Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

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Phrasenschwein
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Phrasenschwein »

Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 04:17
2021 ist aus der BPjM die BzKJ geworden. ;)
Und wenn sie jetzt Horst Dieter heißen würde, dass tut ja nix zur Sache. Und wenn, dann sag das erstmal der BzKJ die an vielen Stellen ihren alten Namen hat. ;)
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 04:17 Beschlagnahmungen erfolgen aufgrund strafrechtlich relevanter Tatbestände nach entsprechender Bestätigung durch ein Amtsgericht. Da sind wir dann im StGB und nicht mehr im JuSchG. Du hast selbstverständlich kein Recht auf Teilhabe an (straf-)rechtlich illegalen Inhalten oder Angeboten.

Recht auf Teilhabe am Medium bedeutet außerdem nicht Anspruch auf Teilhabe an allen Inhalten und Angeboten des Mediums (z.B. jedem Spiel oder jeder Webseite) unter allen Umständen und für alle Altersgruppen. Die Teilhabe sollte selbstverständlich ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung von Spielen im Rahmen des Jugendschutzes sein. Die USK kann aber selbstverständlich trotzdem weiterhin hohe Alterseinstufungen vergeben oder die BzKJ auf Antrag eine Indizierung aussprechen, wenn die entsprechenden Einstufungskriterien oder Tatbestände für die Einstufung oder Indizierung (z.B. jugendgefährdernde Inhalte) gegeben sind und damit die Teilhabe (wenn "notwendig") einschränken. Das eine schließt das andere nicht aus.
GoodLord hat geschrieben: 18. Feb 2024, 07:39 Verstehe auch nicht wie man aus dem recht allgemeinen "Recht auf Teilhabe" darauf kommt, dass Kindern (oder auch Erwachsenen) der Zugung zu einzelnen Werken nicht trotzdem verwehrt werden darf wenn es dafür einen guten Grund gibt.


Pressefreiheit heißt ja auch nicht, dass die Presse tun und lassen kann was sie will. Und trotz einem Recht auf körperliche Unversehrtheit darf ein Polizist auf dich schießen, wenn er im Rahmen der Gefahrenabwehr keine andere Wahl hat.
Ihr seht es nicht als rechtlich unsauber, dass Maßnahmen die mit Jugendschutz begründet werden, den Zugang für alle Menschen einschränken? Muss der 50 Jährige auch noch geschützt werden?

Am Ende werfe ich einen Blick über den Tellerrand (außerhalb von Deutschland) und sehe, dass alle anderen Länder auch ohne eine Institution, wie die BPJM klarkommen und da ist nicht die Welt abgefackelt.
Phrasenschwein
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Phrasenschwein »

hunchi hat geschrieben: 18. Feb 2024, 10:53 Mal eben eine technische Frage... wenn ich das richtig verstanden habe, können Hersteller eine niedrigere USK Bewertung erhalten, wenn Sie technische Möglichkeiten zur parental control einbauen. Wenn also ein Spiel die Möglichkeit bietet z.B. eine loot box Mechanik (oder jump scares oder what ever) per parental control auszuschalten, dann bekommt das Spiel in dem Fall keine (bspw.) USK 16/18 sondern z.b. schon eine USK 12?

Wird denn auf der Packung oder den Downloadseiten der Stores aber explizit darauf hingewiesen, dass man da als Elternteil womöglich erstmal "vorkonfigurieren" muss, damit das beworbene USK12 überhaupt erreicht wird? Oder steht da dann USK12 drauf, sind aber trotzdem USK16/18 contents vorhanden und per default nicht abgestellt?...
So weit ich verstanden habe: ja und ja. Um mich nicht selbst zu wiederholen:
Phrasenschwein hat geschrieben: 17. Feb 2024, 16:41
Die Vorsorgemaßnahmen:

Es wurde genannt, dass die erhöhte Alterseinstufung aufgrund von Vorsorgemaßnahmen wieder gesenkt werden kann. Und hier wichtig Vorsorgemaßnahmen der Spielehersteller. Erstmal Wie sehen die konkret aus? Deaktivierung des Shops und sämtlicher Werbeanzeigen für ihn? Denn ich kann sie mir ernsthaft nicht vorstellen. Alle Vorsorgemaßnahmen die ich kenne (und auch heir genannt wurden) sind Vorsorgemaßnahmen der Konsolenhersteller, Shopbetreiber oder eben der Eltern selbst. Keine Kontodaten, eigene Accounts, Nutzungszeiten oder ähnliches sind ja nicht Maßnahmen der Hersteller des Spiels, sondern anderer Parteien, die ich noch dazu eher unausreichend finde.
Keine davon ändert ja, wie ein Spiel sich monetarisiert und wie psychologisch manipulativ die Monetarisierung ist. Nur weil ich am Ende die Lootbox nicht kaufen kann, weil ich eine Shopsperre habe wirkt der ganze Rest ja trotzdem, besonders weil jedes Spiel ja immer ein paar Lootboxen kostenlos verteilt.
Aber in letzter Linie bedürfen diese Vorsorgemaßnahmen ja keiner individuellen Prüfung. Die Jugendschutzmaßnahmen der Shops ändern sich ja nicht, dann könnte man auch gleich Regeln aufstellen, dass das Vorhandensein von Lootboxen keine Erhöhung der Alterstufen zur Folge hat, denn jeder Shop hat ja Maßnahmen wodurch Minderjährige vom Kauf abgehalten werden.
Also dort mal bitte genau nachhaken was damit gemeint ist.
Ansonsten Kleinigkeiten: Diese Parental Controls nehmen nur Einfluss auf die Nutzungsrisiken, also Shops, Chats usw. nicht Jump Scares oder ähnliches. (Zumindest klang es so)
Und ja die Frage ob das Sinn macht eine Herabstufung vorzunehmen, wenn die Mehrheit der Eltern diese Controls nicht nutzt wurde angebracht und abgewiegelt.
Die Diskussion finde ich halt schwer, weil ich mir darunter nichts vorstellen kann (eventuell meine Schuld) und die USK auch auf ihrer Webseite nicht in der Lage ist mir Parental Controls vorzustellen, die ihren eigenen Maßgaben entsprechen.
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Crenshaw
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Crenshaw »

Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:17
Ihr seht es nicht als rechtlich unsauber, dass Maßnahmen die mit Jugendschutz begründet werden, den Zugang für alle Menschen einschränken? Muss der 50 Jährige auch noch geschützt werden?

