Runde #141: Zensur

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Stuttgarter
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Stuttgarter »

Mentraton hat geschrieben: Ich möchte nicht sagen, dass hier solche Themen nicht behandelt werden sollen, jedoch entsprach *subjektive, persönliche Meinung* diese Folge nicht meiner Hoffnung auf einen entspannten Sonntag morgen Podcast und hätte für mich besser in ein anderes Format gepasst.
Und dem entgegne ich als Nicht-Backer: Gott sei Dank machen die Herren sowas auch im öffentlichen Sonntagspodcast!
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Andre Peschke
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Andre Peschke »

Mentraton hat geschrieben: Es war für mich deutlich zu erkennen, dass sich Andre sehr unwohl gefühlt hat und nach meiner Wahrnehmung schnellstmöglich den Sack zumachen wollte.
Das täuscht. Ich fand die Idee sehr faszinierend das Publikum genau in dem Moment sehr abrupt aus dem Podcast zu entlassen, weil es sehr gut zu vorhergehenden Diskussion passte. Ich habe eher einen Hang zum Transgressiven, als das ich etwas brenzliges ausschlagen will. Daher habe ich auch das freundliche Geplänkel am Ende noch weggeschnitten um die Wirkung zu verstärken (und weil es auch unpassend schien).

Dass es nicht der fluffige Sonntagscast ist, verstehe ich natürlich. Aber wir machen ja gerne mal was neues.

Andre
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lolaldanee
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von lolaldanee »

Stuttgarter hat geschrieben:
Worauf will ich raus? Grundsätzlich sehe ich es wie Wolfgang (und ja auch Jochen): Kunst darf alles. Es existiert nur das Problem, dass jeder von Kunst begangene Tabubruch früher oder später auch im Unterhaltungsgenre auftaucht. Um das zu verdeutlichen: "Schindlers Liste" zeigte 1993 für damalige Verhältnisse Gewalt und Brutalität in ungewohntem Ausmaß. Das hatte den gewünschten künstlerischen Effekt: Man konnte den Film damals wohl kaum schauen, ohne Abscheu, Bedrückung etc. zu empfinden. Nachdem Spielberg sich das aber in einem "wichtigen" Film getraut hatte, folgten die ganzen Actionblockbuster nach. Und das "besondere" von Spielbergs Film wurde alltäglich.

Diese Gefahr sehe ich bei anderen Tabubrüchen genauso - angenommen, es gibt dereinst ein Spiel, das auf eindrucksvolle, bedrückende Weise Kindesmissbrauch darstellen kann (was ich mir prinzipiell durchaus vorstellen kann). Das wäre erstmal wunderbar - und vermutlich auch im Sinne der Opfer. Allerdings wäre damit dann das Tabu gefallen - und es sicher nur eine Frage der Zeit, bis auch ein GTA oder Saint's Row das Thema zynisch abgrast. Was dann überhaupt nicht mehr wunderbar wäre. Sondern mindestens voyeuristisch, vermutlich sogar widerlich. (Nicht, weil ich GTA und Saint's Row generell widerlich finde - ganz im Gegenteil. Sondern ihnen schlicht nicht zutraue, in ihren schrillen Welten angemessen mit der Thematik umzugehen.)
Ich glaube das sollte man im Zweifelsfall einfach riskieren können
zudem: Kindesmissbrauch ist doch z.B etwas in der Realität recht alltägliches, nicht so alltäglich wie bei Rot über die Ampel, aber es passiert oft genug, als dass man von einer extremen Ausnahmesituation reden könnte
Entscheidend scheint mir: Reflektiere ich als Betrachter, dass es ein Problem ist, dass so etwas ständig gezeigt werden kann, ohne dass es mich erschreckt. Und noch viel mehr: warum erschüttert es mich viel mehr, das in einem Film zu sehen, als zu wissen, dass es in der REALITÄT ständig geschieht?

