Feierabendbier: Wut und Wertung

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zollern
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Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von zollern »

Link zur Folge: https://www.gamespodcast.de/2025/03/20/wut-und-wertung/

Ich fand die Folge hochwertig. Die Besprechung, inwiefern Spiele (Hoch-)Kultur sind und warum wir diese Strömungen und schnappatmigen Reaktionen auf unterschiedlichste Kritiken erleben, war sehr aufschlussreich. Insbesondere, wie sich Klassen in (Sub-)Kulturen herausbilden, die dann die Deutungshoheit für sich verlangen, wie etwas bewertet werden soll, fand ich schön.

Ich muss aber ein bisschen widersprechen, was die Autorenschaft bei Spielen angeht. Ich denke durchaus, dass heutzutage "Spiele von Peter Molyneux" direkt in eine gewisse Ecke gesteckt werden, so wie "Filme von Uwe Boll". Selbst der gemeine Gamer ist den Mann mit seinen Ankündigungen anscheinend mittlerweile leid. Ich schätze, ähnliches wird man beim nächsten Projekt von Chris Roberts (so es denn eins geben wird) erleben. Aber auch hier wird sich das wahrscheinlich am meisten im Indie-Bereich abspielen -- ein Phil Fish wird es deutlich schwerer haben, ein neues Spiel für eine relevant große Zielgruppe zu veröffentlichen als beispielsweise ein Jonathan Blow. Hier findet man dann aber wahrscheinlich auch ein Indiz dafür, dass Subkulturen immer in größeren Kulturkämpfen stecken als ein wahrgenommener Mainstream; wahrscheinlich, weil sich die Leute, wie im Podcast beschrieben, dann in ihrer eigenen intellektuellen Wahrnehmung angegriffen fühlen und der zusätzliche Aufwand zur einfachen Unterhaltung dann plötzlich infrage gestellt wird.

Was ich mir noch gewünscht hätte, aber vielleicht auch nciht in dem Buch von Franzen vorkommt: dass die Wahrnehmung und Rezeption plötzlich komplett kippen kann und Menschen fürchterlich enttäuscht sind. Ein beliebtes Beispiel hier sind Enden von Serien, sei es Game of Thrones oder die Mass-Effect-Trilogie. Wenn aus "Der Weg ist das Ziel" plötzlich ein "Das Ziel war den Weg nicht wert" wird. Wie kommt es zu solchen Umdeutungen von Werken? Warum ist ein Ende anscheinend wichtiger als das restliche Werk? Ein bisschen wurde das mit den Skandalen um Gaiman und Rowling mit angesprochen und dass der "Kulturbetrieb" sich mit dem toten Autor da einen schlanken Fuß macht, aber ich sehe hier noch einen anderen Aspekt: Die eigene egoistische Erwartung an das Werk und das gemeinschaftliche Erleben. Ich denke da an Star-Trek-Serien. Ältere Serien mit schlechten Enden werden gefühlt häufiger wohlwollend besprochen als moderne. Da gab es kein so großes Gemeinschaftsgefühl, man hat die Serien für sich geschaut und hat damit gelebt, was man bekam. Heute findet man in den neuen Medien ausreichend Unterhaltung darin, einfach alles madig zu reden. Irgendwann ist hier ein Kipppunkt erreicht, dass dann der Mainstream etwas einfach für sich beschissen findet und alles davor sich eigentlich doof anfühlt.

Mich interessiert Jochen Seniors Meinung dazu, ob "der Autor ist tot" eigentlich nur ein Vorwand ist, um sich kritische Fragen über die Entstehung von Werken nicht stellen zu müssen. Soweit ich weiß ist er ein großer Verfechter dieser Lesart von Kunst.

Alles in allem eine hervorragende Folge, sie passt denke ich auch sehr gut in den offenen Feed, sehr cool. Ich fühle mich ein bisschen von Janna ertappt, weil ich mir ganz frisch einen Miró-Druck gekauft habe :D.

