Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

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Odradek
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Odradek »

Ricer hat geschrieben: Die Diskussion um die Berücksichtigung der Männer finde ich sehr interessant. Ich kann Nina hier nur zustimmen, dass ein solcher Diskurs von Männern ausgehen sollte. Alles andere wirkt wie ein entspanntes Zurücklehnen und Abwarten.

Als Mann finde ich es ferner immer interessant, wie in eine Diskussion um Sexismus, Feminismus und die Darstellung und Rolle der Frau, es unweigerlich zu einem aber aber aber was ist mit den Männern in X geht.
Eprom
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Beurkeek hat geschrieben:Den Versuch, möglichst allen Geschlechtern (sowie u.a. Ethnien und Kulturen) die gleichberechtigte Einbindung in unsere Gesellschaft und eine vielfältige mediale Repräsentation zu ermöglichen vergleichst du... mit den Diskursen der neuen Rechten? Das erschließt sich mir nicht. Inwiefern ist "die Annerkennung 'fremder' Kulturen und Personengruppen" auch nur annähernd gleichzusetzen mit der aktiven Ausgrenzung, die gerade die Identitären fordern? Wer wird in dem von Dir gezeichneten Szenario also von Feminist_innen ausgegrenzt?
Zu dem Thema sind evtl. diese Artikel hilfreich beim Verständnis. Ich werde das jetzt nicht ausführlich kommentieren, da es nicht ganz zum Thema gehört.

http://jungle-world.com/artikel/2016/35/54756.html" onclick="window.open(this.href);return false;
http://jungle-world.com/artikel/2012/30/45919.html" onclick="window.open(this.href);return false;
http://www.extrablatt-online.net/archiv ... -benl.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Beurkeek hat geschrieben:Inwiefern widersprichst Du damit meinen Ausführungen? Klar steht hinter solchen Entwicklungen immer auch eine Eigenmotivation, aber viele Menschen setzen sich zugleich explizit für diesen kulturellen Wandel ein.
Es ging aber nicht darum z.B. 'Heteronormativität' in Frage zu stellen, oder Begriffe wie 'Mann' und 'Frau' zu dekonstruieren, wie das heute beim Queerfeminismus der Fall ist.
Beurkeek hat geschrieben:Wie würdest du dieses Beispiel auf die Spieleindustrie übertragen?
Nun, natürlich sollten sich Spieleproduzenten schon allein aus Profitgründen damit befassen, wer ihre Zielgruppe ist. Da könnte es natürlich hilfreich sein, ein entsprechend diverses Them and Programmieren, Künstlern und Autoren zu haben. Wer sich weiterhin einer traditionell männlichen Zielgruppe verpflichtet fühlt, muss sich damit natürlich nicht auseiandersetzen.
Perönlich sehe ich da kein Problem, das dadurch irgendwer zu kurz kommen könnte.

Dann gab es im Zuge der GamerGate Kontroverse auch solche Artikel:

'On some level, the grim individuals who are self-centred and myopic enough to be upset at the prospect of having their medium taken away from them are absolutely right. They have astutely, and correctly identified what is going on here. Their toys are being taken away, and their treehouses are being boarded up"

https://archive.is/L4vJG#selection-179.0-187.17" onclick="window.open(this.href);return false;

Die Frage ist, wie kommt der Autor auf soetwas? Ist es hilfreich, sich so ein Feindbild zusammenzubasteln? Oder wäre es nicht besser, Skeptiker versuchen zu überzeugen, das sie keine Angst haben müssen, das ihnen etwas weggenommen wird?
Beurkeek hat geschrieben:Ich frage mal provokant im Kontext unseres Themas: Ist es für Dich im Rahmen der Meinungsfreiheit essentiell, jemanden in einem Onlinespiel als "hässliche Fotze" bezeichnen zu können?
Ja.
Nicht für mich perönlich, da ich mich ungern als Sexist oder Rassist bezeichnen lasse und die Ideologie die dahinter steckt ablehne. Aber solche Beleidigungen sind natürlich der Grenzfall an der sich Meinungsfreiheit beweisen muss. Über Meinungsfreiheit wird nicht entschieden, was Menschen z.B. bei einem launigen Kaffeekränzchen erzählen.
Beurkeek hat geschrieben:Und hier noch eine Ausführung, da ich obige Frage natürlich so nicht stehen lassen möchte: Es scheint eine sehr geläufige Missinterpretation des Wortes "Meinungsfreiheit" zu bestehen. Die nämlich bedeutet in erster Linie, dass Du die grundsätzliche Möglichkeit hast, Deine Meinung offen und uneingeschränkt zu äußern. Sie bedeutet nicht, dass Du jederzeit überall sagen kannst, was immer Du möchtest. Wenn also zum Beispiel eine Spielefirma beschließt, die Kommunikation in ihrer Software zu reglementieren bzw. zu moderieren, ist das keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil Du immer noch eine unüberschaubare Masse von Möglichkeiten hast, Deine Meinungen/polarisierenden Ansichten/expliziten Beleidigungen an anderer Stelle zu äußern.
Da hast Du natürlich vollkommen recht, das es in Deutschland und anderswo gewisse gesetzliche Rahmenbedingungen gibt, die Meinungsfreiheit einschränken. Auch kann eine Spielefirma darüber frei entscheiden, wie sie die Kommunikation in ihren Spielen gestalten will. Was vielleicht juristische gesehen, keine Beleidigung ist, kann in solchen Spielen schon sehr restriktiv geahndet werden.