Hängt alles halt auch sehr vom Betrachter ab. In meiner persönlichen Beurteiling ist es z.B deutlich extremer jemanden eine Kugel in den Kopf zu ballern, als ein Kind zu missbrauchen. Ersteres bekommen wir ständig zu sehen, zweiteres nicht, weil die große Masse das wohl anders empfindet. Hm, jetzt wo ich darüber nachdenke: Ohne die Zahlen zu kenne, würde ich vermuten, dass Kindesmissbrauch auch bei uns zumindest deutlich öfter vorkommt, als Mord. Trotzdem würde einen die Darstellung in den Medien zumindest dieses Verhältnis nicht nahe legen. Da müsste man wirklich mal die Zahlen sich anschaun.



P.S. Auch die dümmsten Actionfilme sind zweifelsfrei Kunst. Nur vlt. keine besonders gute. Aber selbst hier: Ich würde jederzeit Trashfilme der Marke Sharknado als eigene Gattung des Films begreifen. Mit ganz gut erkennbaren eigenen Stilmitteln und Gemeinsamkeiten
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Heretic
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Heretic »

Ich sage: Kunst darf alles abbilden, und sei es auch noch so unangenehm. Punkt. Und das sollte gerade für Medien wie Filme oder Computerspiele gelten, die im Normalfall nicht öffentlich vorgeführt werden, sondern vom Publikum bewusst konsumiert werden und zusätzlich eine Alterseinstufung mitbringen. Und - um mal ein harmloses Beispiel zu nennen - kommt ein Arachnophobiker traumatisiert aus einem Spinnenhorrorfilm, dann ist das eben persönliches Pech. Er hätte ja nicht reingehen müssen.
Stuttgarter hat geschrieben:Aber nicht jeder Film ist Kunst - "Transformers", "Expendables", Schwarzenegger-Streifen und Co. sind sicher vieles, aber kaum Kunst.
Wieso nicht? Weil sie inhaltlich flach sind oder womöglich nur wegen des zu erwartenden kommerziellen Erfolgs produziert wurden? Vielleicht punkten diese Filme ja in anderen, vielleicht eher "handwerklichen" Bereichen wie Schnitt, Ausleuchtung, Soundtrack oder was auch immer. Ich würde behaupten: Auch Trivialkunst ist Kunst. Wenn ich 'ne Obstschale male, sieht das Ergebnis scheiße aus. Wenn ein handwerklich begabter Maler 'ne Obstschale malt, ist das Ergebnis vielleicht nach wie vor langweilig, aber immerhin kompetent umgesetzt. Ergo Kunst. Wenn auch vielleicht "nur" Handwerkskunst.
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Flo
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Flo »

Stuttgarter hat geschrieben:Ab wann beginnt Kunst? Filme können Kunst sein. "Amadeus", "Citizen Kane", "Wie im Himmel", auch die "Amelie" und andere beweisen das immer wieder. Aber nicht jeder Film ist Kunst - "Transformers", "Expendables", Schwarzenegger-Streifen und Co. sind sicher vieles, aber kaum Kunst. Auch PC-Spiele können Kunst sein - die allermeisten sind es aber schwerlich. Wo zieht man nun die Grenze? Vor allem in der Gegenwart - wo noch nicht abschätzbar ist, welchen Rang ein Werk mal einnehmen wird? Ein Mozart hat über weite Strecken seichte Unterhaltungsmusik komponiert, damit der Hof bei Tisch etwas Untermalung hatte. Heute werden seine Sinfonien und Serenaden nicht mehr als Gebrauchsmusik, sondern als "hochgeistige Kunst" verehrt. Ob etwas als Kunstwerk relevant ist, entscheidet oftmals erst die nächste Generation. Ein aktuelleres Beispiel aus der Musik wären die Beatles, die Stones, der gesamte Rock'n'Roll - der Schritt vom "Urwaldgeschrei" zu einer der bedeutendsten Kunstformen des Jahrhunderts umfasst oft zehn bis zwanzig Jahre. Und diejenigen, die es oft am spätesten begreifen, sind die, die es eigentlich als erstes merken sollten: Die Kunstkritiker.

