„Zensur“ im Internet

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Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Stuttgarter:

Mich würde mal interessieren, was du da so geschrieben hast, um von Facebook so oft gesperrt zu werden.
In den meisten Fällen Sarkasmus - mit dem ich die Wortwahl von PEGIDAlern und anderen aufgegriffen habe. Wie geschrieben, ich hab Herrmanns "wunderbaren Neger" in eindeutig ironischem Zusammenhang benutzt und ähnliches (ich weiß gar nicht mehr genau, was alles) - und es muss theoretisch als Ironie erkennbar gewesen sein, denn die "linksgrünversifften" haben es geliked und die besorgten gehasst. :-)

Einmal wurde es allerdings absurd - in einer Gruppe hatte ich den Admin in eine Diskussion gerufen, mein Gegenüber sich dann drüber beschwert, dass ich gleich die Cops hole - und ich meinem Gegenüber dann sachlich erklärt, dass der Admin menschenverachtende Begriffe wie x, y und z nicht in seiner Gruppe wolle. Für das zitieren dieser drei Begriffe (einer war rassistisch, einer homophob-beleidigend und einer frauenfeindlich) wurde ich dann von Facebook gesperrt.

Jetzt kommt die Überraschung: Ich kann das grundsätzlich sogar verstehen. Da meines Wissens irgendwelche Inder den ganzen Tag dasitzen und gemeldete Comments nach bestimmten Wörtern absuchen. Die können gar nicht auf Kontext achten. Was die Sache nur etwas ärgerlich macht, ist halt, dass es keine einzige Stelle gibt, wo Du Dich mit einer Beschwerde/Bitte um Prüfung hinwenden kannst. (Außer, Du heißt Boris Palmer und landest damit in der BILD. Dann geht die Rücknahme einer Sperre innerhalb von einem Tag.)
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

vorübergehend hat geschrieben:
Denn auf politischer Ebene kann man sich schon Gedanken darüber machen, ob ein parteiisches Eingreifen von Facebook in den Meinungsbildungsprozess nicht problematisch ist. Ich fände es auch problematisch, wenn Facebook nicht meinungsneutral Kommentare löschen würde und damit das Meinungsbild bewusst verzerren würde.

[...]
Stuttgarter hat geschrieben:Weil ich akzeptiere, dass Facebook die Regeln macht.
Aber das tust Du ja gerade nicht, wenn Du Maas' Gesetz gut findest. Wenn Du es gut findest, wenn der Staat vorschreibt, was Facebook löschen muss, wieso sollte er nicht auch vorschreiben können, was Facebook nicht löschen darf?
Zum ersten Punkt: Da finde ich die Algorithmen und dadurch entstehenden Filterblasen viel problematischer. Der Umstand lässt Dich nämlich wirklich in eine Parallelwelt abgleiten, in der es nur noch Deine "Wahrheit" gibt. Wenn Facebook aufgrund der Likes etc. dem einen nur noch RT, Focus, DWN etc. einem anderen nur noch taz, Monitor, Süddeutsche etc präsentiert - dann hast Du im Zweifelsfall am Ende zwei Menschen, die inhaltlich nicht mehr mit einander reden können. (Was ja seit zwei Jahren ja auch häufig zu beobachten ist.)

Zum zweiten: Doch, tu ich. Die erste Sperre war lang vor Maas' Gesetz oder auch nur seiner Initiative, mit Facebook das klären zu wollen. Damals schrieb mir Facebook "Kommentar xy entspricht nicht unseren Gemeinschaftsstandards, deshalb haben wir ihn gelöscht und Dich gesperrt". Natürlich fand ich es affig, für Ironie gesperrt zu werden - aber ich habs akzeptiert. So wie jede Sperre danach auch (und da waren wirklich paar schräge drunter).

Was ich in der Tat nicht akzeptiere, ist, dass mein Sarkasmus zur Sperre führt, Seiten/Menschen, die in Worten dasselbe schreiben, es aber ernst meinen, von Facebook tage- oder wochenlang ignoriert werden und munter ihren Dreck weiter absondern dürfen. Das ist eine inkonsequente Umsetzung der eigenen Regeln und deshalb nicht akzeptabel. Die Regel aber akzeptiere ich.
vorübergehend
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von vorübergehend »

Stuttgarter hat geschrieben:Was ich in der Tat nicht akzeptiere, ist, dass mein Sarkasmus zur Sperre führt, Seiten/Menschen, die in Worten dasselbe schreiben, es aber ernst meinen, von Facebook tage- oder wochenlang ignoriert werden und munter ihren Dreck weiter absondern dürfen. Das ist eine inkonsequente Umsetzung der eigenen Regeln und deshalb nicht akzeptabel. Die Regel aber akzeptiere ich.
OK, also im Ergebnis lieber zu viel löschen als zu wenig. Das ist auch die große Gefahr vom Maas-Gesetz, dass es darauf hinausläuft. Ich denke da liberaler: im Zweifel für die Meinungsäußerung.

