Hallo,
vielleicht wird das Folgende nur Sebastian interessieren, vielleicht auch die anderen beiden. Und der größte Teil zu den Steam-Sammelkarten wurde schon von anderen Leuten zusammen getragen (der
Sammelkartenthread umreißt das Thema auch schon sehr ausführlich.) Aber es gibt noch ein paar weiter gehende Informationen zu dem ganzen Thema, die meines Erachtens ganz interessant in diesem Kontext sind.
Grundsätzliches zur Ökonomie hinter den Karten
Karten zu einem Spiel können vom Entwickler in Sets zu fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, 12 oder 15 Motiven angelegt werden. Man kann durchs Spielen die Hälfte der Karten "finden", dabei wird aufgerundet. Im Allgemeinen sind Karten aus kleinen Sets wertvoller als Karten von größeren (d.h. die Karten aus einem fünfer Set sind wertvoller als die aus einem zwölfer). Das liegt daran, dass das eigentliche Ziel, nämlich das Abzeichen, mit weniger Karten erreicht ist. Daraus lässt sich folgern, dass es aus rein kommerzieller Sicht (siehe nächster Punkt) lohnenswerter ist, Spiele mit kleinen Sets und ungerader Motivanzahl zu bevorzugen.
Auch Boosterpacks sind eine Möglichkeit, an Sammelkarten eines bestimmten Spiels zu kommen. In jedem Boosterpack sind drei solcher Karten zu finden. Boosterpacks werden mit
Gems gecraftet (bezahlt). Der beschriebenen Logik entsprechend kostet das Erzeugen eines Boosterpacks für ein Spiel mit kleinem Kartenset mehr Gems als eines mit großem Set. Beispiel: Ein Bastion-Boosterpack (Set aus fünf Motiven) kostet 1200 Gems wohingegen eines für Alan Wake (acht Motive) 750 Gems kostet.
Mit den Gems hat Valve also eine Quasi-Währung eingeführt, die zur Bepreisung der Karten herangezogen wird. Das ist aber nicht das einzige Kriterium, da hier natürlich auch das normale Marktprinzip wirkt. Und man kann immer wieder beobachten, dass es bei Karten von Spielen, die in Humble Bundles oder ähnlichen Bundles angeboten werden, zum Preisverfall kommt.
Bei F2P-Spielen bekommt man Karten nicht automatisch. Alle 9 US$ (ungefähr), die man in das Spiel investiert hat, erhält man eine Karte und die dann genauso zufällig wie bei P2P-Spielen.
Verkauf der Karten
Die meisten Spieler verkaufen die Karten wohl direkt nach dem Erhalt und erhalten dadurch effektiv einen (weiteren) Rabatt.
Das geht sogar soweit, dass man unter bestimmten Umständen bei billigen Spielen mit Gewinn rauskommt. Beispiel: Kleinstspiele, die durch eine Rabattaktion 15 Cent kosten, geben sechs Karten, die jeweils fünf Cent wert sind. Zieht man die Gebühr pro Verkauf ab, kommt man auf drei Cent Gewinn pro Karte und damit auf drei Cent Gewinn am Ende. Das wird dann entweder dazu benutzt, durch Anhäufen Geld für bessere Spiele zu erwirtschaften oder die Karten gegen andere gewünschte Karten einzutauschen.
Ich weiß nicht mehr, wie Sebastian sie in der Folge nannte. Aber ob
Asset Swapper,
Trading Card Scammers oder
Fake Devs - diese Individuen nutzten das beschriebene Konzept aus, um mittels ihrer "Spiele" einzig durch den massenhaften Verkauf von Sammelkarten Gewinn zu machen. Dem schob Valve
im Mai einen Riegel vor: Karten droppen nicht mehr sobald sie in Steam integriert werden, sondern sobald (durch Messung von Aktivitäten der Spieler) ein Grad an Sicherheit erreicht wurde, der sagt, dass es sich um ein seriös vermarktetes Produkt handelt.