Worauf will ich raus? Grundsätzlich sehe ich es wie Wolfgang (und ja auch Jochen): Kunst darf alles. Es existiert nur das Problem, dass jeder von Kunst begangene Tabubruch früher oder später auch im Unterhaltungsgenre auftaucht. Um das zu verdeutlichen: "Schindlers Liste" zeigte 1993 für damalige Verhältnisse Gewalt und Brutalität in ungewohntem Ausmaß. Das hatte den gewünschten künstlerischen Effekt: Man konnte den Film damals wohl kaum schauen, ohne Abscheu, Bedrückung etc. zu empfinden. Nachdem Spielberg sich das aber in einem "wichtigen" Film getraut hatte, folgten die ganzen Actionblockbuster nach. Und das "besondere" von Spielbergs Film wurde alltäglich.

Diese Gefahr sehe ich bei anderen Tabubrüchen genauso - angenommen, es gibt dereinst ein Spiel, das auf eindrucksvolle, bedrückende Weise Kindesmissbrauch darstellen kann (was ich mir prinzipiell durchaus vorstellen kann). Das wäre erstmal wunderbar - und vermutlich auch im Sinne der Opfer. Allerdings wäre damit dann das Tabu gefallen - und es sicher nur eine Frage der Zeit, bis auch ein GTA oder Saint's Row das Thema zynisch abgrast. Was dann überhaupt nicht mehr wunderbar wäre. Sondern mindestens voyeuristisch, vermutlich sogar widerlich. (Nicht, weil ich GTA und Saint's Row generell widerlich finde - ganz im Gegenteil. Sondern ihnen schlicht nicht zutraue, in ihren schrillen Welten angemessen mit der Thematik umzugehen.)

Und wir wären an demselben Punkt wie mit den Hakenkreuzen: Wo endet die Kunst? Bei Hakenkreuzen dürfte das im Vergleich noch eine sehr einfach zu beantwortende Frage sein. Bei anderen Tabuthemen wäre das vermutlich wesentlich schwieriger - und man käme nicht umhin, wieder staatliche Regularien zu entwickeln, die dann wieder als "Zensur" aufgefasst würden.
Kunst ist, was die Menschen als Kunst wahr nehmen. imho.
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Flo
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Flo »

Kunst welche unsere aktuellen westlichen Werte abfeiert ist ja kein Problem. Kunst, die nationalsozialistische Werte abfeiert jedoch schon. Sie gilt als Propaganda.

Wenn wir eine wertneutrale Differenzierung zwischen der Erfüllung des Bildungsauftrages und Propaganda fänden, dann entspräche diese womöglich auch die Grenze, wie weit Kunst gehen darf.
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Heretic
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Heretic »

Flo hat geschrieben:Kunst welche unsere aktuellen westlichen Werte abfeiert ist ja kein Problem. Kunst, die nationalsozialistische Werte abfeiert jedoch schon. Sie gilt als Propaganda.

Wenn wir eine wertneutrale Differenzierung zwischen der Erfüllung des Bildungsauftrages und Propaganda fänden, dann entspräche diese womöglich auch die Grenze, wie weit Kunst gehen darf.
Ich habe vor kurzem den NS-Propagandaschinken "Kolberg" auf Arte gesehen. Ich bin durchaus dafür, dass auch solche Filme im Fernsehen gezeigt werden. Aber nicht unkommentiert, sondern in Verbindung mit Zusatzinfos und Diskussionen - wie bei Arte geschehen. Ich kann mir nämlich durchaus vorstellen, dass diese Filme auch nach Jahrzehnten ihrer Entstehung noch eine gewisse Wirkung entfalten können. Und die verbotenen Früchte sind ja bekanntlich die süßesten...
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lolaldanee
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von lolaldanee »

Heretic hat geschrieben:Ich sage: Kunst darf alles abbilden, und sei es auch noch so unangenehm. Punkt. Und das sollte gerade für Medien wie Filme oder Computerspiele gelten, die im Normalfall nicht öffentlich vorgeführt werden, sondern vom Publikum bewusst konsumiert werden und zusätzlich eine Alterseinstufung mitbringen. Und - um mal ein harmloses Beispiel zu nennen - kommt ein Arachnophobiker traumatisiert aus einem Spinnenhorrorfilm, dann ist das eben persönliches Pech. Er hätte ja nicht reingehen müssen.
Das ist ein sehr guter Punkt. Was darf Kunst im öffentlichen Raum, vs was darf Kunst wenn ich mich ihr problemlos entziehen kann, solten zwei komplett andere Fragen sein.