Danke für die wunderbare Folge.
SirGaiwan&TheGreenT
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von SirGaiwan&TheGreenT »

Hören konnte ich die Folge leider noch nicht, aber beim Titel "Wut und Wertung" habe ich schon hochkulturelle Dostojewski-Vibes. :lol:
Bin gespannt auf die Inhalte, Folgenbeschreibung und Besetzung reizen schon mal.
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Jochen Gebauer
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Jochen Gebauer »

zollern hat geschrieben: 20. Mär 2025, 09:30Mich interessiert Jochen Seniors Meinung dazu, ob "der Autor ist tot" eigentlich nur ein Vorwand ist, um sich kritische Fragen über die Entstehung von Werken nicht stellen zu müssen
Nee. Für manche kann es sicher so sein, aber bei mir ist es die Überzeugung (die ich ehrlich gesagt für offensichtlich halte, aber was weiß ich schon!), dass die Entstehung des Werkes völlig unerheblich ist. Und zwar schon alleine dadurch, dass sie in 99% der Fälle rein anekdotisch ist und man inzwischen weiß, dass Menschen notorisch unzuverlässig darin sind, ihre eigenen Intentionen, Ziele usw. auch nur halbwegs korrekt einzuschätzen. Wir konstruieren ja auch allerhand Erinnerungen, die so nie stattgefunden haben.

In vielen Bereichen muss man sich auf diese Form der unzuverlässigen Evizenz verlassen, weil es gar keine andere gibt, aber in der Kunst haben wir glücklicherweise ein Werk, das man unabhängig analysieren kann, warum sollte ich diese Analyse also durch Informationen verwässern, die keinerlei nachweisbaren Evidenzwert haben?
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Desotho
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Desotho »

Ey was get, intalaktuale scheise hier ...
El Psy Kongroo
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Leonard Zelig
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Leonard Zelig »

Bei Wut auf Kritiker muss ich direkt an die Szene in Birdman denken:
https://youtu.be/4d5KovCbU8w?si=Vz078fTzYQkAlehQ
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

www.gamersglobal.de
OlliF
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von OlliF »

Gerade in der Mittagspause angefangen. Den Rest hebe ich mir für heute Abend auf, das will ich konzentriert zu Ende bringen.

Aber schon Mal Daumen hoch, dass die Folge kostenlos draußen ist. Eine bessere Werbung gibt es nicht! :)
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Largelot
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Largelot »

zollern hat geschrieben: 20. Mär 2025, 09:30 Ich denke da an Star-Trek-Serien. Ältere Serien mit schlechten Enden werden gefühlt häufiger wohlwollend besprochen als moderne. Da gab es kein so großes Gemeinschaftsgefühl, man hat die Serien für sich geschaut und hat damit gelebt, was man bekam.
Danke für die wunderbare Folge.
Du darfst aber auch nicht verkennen, dass grade im Bereich der Serie sich die Narration komplett anders entwickelt hat.
Eine Serie (TV oder Spiele Serie) ist ja mittlerweile meist eine Geschichte mit einem Anfang und einem Ende.
Die Serien im klassischen Monster of the Week Format (Ich glaube die letzte seiner Art war wirklich X-Files) gibt es ja gar net mehr!
Was ich damit meine, dass diese Serien damals weder einen Weg, noch ein Ziel hatten :-).

Aber danke für das Hervorheben dieser Folge. Werde ich mir gleich beim Sport schön zu Gemüte führen!
Signa-Tour 2025
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Gajan
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Gajan »

Desotho hat geschrieben: 20. Mär 2025, 12:37 Ey was get, intalaktuale scheise hier ...
:lol:
C64 > Amiga 500 > PC > Die Gamingkneipe
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simons
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von simons »

Habe nichts beizutragen außer dass ich die Folge sehr interessant fand und leider auch unterhaltsam womit sie leider keine Hochkultur mehr ist und ich den beiden jeglichen Anspruch auf kulturelle Deutungshoheit absprechen muss. Nächstes Mal bitte zerebraler, sonst platzt mir der Rollkragen.
Ingoknito
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Registriert: 19. Jul 2021, 21:55

Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Ingoknito »

Hochkultur nur als Statussymbol zu begreifen ist halt reiner Selbstzweck und in meinen Augen wertlos. Witzigerweise geht es bei der Hochkultur, bei der das Werk im Mittelpunkt steht, viel weniger um den Rezipienten als es bei der Pop-Kultur der Fall ist.

Experten-Wissen für Hochkultur braucht man nicht wirklich. Zumindest nicht dieses Wissen wie bei den Marvel-Filmen, die ja genau auf diese Kenntnisse hin produziert wurden. Bei der Welt-Literatur wird man zwar von ihrer schieren Größe und Vielfalt erschlagen, aber es gibt genauso viele Zugänge und eine größere Offenheit.