Aber, Meinungsfreiheit ist nicht nur ein juristischer Begriff sondern eine Idee die viel weiter interpretiert werden kann, als das im Gesetzestext steht. Vor allem verbinden sich damit intellektuelle Tugenden wie z.b. andere Ansichten faiererweise zur Kenntnis zu nehmen, sich mit dem eigenem Urteil etwas zuzrückzuhalten, anderen Menschen eine eigene Meinung zugestehen und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, das sie recht haben könnten und man selbst falsch liegt - aber vor allem Aussagen zu tolerieren, die man eventuell abstoßend oder ungehörig findet.
Ich fände es sehr wichtig, Kindern und Jugendlichen das beizubringen, denn es ist die unerlässliche Vorraussetzung für Bildung und Wissenserwer, Kritik und Fortschritt an sich.
Beurkeek hat geschrieben:Offene Diskurse sind extrem wichtig, da sind wir uns einig. Wo siehst Du sie denn - und kommen wir hier am besten wieder auf unser eigentliches Thema, nämlich Sexismus in der Spieleindustrie - als eingeschränkt an?
Das müsste von Fall zu Fall entschieden werden. Aber natürlich sind jegliche Einschränkung der Kommunikation in Spielen seitens der Spielefirmen, wenigstens kritisch zu sehen, weil sie sich nicht auf Meinungsfreiheit als das was ich oben definiert haben, verständigen können.

Beurkeek hat geschrieben:Diese Aussage lässt mich vermuten, dass Du Dich doch nicht so umfassend mit Feminist_innen auseinandergesetzt hast, denn "Sexfeindlichkeit" ist etwas, das sich im modernen Feminimus definitiv nicht (mehr) weitreichend verorten lässt. Ganz im Gegenteil spricht man sich offen für Sexpositivität und demnach dafür aus, dass Männer und Frauen ihre Sexualität entsprechend ihren Wünschen ausleben können.

Sex und Objektifizierung haben praktisch nichts miteinander zu tun. Das eine ist ein einvernehmlicher Akt, an dem Menschen bewusst und aktiv teilnehmen; das andere ist die Entscheidung, eine andere Person nicht als Mensch mit einer Persönlichkeit und individuellen Wünschen, sondern als bloße Form bzw. Summe ihrer Körperteile wahrzunehmen. Wenn man also Kritik an Objektifizierung übt, lehnt man damit nicht Sex ab.
Naja, ich habe nie Behauptet Experte zu sein und so sollen meine Beiträge auch gelesen werden - immer in kritischer Distanz, denn natürlich kann ich falsch liegen und sich meine Meinung noch ändern. :D

Nur kurz noch zu diesem Punkt. Als Mensch ist man einerseite Subjekt UND Objekt. Als Mensch unterliege ich den Naturgesetzen und biologischen Vorraussetzungen, die unabhängig von meinem Willen geschehen. Deshalb bin ich in diesem Fall Objekt. Das ist erstmal eine neutrale Beschreibung von natürlichen Tatsachen und damit geht keine Wertung einher.
Zweitens mache ich auch beim Geschlechtsverkehr die andere Person zum Objekt meiner sexuellen Bedürfnisse und das ist an sich nichts schlechtes, solang diese Person mir dazu ihre Einwilligung gibt.
In der Bioethik wird außerdem darüber gestritten, was ein Mensch ist. Kann man all diese Eigenschaften wie Persönlichkeit, individuelle Wünsche und freier Wille einfach so wegnehemen und dann behaupten, das dieses etwas kein Mensch mehr ist? Dann währen nämlich Babies, Demenz-, oder psychische Kranke Personen keine Menschen mehr, sondern nur noch Objekte.
Sehr schwieriges Thema also.
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Filusi
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Filusi »

Ohne jetzt die vorherigen 14 Seiten gelesen zu haben ...

Möchte ich nur kurz mein Lob für den extrem tollen Podcast und die super sympatischen Gäste mit ihren schönen und für mich teils neuen Ansichten hier loswerden.
Großartig, weiter so!
Ich halte mich ja eigentlich für tolerant und meine mich oft in andere Personen und ihre Ansichten hineinversetzen zu können bzw. dies halt einfach auch nur mal zu versuchen.
Zudem spiele ich ja auch Overwatch ab und an mal mit meiner mittleren Tochter zusammen.
Aber immernoch freue ich mich, wenn ich in Overwatch oder anderen MP Spielen höre, dass weibliche Mitspieler dabei sind. Die soziale Kompetenz gerade in kompetativen Spielen ist immer wieder bemerkenswert und ich selbst würde mir da gerne eine Scheibe abschneiden (leider kehrt aber gerade Overwatch manchmal die schlimmste Seite von mir heraus ...). Auch bleiben sie immer ruhig und kompetent. Naja jedenfalls freue ich mich immer wieder und äussere mich daher auch ab und an überrascht. Aber immer mit positiven Hintergedanken.

Jetzt zu hören, dass gerade dies nicht so gut ankommt, ist doch ein guter Spiegel, da ich ja eigentlich wissen müsste, dass es keine Seltenheit mehr ist bzw. überhaupt sein kann.
Aber irgendwie bin ich halt immernoch komsicherweise falsch geprägt ...

Danke für diese Einsicht, ich hoffe ich kann es nun besser im Kopf behalten und auch umsetzen.

Ich mag es immer wieder, wenn ich unterschiedliche Einsichten in ein und das gleiche Hobby gewinnen kann. Gerade dieses Format ist klasse dafür. Grandios, ich bin stolz ein Backer/Unterstützer zu sein.
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Terranigma
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U

Beitrag von Terranigma »