Das mit der Filterblase, ich widerspreche da mal der verbreiteten Klage: Früher haben die meisten Leute eine oder höchstens zwei Zeitungen abonniert, die hatten eine politische Tendenz, und Artikel aus anderen Zeitungen nie gelesen. Früher hatte man also viel mehr eine "Filterblase" als es jetzt mit Internet und Facebook der Fall ist. Das Problem der Filterblase sind ohnehin nicht irgendwelche Algorithmen, sondern wir selbst: Wir suchen uns die Inhalte, die auf unserer Wellenlänge liegen und sperren uns gegen Gedanken, die unseren entgegenstehen. So sind wir Menschen halt, und das wird sich auch nicht ändern.
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

vorübergehend hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben:Was ich in der Tat nicht akzeptiere, ist, dass mein Sarkasmus zur Sperre führt, Seiten/Menschen, die in Worten dasselbe schreiben, es aber ernst meinen, von Facebook tage- oder wochenlang ignoriert werden und munter ihren Dreck weiter absondern dürfen. Das ist eine inkonsequente Umsetzung der eigenen Regeln und deshalb nicht akzeptabel. Die Regel aber akzeptiere ich.
OK, also im Ergebnis lieber zu viel löschen als zu wenig. Das ist auch die große Gefahr vom Maas-Gesetz, dass es darauf hinausläuft. Ich denke da liberaler: im Zweifel für die Meinungsäußerung.

Das mit der Filterblase, ich widerspreche da mal der verbreiteten Klage: Früher haben die meisten Leute eine oder höchstens zwei Zeitungen abonniert, die hatten eine politische Tendenz, und Artikel aus anderen Zeitungen nie gelesen. Früher hatte man also viel mehr eine "Filterblase" als es jetzt mit Internet und Facebook der Fall ist. Das Problem der Filterblase sind ohnehin nicht irgendwelche Algorithmen, sondern wir selbst: Wir suchen uns die Inhalte, die auf unserer Wellenlänge liegen und sperren uns gegen Gedanken, die unseren entgegenstehen. So sind wir Menschen halt, und das wird sich auch nicht ändern.
Das mit den Zeitungen ist im Prinzip richtig, allerdings mit zwei Einschränkungen: a) hast Du Dich bewusst dafür entschieden und b) hattest Du nicht unter jedem Artikel auch noch Kommentare von völlig fremden, die dasselbe denken wie Du. Heute bekommst Du von Facebook neue Dinge vorgeschlagen und merkst im Zweifel gar nicht, dass das alles in eine Rchtung läuft (als ich bei Facebook anfing, war das auch noch nicht so - da hab ich viel öfter Vorschläge bekommen, die nicht in mein Weltbild passen). Dazu noch die anonymen Gleichgesinnten - und dann kommt man halt ganz schnell auf die verführerische Idee, man sei die Mehrheit.

Ganz abgesehen davon - wenn das Netz einen entscheidenden Vorteil gegenüber allen "Altmedien" hat, dann doch jenen, dass man unglaublich leicht neues kennenlernen kann aufgrund der sekundenschnellen Verfügbarkeit. Genau das wird durch die Algorithmen aber systematisch verhindert - egal ob auf Facebook, bei Amazon oder bei Steam. (Steam warnt mich mittlerweile sogar - "Bist Du sicher, dass Du das willst? Keins Deiner anderen Spiele ist so wie das hier." Absurd!)

Zum Thema Löschen - nochmal: Das Gesetz kommt nicht aus dem Nichts. Es ist Reaktion darauf, dass Facebook zwei Jahre lang keinerlei Interesse gezeigt hat, volksverhetzenden Dreck zu ahnden. Also beschwer Dich bitte bei Facebook, das Holocaustleugnung, Auschwitzverherrlichung und Führerkult als "nicht beanstandenswert" eingestuft hat und damit dieses Gesetz überhaupt erst notwendig gemacht hat.
Maschendraht
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Maschendraht »

Stuttgarter hat geschrieben: Zum Thema Löschen - nochmal: Das Gesetz kommt nicht aus dem Nichts. Es ist Reaktion darauf, dass Facebook zwei Jahre lang keinerlei Interesse gezeigt hat, volksverhetzenden Dreck zu ahnden. Also beschwer Dich bitte bei Facebook, das Holocaustleugnung, Auschwitzverherrlichung und Führerkult als "nicht beanstandenswert" eingestuft hat und damit dieses Gesetz überhaupt erst notwendig gemacht hat.
aber das ist doch nicht mein Problem, wenn andere strafbare Äußerungen machen. Nach der Logik kannst du auch sagen: bedank dich bei den Terroristen, dass Hausdurchsuchungen jetzt auch ohne richterlichen Beschluss durchgeführt werden können...

Und nochmal: mit dem neuen Gesetz macht nicht Facebook die Regeln, sondern der Staat. Und aufgrund der Kombination Laie+Firmeninteresse führt dieses Gesetz des Staates dazu, dass legale Äußerungen gelöscht werden. Und das darf der Staat nicht. Er ist nämlich sehr wohl an Grundrechte gebunden. Der Staat darf mir nicht verbieten, auf Facebook legale Äußerungen zu tätigen. Ihr argumentiert gerne mit dem Hausrecht. Stell dir mal vor, es gibt ein Gesetz: wenn bei dir zuhause jemand etwas Beleidigendes sagt, musst du eine enorme Geldstrafe bezahlen. Und wehe, du triffst eine falsche Einschätzung. Was ist denn dann, wenn bei einer Diskussion beispielsweise jemand einen Staatsanwalt als durchgeknallt bezeichnet? Du musst dann entscheiden, ob das noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. So wirst du im Zweifel immer gegen die freie Meinung entscheiden und dadurch wird die Diskussion einfach eingeschränkt. Nicht weil du es willst. Sondern weil der Staat(!) dich dazu unter Druck setzt.
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

Maschendraht hat geschrieben:
aber das ist doch nicht mein Problem, wenn andere strafbare Äußerungen machen. Nach der Logik kannst du auch sagen: bedank dich bei den Terroristen, dass Hausdurchsuchungen jetzt auch ohne richterlichen Beschluss durchgeführt werden können...