Das einzige Positive am Sterben der Hochkultur ist das damit einhergehende Verschwinden des (hoch)- kulturellen Kapitals. Die Frage ist nur was seinen Platz stattdessen eingenommen hat.
Hoobs
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Registriert: 7. Dez 2022, 11:36

Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Hoobs »

Großes Kompliment für diese Folge. Anspruchsvoll und spannend! Das war wirklich ein Hörgenuss... aber die Frage "Warum werden Spielekritiker für zB eine schlechte Testwertung zum Teufel gejagt und mit einem riesigen Shitstorm übergossen wenn einem die Wertung nicht gefällt", wurde hier nur zum Teil aufgearbeitet. Das mit der fehlenden Akzeptanz zb des Kritiker bei den eingeschworenen Fans, ist sicherlich eine Facette. Eine sehr interessante! Aber ich dachte hier weitet sich der Blick nicht nur zum Thema "Hochkultur", sondern beschäftigt sich auch mit der Frage warum immer mehr Menschen hasserfüllte Reaktionen zeigen. Zu diesem Thema lese ich gerade ein wirklich bereicherndes Buch. Es hat NULL mit Gaming zu tun. Im Fokus stehen eher politische Diskussionen... aber am Ende kann man das alles mit ineinander vereinen. Die Gründe warum Menschen immer mehr Hass und Hetze im Netz verbreiten, ist nämlich vielschichtig. Als Beispiele könnte man #SozialeNetzwerke und #Polikrisen nennen, aber das Thema ist insgesamt super spannend und hätte sicherlich auch sehr gut Eure Podcastfolge bereichert. Na, vielleicht kann man das irgendwann ja noch einmal aufnehmen. Der dazugehörige Buchtipp lautet: DEFEKTE DEBATTEN von Julia Reuschenbach und Korbinian Frenzel
Ingoknito
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Ingoknito »

Man muss aber sagen, dass der Spielejournalismus sich das zu einem großen Teil selber eingebrockt hat. Die Spieler wurden von ihnen Jahrzehnte lang als "Fans" erzogen - in Zusammenarbeit mit der Spieleindustrie. Selbst heute noch. Der mündige Spieler ist nicht gewollt, weil dieser eine mögliche Gefahr für den Status Quo darstellt. Eine Weiterentwicklung des Mediums (nicht nur eine gesellschaftliche Anpassung wie beim Thema Gleichberechtigung, sondern das Medium selbst) ist vom Service-Journalismus nicht gerne gesehen, weil man dann nicht das gelernte Programm immer wieder vorne abspulen kann, sondern auf etwas Neues mit entsprechendem Mehraufwand reagieren muss.

Abgrenzung und Differenzierungen müssen nicht nur etwas schlechtes sein. Beispielsweise eine Abgrenzung zu Glücksspiel und anderem Predatory-Game Design. Aber selbst über diese niedrige Latte kann nicht gesprungen werden. Videospiele haben nicht wirklich ausgearbeitete Merkmale. Solange es etwas mit Elektronik zu tun hat und sich sich selber als Videospiel bezeichnet, ist es ein Videospiel. Das klingt im ersten Moment unproblematisch, sogar positiv. Letztendlich helfen diese hegemonialen Strukturen aber in erster Linie dem Groß-Kapital, weil dieses bei einer fehlenden Ausdifferenzierung den geringsten Widerstand darstellt und entsprechend abgesichert ist.
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HungrigerBiber
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von HungrigerBiber »

Hab leider nur Naturwissenschaften studiert und mein Leben lang Fachwissen in einer Nische aufgebaut die nichts mit dem Thema zu tun hat und verstehe von der Folge absolut nichts. Das ist auch nicht polemisch gemeint. Ich beneide die Geisteswissenschaftler etwas, dass sie solche Unterhaltungen führen können, verschwinde jetzt wieder in meine Coding Höhle und wünsche euch viel Spaß bei der Besprechung der Folge.
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philoponus
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von philoponus »

Ich habe übrigens eine intensiv gelesene Münchner Goethe-Ausgabe in einem meiner 28 Bücherregale stehen :mrgreen:
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Wudan
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Wudan »

"Das ist quasi das Äquivalent zum mitsingen" :D Beste.
Unkreativer Nickname
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Unkreativer Nickname »

In der Folge war es ein beiläufiger Nebensatz, dass Sportkommentatoren ja nicht seit 20 Jahren Fußball spielen müssten, und es ändert nicht wirklich was an euren Punkten, aber wenn man Sportjournalismus an der Deutschen Sporthochschule studieren möchte, muss man tatsächlich einen Eignungstest bestehen, in dem eine Reihe sportlicher Fähigkeiten getestet werden. Ebenso enthält das Studium an sich diverse praktische Module, in denen man Sportarten ausprobiert bzw. erlernt.

