentlichkeit verschwinden, gerne. Das war aber nie die gelebte Realität.
Guthwulf hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 12:23
Phrasenschwein hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 11:46Wir kennen hier alle die Geschichte. Gewaltverherrlichung ist allein schon rechtlich unsauber, weil das eben sehr subjektiv ist und unser Staat ja halbwegs objektifizierbare Urteile fällen sollte (...).
Nein, ist es nicht. Sowas gibt es ständig und überall. Unter anderem ist dann auch die Spruchpraxis der Gerichte dafür da, bei Bedarf in der Praxis Grenzen des "Akzeptablen" zu ziehen oder zu ändern. Deshalb berufen sich die Behörden und auch die USK ständig und überall auf die aktuelle Spruchpraxis (die hoffentlich den aktuellen gesellschaftlichen Konsens widerspiegelt). Das ist ganz normaler Teil von Rechtssetzung und Rechtsfolgen. So funktioniert Recht. Du kannst gerne darüber diskutieren, ob dir die Interpretation / Spruchpraxis in Deutschland zu einem bestimmten Zeitpunkt mal zu hart war, aber das ist dann dein persönliches subjektives Werturteil und hat nix mit "rechtlich unsauber" zu tun.
Nein es ist nicht rechtlich unsauber, denn das machen wir ja sonst auch überall. Scheint ja eine ganz schöne Krise der Rechtssicherheit im Staate dann zu geben.
Aber bösen Zynismus beiseite: Die glaubst ein Prozess der ein und dasselbe Spiel (nehmen wir mal Riverraid) erst indiziert, weil " Hier fände im Kindesalter schon eine paramilitärische Ausbildung statt." und es Jahre später wieder freigibt ist rechtlich sauber? Erst ist das Werk so schlimm, dass es weg vom Markt muss und Jahre später ist dann es magisch weniger gefährlich?
Aber um das abzukürzen ja das sind subjektive Entscheidungen. Und die einzige Legitimation kommt aus a.) der vermeintlichen Expertise der Prüfer (wobei so ein Podcast wie dieser zu Lootboxen das dann sehr in Zweifel zieht) und b.) einer demokratischen Entscheidung. Mehr ist es am Ende nicht. Das wird dann hochverklausuliert in "Spruchpraxis" und anderen Spaß, aber am Ende ist es das: das subjektive Urteil einer Jury, wo etwas durch eine Spruchpraxis versucht wird Konsistenz zu schaffen.
Guthwulf hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 12:23
Phrasenschwein hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 11:46Ok dann anders herum: Hat die Existenz von einem einmalig harten Jugendschutz Deutschland vor irgendetwas signifikant bewahrt? Haben wir für die erhebliche Freiheitseinschränkung im Vergleich zu unseren Nachbarn irgendwelche Vorteile oder gab es Folgen, wo man klar sagen kann ohne BPJM wäre X auch passiert und davor hat sie uns bewahrt?
Die Frage kann man unmöglich beantworten. Da wir nunmal diesen Jugendschutz hatten, können wir nicht sagen, was ohne ihn in Deutschland passiert wäre. Die (gesellschaftlichen) Rahmenbedingungen sind in jedem Land anders. Deshalb gibt es individuelles nationales Recht. Wir hatten in Deutschland viel weniger Amokläufe von Jugendlichen, als z.B. die USA. Also ist unser Jugendschutz super und der in den USA Mist? Du würdest vermutlich argumentieren: Das kann man so nicht vergleichen, weil ... und hättest damit Recht. Dann kannst du aber umgedreht auch nicht gleichzeitig auf andere Länder zeigen und sie als Positivbeispiel heranziehen. Wir können nur spekulieren, wie es in Deutschland ohne Indizierungen gewesen wäre, und diese "was wäre gewesen wenn" Diskussion ist ziemlich sinnlos. Ich würde immer den aktuellen Stand der Forschung zur Beurteilung (auch des rechtlichen Instruments der Indizierung) heranziehen. Aber das ist ne komplexe Diskussion und wir haben ja gerade auch gelernt, dass die USK mit ihren Alterseinstufungen den Jugendschutz möglicher Weise nicht immer so im Auge hat, wie wir es uns wünschen würden. Kann daher gut verstehen, wenn man sich als Staat das Instrument einer Indizierung zumindest offenhält, auch wenn man es immer seltener einsetzt. Es wird jedenfalls nicht "offensichtlich" abgeschafft durch das Recht auf Teilhabe.
Ja aber du verstehst schon, das diese sinnlosen "Was wäre wenn"-Diskussionen die einzige Existenzberechtigungen der BPJM sind,oder? Ich kann ganz objektifizierbar auf die Freiheitskosten dieser Behörde gucken. Ich kann sehr objektifizierbar sagen, dass diese Insitution es so in unseren Nachbarländern oder in der EU nicht vorhanden ist und es dort jetzt keine signifikanten Unterschiede in der allgemeinen Entwicklung gibt.
Und dagegen steht ein was bringt uns diese Behörde und du selbst sagst: Das können wir nicht wissen. Wir wissen nicht wie Deutschland ohne BPJM aussehen würde.
Und da siehst du kein Problem? Das wir eine Behörde haben die uns sehr objektifizierbare Freiheitskosten verursacht und diese die nicht wirklich verargumentieren kann?
Am Ende werden wir zumindest mit dem letzten Satz grün. Ja ich gebe mich da auch keinen Illusionen hin. Es wird alles bleiben wie es ist und die Frequenz der Indizierungen wird sinken und damit dieser Streit abflauen.