Am Ende werfe ich einen Blick über den Tellerrand (außerhalb von Deutschland) und sehe, dass alle anderen Länder auch ohne eine Institution, wie die BPJM klarkommen und da ist nicht die Welt abgefackelt.
wieso rechtlich unsauber? Indizierungsgründe waren doch primär Gewaltverherrlichung (was ziemlich subjektiv ist wo es anfängt und da hat sich ja viel getan die letzten Jahre) und der Komplex Nazi/Faschismus und auch da primär die verbotenen Symbole usw. und das ist/war Strafrecht und nicht Jugendschutz und an Gesetze müssen sich alle halten (oder mit den Konsequenzen leben)
und auch in anderen Ländern ist nicht alles erlaubt, alles was mit Freizügigkeit/Sex zu tun hat, macht in den USA schnell Probleme, Drogen in Australien usw.
und wenn ich mir die Gewalt in unterschiedlichen Ausprägungen weltweit anschaue, dann sage ich mal abgefackelt nicht, aber brennen tut die Welt schon, ob das jetzt an den Spielen liegt oder nicht lasse ich mal außen vor
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Phrasenschwein »

Crenshaw hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:31 wieso rechtlich unsauber? Indizierungsgründe waren doch primär Gewaltverherrlichung (was ziemlich subjektiv ist wo es anfängt und da hat sich ja viel getan die letzten Jahre) und der Komplex Nazi/Faschismus und auch da primär die verbotenen Symbole usw. und das ist/war Strafrecht und nicht Jugendschutz und an Gesetze müssen sich alle halten (oder mit den Konsequenzen leben)
Ja aber auch da Warum nicht unsauber? Wir kennen hier alle die Geschichte. Gewaltverherrlichung ist allein schon rechtlich unsauber, weil das eben sehr subjektiv ist und unser Staat ja halbwegs objektifizierbare Urteile fällen sollte und die Geschichte der Hakenkreuze wurde in diesem Podcast ja behandelt. Wo am Ende alles auf eine polizeiliche Beschlagnahmung zurückfiel, darauf hin jedes Hakenkreuz wegzensiert wurde und eine Betrachtung des Spiels als Kunstform gar nicht im Prozess gemacht wurde und das solange anhielt bis es absurd wurde, dass offen anti-faschistische Spiele ihren Gegner nicht beim symbolischen Namen nennen durften. (Wolfenstein zu Wolfenstein: Wolfenstein 1 war der Auslöser der absurden Politik und Wolfenstein New Colossus war der Stein des Anstoßes dort Änderung zu bewirken)
Crenshaw hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:31 und wenn ich mir die Gewalt in unterschiedlichen Ausprägungen weltweit anschaue, dann sage ich mal abgefackelt nicht, aber brennen tut die Welt schon, ob das jetzt an den Spielen liegt oder nicht lasse ich mal außen vor
Ok dann anders herum: Hat die Existenz von einem einmalig harten Jugendschutz Deutschland vor irgendetwas signifikant bewahrt? Haben wir für die erhebliche Freiheitseinschränkung im Vergleich zu unseren Nachbarn irgendwelche Vorteile oder gab es Folgen, wo man klar sagen kann ohne BPJM wäre X auch passiert und davor hat sie uns bewahrt?
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Guthwulf
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:17Ihr seht es nicht als rechtlich unsauber, dass Maßnahmen die mit Jugendschutz begründet werden, den Zugang für alle Menschen einschränken? Muss der 50 Jährige auch noch geschützt werden?
Da ist rechlich nix unsauber. Güterabwägung findet ständig und überall in der Rechtssetzung statt. Dir wird als Erwachsener der Zugang (bzw. die "Teilhabe") außerdem nicht verboten. Du darfst es kaufen und Hersteller dürfen es dir verkaufen. Das Hersteller dann vielleicht keinen Bock mehr haben, das indizierte Spiel direkt in Deutschland zu verkaufen (weil sie es hier nicht mehr für Kinder zugänglich bewerben/vertreiben/anbieten dürfen), ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Hersteller. Das du es dir als Erwachsener deshalb dann vielleicht umständlich importieren musst oder in einen für Kinder abgesperrten Bereich eines Ladengeschäftes gehen musst, ist der gesellschaftliche "Preis" für den Schutz der Jugend.
Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:46Wir kennen hier alle die Geschichte. Gewaltverherrlichung ist allein schon rechtlich unsauber, weil das eben sehr subjektiv ist und unser Staat ja halbwegs objektifizierbare Urteile fällen sollte (...).
Nein, ist es nicht. Sowas gibt es ständig und überall. Unter anderem ist dann auch die Spruchpraxis der Gerichte dafür da, bei Bedarf in der Praxis Grenzen des "Akzeptablen" zu ziehen oder zu ändern. Deshalb berufen sich die Behörden und auch die USK ständig und überall auf die aktuelle Spruchpraxis (die hoffentlich den aktuellen gesellschaftlichen Konsens widerspiegelt). Das ist ganz normaler Teil von Rechtssetzung und Rechtsfolgen. So funktioniert Recht. Du kannst gerne darüber diskutieren, ob dir die Interpretation / Spruchpraxis in Deutschland zu einem bestimmten Zeitpunkt mal zu hart war, aber das ist dann dein persönliches subjektives Werturteil und hat nix mit "rechtlich unsauber" zu tun.
Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:46Ok dann anders herum: Hat die Existenz von einem einmalig harten Jugendschutz Deutschland vor irgendetwas signifikant bewahrt? Haben wir für die erhebliche Freiheitseinschränkung im Vergleich zu unseren Nachbarn irgendwelche Vorteile oder gab es Folgen, wo man klar sagen kann ohne BPJM wäre X auch passiert und davor hat sie uns bewahrt?
Die Frage kann man unmöglich beantworten. Da wir nunmal diesen Jugendschutz hatten, können wir nicht sagen, was ohne ihn in Deutschland passiert wäre. Die (gesellschaftlichen) Rahmenbedingungen sind in jedem Land anders. Deshalb gibt es individuelles nationales Recht. Wir hatten in Deutschland viel weniger Amokläufe von Jugendlichen, als z.B. die USA. Also ist unser Jugendschutz super und der in den USA Mist? Du würdest vermutlich argumentieren: Das kann man so nicht vergleichen, weil ... und hättest damit Recht. Dann kannst du aber umgedreht auch nicht gleichzeitig auf andere Länder zeigen und sie als Beweis fürs Gegenteil heranziehen. Wir können nur spekulieren, wie es in Deutschland ohne Indizierungen gewesen wäre, und diese "was wäre gewesen wenn" Diskussion ist ziemlich sinnlos. Ich würde immer den aktuellen Stand der Forschung zur Beurteilung (auch des rechtlichen Instruments der Indizierung) heranziehen. Aber das ist ne komplexe Diskussion und wir haben ja gerade auch gelernt, dass die USK mit ihren Alterseinstufungen den Jugendschutz möglicher Weise nicht immer so im Auge hat, wie wir es uns wünschen würden. Kann daher gut verstehen, wenn man sich als Staat das Instrument einer Indizierung zumindest offenhält, auch wenn man es immer seltener einsetzt. Es wird jedenfalls nicht "offensichtlich" abgeschafft durch das Recht auf Teilhabe.
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Heretic »

Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:23 Dir wird als Erwachsener der Zugang (bzw. die "Teilhabe") außerdem nicht verboten. Du darfst es kaufen und Hersteller dürfen es dir verkaufen. Das Hersteller dann vielleicht keinen Bock mehr haben, das indizierte Spiel direkt in Deutschland zu verkaufen (weil sie es hier nicht mehr für Kinder zugänglich bewerben/vertreiben/anbieten dürfen), ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Hersteller. Das du es dir als Erwachsener deshalb dann vielleicht umständlich importieren musst oder in einen für Kinder abgesperrten Bereich eines Ladengeschäftes gehen musst, ist der gesellschaftliche "Preis" für den Schutz der Jugend.
Bei einer Beschlagnahmung sieht das aber ein bisschen anders aus. Schön und gut, dass ich als Erwachsener z. B. einen beschlagnahmten Film besitzen darf. Dumm nur, wenn ich überhaupt keine Möglichkeit habe, ihn käuflich zu erwerben oder darauf hoffen muss, dass der Zollbeamte gute Laune hat, wenn er meine Bestellung genauer unter die Lupe nimmt.
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Guthwulf
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Heretic hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:47
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:23 Dir wird als Erwachsener der Zugang (bzw. die "Teilhabe") außerdem nicht verboten. Du darfst es kaufen und Hersteller dürfen es dir verkaufen. Das Hersteller dann vielleicht keinen Bock mehr haben, das indizierte Spiel direkt in Deutschland zu verkaufen (weil sie es hier nicht mehr für Kinder zugänglich bewerben/vertreiben/anbieten dürfen), ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Hersteller. Das du es dir als Erwachsener deshalb dann vielleicht umständlich importieren musst oder in einen für Kinder abgesperrten Bereich eines Ladengeschäftes gehen musst, ist der gesellschaftliche "Preis" für den Schutz der Jugend.
Bei einer Beschlagnahmung sieht das aber ein bisschen anders aus. Schön und gut, dass ich als Erwachsener z. B. einen beschlagnahmten Film besitzen darf. Dumm nur, wenn ich überhaupt keine Möglichkeit habe, ihn käuflich zu erwerben oder darauf hoffen muss, dass der Zollbeamte gute Laune hat, wenn er meine Bestellung genauer unter die Lupe nimmt.
Wie weiter oben bereits geschrieben, erfolgt Beschlagnahmung nach Bestätigung durch ein Amtsgericht aufgrund (straf-)rechtlich relevanter Tatbestände (verfassungsfeindliche Symbole o.ä.). Da sind wir dann im StGB und nicht mehr im JuschG. Du hast (auch als Erwachsener) kein Recht auf Teilhabe an (straf-)rechtlich illegalen Inhalten.
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Heretic »

Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:56 Wie weiter oben bereits geschrieben, erfolgt Beschlagnahmung nach Bestätigung durch ein Amtsgericht aufgrund (straf-)rechtlich relevanter Tatbestände (verfassungsfeindliche Symbole o.ä.). Da sind wir dann im StGB und nicht mehr im JuschG. Du hast (auch als Erwachsener) kein Recht auf Teilhabe an (straf-)rechtlich illegalen Inhalten.
Ändert halt nichts an der Tatsache, dass die Gründe für eine Beschlagnahmung oft an den Haaren herbeigezogen waren. Es hat ja durchaus auch Medien erwischt, die heute ungeschnitten und teils mit "Ab 16"-Einstufung wieder überall erhältlich sind.
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Guthwulf
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Heretic hat geschrieben: 18. Feb 2024, 13:09
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:56 Wie weiter oben bereits geschrieben, erfolgt Beschlagnahmung nach Bestätigung durch ein Amtsgericht aufgrund (straf-)rechtlich relevanter Tatbestände (verfassungsfeindliche Symbole o.ä.). Da sind wir dann im StGB und nicht mehr im JuschG. Du hast (auch als Erwachsener) kein Recht auf Teilhabe an (straf-)rechtlich illegalen Inhalten.
Ändert halt nichts an der Tatsache, dass die Gründe für eine Beschlagnahmung oft an den Haaren herbeigezogen waren. Es hat ja durchaus auch Medien erwischt, die heute ungeschnitten und teils mit "Ab 16"-Einstufung wieder überall erhältlich sind.
Kannst du für Beschlagnahmungen (nicht Indizierung!) ein konkretes Beispiel nennen, dass du damit meinst?

"An den Haaren herbeigezogen" ist ein ziemlich subjektives und schwammiges Werturteil. Für eine Beschlagnahmung ist die rechtliche Hürde deutlich höher, da du dafür ein rechtskräftiges Gerichtsurteil herbeiführen musst.

Verfassungsfeindliche Symbole sind weiterhin verboten (§ 86a StGB). Gewaltdarstellung (§131 StGB) ist natürlich auslegungsbedürftig. Da gilt dann aber wieder der Hinweis auf die Spruchpraxis und den sich über die Zeit ändernden gesellschaftlichen Konsens (z.B. in Folge sozialer, technologischer oder wissenschaftlicher Entwicklungen / Erkenntnisse). Da erscheinen Gerichtsurteile vielleicht aus heutiger Sicht überzogen. Eine Zurücknahme einer Beschlagnahmung und heutige "Ab 16" Einstufung sagt vermutlich eher was über den gesellschaftlichen Wandel aus, lässt aber nicht den automatischen Rückschluss zu, das die ursprüngliche Beschlagnahmung im Kontext ihrer Zeit ungerechtfertigt war.

Damit unterstellst du unseren Gerichten außerdem, das sie ihren Job nicht machen / gemacht haben bzw. das unser Rechtssystem nicht funktioniert. Auf den Standpunkt kann man sich natürlich stellen... Der wäre dann aber auch auslegungsbedürftig / diskussionswürdig und nicht offensichtlich / eindeutig. ;)
Zuletzt geändert von Guthwulf am 18. Feb 2024, 13:43, insgesamt 3-mal geändert.
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Phrasenschwein
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Phrasenschwein »

Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:23 Da ist rechlich nix unsauber. Güterabwägung findet ständig und überall in der Rechtssetzung statt. Dir wird als Erwachsener der Zugang (bzw. die "Teilhabe") außerdem nicht verboten. Du darfst es kaufen und Hersteller dürfen es dir verkaufen. Das Hersteller dann vielleicht keinen Bock mehr haben, das indizierte Spiel direkt in Deutschland zu verkaufen (weil sie es hier nicht mehr für Kinder zugänglich bewerben/vertreiben/anbieten dürfen), ist eine wirtschaftliche Entscheidung der Hersteller. Das du es dir als Erwachsener deshalb dann vielleicht umständlich importieren musst oder in einen für Kinder abgesperrten Bereich eines Ladengeschäftes gehen musst, ist der gesellschaftliche "Preis" für den Schutz der Jugend.
Und es wird wieder Realitätsverweigerung betrieben. Es war nie Entscheidung der Hersteller, denn die Vertreibspartner von physischen Kopien haben immer gesagt alles was eine Indizierung bekam wird nicht vertrieben. Und aus sämtlichen Digitalstores sind sie ebenfalls verschwunden und nur möglich auf den umständlichen Weg des VPNs zu beziehen. Somit ist "Herstellerentscheidung" direkt gelogen, denn dessen Meinung war egal.

Und kommen wir mal zum gesellschafltichen Preis: Wer hat den als akzeptabel festgelegt? Um aber bei objektifizierbaren Dingen zu bleiben. Der Preis in der Realität so wie du ihn beschrieben hast ist höher als das Gesetz ihn vorgesehen hat. Wie gesagt indizierte Spiele sollen in jedem Geschäft weiterhin erhältlich sein, es ist nur ein Werbeverbot. Wie geht man mit diesem Delta um? Bisher ignoriert man es. Und auch dort kommt ein Kritikpunkt an der BPJM her. Könnte ich mit der Indizierung "auf den Papier" leben. Joa, wenn ich in absolut jedem Geschäft an indizierte Spiele komme und sie nur aus der Öffentlichkeit verschwinden, gerne. Das war aber nie die gelebte Realität.
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:23
Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:46Wir kennen hier alle die Geschichte. Gewaltverherrlichung ist allein schon rechtlich unsauber, weil das eben sehr subjektiv ist und unser Staat ja halbwegs objektifizierbare Urteile fällen sollte (...).
Nein, ist es nicht. Sowas gibt es ständig und überall. Unter anderem ist dann auch die Spruchpraxis der Gerichte dafür da, bei Bedarf in der Praxis Grenzen des "Akzeptablen" zu ziehen oder zu ändern. Deshalb berufen sich die Behörden und auch die USK ständig und überall auf die aktuelle Spruchpraxis (die hoffentlich den aktuellen gesellschaftlichen Konsens widerspiegelt). Das ist ganz normaler Teil von Rechtssetzung und Rechtsfolgen. So funktioniert Recht. Du kannst gerne darüber diskutieren, ob dir die Interpretation / Spruchpraxis in Deutschland zu einem bestimmten Zeitpunkt mal zu hart war, aber das ist dann dein persönliches subjektives Werturteil und hat nix mit "rechtlich unsauber" zu tun.
Nein es ist nicht rechtlich unsauber, denn das machen wir ja sonst auch überall. Scheint ja eine ganz schöne Krise der Rechtssicherheit im Staate dann zu geben. :lol:

