Gestern Abend haben wir uns dann auch endlich
Star Wars Episode VIII angeschaut. Ich hatte nach diversen Äußerungen zum Film ("schlechtester Star Wars Film ever") doch ein wenig Angst. Im Nachhinein aber unbegründet, fühlte mich insgesamt sehr gut unterhalten.
Klar kann man sich über Plotholes, unnötige Handlungsstränge, blasse Charaktere, unpassenden Humor und seltsamen Entscheidungen streiten. Aber mal ehrlich, sogar die altehrwürdige klassische Trilogie kann man so totanalysieren bis davon nichts mehr übrig ist. Die waren auch nicht perfekt. Und viele der Punkte stimmen für mich nicht (der Humor war z.B. ok) oder störten mich nicht übermäßig.
Mir gefiel an sich sehr gut wie mutig Rian Johnson mit den Erwartungen der Zuschauer spielt. Ich befürchte da einen Rückschritt wenn Abrams wieder im nächsten Teil die Regie hat.
Der Teil wagt neue Wege zu gehen und mit Erwartungen zu brechen, auch wenn es nicht immer ins Schwarze trifft. Zumindest wird der Film dadurch unvorhersehbarer, das muss man dem Hollywood-Kino heute schon sehr positiv anrechnen.
Ich kann mich dem was Meisterlampe1989 hier (auch im Spoilerteil) sagt zum größten Teil anschließen
meisterlampe1989 hat geschrieben:
Jetzt zum Spoiler-Teil:
Zu Luke Skywalker:
Ich werde mich mal an den Charakteren abarbeiten.
Ja. Luke Skywalker ist nicht mehr der Held, wie ihn mittelalterliche Sagen erzählen würden. Er ist nicht mehr tugendhaft, er ist nicht mehr die strahlende Projektionsfläche des Guten. Star Wars ist menschlich geworden. Fans, die Star Wars als Märchen begreifen sind zurecht enttäuscht. Aber das ist eben das moderne Kino. Es werden heute kaum noch vollkommen naive Geschichten von Gut und Böse erzählt, wie es Episode 4 1977 getan hat. Wer glaubt, dass Star Wars über solchen Entwicklungen steht, ist ebenfalls naiv.
Außerdem kann man, wenn man von den Charakteren mal absieht durchaus behaupten, dass immer noch eine Gut-Böse-Geschichte erzählt wird.
Mark Hamill mochte diesen Skywalker nicht, was sein gutes Recht ist. Er sagt das ja auch in einer seltenen Offenheit jedem, der ihn danach fragt. Das tut allerdings seiner Performance keinen Abbruch. Mark Hamill galt ja lange Zeit nicht gerade als Schauspieler der A-Liste, hier fand ich ihn großartig.
Gerade das Zusammenspiel mit Daisy Ridley, also Rey, war für mich ein Highlight des Films. Auch hier hat der Fiilm überrascht. Sie werden sich nämlich nie richtig grün. Luke ist nicht der Yoda von Episode 8.
Auch den Auftritt von Yoda fand ich klasse. Mehr Star Wars Gefühle hatte ich nicht mehr, seit ich als Kind vor dem Fernseher die VHS-Kassetten der alten Trilogie gesehen habe,
Und ja, sein Tod ist etwas eigenartig. Man treibt Star Wars zu weiten Teilen das Märchen aus, aber wählt dann die poetische Selbstauflösung, nachdem er sich "redeemed" hat.
Ich stehe, wenn man ins Internet schaut, ziemlich alleine da, aber ich fand seinen letzten Auftritt gelungen.
Es ist allerdings auch ein wenig bezeichnend, dass viele offenbar den Martyrer-Tod fordern. Also dass es nur ein richtiger Tod ist, wenn er im Kampf fällt. Da wird mir ein bisschen unwohl.
Rey
Ja. Das war er. Der ausgestreckter Mittelfinger an die Hardcore-Fans. All das Rätselraten, das Theorycrafting, vollkommen umsonst. Rey ist einfach nur die Tochter von vollkommen normalen Menschen. Auch hier wird das Märchen beseitigt. Kein Schicksal, keine Vorbestimmung, niemand ist auserwählt... einfach Zufall. Das ist antiklimaktisch und treibt die Hardcore-Fans zur weißglut.... ich finde es großartig, weil es eben mit den Erwartungen spielt.
Leia:
Warum hat man sie nicht ihren würdevollen Filmtod sterben lassen, als man die Möglichkeit hatte? Das wäre auch wieder so schön antiklimaktisch gewesen, dass eben nicht ihr Sohn sie umbringt, wie aus einem Shakespeare-Drama, sondern einfach irgendein Pilot. Was bekommen wir: Eine unfreiwillig komische Szene, wie Leia sich selber wiedererweckt und durchs All gleitet. Das war hart an der cringy Grenze.
Durch den Tod von Carry Fischer wird man Leia entweder Off-Screen sterben lassen oder sie Off-Screen handeln lassen. Was beides der Figur nicht gerecht wird.
Po Dameron:
Vollkommen verschenkt. Er bekommt seine coole Piloteneinlage am Anfang, aber danach wird er nicht nur im Rang degradiert, sondern auch zum Statisten.
Fin, Rose und der Codebreaker
Fin und Rose haben eine schöne Chemie. Viele fanden ihre Plotline unnötig. Auch sie ist antiklimaktisch, denn der Plan geht schief. Auch hier wird quasi kein Märchen mehr erzählt. Der Plan der Helden funktioniert einfach nicht. Wie bereits betont: Ich mochte diesen Ansatz von Rian Johnson.