Alles darf Kunst allerdings tatsächlich nie. Es darf z.B. niemand MICH filmen, und als Kunstwerk ausstellen, denn meine Persönlichkeitsrechte wiegen schwerer. Ich bin ja kein Tennis-, oder Fußballspieler :P
zackzackab
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von zackzackab »

lolaldanee hat geschrieben: Hängt alles halt auch sehr vom Betrachter ab. In meiner persönlichen Beurteiling ist es z.B deutlich extremer jemanden eine Kugel in den Kopf zu ballern, als ein Kind zu missbrauchen.
Ich glaube, wir könnten in dieser Diskussion problemlos ohne solche Vergleiche auskommen. Unabhängig davon, ob man für beide Straftaten gemeinsame Oberbegriffe finden kann (zB in einer Vielzahl der Fälle Gewaltverbrechen), sind das solch grundverschiedene Dinge, dass ein Vergleich des Ausmaßes des jeweils zugefügten Unrechts abseits einer Diskussion über angemessene Strafrahmen für mich zunächst einmal wenig Sinn macht. Der Missbrauch eines Kindes verhält sich zum Todschlag oder Mord nicht als ein "Mehr" oder "Weniger, sondern als Aliud.
Zuletzt geändert von zackzackab am 17. Dez 2017, 20:12, insgesamt 6-mal geändert.
Wolfgang Walk
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Wolfgang Walk »

Klagsam hat geschrieben:Ich denke jetzt schon eine Weile über deine Einschränkung nach und bin wirklich sehr unentschlossen, ob ich die so unterschreiben würde.

Eine wirtschaftliche Schädigung würde beispielsweise vorliegen, wenn ich eine Darstellung von Donald Trump mache, die letztendlich dazu führt, dass dieser weniger Geschäftsabschlüsse bekommt (beispielsweise weil meine künstlerische Darstellung zu einer veränderten Wahrnehmung von Donald Trump führt).
Ich denke nicht (und das gilt auch für dein Argument wegen physischer Schädigung), dass der Künstler für die Reaktionen dritter auf sein Kunstwerk verantwortlich zu machen ist. Die ist sowieso im Zweifelsfall ursächlich nicht belegbar. Siehe Black Sabbath.
Klagsam hat geschrieben:Und eine psychische Schädigung kann immer dann vorliegen, wenn das Rezipieren des Werks zu einer Retraumatisierung führt. Was wen wann retraumatisiert ist aber interindividuell so unterschiedlich, dass du eigentlich überhaupt keine Werke mehr veröffentlichen dürftest.
Das ist natürlich auch - sorry - Unfug, weil es eben in meinem Argument um eine zumindest sehr wahrscheinlichen Zusammenhang geht, der genau hier ja nicht belegbar wäre.

M
Klagsam hat geschrieben:üssten wir nicht eigentlich sagen, dass alle Rezipienten individuell selbst verantwortlich sind welche Kunst sie rezipieren und welche nicht?
Das gilt zumindest für den nicht-öffentlichen Raum ganz sicher.
Raptor 2101
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Raptor 2101 »

lolaldanee hat geschrieben:
Heretic hat geschrieben:Ich sage: Kunst darf alles abbilden, und sei es auch noch so unangenehm. Punkt. Und das sollte gerade für Medien wie Filme oder Computerspiele gelten, die im Normalfall nicht öffentlich vorgeführt werden, sondern vom Publikum bewusst konsumiert werden und zusätzlich eine Alterseinstufung mitbringen. Und - um mal ein harmloses Beispiel zu nennen - kommt ein Arachnophobiker traumatisiert aus einem Spinnenhorrorfilm, dann ist das eben persönliches Pech. Er hätte ja nicht reingehen müssen.
Das ist ein sehr guter Punkt. Was darf Kunst im öffentlichen Raum, vs was darf Kunst wenn ich mich ihr problemlos entziehen kann, solten zwei komplett andere Fragen sein.