Das heißt natürlich nicht, dass alle Sportkommentator*innen einen solchen Hintergrund haben, aber zumindest scheint es aus universitärer Sicht tatsächlich eine Voraussetzung zu sein, dass man ein gewisse Sportlichkeit und Praxiserfahrung mitbringt, wenn man Sportjournalist*in werden möchte.
Havermilch
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Havermilch »

Sehr, sehr coole Folge! Hat mir richtig gut gefallen und fand es auch durchweg sehr bereichernd zu hören. Gleichzeitig noch die Buchempflehung zu bekommen war auch nicht schlecht, klingt auf jeden Fall einen weiteren Blick wert. Die beiläufig gezeichneten Bilder, wie die Expressionismus-Hooligans im Kunstmuseum waren auch absolut fantastisch (davon, mit dem im Hintergrund ankommenden Bus des Wanne-Eickler-Fanclubs, hätte ich jetzt gerne ein Gemälde :lol: ).

Ich gehe aber mit dem Elden-Ring-Beispiel der Elitenbildung im Gaming nicht ganz mit. Das ist ein vorhandenes Phänomen einer Form von Elitenbildung, dass ihr finde ich auch treffend umschrieben habt. Dennoch erinnert es mich qualitativ eher an Formen von Sport, etwa Bouldern oder Bergsteigen, wo man eine körperliche Leistung/Fähigkeit unter Beweis stellen muss um die Anerkennung zu erhalten. In Hinblick auf Hochkultur hätte ich persönlich gesagt, dass Spiele etwas bemerkenswertes machen müssen um eine künstlerische Grundlage schaffen zu können statt einen hohen Schwierigkeitsgrad zu haben. Ich würde sogar sagen, dass für diese Frage die Frage nach der Zugänglichkeit nicht zentral wäre (also auch anspruchsvoll oder schwierig sein dürfte, bloß nicht müsste). Das findet man sicher im Indie-Bereich einfacher. Entsprechend würde ich mich aus den besprochenen Bereichen im Gaming eher bei dem Indie-Beispiel einordnen, aber eigentlich sollte es auch kein Anspruch sein, dass es Indie sein müsste. Aber vielleicht komme ich genau damit ja auch einfach wieder bei der Beobachtung an, dass es im Spielebereich einfach (noch) keine Hochkultur gibt und sich auch der Kunstbegriff noch in der Entwicklung befindet. Mit Hinblick auf die von mir erfahrene Diskrepanz beim Elden Ring-Beispiel und mit Blick auf das Vorhandensein von E-Sport frage ich mich dennoch, ob "Hochkultur und Kunst im Gaming" und "Sport im Gaming" nicht getrennter voneinander betrachtet werden sollten.
Ingoknito hat geschrieben: 20. Mär 2025, 17:36 Experten-Wissen für Hochkultur braucht man nicht wirklich. Zumindest nicht dieses Wissen wie bei den Marvel-Filmen, die ja genau auf diese Kenntnisse hin produziert wurden. Bei der Welt-Literatur wird man zwar von ihrer schieren Größe und Vielfalt erschlagen, aber es gibt genauso viele Zugänge und eine größere Offenheit.
Mh, würde ich nicht unterschreiben. Sicherlich braucht man nicht im direkten Übertrag das direkte Pendant davon, alle 300 Marvel-Filme und -Serien gesehen zu haben, um irgendwelche Details verstehen zu können und sich dann Wissend zu fühlen. Doch um selbst in der Lage sein zu können, Werke umfassend genießen zu können braucht man schon Hintergrund, den man nicht auf der Straße lernt. Man kann ihn denke ich nicht nur auf einem Weg erlernen. Ein entsprechendes Elternhaus zu haben ist sicher traditionell ein Weg, der in früheren Zeiten dafür gesorgt hat, dass es zum Gatekeeping taugte (und in bestimmten Kreisen sicher auch weiterhin erkennen lässt, ob man dazu gehört). Heute kann man sich dann sicherlich auch mit anderen Hilfsmitteln behelfen, wie entsprechend einordnender oder einführender Literatur und gute Schulbildung legt bei manchen Sachen sicher auch einen Grundstein. Im Beispiel der Marvelfilme findet man jedoch analog auch Film-Fanpages, die einem erklären, was das Ende des neusten Films bedeutet, falls man versuchen möchte, spät noch dazuzustoßen und noch nicht alle Filme nachholen wollte (und es war ja auch nur eine Illustration).
Hoobs hat geschrieben: 20. Mär 2025, 18:14 [...] die Frage "Warum werden Spielekritiker für zB eine schlechte Testwertung zum Teufel gejagt und mit einem riesigen Shitstorm übergossen wenn einem die Wertung nicht gefällt", wurde hier nur zum Teil aufgearbeitet. [...] Als Beispiele könnte man #SozialeNetzwerke und #Polikrisen nennen, aber das Thema ist insgesamt super spannend und hätte sicherlich auch sehr gut Eure Podcastfolge bereichert. [...]
Musste beim Lesen noch daran denken, dass gefühlt in jedem Kommentarbereich der letzten Tests, die ich gelesen habe, Hasswellen verbreitet wurden, dass man den Testern doch eh nicht mehr vertrauen könne. Da frage ich mich jedes mal, wieso man sich immer wieder die Mühe macht, das unter Tests zu schreiben, wenn man ihnen eh nicht traut. Wieso verbringt man die Zeit nicht einfach irgendwann mit etwas anderem? Hat fast schon etwas von Anti-Fantum wie bei einem Drachenlord.
OlliF
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von OlliF »