Eprom hat geschrieben:Aber, Meinungsfreiheit ist nicht nur ein juristischer Begriff sondern eine Idee die viel weiter interpretiert werden kann, als das im Gesetzestext steht. Vor allem verbinden sich damit intellektuelle Tugenden wie z.b. andere Ansichten faiererweise zur Kenntnis zu nehmen, sich mit dem eigenem Urteil etwas zuzrückzuhalten, anderen Menschen eine eigene Meinung zugestehen und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen,[...]
Jemanden als "häßliche Fotze" zu bezeichnen - um bei den Beispiel zu bleiben - ist allerdings keine Ansicht, weil die Intention solch einer Aussage nun eben nicht darin liegt, einen Standpunkt mitzuteilen, sondern sein Gegenüber zu beleidigen, gleichwohl ist es kein Ausdruck einer Meinung, wenn man jemanden als "häßliche Fotze" bezeichnet, es ist Ausdruck einer Beleidigung. "Häßliche Fotze" ist kein Meinungsbeitrag. Genau aus diesem Grund werden derartige Äußerungen auch zumindest der Theorie nach von Privatbetreibern geahndet, weil damit kein Diskussion befördert, sondern ein Gespräch unterminiert wird. Anders gesagt: Ich würde bei mir auch niemanden Zuhause dulden, der meine Gäste als "häßliche Fotze" bezeichnet, u.a. deshalb, weil es das Miteinander vergiftet und dies der Meinungsfreiheit ebenfalls nicht förderlich ist, wenn Personen durch verbale Attacken ins Abseits gedrängt werden. Meinungsfreiheit in diesem weiteren Sinne setzt eben auch ein Klima voraus, in dem man die eigenen Meinungen auch anständig kommunizieren kann. Wer beleidigt, beschädigt das Klima und damit den freien und ungestörten Meinungsaustausch.
Eprom hat geschrieben:[...]das sie recht haben könnten und man selbst falsch liegt - aber vor allem Aussagen zu tolerieren, die man eventuell abstoßend oder ungehörig findet.
Inwiefern kann jemand "richtig" oder "falsch" liegen, wenn man sein Gegenüber als "häßliche Fotze" bezeichnet? Da ist kein Inhalt drin. Wenn ich sage, "Du bist ein Arschloch", mache ich damit ja auch keine Behauptung auf, die es zu verifizieren gäbe. Es ist eben eine Beleidigung, mehr nicht. Und Beleidigungen muss man nicht tolerieren. Es gibt kein Anrecht darauf, andere Menschen verbal anzugreifen.

Natürlich toleriere ich es, dass Menschen andere Standpunkte vertreten als die meinen. Das heißt aber nicht, dass ich die Standpunkte toleriere. Dies sind zwei dezidiert verschiedene Punkte. Im einen Fall toleriert man das Äußern einer abweichenden Meinung, im anderen Fall toleriert man den Inhalt der Äußerung. Ob dieser allerdings tolerierbar ist, das hängt eben ganz vom Inhalt der Aussage ab. Wer sagt: "Ich denke, es wäre besser, wenn Frauen nur mit Genehmigung des Ehemannes eine Arbeit aufnehmen dürften", der darf diesen Standpunkt natürlich vertreten - und ich darf diesen Standpunkt ebenso ablehnen und dagegen agitieren, d.h. den Inhalt der Aussage nicht tolerieren.
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tobias
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von tobias »

MrZwicky hat geschrieben:Ich selbst hätte nie gedacht, dass es Spieler dort draußen gibt, die ohne Skrupel einfach los grapschen.
Wie kommst du darauf das junge Männer sich besser und und respektvoller gegenüber Mädchen verhalten weil sie digitale Spiele spielen? Kommt ja (leider) nicht nur in der Gamer-Szene vor sowas.
Eprom
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Terranigma hat geschrieben:Jemanden als "häßliche Fotze" zu bezeichnen - um bei den Beispiel zu bleiben - ist allerdings keine Ansicht, weil die Intention solch einer Aussage nun eben nicht darin liegt, einen Standpunkt mitzuteilen, sondern sein Gegenüber zu beleidigen, gleichwohl ist es kein Ausdruck einer Meinung, wenn man jemanden als "häßliche Fotze" bezeichnet, es ist Ausdruck einer Beleidigung. "Häßliche Fotze" ist kein Meinungsbeitrag.
Wenn Du in dieser Äußerung einen Inhalt entdeckst, der Deiner Ansicht nach dazu geeignet ist andere zu verletzten, dann haben wir es hier mit einer Meinung zu tun.
Es ist damit kein unverständliches Geräusch das niemanden etwas zu sagen hat, sondern eine Aussage mit einem gewissen Sinngehalt, also eine Meinung.
Warum sollte man denn dann sonst, soetwas unterbinden wollen?
Eprom hat geschrieben:Inwiefern kann jemand "richtig" oder "falsch" liegen, wenn man sein Gegenüber als "häßliche Fotze" bezeichnet? Da ist kein Inhalt drin. Wenn ich sage, "Du bist ein Arschloch", mache ich damit ja auch keine Behauptung auf, die es zu verifizieren gäbe. Es ist eben eine Beleidigung, mehr nicht. Und Beleidigungen muss man nicht tolerieren. Es gibt kein Anrecht darauf, andere Menschen verbal anzugreifen.
Hier liegt das Problem das schwer festzulegen ist, was als Beleidigung und was als Kritik gilt.
Die AfD Politikerin Alice Weidel musst sich vor kurzen von einem NDR Satiriker als 'Nazi-Schlampe' bezeichnen lassen.
Sie klagte dagegen und vorlor. Das Gericht sah darin keine Beleidigung sondern eine Äußerung die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Edit by Blaight: Fixed title.
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Ironic Maiden
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Ironic Maiden »