Alles darf Kunst allerdings tatsächlich nie. Es darf z.B. niemand MICH filmen, und als Kunstwerk ausstellen, denn meine Persönlichkeitsrechte wiegen schwerer. Ich bin ja kein Tennis-, oder Fußballspieler :P
ich kann dem grundlegenden Axiom vom Wolfgang prinzipiell nicht zustimmen: "Kunst darf alles". Kunst darf, was die Gesellschaft der Kunst zugesteht. es gibt einige Gesetzte die klar die Kunst zensieren. Gerade beim Beispiel von Wolfgang der Kinderpornographie ist das StGB (§184 - wird z.b auch auf Comics angewendet) sehr eindeutig. Das darf Kunst einfach nicht. Die Grenzen sind willkürlich aber sie sind ausgehandelt und in einem Gesetzt niedergeschrieben.

Ich bin was Kunst betrifft zu sehr "Trottel" (ich erkenne Kunst nicht mal wenn sie mich überfährt) von daher kann ich mich den ganze nur von analytischer Seite nähern: man kann bestimmt eine Gesellschaft einschätzen anhand der Freiräume, die sie der Kunst gewährt. Mann kann auch behaupten, dass eine Gesellschaft, die einen freien Kunstbetrieb ermöglicht, eine andere ist als eine, mit vielen Kunst-Einschränkungen. Aber Kunst ist nicht frei. Sie unterliegt immer der Gesellschaft, die sie "Hosted".
Stuttgarter
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Stuttgarter »

Zu all den "Warum sind Schwarzenegger-Filme keine Kunst?": Man kann natürlich grundsätzlich alles zur "Kunst" erklären, weil künstlerisches Handwerk dahintersteckt. Dann sind Bastei-Western-Heftchen aber auch genauso Literatur wie Shakespeare, Schiller und John Irving. Ich persönlich bevorzuge da eine qualitative Einordnung.
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Ricer
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Ricer »

Stuttgarter hat geschrieben:Zu all den "Warum sind Schwarzenegger-Filme keine Kunst?": Man kann natürlich grundsätzlich alles zur "Kunst" erklären, weil künstlerisches Handwerk dahintersteckt. Dann sind Bastei-Western-Heftchen aber auch genauso Literatur wie Shakespeare, Schiller und John Irving. Ich persönlich bevorzuge da eine qualitative Einordnung.
Du bevorzugst deine qualitative Einordnung. Aber nicht eine qualitative Einordnung. Im Themenvorschlagsforum ist ein Thread zur Theorie "Tod des Autors" und der interpretatorischen Herangehensweise an Werke. Ich finde, das diese Überlegungen im Kontext dieser Diskussion an Relevanz gewonnen haben. Welche Fragen kann ich an ein Werk stellen. Welche Prozesse löst ein Werk während der Rezeption aus. Welche Fragen beantwortet das Werk durch seine stilistischen Mittel, seine Mechanik, seine Geschichte, sein Format, seine Zielgruppe... Welche Fragen werden nicht beantwortet? Daraus ergibt sich nicht unbedingt eine klare Einordnung in die Schublade Kunst, derer es nicht Bedarf, da das was Kunst ist, ständig neu verhandelt wird. Hier kommt die Interpretation ins Spiel, die den Vorteil bietet, dass sich früher, später oder nie intellektuelle Kerne freilegen und begründen lassen. Als Beispiel sei an dieser Stelle Lolita genannt.
meisterlampe1989

Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von meisterlampe1989 »