Und nochmal: mit dem neuen Gesetz macht nicht Facebook die Regeln, sondern der Staat. Und aufgrund der Kombination Laie+Firmeninteresse führt dieses Gesetz des Staates dazu, dass legale Äußerungen gelöscht werden. Und das darf der Staat nicht. Er ist nämlich sehr wohl an Grundrechte gebunden. Der Staat darf mir nicht verbieten, auf Facebook legale Äußerungen zu tätigen. Ihr argumentiert gerne mit dem Hausrecht. Stell dir mal vor, es gibt ein Gesetz: wenn bei dir zuhause jemand etwas Beleidigendes sagt, musst du eine enorme Geldstrafe bezahlen. Und wehe, du triffst eine falsche Einschätzung. Was ist denn dann, wenn bei einer Diskussion beispielsweise jemand einen Staatsanwalt als durchgeknallt bezeichnet? Du musst dann entscheiden, ob das noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. So wirst du im Zweifel immer gegen die freie Meinung entscheiden und dadurch wird die Diskussion einfach eingeschränkt.
Dein Problem ist nicht, dass andere was verbotenes machen - Dein "Problem" ist in dem Fall, dass den Betreibern der Plattform, auf der das geschehen ist, das jahrelang egal war. Um mal bei den bemühten Beispielen zu bleiben: Wenn Dein Lieblingsrestaurant irgendwann auffliegt, dass es jahrelang Drogenhandel geduldet hat, wirst Du dort auch erstmal nicht mehr essen können. Obwohl Du gar keine Drogen nimmst.

Und auch zukünftig löscht nicht "der Staat" - sondern Facebook. Der Staat verbietet Dir auch nicht, legale Äußerungen zu tätigen - er zwingt Facebook dazu, strafbare zu löschen. Was ist denn das für eine verquere Umdeutung?

Der Adressat Deiner Kritik, Deiner Befürchtungen etc ist immer - Facebook. Die müssen als öffentliche Plattform dafür sorgen, dass strafbare Inhalte bei ihnen nicht mehr tagelang stehen bleiben. Facebook hat da vermutlich genau zwei Möglichkeiten: Entweder sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen und allein schonmal deutschsprachige Bearbeiter einstellen statt Billigkräfte in Indien, die nur nach bestimmten Wörtern suchen. Oder auf Verdacht hin löschen (das, was hier ja befürchtet wird). Das ist dann aber nicht die Schuld von Maas - sondern die von Facebook, weil sie das Geld nicht investieren wollen.

Auf Facebook gab es in den letzten Jahren zig Seiten mit Namen wie "Brauner Humor" etc. Es gehört kein abgeschlossenes Jurastudium dazu, um zu erkennen, dass dort antisemitische, rassistische, volksverhetzende Propaganda betrieben wurde. Die Kenntnis der deutschen Sprache reicht vollkommen. Deshalb - wende Dich an Facebook mit dem Anliegen, sie sollen Leute einstellen, die das erkennen können.

Und by the way, es gibt eine ganz einfache Methode, um sicherzustellen, dass Du nicht gelöscht wirst - schreib manierlich und menschenfreundlich. Ich wurde mittlerweile seit fast nem halben Jahr nicht mehr gesperrt, obwohl in der Zeit das Maas-Gesetz kam. Und ich inhaltlich nichts anderes schreibe als davor. Nur auf eine andere Art.
zackzackab
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Re: RE: Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von zackzackab »

Maschendraht hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben: Zum Thema Löschen - nochmal: Das Gesetz kommt nicht aus dem Nichts. Es ist Reaktion darauf, dass Facebook zwei Jahre lang keinerlei Interesse gezeigt hat, volksverhetzenden Dreck zu ahnden. Also beschwer Dich bitte bei Facebook, das Holocaustleugnung, Auschwitzverherrlichung und Führerkult als "nicht beanstandenswert" eingestuft hat und damit dieses Gesetz überhaupt erst notwendig gemacht hat.
aber das ist doch nicht mein Problem, wenn andere strafbare Äußerungen machen. Nach der Logik kannst du auch sagen: bedank dich bei den Terroristen, dass Hausdurchsuchungen jetzt auch ohne richterlichen Beschluss durchgeführt werden können...

