Peninsula hat geschrieben:Wenn Kevin Spacey sich öffentlich zu einer rassistischen Gewalttat bekannt hätte, hätten wir dann hier auch Beiträge im Thread, die darauf hinweisen, dass man - unabhängig vom konkreten Fall Spacey - doch bitte bedenken müsse, dass die Unschuldsvermutung zu gelten habe und ja auch immer mal Menschen fälschlicherweise einer rassistischen Gewalttat beschuldigt würden?
also von mir zumindest ziemlich sicher, ja. Insbesondere bei scheinbar rassistischen Taten ist der Kontext, in dem sie getätigt wurden, verdammt wichtig. Ich erinnere mich da an einen Auszug aus einem Frei.Wild*-Song, der von vielen Leuten aus Facebook geteilt wurde und eindeutig belegen sollte, wie unglaublich rechts diese Band doch sei. Nach kurzer Recherche zeigte sich, dass dieser Text-Ausschnitt das genaue Gegenteil war. Es war also korrekt, dass (sinngemäß) gesungen wurde "ich schnappe mir meine 9mm und mache alle platt, die nicht von meinem Blut sind". Was dabei unterschlagen wurde: der Text ging weiter mit "ist es das, was ihr uns in den Mund legen wollt? Dann habt ihr nicht kapiert, wer wir überhaupt sind".
Was ich damit ausdrücken möchte: ja, die sofortige Vorverurteilung ist auch bei rassistischen Aussagen scheiße und abzulehnen. Der Kontext einer Tat ist
immer wichtig. Womit nicht gesagt ist, dass es nie "so schlimm ist wie es sich im ersten Moment anhört". Es kann sogar noch viel schlimmer sein. Hat nicht vor einigen Jahren Mel Gibson im Suff mal eine ziemlich heftig antisemitische Rede gehalten? Da konnte sich auf Youtube jeder ein Bild vom Kontext machen. Warum er trotzdem seit dem in neun Filmen mitgespielt hat und bis heute große Rollen bekommt, unterstreicht ein bisschen meine Theorie der Verlogenheit diverser Filmstudios und Regisseure, die jetzt in blindem Aktionismus Kevin Spacey überall raus haben wollen. In 3-4 Jahren ist das Thema sowieso wieder vergessen und alles bleibt beim alten.
Natürlich muss vor Gericht die Unschuldsvermutung gelten - immer und für jeden, aber das ist selbstverständlich! Wieso muss man das ausgerechnet bei sexueller Gewalt immer wieder betonen?
weil dank "Man-Spreading", "stare-rape" und anderen Stilblüten der Begriff der sexuellen Übergriffigkeit inzwischen so verwaschen wurde, dass die Grenze, in der man einen Sexualdelikt als "ernsthaft" bezeichnet, ständig neu definiert werden muss. Damit hat man dem Rechtsempfinden einen Bärendienst erwiesen, inzwischen gibt es für jede Form der Handlung, die einem "irgendwie unangenehm" ist, einen völlig überzogenen Ausdruck, der hashtag-kompatibel zusammengedampft wird. Und entsprechend schnell setzt sich der shitstorm in Bewegung, wenn dieser hashtag dann auch mal auf eine Person des öffentlichen Lebens zutrifft. Du kannst mir nicht erzählen, dass eine Person, der so etwas ein mal vorgeworfen wurde, die nächsten 12 Monate ein normales Leben führen kann, selbst wenn die Unschuld bewiesen wurde.
* disclaimer: ich finde Frei.Wild scheiße, ihre "Blut und Boden"-Rhetorik zum kotzen und musikalisch können die eh nix. Genau deswegen nervt es mich so sehr, wenn man ihnen Wasser auf die Mühlen kippt, indem man ihre Zitate aus dem Kontext reißt.