Aber bösen Zynismus beiseite: Die glaubst ein Prozess der ein und dasselbe Spiel (nehmen wir mal Riverraid) erst indiziert, weil " Hier fände im Kindesalter schon eine paramilitärische Ausbildung statt." und es Jahre später wieder freigibt ist rechtlich sauber? Erst ist das Werk so schlimm, dass es weg vom Markt muss und Jahre später ist dann es magisch weniger gefährlich?
Aber um das abzukürzen ja das sind subjektive Entscheidungen. Und die einzige Legitimation kommt aus a.) der vermeintlichen Expertise der Prüfer (wobei so ein Podcast wie dieser zu Lootboxen das dann sehr in Zweifel zieht) und b.) einer demokratischen Entscheidung. Mehr ist es am Ende nicht. Das wird dann hochverklausuliert in "Spruchpraxis" und anderen Spaß, aber am Ende ist es das: das subjektive Urteil einer Jury, wo etwas durch eine Spruchpraxis versucht wird Konsistenz zu schaffen.
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 12:23
Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 11:46Ok dann anders herum: Hat die Existenz von einem einmalig harten Jugendschutz Deutschland vor irgendetwas signifikant bewahrt? Haben wir für die erhebliche Freiheitseinschränkung im Vergleich zu unseren Nachbarn irgendwelche Vorteile oder gab es Folgen, wo man klar sagen kann ohne BPJM wäre X auch passiert und davor hat sie uns bewahrt?
Die Frage kann man unmöglich beantworten. Da wir nunmal diesen Jugendschutz hatten, können wir nicht sagen, was ohne ihn in Deutschland passiert wäre. Die (gesellschaftlichen) Rahmenbedingungen sind in jedem Land anders. Deshalb gibt es individuelles nationales Recht. Wir hatten in Deutschland viel weniger Amokläufe von Jugendlichen, als z.B. die USA. Also ist unser Jugendschutz super und der in den USA Mist? Du würdest vermutlich argumentieren: Das kann man so nicht vergleichen, weil ... und hättest damit Recht. Dann kannst du aber umgedreht auch nicht gleichzeitig auf andere Länder zeigen und sie als Positivbeispiel heranziehen. Wir können nur spekulieren, wie es in Deutschland ohne Indizierungen gewesen wäre, und diese "was wäre gewesen wenn" Diskussion ist ziemlich sinnlos. Ich würde immer den aktuellen Stand der Forschung zur Beurteilung (auch des rechtlichen Instruments der Indizierung) heranziehen. Aber das ist ne komplexe Diskussion und wir haben ja gerade auch gelernt, dass die USK mit ihren Alterseinstufungen den Jugendschutz möglicher Weise nicht immer so im Auge hat, wie wir es uns wünschen würden. Kann daher gut verstehen, wenn man sich als Staat das Instrument einer Indizierung zumindest offenhält, auch wenn man es immer seltener einsetzt. Es wird jedenfalls nicht "offensichtlich" abgeschafft durch das Recht auf Teilhabe.
Ja aber du verstehst schon, das diese sinnlosen "Was wäre wenn"-Diskussionen die einzige Existenzberechtigungen der BPJM sind,oder? Ich kann ganz objektifizierbar auf die Freiheitskosten dieser Behörde gucken. Ich kann sehr objektifizierbar sagen, dass diese Insitution es so in unseren Nachbarländern oder in der EU nicht vorhanden ist und es dort jetzt keine signifikanten Unterschiede in der allgemeinen Entwicklung gibt.

Und dagegen steht ein was bringt uns diese Behörde und du selbst sagst: Das können wir nicht wissen. Wir wissen nicht wie Deutschland ohne BPJM aussehen würde.

Und da siehst du kein Problem? Das wir eine Behörde haben die uns sehr objektifizierbare Freiheitskosten verursacht und diese die nicht wirklich verargumentieren kann?

Am Ende werden wir zumindest mit dem letzten Satz grün. Ja ich gebe mich da auch keinen Illusionen hin. Es wird alles bleiben wie es ist und die Frequenz der Indizierungen wird sinken und damit dieser Streit abflauen.
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Phrasenschwein hat geschrieben: 18. Feb 2024, 13:32Und es wird wieder Realitätsverweigerung betrieben. (...) direkt gelogen (...).
Beenden wir die Diskussion an dieser Stelle. Ich glaube nicht, dass wir hier noch irgendwie weiterkommen oder ich dir verständlich machen kann, wie Rechtssprechung funktioniert. In dem Ton bin ich sowieso nicht bereit, weiter darüber zu diskutieren.
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Heretic »

Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 13:30 Kannst du für Beschlagnahmungen (nicht Indizierung!) ein konkretes Beispiel nennen, dass du damit meinst?
Ich denke da vor allem an Filme wie "Tanz der Teufel", "Phantasm" oder Romeros "Dawn of the Dead". Die sind heutzutage größtenteils nicht mehr indiziert oder beschlagnahmt und zum Teil ab 16 freigegeben. Da kann mir keiner erzählen, dass die früher irgendwie strafrechtlich relevant waren. Da haben schlicht und ergreifend Leute Urteile über etwas gefällt, wozu ihnen der Bezug fehlt. So nach dem Motto: Gefällt mir nicht, brauche ich nicht, kann weg. Sicherlich teilweise aus hehren Beweggründen und nicht (immer ;) ) aus Böswilligkeit, aber oftmals bestimmt aus mangelhafter Sachkenntnis, auch bezüglich der Wirkung. Da hat man den Stempel "Sozialethisch desorientierend!" gezückt und tschüss. So wirkt das in einigen Fällen zumindest.
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Heretic hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:13
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 13:30 Kannst du für Beschlagnahmungen (nicht Indizierung!) ein konkretes Beispiel nennen, dass du damit meinst?
Ich denke da vor allem an Filme wie "Tanz der Teufel", "Phantasm" oder Romeros "Dawn of the Dead". Die sind heutzutage größtenteils nicht mehr indiziert oder beschlagnahmt und zum Teil ab 16 freigegeben. Da kann mir keiner erzählen, dass die früher irgendwie strafrechtlich relevant waren. Da haben schlicht und ergreifend Leute Urteile über etwas gefällt, wozu ihnen der Bezug fehlt. So nach dem Motto: Gefällt mir nicht, brauche ich nicht, kann weg. Sicherlich teilweise aus hehren Beweggründen und nicht (immer ;) ) aus Böswilligkeit, aber oftmals bestimmt aus mangelhafter Sachkenntnis, auch bezüglich der Wirkung. Da hat man den Stempel "Sozialethisch desorientierend!" gezückt und tschüss. So wirkt das in einigen Fällen zumindest.
Verstehe... bei Filmen kann ich wenig beitragen. Da scheinen wir dann aber wieder vor allem bei der Auslegung von §131 StGB (Gewaltdarstellung) zu landen? Gerade da hat sich der gesellschaftliche Konsens (und in Folge auch die Spruchpraxis der Gerichte) über die Jahre massiv geändert. Kann schon nachvollziehen, dass das manchmal (insb. aus heutiger Perspektive) absurd wirken kann, aber Böswilligkeit oder Absicht würde ich den Gerichten da nicht unterstellen wollen. Die Werte und Generationen sind halt einfach unterschiedlich und grad bei technologischen Entwicklungen laufen wir ja oft in das Problem, dass insb. die ältere Generation (zu der wir langsam selber gehören... ich sag nur TikTok und Co) irgendwann nicht mehr mitkommt. Rockmusik hat bekanntlich auch eine ganze Generation von Jugendlichen direkt in den Satanismus getrieben. Da gabs damals auch genug Bestrebungen, die zu verbieten (oder wenigstens die Jugend davor zu schützen). :D Völlig albern aus heutiger Sicht, aber wer weiß, wie wir reagiert hätten, wenn wir damals die Erwachsenen gewesen wären in der damaligen Zeit, mit dem Wissen und in der Gesellschaft von damals.
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Heretic
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Heretic »

Man sollte halt eine gewisse Ahnung von der Materie mitbringen, wenn man Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf die Allgemeinheit haben. Ich glaube, heute wird im Großen und Ganzen differenzierter hingeschaut als z. B. in den Achtzigern.

Das mit den unterschiedlichen Generationen und Wertvorstellungen ist halt so 'ne Sache. Ich kann z. B. mit Gangsta-Rap überhaupt nichts anfangen. Müsste ich aber beruflich eine Entscheidung über die Indizierung/Beschlagnahmung eines bestimmten Albums treffen, müsste ich mich zwecks Einordnung zwangsläufig näher mit dem gesamten Genre beschäftigen. Ob das früher überwiegend genauso gesehen und gehandhabt wurde - man weiß es nicht. Man ahnt es nur... ;)
Ingoknito
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Ingoknito »

Die meisten Indizierungen halte ich für unverhältnismäßig. Meiner Meinung sollte es schon handfeste Auswirkungen haben, um dieses scharfe Schwert rechtfertigen zu können. Beispielsweise Strafttaten von Konsumenten die auf dieses Produkt zurückzuführen sind oder erhöhte rechtsextreme Tendenzen bei Minderjährigen.
Ich halte ein Fifa mit all seinen Glücksspielinhalten für schädlicher in Bezug auf Minderjährige, als die Art von Gewalt-Film, die indiziert wird (die Hakenkreuz-Thematik ist da noch eindeutiger). Ein Fifa sollte auch ab 18 sein, aber indizieren würde ich es auch nicht wollen. Das ist mir dann doch zu sehr vom Staat her gedacht. Irgendwann muss innerhalb der Videospielekutlur ein "Selbstreinigungs-Prozess" stattfinden und ein Fifa als Glücksspiel eingestuft werden und nicht mehr Teil des Videospiel-Diskurses sein, sowie es das Online-Casino oder Wettgeschäfte auch nicht sind, aber das ist ein anderes Thema.
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Guthwulf
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Guthwulf »