Sowohl Valve als auch der Entwickler verdienen am Verkauf der Karten (wie an allen Transaktionen im Steam-Markt). Die
Gebühr beträgt 15% dessen, was der Verkäufer erhält. Davon gehen fünf Prozentpunkte an Valve und zehn Prozentpunkte an den Entwickler (jeweils aber mindestens ein Cent). Sammelkarten können also auch für Entwickler einen (
sehr) kleinen Einfluss auf die Profitabilität eines Spiels haben. Das ist aber mit Vorsicht zu genießen, da das ein höchst individueller Punkt ist. Hier gibt es sehr wenige Informationen von Entwicklern und naturgemäß hält sich auch Valve da sehr verschlossen. Meine Annahme ist, dass Karten beliebter/bekannter Spiele beliebter sind und häufiger verkauft werden, da tendenziell mehr Spieler das Abzeichen haben wollen. Insofern dürfte der Anteil der Sammelkarten am Steam-weiten Gewinn eines Produkts stark variieren.
Vorteile und Boni
Für die meisten hat sich die Sache mit den Sammelkarten nach dem Verkauf erledigt, wenn sie sie nicht im Inventar versauern lassen.
Dann gibt es die Sammler, die
das volle Set der Karten haben wollen, um daraus ein Abzeichen zu machen.
Bereits genannte Belohnungen dafür sind ein Hintergrund und ein Emoticon des jeweiligen Spieles. Dazu kommt jedoch, dass man auch einen Rabattgutschein bekommt. Für welches Spiel der anwendbar ist und wie hoch der Rabatt ausfällt, liegt nicht im Einflussbereich des Nutzers. Ersteres wird ausgewürfelt, zweiteres legt der jeweilige Entwickler fest. Deshalb kann man Glück und Pech haben. Festzuhalten ist jedoch der (theoretische) monetäre Vorteil, der einem hier als Belohnug fürs Abzeichen gewährt wird, wenngleich das auch wiederum nur einen Anreiz für eine weitere Kaufentscheidung darstellt, die einen Geldfluss nach Seattle bewirkt. Wenn man Pech hat, kann man den Gutschein nur mit jemandem tauschen, ihn verschenken oder auf den Ablauf seiner Gültigkeit warten.
Hintergründe und Emoticons können, wie von anderen schon beschrieben, verkauft werden und dabei in seltenen Fällen gute Preise erzielen. Sie können aber auch in Gems umgewandelt werden, womit sich der Kreis schließt (mit Gems können Boosterpacks erzeugt werden, s.o.).
Beim Craften eines Abzeichens passiert aber noch was anderes: Es wird irgendwo im Steam-Mikrokosmos ein Boosterpack erzeugt, das ein zufällig ausgewählter Nutzer erhält. Die Chance ein solches Boosterpack zu bekommen, ist das, was das Steam-Level direkt beeinflusst (über die besagten +20% alle zehn Level). Und nur, wenn man schon alle Karten eines Spieles durch Zufallsfunde bekommen hat, kommt man überhaupt dafür infrage. Valve nennt das
booster pack eligibility. Hat man noch nicht alle Karten bekommen, ist man nicht
eligible (die Wahrscheinlichkeit, ein Boosterpack zu bekommen ist 0%). Aber auch hier ist Steam etwas undurchsichtig. Es wird aus den Formulierungen nicht klar, ob ein gecraftetes Abzeichen ein Boosterpack des selben Spiels erzeugt oder eines zufälligen. Was jedoch klar ist, ist die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Boosterpack zu bekommen, für den durchschnittlichen Spieler extrem gering ist. Da werden selbst Promille nicht zur Beschreibung ausreichen. (Man kann das System also so verstehen, dass man Zeit und Geld für Sammelkarten ausgibt, um über den Einfluss des Steam-Levels seine Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, noch mehr Sammelkarten zu bekommen.)
In seinen Grundzügen sind Sammelkarten und die damit verbundenen Abzeichen, Hintergründe und Emoticons eigentlich Wege, die persönliche
Zuneigung zu einem Spiel auszudrücken. Man schmückt sein Profil damit und zeigt den Besuchern, welches Spiel man besonders mag. Auch das Abzeichenlevel trifft darüber eine Aussage. Man kann jedes Abzeichen bis Level fünf bringen. Manche Entwickler scheinen die Attraktivität (Begehrlichkeit) von schön gestalteten Abzeichen, Karten, Hintergründen und Emoticons erkannt zu haben und investieren da auch mehr in diesen Bereich. Bei anderen sieht man jedoch auf den ersten Blick, das da kaum Arbeit reingeflossen ist (oder der Entwickler nur trollt).