Ich möchte mich an der Diskussion eigentlich nicht beteiligen, aber das ist einfach falsch und ich kann es so nicht im Raum stehen lassen:
Die AfD Politikerin Alice Weidel musst sich vor kurzen von einem NDR Satiriker als 'Nazi-Schlampe' bezeichnen lassen.
Sie klagte dagegen und vorlor. Das Gericht sah darin keine Beleidigung sondern eine Äußerung die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
In der Begründung dieses Beschlusses werden einige Gründe genannt, wegen denen das Landgericht Hamburg Alice Weidels Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den NDR abgelehnt hat. Diese Gründe sind z.B. dass die Aussagen im Rahmen eines satirischen Beitrages gemacht wurden, und diese Satire von der Meinungsfreiheit in diesem konkreten Kontext gedeckt ist. Es heißt nicht, dass man immer jeden "Nazi-Schlampe" nennen darf. Dazu wurde noch gesagt, dass sie als Person des öffentlichen Lebens überspitzte Kritik stärker hinnehmen muss als Privatpersonen. Es heißt also auch nicht, dass ich jeden Mitspieler in einem Spiel wüst beschimpfen darf und das durch Meinungsfreihet gedeckt ist.
Alice Weidel hat auch nicht geklagt, sondern einen Antrag auf eine einsteitweilige Verfügung gestellt, der abgelehnt wurde. Es handelt sich hier also mitnichten um ein Gerichtsurteil, das besagt, dass jeder jeden Nazi-Schlampe nennen darf.
Solche Verkürzungen wie in dem oben genannten Zitat halte ich für wirklich unproduktiv und überflüssig.
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Ironic Maiden hat geschrieben:Ich möchte mich an der Diskussion eigentlich nicht beteiligen, aber das ist einfach falsch und ich kann es so nicht im Raum stehen lassen:
Die AfD Politikerin Alice Weidel musst sich vor kurzen von einem NDR Satiriker als 'Nazi-Schlampe' bezeichnen lassen.
Sie klagte dagegen und vorlor. Das Gericht sah darin keine Beleidigung sondern eine Äußerung die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
In der Begründung dieses Beschlusses werden einige Gründe genannt, wegen denen das Landgericht Hamburg Alice Weidels Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den NDR abgelehnt hat. Diese Gründe sind z.B. dass die Aussagen im Rahmen eines satirischen Beitrages gemacht wurden, und diese Satire von der Meinungsfreiheit in diesem konkreten Kontext gedeckt ist. Es heißt nicht, dass man immer jeden "Nazi-Schlampe" nennen darf. Dazu wurde noch gesagt, dass sie als Person des öffentlichen Lebens überspitzte Kritik stärker hinnehmen muss als Privatpersonen. Es heißt also auch nicht, dass ich jeden Mitspieler in einem Spiel wüst beschimpfen darf und das durch Meinungsfreihet gedeckt ist.
Alice Weidel hat auch nicht geklagt, sondern einen Antrag auf eine einsteitweilige Verfügung gestellt, der abgelehnt wurde. Es handelt sich hier also mitnichten um ein Gerichtsurteil, das besagt, dass jeder jeden Nazi-Schlampe nennen darf.
Solche Verkürzungen wie in dem oben genannten Zitat halte ich für wirklich unproduktiv und überflüssig.
Danke für die Richtigstellung. Ich habe das ganze nur am Rande mitbekommen.

Wie viel man als Privatperson hinnehmen will, entscheidet man zuersteinmal selbst. Wenn die Menschen eine größere Frustrationstoleranz entwickeln würden und das, was ihnen nicht passt, einfach ignorieren würden, wär unsere Gesellschaft ein ganzes Stück toleranter. Aber das kann man natürlich kaum von AfD Politikern erwarten. :D
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Terranigma »

Eprom hat geschrieben:Wie viel man als Privatperson hinnehmen will, entscheidet man zuersteinmal selbst. Wenn die Menschen eine größere Frustrationstoleranz entwickeln würden und das, was ihnen nicht passt, einfach ignorieren würden, wär unsere Gesellschaft ein ganzes Stück toleranter.
Aber weshalb sollte man es tolerieren, dass man als "häßliche Fotze" bezeichnet wird? Toleranz ist kein Selbstwert. Ich toleriere keine physischen Angriffe, d.h. wenn mir jemand ins Gesicht schlägt - genauso wenig toleriere ich verbale Attacken, d.h. wenn mich jemand willentlich beleidigt. Ich sehe da überhaupt keinen Anlass eine Frustrationstoleranz zu entwickeln, sondern würde erwarten, dass man andere Menschen halt eben nicht beleidigt. Da wird doch quasi das Täter-Opfer-Verhältnis umgekehrt: Problematisch ist nicht derjenige, der andere als "häßliche Fotze" bezeichnet, sondern diejenige, die nicht tolerant genug ist, diese Beleidigung hinzunehmen. Ohne es an der Stelle böswillig zu meinen, aber das klingt nach eine Variante des Minirock-Arguments.
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Terranigma hat geschrieben:
Eprom hat geschrieben:Wie viel man als Privatperson hinnehmen will, entscheidet man zuersteinmal selbst. Wenn die Menschen eine größere Frustrationstoleranz entwickeln würden und das, was ihnen nicht passt, einfach ignorieren würden, wär unsere Gesellschaft ein ganzes Stück toleranter.
Aber weshalb sollte man es tolerieren, dass man als "häßliche Fotze" bezeichnet wird? Toleranz ist kein Selbstwert. Ich toleriere keine physischen Angriffe, d.h. wenn mir jemand ins Gesicht schlägt - genauso wenig toleriere ich verbale Attacken, d.h. wenn mich jemand willentlich beleidigt
Du kannst Dich dagegen verbal erwehren, wenn Dir danach ist. Das ganze mit physischer Gewalt zu vergleichen, trifft die Intention dieser Annahme nicht. Das sich Leute verbal miteinander auseinandersetzen, hat den Sinn physische Gewalt vorzubeugen.
Ich gehe davon aus, das nicht nur Beleidigungen auf Ablehnung stoßen, sondern das viele Sachen das Weltbild eines Menschen irritieren können - gemein nennt man das Bildung.

Als GamerGate zum Beispiel Anita Sarkeesian physisch bedroht hat, war das ein vollkommenes versagen aller intellektueller Tugenden, die ein aufgeklärter Mensch eigentlich mitbringen sollte.
So, mit dieser Annahme wird also kein Mob verteidigt, sondern das Recht auf Kritik von Leuten wie Sarkessian.
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Terranigma »

Eprom hat geschrieben:Das sich Leute verbal miteinander auseinandersetzen, hat den Sinn physische Gewalt vorzubeugen.


Inwiefern beugt es physischer Gewalt vor, wenn jemand den anderen eine "häßliche Fotze" nennt? Damit wird doch überhaupt erst ein Konflikt aufgemacht. Physische Gewalt verhindert man doch nicht, in dem man sein Gegenüber beleidigt. Insofern ist es vergleichbar: sowohl physische als auch verbale Gewalt ist Gewalt. Und niemand muss es tolerieren, wenn er/sie geschlagen wird und ebenso muss niemand es tolerieren, wenn er/sie willentlich beleidigt wird. Klingt für mich bisher stark nach dem "Minirock".