Und nochmal: mit dem neuen Gesetz macht nicht Facebook die Regeln, sondern der Staat. Und aufgrund der Kombination Laie+Firmeninteresse führt dieses Gesetz des Staates dazu, dass legale Äußerungen gelöscht werden. Und das darf der Staat nicht. Er ist nämlich sehr wohl an Grundrechte gebunden. Der Staat darf mir nicht verbieten, auf Facebook legale Äußerungen zu tätigen. Ihr argumentiert gerne mit dem Hausrecht. Stell dir mal vor, es gibt ein Gesetz: wenn bei dir zuhause jemand etwas Beleidigendes sagt, musst du eine enorme Geldstrafe bezahlen. Und wehe, du triffst eine falsche Einschätzung. Was ist denn dann, wenn bei einer Diskussion beispielsweise jemand einen Staatsanwalt als durchgeknallt bezeichnet? Du musst dann entscheiden, ob das noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. So wirst du im Zweifel immer gegen die freie Meinung entscheiden und dadurch wird die Diskussion einfach eingeschränkt. Nicht weil du es willst. Sondern weil der Staat(!) dich dazu unter Druck setzt.
Der Staat darf auch dann Regelungen vorsehen, wenn das Risiko besteht, dass ein Rechtsgut / Verfassungsgut Schaden nimmt. Deshalb dürfen wir Auto fahren oder Haustiere halten, deshalb kann uns der Staat im Zusammenhang mit Berufungshaft oder Maßnahmen der Gefahrenabwehr aufgrund von naturgemäß mit Unsicherheiten behafteten Prognoseentscheidungen in unserer Freiheit beschneiden.

Er muss im Hinblick auf die Gefährdung von Rechtsgütern durch Private sicherstellen, dass Rechtsgüter, zB Deine Meinungsfreiheit, ausreichend geschützt werden. Man kann derzeit mit guten Argumenten behaupten, dass ein Mindestmaß an Ehrschutz, Minderheitenschutz, usw. in Facebook nicht gewährleistet ist. Von daher ist es legitim und mE sogar geboten (Mindestmaßgebot), dass der Staat einschreitet.

Und natürlich kann der Staat dafür auch denjenigen in Anspruch nehmen, der die Plattform für die Gefährdung bietet. Uralte Rechtsprinzipien: Wer die (wirtschaftlichen) Vorteile hat, soll auch die Nachteile haben; effektive Gefahrenabwehr, die der Staat mangels Zugriff aufs System und Ressourcen nicht gewährleisten kann; ob Facebook auch noch Veranlassungsstörer ist, lass ich mal dahinstehen.

Grundrechtseingriffen auf Prognose- oder Wertungsbasis haftet immer ein Risiko an. Das ist auch bei Anwendung von Eingriffsgrundlagen durch staatliche Stellen nicht anders. Warum also nicht Facebook als privaten Verantwortlichen Beleihen, die Entscheidungsgremien unter (staatliche) Rechtsaufsicht stellen und Anforderungen an die Qualifikation der Entscheidungsträger stellen (zB Befähigung zum Richteramt). Im Rahmen der Gefahrenabwehr gibt es bereits das Rechtsinstitut der Beleihung (siehe TÜV), dh Heranziehung Privater zur Bewirkung staatlicher Aufgaben. Entscheidend wird nur sein, wirksame Kontrollmechanismen einzurichten.

Dann lässt sich auch das gewünschte Ergebnis erzielen: Hinreichender Schutz von Rechtsgütern vor Beschädigungen von privater Seite, verhältnismäßiger Eingriff in Facebooks unternehmerische Freiheit, da minimalinvasiv, hinreichende Qualifikation der Entscheidungsträger und dann meinetwegen noch ein Rechtsbehelf zur Rechtsaufsicht und Eröffnungen des Rechtswegs.
Zuletzt geändert von zackzackab am 18. Sep 2017, 16:56, insgesamt 1-mal geändert.
vorübergehend
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von vorübergehend »

Stuttgarter hat geschrieben:Der Adressat Deiner Kritik, Deiner Befürchtungen etc ist immer - Facebook. Die müssen als öffentliche Plattform dafür sorgen, dass strafbare Inhalte bei ihnen nicht mehr tagelang stehen bleiben. Facebook hat da vermutlich genau zwei Möglichkeiten: Entweder sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen und allein schonmal deutschsprachige Bearbeiter einstellen statt Billigkräfte in Indien, die nur nach bestimmten Wörtern suchen. Oder auf Verdacht hin löschen (das, was hier ja befürchtet wird). Das ist dann aber nicht die Schuld von Maas - sondern die von Facebook, weil sie das Geld nicht investieren wollen.
Bei Zweifelsfällen kannst man noch so viele Muttersprachler draufwerfen: Ein Zweifelsfall bleibt ein Zweifelsfall. Und jetzt wird die Deutungshoheit über die Meinungsfreiheit privaten Unternehmen übertragen, statt dass darüber Gerichte entscheiden. Ein Gericht entscheidet im Zweifelsfall für die Meinungsäußerung. Die müssen aber auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit beachten, anders als Facebook. Facebooks Eigeninteresse wird es sein, in Zweifelsfällen gegen die Äußerung zu entscheiden.
Stuttgarter hat geschrieben:Und by the way, es gibt eine ganz einfache Methode, um sicherzustellen, dass Du nicht gelöscht wirst - schreib manierlich und menschenfreundlich. Ich wurde mittlerweile seit fast nem halben Jahr nicht mehr gesperrt, obwohl in der Zeit das Maas-Gesetz kam.
Das Gesetz, das erst am 1. Oktober 2017 in Kraft treten wird? Und bezüglich "manierlich und menschenfreundlich" schreiben: Du hast selbst geschrieben, dass Du nicht für unflätige Äußerungen, sondern für Sarkasmus und das Zitieren von problematischen Inhalten, die Du Dir nicht zu eigen gemacht hast, sondern um dagegen vorzugehen, gesperrt wurdest.
Zuletzt geändert von vorübergehend am 18. Sep 2017, 17:15, insgesamt 1-mal geändert.
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

