meisterlampe1989 hat geschrieben:
Außerdem auch hier noch einmal: Sexualisierung ist nicht unbedingt Sexismus. Viele Autoren, die in Kritiken schreiben, GoT sei sexistisch, meinen in Wirklichkeit, dass die Serie (in früheren Staffeln) viel mit Nacktheit arbeitet.
Nacktheit kann aber auch sexistisch sein. Bestes Beispiel sind die ganzen Werbeanzeigen und -spots, in denen Frauen sehr unbekleidet durch die Gegend laufen, zum einen, weil sie oft schlicht als Blickfang genutzt werden, zum anderen, weil damit oftmals ja auch suggeriert wird, "Wenn Du das Produkt benutzt, stehn die gutaussehenden [unterschwellig vielleicht sogar "lockeren"] Frauen bei Dir Schlange". Nacktheit ist nicht per se sexistisch - die Frage ist, wofür sie genutzt wird. Bei GoT hab ich zumindest schon häufig gehört, dass die Nacktheit für die Story nicht jedes Mal essentiell ist, aber HBO damit immer wieder seinen "Schaut mal, was wir uns trauen"-Ruf zementieren will. Sprich - die Nacktheit wird benutzt. Und dadurch kann sie durchaus sexistisch werden. Zumal dadurch, dass Du in der Regel halt irgendwelche Supermodels nackt zu sehen kriegst - und keine Frau Mitte 50 mit Schwangerschaftsstreifen, paar Kilo zuviel etc. Was nicht bedeutet, dass
ich Frauen Mitte 50 unattraktiv finde - aber das gängige (sexistische) Schönheitsideal ist nunmal ein anderes.
meisterlampe1989 hat geschrieben:
Das erinnert mich an die Diskussion, ob Breaking Bad Drogenkonsum verherrlicht. Die Kritiker, die das damals geschrieben haben, waren entweder ganz einfach dumm, haben die Serie nicht gesehen, oder wollten vorsätzlich eine Kontroverse anzetteln. Wer die Serie tatsächlich gesehen hat, kann ganz einfach nicht zu dieser Meinung kommen. Die Leute achten einfach nicht auf den Kontext. Natürlich wird das erst einmal cool dargestellt wie sie ihre Drogen herstellen, aber die Konsequenzen werden schonungslos dargestellt, bis zum konsequenten Ende.
Es gibt aber sicherlich auch Leute, die das missverstehen. Wenn ich überlege, wie viele Leute bis zum Schluss für Walter waren...
Das dürfte damit zusammenhängen, wie weit man geschaut hat. (Und vielleicht auch, auf welche Art: Ich hab die komplette Serie in anderthalb Monaten gesehen, wodurch Bögen naturgemäß sehr viel klarer sichtbar wurden.) Aber grade in der ersten Staffel ist das ganze noch sehr harmlos - und erinnert über weite Strecken vor allem an Tarantinofilme. Ich wär nie auf die Idee gekommen, das als "drogenverherrlichend" anzusehen - aber die Konsequenzen werden erst so ab Staffel zwei deutlich sichtbar. Die Serie schafft es wunderbar, Dich handlungsbedingt immer tiefer in den Sumpf reinzuziehen (was Drogenauswirkung, Kriminalität und Brutalität angeht), aber gerade dadurch kann der Anfang doch zumindest verharmlosend wirken. Natürlich sollte man grundsätzlich ein Werk erst kritisieren, wenn man es komplett kennt - aber grade bei Serien ist das naturgemäß unmöglich für die Kritikerzunft. Und speziell bei Breaking Bad - obwohl ich die Serie erst vor nem halben Jahr am Rutsch gesehen habe, hab ichs irgendwie geschafft, nicht davor schon gespoilert zu werden. Ich hab die wirklich völlig ohne Vorwissen geguckt und war sehr lange gespannt, wo sie eigentlich hinwill. Ab spätestens der Episode in der zweiten Staffel, wo Jesse das kleine Kind im Haus seiner Drogeneltern findet, war es relativ absehbar, dass das ganze noch sehr düster werden wird. Aber bis dahin war für mich völlig unklar, was die vorhaben. Und ich kann nachvollziehen, dass Kritiker zumindest eine "Verharmlosung" entdeckt haben, auch, wenns auf mich nicht so gewirkt hat.
Speziell zu Walter: Das war ein Charakter, ähnlich wie Tony Soprano. Sie haben es bis einschließlich Staffel 5.1 geschafft, dass ich immer wieder Mitleid mit ihm hatte, weil ich Verständnis für ihn hatte. Allerdings war das, je weiter die Serie fortschritt, immer weniger der Fall - das haben sie letztlich besser gemacht als die Sopranos-Leute (die irgendwann in der letzten Staffel wohl festgestellt haben, dass Tony viel zu sympathisch geworden war und sie deshalb in drei, vier Folgen eine psychopathische Aktion an die nächste gehängt haben). Von spätestens der ersten Episode von 5.2 an war Walter für mich definitiv nicht mehr sympathisch. Was BB aber tatsächlich mit ausgezeichnet hat, war,
dass es sich eben um einen Protagonisten gehandelt hat, mit dem man mit-fühlen konnte. Und wo selbst die Entführung eines Babys in dem Moment nachvollziehbar war.
Aber klar, "drogenverherrlichend" ist Quatsch. Allein wegen der Figur von Jesse.
meisterlampe1989 hat geschrieben:
Da kommt mir auch Al Bundy in den Sinn. Viele Männer (!) feiern "Eine schrecklich nette Familie" wegen den sexistischen Witzen ab. Die Ebene darunter, sehen nicht viele. Denn eigentlich ist Al ja immer der Verlierer und die Frauen haben am Ende die Oberhand und er ist das arme Würstchen. Obwohl die Serie also auf "fette Frauen" Witze aufbaut, hat sie eigentlich eine recht progressive Botschaft.
Ja, die berühmte Metaebene... Das gleiche Problem hatte ja auch Harald Schmidt seinerzeit mit den Polenwitzen etc. Wenn Du auf intelligente Art eine bestimmte Gruppe vorführst, die nunmal nicht grade die Hellsten sind, bekommst Du von denen halt auch Applaus. Was wiederum zum Vorführen dazugehört, aber natürlich die Gefahr in sich birgt, dass so jemand in seiner Meinung noch gestärkt wird, denn "Harald Schmidt sagt das ja auch". Womit ich überhaupt nicht gegen dieses Stilmittel argumentieren will- ich werde immer Ironie, Sarkasmus und Persiflage bis aufs Blut verteidigen. Und Schmidt war stellenweise großartig (so, wie es heute Böhmermann ab und zu ist - und auch der wird ja oft genug falsch verstanden). Diese "Nebenwirkung" sollte man aber eben im Hinterkopf haben.