Stelle mir vor, ich würde deinen Blick auf das Thema als Richtlinie an Kinder und Jugendliche weitergeben. Ihnen eben sagen: "Wenn du von anderen beleidigt wirst, musst du es tolerieren. Andere dürfen das. Nicht andere müssen auf dich Rücksicht nehmen und auf Beleidigungen verzichten, sondern du musst ihr Recht dich uneingeschränkt beleidigen zu dürfen tolerieren. Sei keine Memme und lern damit zu leben." Das fände ich derb.
Eprom hat geschrieben:Ich gehe davon aus, das nicht nur Beleidigungen auf Ablehnung stoßen, sondern das viele Sachen das Weltbild eines Menschen irritieren können - gemein nennt man das Bildung.
Aber Beleidigungen irritieren das "Weltbild" nicht, weil sie eben überhaupt keinen Inhalt zum Ausdruck bringen. Wenn ich jemanden als "häßliche Fotze" bezeichne, wird da niemand in sich kehren und sich überlegen, ob das vielleicht eine wahre Aussage sei - eine Beleidigung ist nicht bildend. Wenn jemand eine Ansicht zu einem Sachverhalt äußert, kann dies das Weltbild irritieren und damit bilden, eben weil man sich mit der Argumentation des Gegenübers und dessen Perspektive auseinandersetzen kann.

Über die Aussage "Videospielen macht dumm" kann man sich streiten, eben weil da eine Behauptung aufgemacht wird, die man verifizieren kann. Über die Aussage "Du bist eine häßliche Fotze" kann man nicht streiten, weil da eben keine Behauptung im Raum steht, die man verifizieren oder verargumentieren könnte. Es ist nur eine Beleidigung, kein Gesprächsbeitrag.
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Terranigma hat geschrieben: Inwiefern beugt es physischer Gewalt vor, wenn jemand den anderen eine "häßliche Fotze" nennt? Damit wird doch überhaupt erst ein Konflikt aufgemacht. Physische Gewalt verhindert man doch nicht, in dem man sein Gegenüber beleidigt. Insofern ist es vergleichbar: sowohl physische als auch verbale Gewalt ist Gewalt. Und niemand muss es tolerieren, wenn er/sie geschlagen wird und ebenso muss niemand es tolerieren, wenn er/sie willentlich beleidigt wird. Klingt für mich bisher stark nach dem "Minirock".
Ein Schlag ins Gesicht ist etwas anderes als eine Beleidigung. Du überziehst den Gewaltbegriff. Entweder durch wehrst Dich physisch oder mit Worten. Letzteres ist immer vorzuziehen und damit eine Alternative zu echter Gewalt.
Terranigma hat geschrieben:Aber Beleidigungen irritieren das "Weltbild" nicht, weil sie eben überhaupt keinen Inhalt zum Ausdruck bringen. Wenn ich jemanden als "häßliche Fotze" bezeichne, wird da niemand in sich kehren und sich überlegen, ob das vielleicht eine wahre Aussage sei - eine Beleidigung ist nicht bildend.
Das sie einen Inhalt zum Ausdruck bringen, habe ich oben schon begründet. Das Problem ist, das was Menschen als Beleidigung auffassen sehr subjektiv ist.
Personen können sich durch Karikaturen, Satire oder wissenschaftliche Fakten beleidigt fühlen. Man müsste also ein klares Distinktionsmerkmal zwischen Beleidigung und Kritik finden. Das gibt es aber nicht.
Alice Weidel von der AfD fühlte sich von dem Begriff 'Nazi Schlampe' beleidigt. Da das aber durchaus auch als Satire aufgegasst werden kann, also als eine Form der Kritik, wurde ihr Antrag vor Gericht abgelehnt.
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Andre Peschke »

Eprom hat geschrieben: Alice Weidel von der AfD fühlte sich von dem Begriff 'Nazi Schlampe' beleidigt. Da das aber durchaus auch als Satire aufgegasst werden kann, also als eine Form der Kritik, wurde ihr Antrag vor Gericht abgelehnt.
Nun kommen wir in der Diskussion aber doch nicht von der Satire, sondern der Ausgangspunkt hier war es, wenn jemand im Voice-Chat beschimpft wird. Also eine Feld-Wald-und-Wiesen-Beleidigung. Und da sehe ich nicht, warum die im Normalfall - nicht in Sonderfällen wie Satire oder bei besonderer Milde - einfach mal hinnehmbar sein soll. Zielt einer Beleidigung ist es ja, den Gegenüber herabzuwürdigen. Warum sollte eine Gesellschaft das tolerieren, anstatt denjenigen zu maßregeln? Das man Menschen durch herabwürdigende Sprache dehumanisieren kann, hat man in der Geschichte schon oft vermerkt. Es erscheint mir daher sinnvoll anzuerkennen, das Sprache eine Wirkung hat, anstatt zu verlangen, dass der Betroffene in der Lage sein soll, sich dieser Wirkung selektiv zu entziehen.

Das Argument, er könne es ja in gleicher Münze heimzahlen, finde ich da auch nicht überzeugend. Erstens befeuert das eine Eskalation, zweitens ist - genau wie bei physischer Gewalt - die Ausgangslage ja nicht immer fair. Jemand könnte im simpelsten Fall rethorisch unterlegen sein und ist einfach nicht in der Lage, sich adäquat verbal zur Wehr zu setzen. Ein Beteiligter hat evtl. eine größere Plattform zum Beleidigen (Youtuber). Es kann ein Machtgefälle geben (Chef beleidigt Mitarbeiter). Oder eben: Jemand gehört einer Minderheit an.

Wenn wir also über Meinungsfreiheit als Ideal sprechen, geht es (wie beim Grundgesetz) um die Abwägung, was schützenswerter ist: Die Freiheit jede Ehrverletzung und Herabwürdigung frei auszusprechen, oder zum Ausdruck zu bringen, dass ein solches Ansinnen von der Gesellschaft nicht schrankenlos akzeptiert wird (denn in einem gewissen Rahmen muss es ja toleriert werden, sowohl gesetzlich als auch mit Blick auf einen gesellschaftlichen Konsens).