Heretic hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:47Man sollte halt eine gewisse Ahnung von der Materie mitbringen, wenn man Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf die Allgemeinheit haben. Ich glaube, heute wird im Großen und Ganzen differenzierter hingeschaut als z. B. in den Achtzigern. Das mit den unterschiedlichen Generationen und Wertvorstellungen ist halt so 'ne Sache. Ich kann z. B. mit Gangsta-Rap überhaupt nichts anfangen. Müsste ich aber beruflich eine Entscheidung über die Indizierung/Beschlagnahmung eines bestimmten Albums treffen, müsste ich mich zwecks Einordnung zwangsläufig näher mit dem gesamten Genre beschäftigen. Ob das früher überwiegend genauso gesehen und gehandhabt wurde - man weiß es nicht. Man ahnt es nur... ;)
Stimmt... man sollte eine gewisse Ahnung von der Materie haben oder wenigstens (nach bestem Wissen und Gewissen) einholen. Das ist an der Stelle auch der Job derjenigen, die diese Urteile sprechen. Ich habe aber noch nicht verstanden, woraus du schlussfolgerst, dass das nicht der Fall war. Weil dir die Entscheidung nicht gefällt, du den Richtern misstraust oder du die Entscheidung aus deinem heutigen Verständnis so nicht nachvollziehen kannst? Gäbe es vielleicht auch andere Erklärungen (z.B. andere Zeit, anderes Verständnis / Moral, anderer Wissenschaftsstand etc.)?
Ingoknito hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:52Die meisten Indizierungen halte ich für unverhältnismäßig. (...) Ich halte ein Fifa mit all seinen Glücksspielinhalten für schädlicher in Bezug auf Minderjährige, als die Art von Gewalt-Film, die indiziert wird (...) Ein Fifa sollte auch ab 18 sein, aber indizieren würde ich es auch nicht wollen.
Den Standpunkt kann man vertreten. Mein Bauchgefühl wäre auch, dass die meisten Indizierungen wegen Gewaltdarstellungen "unverhältnismäßig" sind (bzw. wir in Deutschland hier übersensibel sind) und das die Glücksspiel-/Suchtthematik unterschätzt oder zumindest nicht angemessen behandelt wird. Vielleicht müsste man auch die Indizierung anders gestalten oder die Rechtsfolgen noch einmal genauer anschauen. Ich wäre aber skeptisch ob wir deshalb ganz auf Indizierungen verzichten sollten / können und alleine auf die USK und ihre "ab 18" Einstufung vertrauen sollten, insb. nach diesem Interview.

Aber ich habe mich auch weder intensiv mit dem Stand der Forschung, noch mit allen Nuancen und Aspekten der derzeitigen rechtlichen Regelungen und Spruchpraxis oder dem gesellschaftlichen Diskurs hierzu beschäftigt. Ich trage auch keine Verantwortung in diesem Gebiet und muss Entscheidungen im Rahmen des Jugendschutz treffen. Das ist eine sehr bequeme Position (manche würden sagen Stammtischposition), weshalb ich sehr vorsichtig mit Unterstellungen ala "die sind einfach nur zu doof / wollen nicht / handeln mit Absicht fahrlässig / sind von der Industrie gekauft etc." bin. Von außen erscheint das immer alles täuschend einfach und dann steckt der Teufel im Detail. Das merkt man meist erst dann, wenn man das selber regulieren / entscheiden muss, entsprechende Gesetzestexte schreibt oder mit allen Bundesländern plus Interessensvertretungen von z.B. Wirtschaft zu funktionierenden Kompromissen kommen muss. Eine Arbeit, in der ich leider persönliche Erfahrung habe.
Ingoknito hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:52Das ist mir dann doch zu sehr vom Staat her gedacht.
Irgendwann muss innerhalb der Videospielekutlur ein "Selbstreinigungs-Prozess" stattfinden und ein Fifa als Glücksspiel eingestuft werden und nicht mehr Teil des Videospiel-Diskurses sein, sowie es das Online-Casino oder Wettgeschäfte auch nicht sind, aber das ist ein anderes Thema.

Auf einen "Selbstreinigungsprozess" und "Selbsterkenntnis" würde ich nicht setzen (gerade auch nach diesem Interview nicht). Firmen wird es immer um die Gewinnmaximierung gehen. Einstufung als Glücksspiel kann nur der Staat. Das ist dann wieder eine Frage der Rechtssetzung und staatlichen Regulation. Die kann der Staat auch nicht einfach so auf Gutdünken / Willkürlich vornehmen. Man müsste m.E. mindestens mal die Forschung (z.B. Digitale Medien, Sucht, Soziale Netze etc.) und die Bildung (z.B. Medienkompetenz) in diesen Bereichen stärken, z.B. durch bessere Förderung, Hilfsangebote z.B. für Eltern und natürlich auch mal die Rechtssetzung evaluieren, ob die ergriffenen Maßnahmen im Jugendschutz wirklich die erhofften / erwarteten Wirkungen entfalten (bzw. welche nicht erwünschten Folgen sie haben) und wie das alles zum aktuellen Stand der Forschung passt. Was gewinnen wir z.B. von der USK, dass wir nicht auch durch einen Anschluss an PEGI hätten? Da gibts sicher viel Diskussionspotential.
Zuletzt geändert von Guthwulf am 18. Feb 2024, 16:15, insgesamt 8-mal geändert.
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Crenshaw
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Crenshaw »

Ingoknito hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:52 Irgendwann muss innerhalb der Videospielekutlur ein "Selbstreinigungs-Prozess" stattfinden und ein Fifa als Glücksspiel eingestuft werden und nicht mehr Teil des Videospiel-Diskurses sein, sowie es das Online-Casino oder Wettgeschäfte auch nicht sind, aber das ist ein anderes Thema.
das wird erst passieren, wenn man damit kein Geld mehr verdienen kann, eher nicht und der Impuls wird von außen kommen nicht von innen, dafür sorgt auch die Gewinnmaximierungspflicht
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Bugschütze »

Ich habe wie andere hier auch den Eindruck der PR-Abteilung zu zuhören, sehr unangenehm. Das meine ich uebrigens gar nicht als Kritik an The Pod denn gerade Helge hakt immer wieder nach. Aber letztlich entlarvt sich die USK hier als Handlanger der Branche der am Jugendschutz (mittlerweile?) nicht mehr viel liegt.
Ingoknito
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Ingoknito »