Und schließlich gibt's diejenigen, die einfach nach dem höchsten Level streben. Die nehmen auch das Geld in die Hand und schmeißen es in den Marktplatz, um schnell an die Karten zu kommen, um ihre Sets zu vervollständigen und dadurch XP und Levels zu bekommen. Möglicherweise geht's denen auch um Bekanntheit. Wirkung jedenfalls zeigt es: Die höchstleveligen Profile werden teilweise wie Berühmtheiten behandelt; die Kommentarbereiche sind voll von Nettigkeiten, Glückwünschen und Fragen nach Autogrammen auf den eigenen Profilen - und natürlich massenweise Freundschaftsanfragen. Die virtuelle Sozialsphäre als Ersatz für die reale herzunehmen kann also durchaus eine Motivation sein.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle noch, dass die benötigten XP alle zehn Level um 100 XP pro Level steigt: Zwischen Level null und Level zehn braucht man 100 XP, also ein Abzeichen, pro Level, bis Level 20 sind es schon 200 XP (zwei Abzeichen) pro Level usw.
Foils
Da, wo es die normalen Sammelkarten gibt, gibt's natürlich auch die Folienvarianten. Die droppen auf gleichem Wege wie normale Karten - nur eben wesentlich seltener. Mit ihnen schmiedet man ein separates Abzeichen, das es auch nur einmal gibt und dann nicht weiter aufgelevelt werden kann.
Sie sind das gewisse Extra für den Hardcore-Fan.
Sales
Mit dem
Summer Sale 2013 und der Einführung der Sammelkarten hat Valve das unbegrenzte Aufleveln von Sale-Abzeichen ermöglicht. Normale wie Foil-Abzeichen hatten nun kein Limit mehr, was das Höchstlevel angeht. Im
darauffolgenden Winter Sale wurden dann auch viele weitere Motive für beide Arten von Abzeichen entworfen, um die Extrem-Sammler noch besser zu belohnen.
Man kann argumentieren, dass nur durch dieses Außer-Kraft-Setzen der Levelbegrenzung der Abzeichen so exorbitant hohe Steam-Levels erst möglich wurden.
Während eines Sales bekommt man beim Craften eines Abzeichens statt eines Coupons eine Sale-Sammelkarte. Bei Sammlern ist es wegen dieses Synergieeffekts mitlerweile üblich, Karten im größten Teil des Jahres zu sammeln und bis zum Start eines Sales zu warten, bevor gecraftet wird. Auf diese Weise erhalten sie neben ihren X Abzeichen genauso viele Sammelkarten, die sie dann gleich in Sale-Abzeichen umwandeln können. Für alle erhalten sie dann immer wieder Hintergründe und Emoticons, die sie vertauschen, verkaufen oder ihrerseits zu Gems umwandeln können, mit denen dann wiederum gehandelt wird oder aus denen Boosterpacks erzeugt werden können.
Die Community
Im Verlauf der Jahre hat sich eine aktive Community gebildet, die sich mit den verschiedenen Aspekten dieses Phänomens befasst.
Man kann z.B.
analysieren, wie hoch der Rabatt durch Sammelkarten eines Spieles zu aktuellen Marktpreisen ist, oder ob es sich lohnt, ein ganzes Boosterpack statt jede Karte einzeln zu kaufen.
Als Sammler ist es mitlerweile sehr leicht,
Tauschpartner zu finden, wenn man eigene doppelte Karten eines Sets gegen noch fehlende tauschen will. Dann hat man zwar nur seine Doppelten aussortiert und muss noch andere Wege suchen, um das Set zu vervollständigen, aber die Suche nach Leuten, die die Karten brauchen, die man doppelt hat (und umgekehrt) wurde einem abgenommen.
Auch Bots bilden in diesem Bereich schon einen festen Bestandteil der Community.
Das waren so ein paar Punkte, die, bisher noch keine Erwähnung fanden, soweit ich das sehen kann. Ich hoffe, ich habe in den anderen Beiträgen nichts überlesen und hier gedoppelt. Diejenigen, die das Thema interessiert, sollten hier noch zusätzliche Infos rausziehen können.
Ich selbst beschäftige mich mäßig aktiv mit dem Sammelkarten, das heißt, statt sie zu verkaufen, tausche ich Sammelkarten gegen die, die ich möchte und crafte dann zu Sale-Zeiten die Abzeichen draus. Bin also einer von denen, die das hier machen, aber auf eher niedrigem Niveau.
Habe die Folge vorhin erst zu Ende gehört, sonst hätte ich hier wohl vorher schon was zum Thema geschrieben.