Stuttgarter hat geschrieben:Zu all den "Warum sind Schwarzenegger-Filme keine Kunst?": Man kann natürlich grundsätzlich alles zur "Kunst" erklären, weil künstlerisches Handwerk dahintersteckt. Dann sind Bastei-Western-Heftchen aber auch genauso Literatur wie Shakespeare, Schiller und John Irving. Ich persönlich bevorzuge da eine qualitative Einordnung.
Das ist durchaus interessant, weil es zeigt, dass die Türe in beide Richtungen schwingt. Bei Computerspielen wird ja gefordert, dass man sich, was die Darstellung von Hakenkreuzen betrifft jedes Spiel einzeln anschauen muss, um beurteilen zu können, ob die Sozialadäquanzklausel aufgrund des Kunstbegriffs greift. Und man solle nicht pauschal sagen, dass ein Spiel das nicht darf.
Aber machen wir (als Gesellschaft) das nicht auch bei jedem anderen Kunst- und Unterhaltungsmedium? Filme, Bücher, Musik ist immer Kunst, ganz egal, welchen Inhalt sie haben (außer natürlich eindeutig propagandistisches Zeug).
Um bei Filmen zu bleiben: "Sichinder´s Liste" steht mit "Nazi-Zombies gegen Abraham Lincoln 4" auf einer Stufe, was die Sozialadäquanz anbelangt.

Das heißt: Entweder müssen Spiele auch automatisch Kunst sein oder man passt die Sozialadäquanzklausel so an, dass auch nicht jeder Film mehr automatisch Kunst ist. Anders ist es nicht möglich, dass Videospiele gleich behandelt werden.
Siel
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Registriert: 10. Jun 2016, 11:02

Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Siel »

Andre Peschke hat geschrieben:
Mentraton hat geschrieben: Es war für mich deutlich zu erkennen, dass sich Andre sehr unwohl gefühlt hat und nach meiner Wahrnehmung schnellstmöglich den Sack zumachen wollte.
Das täuscht. Ich fand die Idee sehr faszinierend das Publikum genau in dem Moment sehr abrupt aus dem Podcast zu entlassen, weil es sehr gut zu vorhergehenden Diskussion passte. Ich habe eher einen Hang zum Transgressiven, als das ich etwas brenzliges ausschlagen will. Daher habe ich auch das freundliche Geplänkel am Ende noch weggeschnitten um die Wirkung zu verstärken (und weil es auch unpassend schien).

Dass es nicht der fluffige Sonntagscast ist, verstehe ich natürlich. Aber wir machen ja gerne mal was neues.

Andre
Ich bin da ganz auf Wolfgangs Linie! Das Letzte Thema war recht Speziell und ich möchte hinzufügen, Es hat einen zum Nachdenken gebracht!

Denn, solange kein Mensch Verletzt wird, wo ziehen wir da eine Grenze? Zb, Pädophilie oder Sodomie, (deutsche begrifflichkeit), ist es ein Ventil für diese Gruppe oder Fördert solche Videos das Tatverhalten?

Ich für meinen Teil bin der Meinung, solange alles nur Pixel ist und kein echter Mensch geschädigt wird, ist alles Safe!
Sollen sie lieber so ihren “Druck” ablassen anstatt eine Straftat zu begehen!

Erst Richtig Spekulativ wird es aber erst in ca. 20 bis 30 Jahren, wenn es Sexroboter gibt (daran habe ich echt kein Zweifel) aber das, ist eine andere frage, für eine andere Zeit!
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Klagsam
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Klagsam »

Wolfgang Walk hat geschrieben: Das ist natürlich auch - sorry - Unfug, weil es eben in meinem Argument um eine zumindest sehr wahrscheinlichen Zusammenhang geht, der genau hier ja nicht belegbar wäre.
Dann verstehe ich dich nicht. Gib mir doch bitte jeweils einmal ein Beispiel für eine physische, wirtschaftliche und psychische Gefährdung durch ein Kunstwerk bei der du sagen würdest: Geht nicht.
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Dogarr
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Dogarr »

Was für ein Brett von einem Thema.

Ich versuche es mal wie folgt:
Da Kunst etwas individuelles ist, in welcher Form und Darbietung auch immer, kann sie niemals allen und jedem in seiner Wertewahrnehmung gerecht werden. Somit stellt sich aus meiner Sicht nicht die Frage „ob Kunst alles darf“ sondern eher: „an welchen Werten und Normen hat sie sich entlangzuhangeln“.

Wobei dann wieder die Frage im Raum steht: „unterliegt Kunst zwingend den Werten und Normen von Gesellschaften?“.
Ja,zumindest auf gesetzlicher Ebene.