vorübergehend hat geschrieben: Bei Zweifelsfällen kannst man noch so viele Muttersprachler draufwerfen: Ein Zweifelsfall bleibt ein Zweifelsfall. Und jetzt wird die Deutungshoheit über die Meinungsfreiheit privaten Unternehmen übertragen, statt dass darüber Gerichte entscheiden. Ein Gericht entscheidet im Zweifelsfall für die Meinungsäußerung. Die müssen aber auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit beachten, anders als Facebook. Facebooks Eigeninteresse wird es sein, in Zweifelsfällen gegen die Äußerung zu entscheiden.
Ist eigentlich wirklich so schwer zu verstehen, dass der Auslöser keine Zweifelsfälle, sondern Fälle eindeutiger Volksverhetzung sind? Die nirgends in Deutschland öffentlich stattfinden darf, Facebook sich da nur einen Dreck drum gekümmert hat? Hätten die in den letzten Jahren das nicht alles durchgewunken, gäbe es mit ziemlicher Sicherheit dieses Gesetz in dieser Form heute nicht. Also nochmal - geht zu Facebook und beschwert Euch bei denen.
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TechniKadger
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von TechniKadger »

vorübergehend hat geschrieben: @TechniKadger: ...
Dann war das mein Fehler. Tut mir Leid.

Worum es mir ging: Der Punkt war gewissermaßen diese fatalistische Sicht, dass Anbieter von Diensten quasi alles mit ihren Nutzern machen dürfen, was sie wollen. Und dass dagegen kein Einspruch zu erheben sei. denn es sei in ihrem Recht. Was aber gesellschaftlich fördernd, oder moralisch wäre, brauche keine Rolle spielen.
Solches opportunistische Verhalten wird in den meisten anderen Lebensbereichen verurteilt. Sei es Politik, oder der persönliche Umgang mit Mitmenschen. Hier scheint das allerdings kein Problem zu sein. Klar, es ist innerhalb meines rechtlichen Spielraums, an den Bahnhof zu gehen und vor den Obdachlosen einen Freudentanz auf ihre beschissene Situation abzuhalten. Aber, welchen sozialen Raum schaffe ich damit?
Ob Facebook das darf, sollte nicht der maßgebende Faktor sein. Sondern ob es das sollte.

Und hinzu kommt dann weiter die Problematik des NetzDG und die, wie schon angemerkt, sehr fehlerhafte Anreizstruktur, sowie das prinzipielle Problem, juristische Entscheidungen auf ein Unternehmen zu übertragen.
Jochen

Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Jochen »

vorübergehend hat geschrieben:Das mit der Filterblase, ich widerspreche da mal der verbreiteten Klage: Früher haben die meisten Leute eine oder höchstens zwei Zeitungen abonniert, die hatten eine politische Tendenz, und Artikel aus anderen Zeitungen nie gelesen. Früher hatte man also viel mehr eine "Filterblase" als es jetzt mit Internet und Facebook der Fall ist
Das ist ein sehr interessanter Aspekt, dem ich durchaus zustimmen würde. Die Filterblase mag ein modernes Konzept sein - aber das bedeutet noch lange nicht, dass es sie vorher nicht gab. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Das Problem von Facebook und Co. ist nicht, dass die Menschen in ihren Filterblasen gefangen sind - das waren sie schon immer. Das Problem ist, dass diese Filterblasen angegriffen werden. Plötzlich hat man es tagtäglich mit Menschen zu tun, die die eigenen ideologischen und/oder moralischen Überzeugungen infrage stellen, attackieren oder sich darüber lustig machen; und das ist einem Gesprächsraum, der ohnehin nicht dazu geeignet ist, eine konstruktive oder respektvolle Diskussionskultur herbeizuführen.

Facebook und Co. schaffen Feindbilder. Nicht absichtlich oder bewusst, sondern strukturell. Der Feind ist ständig präsent - also gräbt man sich ein. Und schießt zurück. Das ist zwar vergebliche Liebesmüh, aber eine ganz normale menschliche Reaktion. Die Frage, ob Facebook, Twitter et al. irgendetwas zensieren müssten, zielt in meinen Augen völlig am strukturellen Problem vorbei: Nämlich, dass das Aufsprengen von Filterblasen eine gefährliche Sache sein kann. Vielleicht müssen wir aufhören, diese Blasen als etwas schlechtes zu begreifen. Vielleicht haben sie jahrelang zum gesellschaftlichen Frieden beigetragen.
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

vorübergehend hat geschrieben:
Das Gesetz, das erst am 1. Oktober 2017 in Kraft treten wird? Und bezüglich "manierlich und menschenfreundlich" schreiben: Du hast selbst geschrieben, dass Du nicht für unflätige Äußerungen, sondern für Sarkasmus und das Zitieren von problematischen Inhalten, die Du Dir nicht zu eigen gemacht hast, sondern um dagegen vorzugehen, gesperrt wurdest.
Die sarkastischen Äußerungen haben dennoch natürlich zB menschenverachtende Formulierungen enthalten. Und wenn Facebook das Wort "Neger" nun mal nicht sehen will, dann ist das so. Und dann kann ich entweder "Zensur!" brüllen. Oder akzeptieren, dass dieses Wort anscheinend in keinerlei Kontext auf Facebook auftauchen soll (was ich an und für sich ja durchaus begrüße)- und es zukünftig schlichtweg vermeiden. Genauso zitiere ich nun nicht mehr andere problematische Kommentare - sondern umschreibe im Zweifelfall, damit der andere versteht, was ich meine.