Andre
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Vinter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Vinter »

Die Diskussion an der Stelle findet eh auf einer Ebene statt, welche "Meinungsfreiheit" stark verkürzt betrachtet. Übrigens ein recht häufiges Phänomen, auch politisch abseitiges wird gerne mal mit "Meinungsfreiheit" begründet.

Denn schaut man mal ins GG, stellt man folgendes fest

Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Meinungsfreiheit hat also noch nie bedeutet, dass man einfach ALLES sagen darf, was man möchte. Und wenn man sich bei seiner Argumentation schon auf das GG stützt, dann muß man nicht nur Artikel 5 vollständig wahrnehmen, sondern kann ja auch mal links und rechts gucken, was da sonst noch so steht.
Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Und so weiter.
Ein Recht auf Beleidigungen und Hass existiert nicht. Leider reduzieren sehr viele Leute das GG auf Artikel 5(1) und bilden damit nicht mal die vielzitierte Meinungsfreiheit vollständig ab.

Und zu Alice Weidel: Das war, wie bereits erwähnt, eine satirische Reaktion auf Weidels Forderung, die politische Korrektheit abzuschaffen. Eine äußerst gelungene Satire übrigens, wird sie doch von Weidel dadurch geadelt, dass sie für diese Beleidigung extra vor Gericht gezogen ist und dadurch aller Welt offenbart, dass Weidel selbst es gar nicht gut verträgt, wenn man sie mit als beleidigend empfundenen Begriffen bezeichnet. Damit führt sich Weidel selbst und ihre Forderung zur Abschaffung der politischen Korrektheit ad absurdum.

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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Andre Peschke hat geschrieben:Nun kommen wir in der Diskussion aber doch nicht von der Satire, sondern der Ausgangspunkt hier war es, wenn jemand im Voice-Chat beschimpft wird. Also eine Feld-Wald-und-Wiesen-Beleidigung. Und da sehe ich nicht, warum die im Normalfall - nicht in Sonderfällen wie Satire oder bei besonderer Milde - einfach mal hinnehmbar sein soll. Zielt einer Beleidigung ist es ja, den Gegenüber herabzuwürdigen. Warum sollte eine Gesellschaft das tolerieren, anstatt denjenigen zu maßregeln? Das man Menschen durch herabwürdigende Sprache dehumanisieren kann, hat man in der Geschichte schon oft vermerkt. Es erscheint mir daher sinnvoll anzuerkennen, das Sprache eine Wirkung hat, anstatt zu verlangen, dass der Betroffene in der Lage sein soll, sich dieser Wirkung selektiv zu entziehen.
Ich hatte weiter oben ja geschrieben, das es Spielefirmen frei steht, freiwillig über die Rahmenbedingungen zu entscheiden, mit denen sie das Verhalten ihrer User steueren wollen.

Im gesellschaftlichen Kontext wäre darauf hinzuweisen, das Meinungsfreiheit das konstituierende Merkmal einer Demokratie ist. Das eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, also das weniger Demokratie mehr Demokratie zur Folge haben soll, halte ich für Unsinn.
Das mutetet schon fast orwellsch an, Krieg ist Frieden, Zensur oder andere Regulierungen bedeuten mehr Demokratie und Diversity usw.

Andre Peschke hat geschrieben:Das Argument, er könne es ja in gleicher Münze heimzahlen, finde ich da auch nicht überzeugend. Erstens befeuert das eine Eskalation, zweitens ist - genau wie bei physischer Gewalt - die Ausgangslage ja nicht immer fair.
Richtig.
Das ist ja auch der Sinn, Streit und Debatten zu befeuern.
Es übrigens auch andere Instrumente um eine bestimmte Ungleichheit zu glätten. Mehr Bildung, soziale Arbeit bei sozial Schwachen oder Minderheiten. Bessere Gesetze im Bereich Kündigungsschutz für Arbeitnehmer.
All das wäre imho. viel wichtiger und wirksamer, auch weil man sich für eine intakte 'Ehre' nichts kaufen kann.

Andre Peschke hat geschrieben:Wenn wir also über Meinungsfreiheit als Ideal sprechen, geht es (wie beim Grundgesetz) um die Abwägung, was schützenswerter ist: Die Freiheit jede Ehrverletzung und Herabwürdigung frei auszusprechen, oder zum Ausdruck zu bringen, dass ein solches Ansinnen von der Gesellschaft nicht schrankenlos akzeptiert wird (denn in einem gewissen Rahmen muss es ja toleriert werden, sowohl gesetzlich als auch mit Blick auf einen gesellschaftlichen Konsens).

Andre
Irgendwann könnte sich dann das was gesagt werden darf, immer weiter verengen, weil im Prinzip alles als Hate Speech, Ehrverletzung usw. ausgelegt werden kann.
Und daran haben Menschen interesse, die eine ganz bestimmte politische Agenda verfolgen, ob von links oder rechts.
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Andre Peschke »