Da die eigenen Gedanken ja bekanntlich frei sind, „darf ich aus Kunst alles für mich ableiten“, als Künstler bin ich aber eben an bestimmte gesetzliche, als auch von der Gesellschaft unsichtbar gezogenen roten Linien gebunden, wenn mir denn im schlimmsten Fall, (z.B. Karikaturen usw.) mein Leben lieb ist.

Hmm. Dann ist der Umkehrschluss wiederum das „Kunst alles darf“, wenn der Künstler mit den Konsequenzen leben kann? :think:
Don Mchawi
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Don Mchawi »

Interessanter Podcast, bei dem wirklich viele Themen und spannende wie relevante Diskussionen angeschnitten wurden.
Hier im Thread geht es bisher ja um die Kunstdefinition und was diese darf.
Ich habe den Eindruck, dass dabei teilweise 'dürfen' nicht von allen gleich verstanden wird und es eine Vermischung von juristischer und ethischer Argumentation gibt. Vielleicht also was Kunst darf und was Kunst sollte.
Wolfgang griff dabei im Podcast ja auch sehr stark die ethische Komponente auf.


Ganz anderes Thema aus dem Podcast war die Frage, wer ob seines ethnisch-kulturellen Hintergrundes welche Themen angehen sollte - und ob es da überhaupt eine Unterscheidung anhand des wers geben dürfte oder doch nur das wie.
Bin dabei sehr froh, dass Jochen und Andre die Räume in der offenen Diskussion ansprechen, also dass der Grundgedanke der Hinterfragung wer ein Thema behandelt zunächst mal Empowerment und eben nicht Ausgrenzung ist.
Ich halte auch nicht viel davon, Leute wegen ihres ethnischen Hintergrundes von Diskussionen auszuschließen und glaube auch, dass da häufig über das Ziel hinaus geschossen wird. Allerdings finde ich überhaupt nicht, dass das ein Internetphänomen ist, im Gegenteil. Das sind Themen und Praktiken, die zunächst aus linken aktiven Politgruppen kommen, die sich mehr und mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft bewegen. Das Internet ist da in meiner Einschätzung nur ein Medium in seiner usprünglichen Form als Informationsträger, genau so finden diese Diskussionen auch in Print oder am Stammtisch statt. Und auch da häufig sehr erhitzt, spricht ja gerade Andre immer mal wieder im Podcast an, die weiße, männliche Deutungshoheit, die seeehr langsam beginnt zu bröckeln.
Grundsätzlich bestimmen aber immer noch weiße Männer in Medien, Politik und Wissenschaft zu großen Teilen die Definitionen und Handlungen in der Welt. Und bringen uns Weißen dabei viele globale Privilegien. Allein wo sich die wichtigsten Forschungsinstitutionen der Welt befinden, spricht dabei schon Bände.
In dem Kontext kann natürlich trotzdem ein weißer Mann gute Diskussionsbeiträge zum Thema Sexismus an schwarzen Frauen liefern, aber, und das hat mir als Punkt in der kurzen Auseinanderseetzung (die ja wirklich auch nur ein Anschneiden war) gefehlt, sollte er sich dazu zunächst mit der eigenen Rolle und den eigenen Privilegien auseinandersetzen, sprich reflektieren. Ich finde, dass das ein gesonderter Punkt ab vom allgemeinen 'sich mit dem Thema zunächst wirklich zu beschäftigen', welches Wolfgang als Bedingung aufstelle, ist. Und natürlich ist es immer ein Unterschied, Dinge selbst im Alltag zu erleben oder nur aus der Erfahrung Dritter mitzubekommen.
Jochen

Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von Jochen »