Crenshaw hat geschrieben: 18. Feb 2024, 16:09
Ingoknito hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:52 Irgendwann muss innerhalb der Videospielekutlur ein "Selbstreinigungs-Prozess" stattfinden und ein Fifa als Glücksspiel eingestuft werden und nicht mehr Teil des Videospiel-Diskurses sein, sowie es das Online-Casino oder Wettgeschäfte auch nicht sind, aber das ist ein anderes Thema.
das wird erst passieren, wenn man damit kein Geld mehr verdienen kann, eher nicht und der Impuls wird von außen kommen nicht von innen, dafür sorgt auch die Gewinnmaximierungspflicht
Jein, es gibt einiges was viel Geld abwirft, aber nicht so in/im der Videospielkultur/Diskurs stattfindet wie z.B die meisten Mobile-Games oder gamifizierte Online-Casinos (was unterschiedliche Gründe hat).
Bei der Regulierung von außen und nicht von innen würde ich bei den meisten Produkten zustimmen wollen. Außer bei Kultur und Kunst (wo ich Videospiele mal dazu zählen würde). Das kann man schlecht von oben verordnen. Auch wenn man da ebenso passende Rahmenbedingungen schaffen kann (z.B Gewerkschaften). Aber die Frage ob so etwas wie Glücksspiel zu Videospielen dazu gehört (unabhängig vom Jugendschutz) oder nicht, ist viel mehr eine kulturelle bzw, sogar eine philosophische Frage und nichts was man sinnvoll in Gesetze gießen kann meiner Meinung nach.
Phrasenschwein
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Re: Nachgeforscht: Ein Gespräch mit der USK über Lootboxen

Beitrag von Phrasenschwein »

Heretic hat geschrieben: 18. Feb 2024, 14:13 So nach dem Motto: Gefällt mir nicht, brauche ich nicht, kann weg. Sicherlich teilweise aus hehren Beweggründen und nicht (immer ;) ) aus Böswilligkeit, aber oftmals bestimmt aus mangelhafter Sachkenntnis, auch bezüglich der Wirkung. Da hat man den Stempel "Sozialethisch desorientierend!" gezückt und tschüss. So wirkt das in einigen Fällen zumindest.
Ich glaube aber auch, dass es dort zu keinem "richtigen Ergebnis" kommen kann. Also nehmen wir mal an wir hätten es mit absoluten Experten auf diesem Gebiet zu tun und nehmen wir ebenso an, dass diese Experten danach absolut korrekt einem Werk Gewaltverherrlichung oder was auch immer attestieren können. (Das sind schon 2 große Was wäre Wenns)
Kommt dann ja erst der Endgegner: Um Indizierung und Berschlagnahmung zu rechtfertigen muss ich dann eigentlich auch noch wirkungstechnisch nachweisen, dass diese Ansichten sich auf den Konsumenten übertragen und dadurch von dem Werk eine Gefahr ausgeht, was diese Maßnahmen rechtfertigt. Und spätestens da bricht das ganze zusammen. Denn auch dort wird die Wirkungsforschung nie einen ausreichenden Beweis bringen, dass eine Übertragung so garantiert ist, dass man Werke wegsperren muss.
Es ist ja auch logisch, dass dies nicht möglich sein wird. Das kann man ja in den vielen Folgen mit Helge deutlich sehen. Oder ganz flapsig: Trotz einer enormen Menge an Historikern, die sich mit den Büchern der Nazis auseinander setzen mussten herrscht komischer Weise unter ihnen keine Naziepidemie. Wie kann das denn sein?
Guthwulf hat geschrieben: 18. Feb 2024, 16:03 Stimmt... man sollte eine gewisse Ahnung von der Materie haben oder wenigstens (nach bestem Wissen und Gewissen) einholen. Das ist an der Stelle auch der Job derjenigen, die diese Urteile sprechen. Ich habe aber noch nicht verstanden, woraus du schlussfolgerst, dass das nicht der Fall war. Weil dir die Entscheidung nicht gefällt, du den Richtern misstraust oder du die Entscheidung aus deinem heutigen Verständnis so nicht nachvollziehen kannst? Gäbe es vielleicht auch andere Erklärungen (z.B. andere Zeit, anderes Verständnis / Moral, anderer Wissenschaftsstand etc.)?
Es ist interessant, wie du eingestehst, dass all diese subjektiven Einflussfaktoren eine wichtige Rolle spielen (z.B. andere Zeit, anderes Verständnis / Moral, anderer Wissenschaftsstand etc.), aber trotzdem haushoch behauptest die daraus kommenden Folgen sind absolut richtig, nicht angreifbar und nicht in Zweifel zu stellen. Sie sind es, jederzeit. Und ich gehe immerhin so weit, dass ich den Leuten keine böse Absicht dabei unterstellen muss.

Jugendschutz ist nunmal nicht Strafrecht, wo man mit ausreichend Beweisen auf ein objektives Ergebnis kommen kann. Es ist Teil der Wirkungsforschung und damit sehr offen für subjektive Einflüsse. (Was übrigens die USK auf der einen Seite als Grund liefert warum sie nicht über Suchtgefahr urteilen kann, aber es sich trotzdem zutraut Jugendschutz Entscheidungen zu treffen) Und mir wäre es schon lieb, wenn diese Leute das mal anerkennen und sich dementsprechend Verhalten. Wenn dann ein Jurist der USK bei all den Fragen felsenfest den Prozess verteidigt als wäre er der Weisheit letzter Schluss und auf kritische Nachfragen wie der Frage nach den Vorsorgemaßnahmen die Bedenken einfach niederwalzt, dann muss man sich fragen ob die werten Herren wissen in welcher Position sie stehen. Denn ihnen bleibt als Legitimation nichts anderes übrig, als immer wieder zu beweisen, dass sie nach besten Wissen und Gewissen handeln.
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