Eprom hat geschrieben:Im gesellschaftlichen Kontext wäre darauf hinzuweisen, das Meinungsfreiheit das konstituierende Merkmal einer Demokratie ist.
In dem Sinne, dass der Staat dich nicht daran hindert, deine Meinung zu äußern. Es hat noch nie bedeutet, dass die Äußerung jeder beliebigen Meinung folgenlos bleibt. Regeln, auch Regeln des Umgangs, waren schon immer ein konstituierendes Merkmal jedes menschlichen Zusammenlebens. Eine Gesellschaft, die nicht zumindest auch implizite Regeln und Grenzen des tolerierten Verhaltens besitzt, existiert nicht, hat nie existiert (bzw wenn, dann nur kurz, bis sich alle gegenseitig erschlagen haben), wird zu unserem Lebzeiten nicht existieren.
Eprom hat geschrieben:Irgendwann könnte sich dann das was gesagt werden darf, immer weiter verengen, weil im Prinzip alles als Hate Speech, Ehrverletzung usw. ausgelegt werden kann. Und daran haben Menschen interesse, die eine ganz bestimmte politische Agenda verfolgen, ob von links oder rechts.
Das halt ich für einen logischen Fehlschluss, der eine moderate Einschränkung in ein Extrem extrapoliert. Wir haben ja schon seit ewigkeiten Strafrechtsbestimmungen gegen Beleidigung. Hat das dazu geführt, dass inzwischen "alles als Hatespeech ausgelegt wird"? Nein. Wenn überhaupt, ist die Rechtssprechung dort sehr liberal. "Wenn wir das Prügeln verbieten, sind irgendwann Umarmungen verboten und dann jeder Körperkontakt" erscheint mir ähnlich logisch, wie das. Und ich kann nach wie vor nicht verstehen, wie du bei der Güterabwägung auf Seiten eines Rechts auf Beleidigung rauskommen kannst. Man kann nicht sagen "Meinungsfreiheit ist elementarer Bestandteil der Demokratie" und damit eine völlig schrankenlose Anwendung rechtfertigen. Meinungsfreiheit, wie auch die Demokratie an sich, sind keine gottgegebenen Werte, sondern weil sie aus bestimten Gründen wertvolle gesellschaftliche Konstrukte sind.

Es gibt ja nicht mal "DIE Demokratie", sondern etliche Ausprägungen dieses Gedankens in Struktur und auch in der philosophischen Ausprägung. Genauso sind die Grenzen der Meinungsfreiheit in etlichen unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedlich definiert. Ein völliger Verzicht auf jedweder Einschränkung kann also nicht allein mit "viel hilft viel" legitimert werden, sondern muss darstellen, warum es besser wäre als ein modifiziertes, eingeschränktes Modell. Der Verzicht des Beleidigers darauf extreme geringschätzung und herabwürdigende Rethorik soll schwerer wiegen, als eine Einschränkung die es erfordert, dass er seine Argumente sachlich(er) vorbringt? Das ist der weg zu einem besseren Diskurs, mehr Erleuchtung und mehr Toleranz in der Gesellschaft? Wenn man befürchtet, dass (seit ewigkeiten existierende) Einschränkungen der Meinungsfreiheit (im öffentlichen Diskurs) im Hinblick auf verbale Aggression nun dazu führen, dass wir alle zukünftig in einer orwellschen Dystopie aufwachen - gut, dann kann ich verstehen, wieso man zugunsten der Beleidigungsfreiheit befindet. Wie man aber diese unfassbar pessimistische und unwahrscheinliche Prämisse annehmen kann, das übersteigt meinen Horizont.

Andre
Maschendraht
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Maschendraht »

@Vinter
Die Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind aber sehr eng. Die Einschränkungen müssen nämlich selbst "im Lichte der Meinungsfreiheit" ausgelegt werden. Und die Meinungsfreiheit, also die Freiheit, sich frei äußern zu können, leitet sich selbst auch indirekt aus der Menschenwürde aus Art 1 GG ab. Von daher sind Einschränkungen immer sehr heikel.
Vinter hat geschrieben:Ein Recht auf Beleidigungen und Hass existiert nicht
Ein Recht auf Hass existiert nicht? Dem möchte ich vehement widersprechen. Ich wage zu behaupten, dass es völlig rechtmäßig ist zu jemandem zu sagen "ich hasse dich". (Zumal Hass an sich, also als Gefühl, völlig ohne Zweifel erlaubt ist, aber das nur der Vollständigkeit wegen).

Deswegen ärgert mich die Debatte über "Hate Speech" auf Facebook auch so und die Pläne des Justizministers. Der Staat soll vor Beleidigungen schützen, also vor Ehrverletzungen. Unsachliche Kritik, "Hass" und aggressive Ablehnung von Meinungen anderer gehört überhaupt nicht dazu.
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Eprom »

Andre Peschke hat geschrieben:In dem Sinne, dass der Staat dich nicht daran hindert, deine Meinung zu äußern. Es hat noch nie bedeutet, dass die Äußerung jeder beliebigen Meinung folgenlos bleibt. Regeln, auch Regeln des Umgangs, waren schon immer ein konstituierendes Merkmal jedes menschlichen Zusammenlebens. Eine Gesellschaft, die nicht zumindest auch implizite Regeln und Grenzen des tolerierten Verhaltens besitzt, existiert nicht, hat nie existiert (bzw wenn, dann nur kurz, bis sich alle gegenseitig erschlagen haben), wird zu unserem Lebzeiten nicht existieren.
Das war auch nicht meine Absicht das zu behaupten. Es geht um den Prozess wie die Gesellschaft verschiedene Werte und gewünschte Verhaltensweisen vermittelt und aushandelt. Diesen zu behindern, weil evtl. gewisse Spiele vielleicht ethisch desorientierend auf deren Konsumenten wirken könnten, kann keine Lösung sein.
Was benötigt wird ist eine offene Debatte darüber, was wünschenswert ist und welche Werte wir bevorzugen. Und diese ist nur möglich, wenn wir gewisse Ansichten tolerieren, die vielleicht unsere Gefühle verletzen - aber damit muss man halten leben.
Andre Peschke hat geschrieben:Das halt ich für einen logischen Fehlschluss, der eine moderate Einschränkung in ein Extrem extrapoliert. Wir haben ja schon seit ewigkeiten Strafrechtsbestimmungen gegen Beleidigung. Hat das dazu geführt, dass inzwischen "alles als Hatespeech ausgelegt wird"? Nein. Wenn überhaupt, ist die Rechtssprechung dort sehr liberal. "Wenn wir das Prügeln verbieten, sind irgendwann Umarmungen verboten und dann jeder Körperkontakt" erscheint mir ähnlich logisch, wie das.
Es muss natürlich nicht, aber die Gefahr besteht immer - vor ein paar Jahren war es die Killerspiel Debatte, dann kam Ursula von Leyens vorschlag zu Netzsperren, heute meint Heiko Maas gegen 'Hate speech' im Internet vorgehen zu müssen.
Gesellschaften können sich ändern, und damit natürlich auch die Moral.
Andre Peschke hat geschrieben:Und ich kann nach wie vor nicht verstehen, wie du bei der Güterabwägung auf Seiten eines Rechts auf Beleidigung rauskommen kannst. Man kann nicht sagen "Meinungsfreiheit ist elementarer Bestandteil der Demokratie" und damit eine völlig schrankenlose Anwendung rechtfertigen. Meinungsfreiheit, wie auch die Demokratie an sich, sind keine gottgegebenen Werte, sondern weil sie aus bestimten Gründen wertvolle gesellschaftliche Konstrukte sind.
Meinungsfreiheit bzw. ein ständiger Diskurs bringen diese Demokratie erst hervor.
Andre Peschke hat geschrieben:Es gibt ja nicht mal "DIE Demokratie", sondern etliche Ausprägungen dieses Gedankens in Struktur und auch in der philosophischen Ausprägung. Genauso sind die Grenzen der Meinungsfreiheit in etlichen unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedlich definiert. Ein völliger Verzicht auf jedweder Einschränkung kann also nicht allein mit "viel hilft viel" legitimert werden, sondern muss darstellen, warum es besser wäre als ein modifiziertes, eingeschränktes Modell.
Nein, die Frage ist was diese Einschränkung rechtfertigt. Ich habe ja hier schon geschrieben, das man gesellschaftliche Ungleichheiten auch anders ausgleichen kann, als durch Zensur.
Das setzt natürlich meinerseits eine stabile Demokratie vorraus, in der diese Möglichkeiten gegeben sind.
Ich wäre unter Umständen tatsächlich für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, in bestimmten historischen oder gesellschaftlichen Konstellationen. Die Weimarer Republik wäre ein gutes Beispiel in der ich gewisse Einschränkungen für gerechtfertigt halten würde, da damals die Demokratie sehr schwach wach.