Klar ist das mühsamer. Aber Facebook arbeitet nunmal so. Ich nutze Facebook kostenlos - also spiele ich entweder nach ihren Regeln oder suche mir eine andere Plattform. Soziales Miteinander funktioniert nunmal nur mit Regeln. Und solange ich bestehende Angebote nutze und nicht meine eigene Millionenplattform aufmache, habe ich mich an die Regeln dieses bestehenden Angebots zu halten.

Meine Güte, ich seh doch, was Facebook nicht gefällt - sie haben mir jedes Mal den Kommentar genannt, für den ich gesperrt wurde. Bis auf ein einziges Mal war jedes Mal ganz überdeutlich, welches Wort, welche Formulierung ihnen nicht gefallen hat. Es ist wirklich kein Hexenwerk, zukünftig dann eben dadrauf zu verzichten.
Stuttgarter
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Stuttgarter »

Jochen hat geschrieben:
Das ist ein sehr interessanter Aspekt, dem ich durchaus zustimmen würde. Die Filterblase mag ein modernes Konzept sein - aber das bedeutet noch lange nicht, dass es sie vorher nicht gab. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Das Problem von Facebook und Co. ist nicht, dass die Menschen in ihren Filterblasen gefangen sind - das waren sie schon immer. Das Problem ist, dass diese Filterblasen angegriffen werden. Plötzlich hat man es tagtäglich mit Menschen zu tun, die die eigenen ideologischen und/oder moralischen Überzeugungen infrage stellen, attackieren oder sich darüber lustig machen; und das ist einem Gesprächsraum, der ohnehin nicht dazu geeignet ist, eine konstruktive oder respektvolle Diskussionskultur herbeizuführen.

Facebook und Co. schaffen Feindbilder. Nicht absichtlich oder bewusst, sondern strukturell. Der Feind ist ständig präsent - also gräbt man sich ein. Und schießt zurück. Das ist zwar vergebliche Liebesmüh, aber eine ganz normale menschliche Reaktion. Die Frage, ob Facebook, Twitter et al. irgendetwas zensieren müssten, zielt in meinen Augen völlig am strukturellen Problem vorbei: Nämlich, dass das Aufsprengen von Filterblasen eine gefährliche Sache sein kann. Vielleicht müssen wir aufhören, diese Blasen als etwas schlechtes zu begreifen. Vielleicht haben sie jahrelang zum gesellschaftlichen Frieden beigetragen.
Das ist ein sehr interessanter Gedanke.

Dem würde ich aus dem hohlen Bauch raus entgegensetzen, dass die Filterblase früher sehr viel kleiner war. Selbst wenn am Stammtisch zehn Mann einhellig der Meinung sind, dass Bevölkerungsgruppe xy am besten vergast gehört - dann wissen die zumindest unbewusst, dass sie nur zehn sind. Und kommen nicht in die Verlegenheit, sich wie eine Mehrheit zu fühlen. Wenn sie aber im Netz tausende oder auch nur hunderte finden, die bei sowas "gefällt mir" drücken - dann wirds eher kritisch.

Dazu kommt, dass die heutigen Filterblasen nunmal durch Fake news auf eine Weise unterfüttert werden, die vor dem Netz unvorstellbar war. Klar hat auch schon vor fünfzehn Jahren der Schwager der Freundin des Onkels meiner Friseurin ganz furchtbare Dinge erlebt - aber das war doch verhältnismäßig "klein" im Vergleich zu den gefakten Artikeln und Fotos, die nach einem Tag bereits tausendfach geteilt worden sind. (Mein Liebling ist ja immer noch Danny Trejo, der mit Machete einen ostdeutschen Supermarkt überfällt. Aber das nur am Rande.)

Insofern glaub ich, dass Filterblasen tatsächlich was gutes sein können, wenn sie im kleinen existieren. Ab einer bestimmten Menge Mensch könnte es aber auch fatal werden.
vorübergehend
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von vorübergehend »

TechniKadger hat geschrieben:...
Oh, wir sind ja einer Meinung! Dann hätte ich freundlicher sein sollen. Tut mir leid. :D
Stuttgarter hat geschrieben:Ist eigentlich wirklich so schwer zu verstehen, dass der Auslöser keine Zweifelsfälle, sondern Fälle eindeutiger Volksverhetzung sind? Die nirgends in Deutschland öffentlich stattfinden darf, Facebook sich da nur einen Dreck drum gekümmert hat? Hätten die in den letzten Jahren das nicht alles durchgewunken, gäbe es mit ziemlicher Sicherheit dieses Gesetz in dieser Form heute nicht. Also nochmal - geht zu Facebook und beschwert Euch bei denen.
Naja, ich kann das selbst nicht beurteilen, aber ich gehe mal davon aus, Du hast Recht. Das Problem sehe ich schon, und der momentane Zustand ist sicherlich nicht ideal. Eigentlich wären ja Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte zuständig, aber die würden komplett überlastet werden (und wahrscheinlich viel einstellen), wenn sie jede Äußerung bei Facebook kontrollieren müssten, an der jemand Anstoß nimmt. Trotzdem finde ich, dass es zu weit geht, deshalb in Kauf zu nehmen, dass lieber zu viel als zu wenig gelöscht wird. Das wäre meines Erachtens, das Kind mit dem Bade ausschütten. Aber letztlich geht es vor allem ums Prinzip: Weder mit, noch ohne das Gesetz würde die Demokratie untergehen. :D
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Felidae
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Felidae »

