Flo hat geschrieben:Die Ideale der Föderation .. oder zumindest des jeweiligen Captains .. werden in TNG ständig auf die Probe gestellt. Das ist ja der ganze Witz an der Serie.
Das ist nicht mein Eindruck. Jenseits von DS9 kam die Föderation nie in eine Situation, in der ihre Art zu Leben tatsächlich auf die Probe gestellt wurde. Ich erinnere mich da beispielhaft an Jochen, der im Podcast öfters anmerkte, dass es in Rollenspiel häufig zu leicht sei "Gut" zu sein - häufig hat es keinen Preis, keinen Nachteil, sondern führt ohne Probleme zum Ziel. Es läuft zu glatt. Und bei TNG läuft zumeist alles glatt. Natürlich gibt es jede Folge ein Problem, es ist immerhin eine "Abenteuer"-Serie in diesem Sinn. Aber am Ende der Folge ist's Problem gelöst und alles auf Ausgangslage. Auch liegen die Probleme stets jenseits außerhalb der Crew. Wenn ein Crewmitglied aggressiv wird oder Probleme macht, dann liegt's nicht daran, dass er Picard ernsthaft widerspricht, sondern daran, dass er von einem Alien besessen, von einer Krankheit befallen, o.Ä. ist. In diesem Sinne ist TNG eine perfekte Echokammer und innerhalb ihrer eigenen Logik passt das auch.
Flo hat geschrieben:Also wenn das nicht 'In Frage stellen' bedeutet, dann weiß ich auch nicht.
Das ist eine akademische Diskussion und ja, diese beherrscht TNG sehr gut. Aber am Ende ist's halt nur ein Gedankenexperiment. Es führt zu nichts und der Zuschauer weiß auch, dass Data am Ende weiterhin auf der Enterprise bleibt. Der Dominion Krieg hingegen fürt die Föderation in DS9 regelmäßig an die Grenze, u.a. auch dazu, dass Sisko gegen sein eigenes Ideal handelt. Das finde ich spannend, weil das Aufrechterhalten der Ideale einen Preis hat. In TNG zahlt die Crew aber nie einen Preis, sondern kann wie in einem Rollenspiel einfach "gut" sein und kommt damit gut durchs Leben. DS9 baut hingegen das Drama in die Crew ein mit Charakteren wie Odo, Quark und Kira, die sich teilweise nicht ausstehen können. Wenn TNG hingegen Drama aufbauen will, muss es immer für jede Folge einen neuen Charakter einbauen, weil es innerhalb der Crew einfach null Dynamik gibt, mit der man da arbeiten kann.
Flo hat geschrieben:*Utopie halte ich für ein bisschen hoch gegriffen für die Prämisse, dass Menschen miteinander klar kommen, aber okay.
"Klar kommen" ist ein milder Ausdruck, finde ich. Die Crew flucht nicht, sie schreit nicht, sie wird nicht wütend oder zeigt auch sonst kaum Emotionen, die ein Mensch eben so fühlt. Wut, Zorn, Frustration, Genervtheit, u.Ä. In dem Sinne konnte ich TNG auch nur schwer ernst nehmen, weil die dortigen Menschen mir nie sehr ... menschlich vorkamen. Insofern würde ich TNG als Utopie bezeichnen, eben als Utopie der Menschheit.
So sehr ich TNG auch mag, ich fand die Serie doch zumeist zu bieder. Als DS9-Fan gefällt mir das Drama in DIS jedenfalls sehr gut, auch wenn es gerne mehr positive Vibes geben dürfte.