Aber in unserer heutigen Zeit sehe ich keinen Grund dafür.
Verletzte Gefühle? Muss man mit Leben, oder sich wehren. Einseitige sexistische Frauendarstellung? Gibt genug verschiedene Spiele und Rollenvorbilder für junge Frauen und Männer.
Gesellschaftliche marginalisierte Gruppen? Lassen sich auch anders unterstützen, als durch Einschränkung der Meinungsfreiheit.
Andre Peschke hat geschrieben:Der Verzicht des Beleidigers darauf extreme geringschätzung und herabwürdigende Rethorik soll schwerer wiegen, als eine Einschränkung die es erfordert, dass er seine Argumente sachlich(er) vorbringt? Das ist der weg zu einem besseren Diskurs, mehr Erleuchtung und mehr Toleranz in der Gesellschaft? Wenn man befürchtet, dass (seit ewigkeiten existierende) Einschränkungen der Meinungsfreiheit (im öffentlichen Diskurs) im Hinblick auf verbale Aggression nun dazu führen, dass wir alle zukünftig in einer orwellschen Dystopie aufwachen - gut, dann kann ich verstehen, wieso man zugunsten der Beleidigungsfreiheit befindet. Wie man aber diese unfassbar pessimistische und unwahrscheinliche Prämisse annehmen kann, das übersteigt meinen Horizont.

Andre
Mal dazu eine Frage Welche von diesen Aussagen ist rassistisch?

'Die Nigger sind dumm und wollen die ganze Zeit nur bumsen'

'Die schwarze Bevölkerung hat einen unterdurchschnittlichen IQ und im durchschnitt mehr Kinder'

Sorry, das ich hier so deutlich werden musste. Das zweite Beispiel ist relativ sachlich und Neutral gehalten. Das Problem besteht aber darin, das Leute sich trotzdem dadurch beleidigt fühlen werden und zweitens, das der Rassismus trotz der neutralen Sprache nicht verschwindet.

Die zweite Aussage, läßt sich sehr gut hinterfragen und diskutieren. Dieses Unterfangen der Beschäftigung damit und der Kritik, stelle ich mir z.B. für einen schwarzen Wissenschaftler als unangehnem vor. Aber es muss das aushalten können, wenn er seine Arbeit tun möchte.
Am Anfang jedes Wissensgewinnes steht also oft ein Beleidigung. Das war bei Gallieo so, bei Darwin etc. überall wo gesicherte Annahmen ins Wanken geraten werden sich Leute beleidigt fühlen, egal wie nett die Kritik vorgetragen ist.
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Naitomea
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Naitomea »

Eprom hat geschrieben: Was benötigt wird ist eine offene Debatte darüber, was wünschenswert ist und welche Werte wir bevorzugen. Und diese ist nur möglich, wenn wir gewisse Ansichten tolerieren, die vielleicht unsere Gefühle verletzen - aber damit muss man halten leben.
Du forderst einerseits eine offene Debatte, legst aber das Ergebnis schon kompromisslos fest: man muss halt damit leben. Sehr sinnvoll.
Verletzte Gefühle? Muss man mit Leben, oder sich wehren.
Außer wenn es um Spiele geht. Wenn die von Sarkessian kiritisert und damit die Gefühlöe der Fans verletzt werden, hört der Spaß auf. :roll:
JayTheKay
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von JayTheKay »

Eprom hat geschrieben: Am Anfang jedes Wissensgewinnes steht also oft ein Beleidigung.
Sehr interessant, welcher Wissensgewinn wird denn mit der persönlichen, frauenfeindlichen Beleidigung eines Menschen begonnen?
Ich bin mit sicher ich habe den riesigen Gewinn für die Gesellschaft, der durch das persönliche Beschimpfen anderer Personen entstanden ist, auch nur übersehen. Muss ja ein riesen Irrtum sein, was da im Grundgesetzt steht.
Dein zuletzt genanntes Beispiel finde ich übrigens nicht in Ordnung, das geht mir einen Schritt zu weit.
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