Don Mchawi hat geschrieben:In dem Kontext kann natürlich trotzdem ein weißer Mann gute Diskussionsbeiträge zum Thema Sexismus an schwarzen Frauen liefern, aber, und das hat mir als Punkt in der kurzen Auseinanderseetzung (die ja wirklich auch nur ein Anschneiden war) gefehlt, sollte er sich dazu zunächst mit der eigenen Rolle und den eigenen Privilegien auseinandersetzen, sprich reflektieren
Das wäre natürlich der Idealzustand. Das Problem mit den Privilegien ist aber, dass sich wenige Menschen tatsächlich priviligiert fühlen. Das kann man freilich bedauern oder ändern wollen, aber der weiße, heterosexuelle Mann, der für den Mindestlohn Fenster putzt, wird sich wahrscheinlich nicht als priviligert begreifen. Wollte man philosophisch werden, dann könnte man argumentieren, dass wirtschaftliche bzw. finanzielle Gegebenheiten bei der Diskussion eine zentrale (und oft vernachlässigte) Rolle spielen und dass eine fundamentale Kernmechanik des Kapitalismus - das Streben nach einem solchen priviligierten Status, der systembedingt aber nur für einen Bruchteil der Menschen erreichbar ist - das Gefühl von Gleichheit und Ungleichheit ständig befeuert.
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BummsGeordy
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Re: Runde #141: Zensur, Kunst und Gesellschaft

Beitrag von BummsGeordy »

1. zunächst einmal danke für diesen tollen Podcast. genau SOWAS zeichnet euch aus und gefällt mir hervorragend. Auch die steilen Thesen am Ende ("Kunst darf alles, sofern sie etwas "Neues" beizutragen hat - selbst wenn es sich um "Kinderpornographie" handelt") war erstaunlich. Super, dass sich Wolfang traut seine Meinung so vehement zu vertreten. Dem kann man nun zustimmen oder nicht (ich tendiere dazu ihm zuzustimmen), aber dass ihr überhaupt feste Positionen vertreten (könnt) unterscheidet euch vom Großteil derer, die über dieses Thema diskutieren (oder eben leider nicht).

2. kurz zum Thema Kinderpornographie: ich bin mit dem Thema auch nur sehr peripher vertraut (primär über die Zensursula-Debatte vor ein paar Jahren über die Piratenpartei) - möchte aber kurz darauf hinweisen, dass ich damals für mich 2 Dinge getrennt habe, die auch dem Diskutierten ein besseres Vokabular bieten:
- Statt Kinderpornogrpahie sollte es besser "dokumentierter Kindesmissbrauch" heißen - das verdeutlich worum es geht und schafft Klarheit in der Diskussion.
- zur Abgrenzung diesbezüglich böte sich z.B. an "Sexualität bei Minderjährigen" - was eine ganz andere Sache ist diese in künstlicherischer Form "zu bearbeiten" als bei vorausgegangener Entität.

3. gänzlich anderes Thema. Zu Wolfgangs Frage "Warum nicht einfach ein künstlerisches Spiel mit Wehrmachtssymbolen entwickeln und sich selbst anzeigen und die Absurdität darzustellen". Genau diese Frage wurde im Rechtsbelehrungspodcast (https://rechtsbelehrung.com/wolfenstein ... a-podcast/" onclick="window.open(this.href);return false;) übrigens witzigerweise vor einer Woche auch diskutiert. Dort sind allerdings auch Juristen dabei gewesen die folgendes erläutert haben:
- Bei dieser Frage kann keine "Firma" oder ein "Publisher" klagen, sondern explizit ein einzelner Bürger. Bei einer fraglichen Verurteilung (und beim Vertrieb solcher Spiele mit o.g. Symbolen) wäre er dann persönlich haftbar. Und das kann ein Publisher ja von keinem Mitarbeiter verlangen.
- streuben sich Publisher aktuell vor solchen "Verfahren", da sie in der Öffentlichkeit nicht als "das ist doch die Firma die Hakenkreuze in Spielen verkaufen will" dargestellt werden wollen. Und wenn es Hassorgane wie die Bildzeitung gibt, dann sind solche "'Ängste" dieser Unternehmen nicht unbegründet, weshalb ich verstehen wieso sie darauf keine Lust haben.

Als Ergänzung zur Andrés Reportage sei übrigens o.g. Podcast (https://rechtsbelehrung.com/wolfenstein ... a-podcast/" onclick="window.open(this.href);return false;) nochmal in die Diskussion mit eingeworfen, da sie auch einige nette Details enthält, die sicherlich die Diskussion bereichern.
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