Maschendraht hat geschrieben: Und nochmal: mit dem neuen Gesetz macht nicht Facebook die Regeln, sondern der Staat. Und aufgrund der Kombination Laie+Firmeninteresse führt dieses Gesetz des Staates dazu, dass legale Äußerungen gelöscht werden. Und das darf der Staat nicht. Er ist nämlich sehr wohl an Grundrechte gebunden. Der Staat darf mir nicht verbieten, auf Facebook legale Äußerungen zu tätigen.
Das Löschen von legalen Äußerungen soll ja offenbar vermieden werden. In einem Bericht auf Spiegel Online steht: "Außerdem will die Union eine Regelung, mit der strittige Beiträge, die zu Unrecht gelöscht worden sind, wiederhergestellt werden können. So will man den Kritikern entgegenkommen, die Gefahren für die Meinungsfreiheit sehen, weil aus Angst vor Bußgeldern zu viel gelöscht werden könnte." (http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpoli ... 52991.html). Das würde ich sehr begrüßen, da es der befürchteten Willkür entgegenwirken würde. Außerdem halte ich es für sinnvoller, sich bei Ungerechtigkeiten/Kritik an eine offizielle Stelle wenden zu können, anstatt ewig auf Rückmeldungen von Unternehmen warten zu müssen, die sich in keiner Verwantwortung und Pflicht sehen zu antworten (siehe Youtube und die Löschung des ThePod-Kanals). Ich werde ja selbst etwas unruhig, sobald ich etwas von "staatliche Kontrolle" "Internet" und "Löschen" höre, aber ich denke es wäre theoretisch möglich ein gerechtes und vor allem transparentes System zu enwickeln. So wie es momentan läuft, sollte es meiner Meinung nach nicht bleiben.
Maschendraht hat geschrieben:Ihr argumentiert gerne mit dem Hausrecht. Stell dir mal vor, es gibt ein Gesetz: wenn bei dir zuhause jemand etwas Beleidigendes sagt, musst du eine enorme Geldstrafe bezahlen. Und wehe, du triffst eine falsche Einschätzung. Was ist denn dann, wenn bei einer Diskussion beispielsweise jemand einen Staatsanwalt als durchgeknallt bezeichnet? Du musst dann entscheiden, ob das noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. So wirst du im Zweifel immer gegen die freie Meinung entscheiden und dadurch wird die Diskussion einfach eingeschränkt. Nicht weil du es willst. Sondern weil der Staat(!) dich dazu unter Druck setzt.
Genau hier, würde ja die oben genannte Regelung, die das Hinterfragen und Neubewerten von Löschungen zum Ziel hat, zum Einsatz kommen. Dass das eine sehr aufwendige Aktion wäre, ist klar. Aber ich denke, dass es grundsätzlich machbar wäre. Das Allerwichtigste sind hier einfach Transparenz und klare Regeln, damit alle Beteiligten auch fair und offen mit strittigen Fällen umgehen können.
Jochen

Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Jochen »

vorübergehend hat geschrieben:Oh, wir sind ja einer Meinung! Dann hätte ich freundlicher sein sollen. Tut mir leid. :D
Ideal wäre es, wenn du auch zu Menschen, die nicht deine Meinung teilen, freundlich wärst :D
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von vorübergehend »

Jochen hat geschrieben:Facebook und Co. schaffen Feindbilder. Nicht absichtlich oder bewusst, sondern strukturell. Der Feind ist ständig präsent - also gräbt man sich ein. Und schießt zurück. Das ist zwar vergebliche Liebesmüh, aber eine ganz normale menschliche Reaktion. Die Frage, ob Facebook, Twitter et al. irgendetwas zensieren müssten, zielt in meinen Augen völlig am strukturellen Problem vorbei: Nämlich, dass das Aufsprengen von Filterblasen eine gefährliche Sache sein kann. Vielleicht müssen wir aufhören, diese Blasen als etwas schlechtes zu begreifen. Vielleicht haben sie jahrelang zum gesellschaftlichen Frieden beigetragen.
Oh ja, da sagst Du was: Die bloße Konfrontation mit gegensätzlichen Meinungen, zumal wenn sie noch mit einem Angriff auf einen selbst verbunden sind, führen eher zur Verhärtung des eigenen Weltbilds als zu neuen Perspektiven. Eine Zeitung, die grundsätzlich ein ähnliches Weltbild vertritt wie ich oder in der jedenfalls differenzierte, intelligente Artikel erscheinen, hat eine ungleich bessere Chance, meine Meinung zu ändern oder einen anderen Standpunkt zu verstehen, als eine aggressive Konfrontation. Aber letzteres erfüllt offenbar ein menschliches Grundbedürfnis, sonst würden nicht so viele, mich eingeschlossen, immer wieder im Internet aussichtslos für ihre Meinung kämpfen. :lol:

Edit: Auch die Tatsache, dass man im Internet meist sein Gegenüber nicht kennt und die Kommunikation nur schriftlich abläuft, führt zu einer Verhärtung der Fronten. Menschen die man kennt und respektiert und Medien, in die man Vertrauen hat, ist man sehr viel aufgeschlossener gegenüber als irgendwelchen Unbekannten gegenüber mit komischen Nutzernamen wie "vorübergehend".

