Nach 180h habe ich das Spiel beendet. Es hat lange gedauert und für mich passt das englische Sprichwort "overstayed its welcome" ganz gut. Andererseits wollte ich auch alle begonnenen Quest abschließen. Was dann gerade in Akt 3 doch mehr waren als anfangs erwartet.
Baldurs Gate 3 ist ein wirklich großes Spiel, dessen kompletten Umfang man in einem, zwei oder vielleicht sogar drei Durchgängen gar nicht greifen kann. Das ringt einem Respekt ab. Es gibt so viele Entscheidungen, so viele Möglichkeiten, Dinge anzugehen, dass ich oft gar nicht wusste, was ich verpasse. Erst durch das Internet stellt man fest, fuck ich hätte
- den Hund im ersten Akt retten sollen, der bleibt dann im Camp (hab den Skillcheck versaut und einfach weiter gespielt)
- auch einen anderen Gefährten als Halsin bekommen können (der hat mir nie wirklich zugesagt)
- irgendwas mit dem Eulenbärenbaby machen können...
Und das sind jetzt nur die offensichtlichen Sachen, da wird es noch so viel mehr geben. Und das ist echt cool. Es gibt für alles mehrere Wege, es gibt kein richtig und falsch, keine bevorzugte Wahl. Das habe ich so konsequent in keinem Spiel vorher gesehen (kenne aber auch die alten C-RPG nicht)
Was mir im Epilog deutlich wurde, so wirklich konnte ich keine Beziehung zu meinen Gefährten aufbauen. Die Geschichten waren ganz nett, aber dieses "Es ist so schön dich wiederzusehen" habe ich gar nicht gefühlt. Dafür bin ich vielleicht auch zu sehr der Gameplay- statt Storyspieler. Die Geschichte von Schattenherz fand ich noch am besten. Was Gale z.B. genau wollte, war mir nie 100%ig klar. In dem Sinn, dass wenn er nach meiner Meinung fragt, ich vor dem Bildschirm sitze und keine Ahnung habe, da ich die Entscheidung gar nicht in den größeren Kontext einordnen kann. Mit der interessanteste Charakter war Raphael, toll geschrieben und gesprochen und so wunderbar hinterhältig.
Hier mal ein paar der Entscheidungen in meinem Durchgang (FETTE Spoiler)
- Ich habe das Goblinlager angegriffen und den Hain beschützt
- Ich habe das Nachtlied befreit
- Ich habe das Buch der Nekromantie komplett gelesen
- Ich habe mich zum Halb-Illithiden verwandelt (auch wenn ich das eigentlich nicht wollte und das Gesicht danach entstellt war)
- Ich habe die Fabrik der Stahlwache mit Hilfe der Arbeiter dort zerstört, konnte sie aber nicht mehr vor den Sprengstoff Halsbändern retten
- Ich bin keinen Pakt mit Raphael eingegangen und habe ihn am Ende getötet (mit Abstand schwierigster Kampf im Spiel)
- Ich habe Baals Mordtribunal getötet
- Schattenherz vor Shars Einfluss gerettet und ihre Eltern sterben lassen
- Lea'zel hat Orpheus befreit, er wurde zum Gedankenschinder und ich habe ihn am Ende getötet
- Gale wurde zum Gott
- Astarion wurde zum Super Vampire, was heißt ich habe alle Brutlinge (oder wie sie heißen) geopfert
- Karlach bekam ihr Herz repariert und ist am Ende mit Wyll nach Avernus
- Wyll hat seinen Pakt mit Mizora auflösen können, seinen Vater aus dem Unterwassergefängnis befreit und wurde zum Schwert von Avernus
- Halsin wurde von Orin entführt (keine Ahnung, ob es immer Halsin ist)
Was mich gegen Ende immer mehr störte waren die zum Teil absurd langen Kämpfe. Da dauert ein Bosskampf locker eine Stunde, nicht eingerechnet, dass man sich davor noch vorbereiten muss. Größtenteils kam ich auf normal recht gut durch, es gab nur wenige Kämpfe, die ich wirklich öfter neu laden musste. Und wenn man sich reinfuchst, bietet das Kampfsystem echt viel. Aber es ist DnD-typisch auch unnötig kompliziert und komplex.
Die schwierigsten Kämpfe waren übrigens gegen
- Raphael
- Shars Krieger
- Nesserhirn
- in den Türmen des Mondlichts
- in der Stahlwachen Fabrik
- Golem in der Schmiede (bis man versteht, was man machen muss)
Auch schade war, dass ich bereits 30-40h (ja, das Spiel ist so lang, dass es nur so ungenau geht) vor Ende des Spiel Level 12 erreicht hatte. Die fehlende Progression hinten heraus war einfach unnötig. Was mich auch öfters gestört hat, da bekommt man so geile Level 6 Zauber und nur einen Zauberplatz für Lvl6. Ich hab viele davon max. 1x ausprobiert, manche gar nicht.
Und dann gibt es so Kleinigkeiten, wie dass man für jedes Schloss und jede Falle, die man Knacken oder entschärfen will, einen Würfelwurf ausführen muss. Gerade in Fallenverseuchten Räumen eine echte Qual. Oder das immer noch unübersichtliche Menü. Immerhin kann man jetzt direkt im Camp seine Gefährten wechseln und muss nicht ewig hin und her laufen und hat auch Zugriff auf alle Items. Von denen hatte ich eh immer viel zu viele. Ich glaube wirklich das ist das Spiel mit den meisten ungenutzten Items jemals bei mir.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass C-RPGs nicht mein Lieblingsgenre werden. Dafür mag ich die Regelsysteme zu wenig und die damit einhergehende Sperrigkeit. Auch ist die Welt von DnD nichts für mich mit ihren Konzepten wie Hölle, Astralebenen und diesem bunten Fantasy Mischmasch mit oft fragwürdigem Design.
Immerhin ist es das erste, das ich auch durchgespielt habe und das sich unter den Top 5 meiner am längsten gespielten Singleplayer Spiele einreihen darf. Das ist ja dann auch was. Und wenn ich vsl. nie wieder ein C-RPG spielen werde, BG3 war trotz allem eine gute, aber eben keine sehr gute Erfahrung.