Wudan hat geschrieben: 21. Mär 2025, 21:09 "Das ist quasi das Äquivalent zum mitsingen" :D Beste.
Das hat mich so gekillt. War gerade auf dem Lidl Parkplatz und habe sämtlich Hochkultur fahren lassen und laut losgelacht. Welch hedonistischer Genuss!
Maestro84
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von Maestro84 »

Ich finde es lustig, dass wir letzten Endes ähnliche Diskussionen doch bei jeden neuen Medien(formen) führen. Werke von Gothe und Schiller galten mal als der "böse Rock'n Roll" ihrer Generation und angeblich wurde schon die Jugend unserer Urugroßeltern von verruchten Ludern wie einer Sara Bernard ins Dunkle geführt, lange bevor Elvis, Manson oder Sid Meier vom kleinen Choppy zur Erde gebracht wurde. Was Wertungswut angeht, da dient aktuell wirklich wunderbar der Gamestar-Test zu AC-Shadows als Beispiel. Was für ein Kino und das für weniger als zwanzig Euro für zwei Stunden "Spaß". Hach ja, "Gamer" sind schon ein abartiger Haufen. :|
HungrigerBiber hat geschrieben: 20. Mär 2025, 21:09 Hab leider nur Naturwissenschaften studiert und mein Leben lang Fachwissen in einer Nische aufgebaut die nichts mit dem Thema zu tun hat und verstehe von der Folge absolut nichts. Das ist auch nicht polemisch gemeint. Ich beneide die Geisteswissenschaftler etwas, dass sie solche Unterhaltungen führen können, verschwinde jetzt wieder in meine Coding Höhle und wünsche euch viel Spaß bei der Besprechung der Folge.
Hat Andre nicht nur angefangen, Jura zu studieren, bevor er als typischer Abbrecher "irgendwas mit Spielemedien" gemacht hat? :ugly:
philoponus hat geschrieben: 21. Mär 2025, 20:54 Ich habe übrigens eine intensiv gelesene Münchner Goethe-Ausgabe in einem meiner 28 Bücherregale stehen :mrgreen:
Pfft. Ich hab dafür zehn Ausgaben von Hohlbeins Enwor, alle Zwergen- und Albae-Romane von Heitz und eine vollständige Sammlung (1 bis aktuell) an Lustigen Taschenbüchern zu Hause stehen. :dance: Lediglich in die Tiefen von Fitzek hab ich mich bisher nicht vorgewagt.
OlliF hat geschrieben: 22. Mär 2025, 06:55
Wudan hat geschrieben: 21. Mär 2025, 21:09 "Das ist quasi das Äquivalent zum mitsingen" :D Beste.
Das hat mich so gekillt. War gerade auf dem Lidl Parkplatz und habe sämtlich Hochkultur fahren lassen und laut losgelacht. Welch hedonistischer Genuss!
Wie ALLAMARAINE!!! morgens in der Straßenbahn. :whistle:
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pion_der_siebzehnte
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Re: Feierabendbier: Wut und Wertung

Beitrag von pion_der_siebzehnte »

Super Folge! Was ich noch gerne hinzufügen will - zur Frage, ob Spiele bereits Werke der Hochkultur haben - ist, dass meiner Meinung das Medium Spiele noch sehr weit entfernt ist von Brillianz. Wie Jochen Gebauer zu Recht in der Vergangenheit erwähnt hat, gibt es (fast) keine Spiele, die eine wirklich gute Story haben. Ich schliesse mich dem an: weshalb wird bei Spielen immer noch gespart mit guten Autoren? Im Jahr 2025 sollten wir doch fähig sein, eine Story zu erzählen, welche abweicht von den gängigen Stereotypen. Stattdessen feiert die Presse jede kleine Überraschung eines Narrativs ab, als wäre das nun genial.
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