Zum Frieden beitragen, das weiß ich nicht: Wenn man die ganze Zeit in seiner Filterblase Artikel und Meinungen liest, wie doof und verkommen etc. doch die anderen sind, dann trägt das auch nicht zur Entspannung bei.
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TechniKadger
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von TechniKadger »

Naja, ich glaube hier wird zu sehr von der Filterblase des Konsums auf eine allgemeine Filterblase geschlossen. Was wir an Zeitung lesen, ist ja nicht alles, wie wir mit anderen Menschen und Meinungen in Kontakt treten/traten.
Zum Beispiel gibt es, vor allem in den USA, eine Reihe von Hinweisen darauf, dass die sozialen Räume, die wir wählen zunehmend intellektuell kompartmentalisiert wurden.

Das fängt bei der Land->Stadtflucht und den damit korrelierbaren politischen und gesellschaftlichen Werten an, geht weiter mit der Möglichkeit, durch das Internet maßgeschneidert auch im realen Leben Menschen zu finden, die punktgenau der eigenen Persönlichkeit entsprechen und endet bei den Zugängen zu höherer Bildung und der damit verbundenen Auseinanderslebung unterschiedlicher Klassen.
Deswegen würde ich das Einfinden in Echokammern nicht einfach so anhand der Variable Medienkonsum festmachen.

Diese Entwicklungen, ohne jetzt die redaktionelle Geschichte der FAZ und der SZ zu verfolgen, können sich dann ggf. auch auf Zeitungen auswirken. Das heißt, ggf. waren selbst Medien mit politischer Tendenz vor einigen Jahren politisch diverser, weil sie zwangs gesellschaftlich noch nicht stattgefundenen Entwicklungen aus einem diverseren Bewerberpool fischten.
Bei dem Beispiel, wie ihr das hier stellt, herrscht die Annahme, dass die zwei Zeitungen vor 30 Jahren die selben wie heute waren und quasi in die Geschichte festgesetzte, unveränderbare Monolithen sind.
Maschendraht
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von Maschendraht »

Stuttgarter hat geschrieben: Und auch zukünftig löscht nicht "der Staat" - sondern Facebook. Der Staat verbietet Dir auch nicht, legale Äußerungen zu tätigen - er zwingt Facebook dazu, strafbare zu löschen. Was ist denn das für eine verquere Umdeutung?
Ja, und warum löscht Facebook u. a. legale Äußerungen? Weil der Staat eine Drucksituation erzeugen wird. Also ist der Staat auch für die übermäßige Löschung mitverantwortlich.

Machen wir es ganz konkret: ich schreibe jetzt zum Beispiel "Merkel muss weg!!!"
würdest du als Facebook-Mitarbeiter bei dem neuen Gesetz diese Äußerung löschen? Ich befürchte, dass das passiert, aus Angst vor Strafe. Allerdings bin ich auch überzeugt, dass diese, wenn auch unsachliche, Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, denn was könnte in einer Demokratie falsch daran sein, einen Regierungswechsel zu fordern? Die Folge wäre, dass diese Leute massiv daran eingeschränkt wären, ihren politischen Willen auszudrücken. Das ist einfach Fakt.
Und es gibt ja nicht nur solche plumpe Kritik, sondern auch sehr gute und hochwertige Ausführungen, die sich eines scharfen, angriffslustigen Tons bedienen. Es war nicht unbedingt die weiche und zaghafte Kritik, die die wichtigen Veränderungen herbeigeführt hat...
zackzackab hat geschrieben:Der Staat darf auch dann Regelungen vorsehen, wenn das Risiko besteht, dass ein Rechtsgut / Verfassungsgut Schaden nimmt. [...]
Du weißt aber auch, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus der Gleichung nicht einfach verschwindet, sondern dass ein Ausgleich gefunden werden muss. Und extrem kurze Löschfristen von 24h in Kombination mit millionenschweren Strafen sind kein solcher Ausgleich, sondern verschieben die Situation einseitig gegen die Meinungsfreiheit. Der Entwurf ist also nicht angemessen. Und ob das geeignet ist, sei auch mal dahingestellt, denn während die Löschfristen für die Moderation zu kurz sind, sind sie für die Betroffenen noch zu lang. Wenn eine Aufforderung zu einer Straftat oder eine Holocaustleugnung ein paar Stunden dasteht, ist der Schaden doch bereits angerichtet. Die nachträgliche Löschung ändert gar nicht so viel zum Besseren. Und dafür soll riskiert werden, dass legitime Äußerungen geopfert werden? Das ganze ist verfassungsrechtlich löchrig wie ein schweizer Käse. Mit einer unabhängigen Institution bzw. staatlicher Aufsicht könnte ich besser leben.
vorübergehend
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Re: „Zensur“ im Internet

Beitrag von vorübergehend »

Maschendraht hat geschrieben:"Merkel muss weg!!!"
Merkel entsorgen!
Zuletzt geändert von vorübergehend am 18. Sep 2017, 21:39, insgesamt 1-mal geändert.
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