Benicio Del Toro als Codebreaker... auch eher verschenkt. Jemanden über Ticks Charakter zu geben, funktioniert halt auch eher selten.
Warum hat man Fin sein Opfer nicht durchziehen lassen? Da war man auch zu inkonsequent.
Snoke:
Wieder der Mittelfinger zu den Fans, die sich 2 Jahre lang an Snoke abgearbeitet haben. Er wird einfach abgemetzelt. Allerdings von Kylo Ren, was eine tolle Überraschung ist.
General Hux:
Dem Milchbubi kaufe ich seine Rolle keine 2 Sekunden ab. Warum hat Kylo Ren ihn nicht im Thronsaal einfach erwürgt. Es muss doch auch den Machern auffallen, dass seine Rolle einfach nicht funktioniert.
Redet der eigentlich echt so oder ist das eine verzweifelte Peter Cushing (Tarkin) Imitation?
Kylo Ren
Fand ich höchst interessant und spannend in diesem Film. Der Kampf im Thronraum war fantastisch und man weiß bis zu diesem Zeitpunkt nicht, wo sein Charakter hin will. Dann passiert etwas, das ich in seiner Inkonsequenz unfassbar schade finde. Er streckt Rey die Hand zu und sagt sinngemäß, jetzt alles hinter sich zu lassen. Die First Order, den Supreme Leader, die Jedi, die Sith, die Republik: ALLES und dann komplett neu anzufangen. Hier hätte man es schaffen können, auch ALLES durcheinander zu werfen. Aber dort haben eben Kennedy und Abrams einen Riegel vorgeschoben.
Wie geil wäre es gewesen, wenn Rey und Ren als quasi graue Jedi zu einer dritten Partei werden? Aber Nein. Kylo Ren nimmt einfach nur Snokes Platz ein.
Und Rey verschwindet nach der Szene übrigens fast komplett aus dem Film. Das war etwas komisch.
Viceadmiral Holdo:
Das war der beste neue Charakter. Laura Dern ist eine fantastische Schauspielerin. Ihr Abgang erscheint zwar etwas unlogisch (jemand muss das Schiff steuern.... im gefühlt 27000. Jahrhundert gibt es keinen Auotpiloten oder einen Droiden der das Teil fliegt?), aber was war das denn bitte für eine geile Szene? Sie steuert ihr Schiff mit Lichtgeschwindigkeit in das Flaggschiff der First Order. Die Musik geht aus und... ach man kann es gar nicht beschreiben. Man muss es gesehen haben. In dem Moment, hätte man einen furzenden Floh im Kino gehört.
Captain Phasma
Endlich hat man diesen verzweifelten Versuch einen neuen Boba Fett zu kreieren beendet.
Auch wenn der Film, wie im Spoiler-Teil beschrieben quasi darum bettelt, dass ihn die Hardcore-Fans Scheiße finden, hat er diesen allumfassenden Hass nicht verdient.
Der Film beweist wieder einmal, dass Fantheories eine Seuche sind, weil sie die Erwartungen ins Unermessliche schrauben und Menschen sich um ihre Arbeit, eben diese Fantheories zu erstellen oder auch nur über sie mitzudiskutieren, betrogen fühlen, wenn diese nicht eintreffen.
Der Hauptkritikpunkt an Episode 7 war, dass es zuviel gleich gemacht hat. Jetzt ist es aber auch nicht gut, wenn man mal was Neues macht.
Mal ehrlich wie wäre denn der gewünschte Verlauf gewesen?
Rey entpuppt sich als Cousine von Kylo (Mal ehrlich das haben doch alle erwartet). Luke macht einen auf Yoda und bildet Rey für den finalen Kampf gegen das Böse aus. Rey bekehrt Kylo und beide vernichten in Episode IX schließlich in einem epischen Kampf Snoke. Aber erst nachdem sich der überraschend auftauchende Luke gerade in dem Moment aufopfert als Snoke zu gewinnen droht. Irgendwas in der Art jedenfalls.
So weit so vorhersehbar und langweilig.
Ich fand großartig wie Johnson mit den Erwartungen der Fans spielt.
Wem kam z.B. nicht bei Episode VII das große Augenrollen als mal wieder ein Heldengrüppchen alleine auf einem ganzen "Todesplaneten" die einzige Schwachstelle findet und ausnutzt und damit die Galaxie rettet. Das Spielchen kann man doch nicht in jeden Film wiederholen. Als sich in Episode VIII wieder ähnliches in kleinerem Maßstab anbahnte hatte ich mich schon auf einen innerlichen Facepalm-Moment vorbereitet als man von Rian Johnson schön den Mittelfinger präsentiert bekam.
-Lange Nase gedreht: Rey ist einfach nur ein Niemand. Die Abstammung ist völlig unwichtig. Die ganze Spekuliererei im Vorfeld für den Hintern
.
-Luke verabschiedet sich noch vor Episode IX. Immerhin ein würdiges friedliches Ende im Einklang mit sich selbst und der Macht. Fand ich ok. Muss ja nicht immer der Märtyrer sein. Yoda ist damals auch einfach so gegangen.
-Luke bekommt nicht mal einen großen Zweikampf mit Kylo aber immerhin nochmal ein spektakulärer Auftritt
-Snoke hat es ebenfalls überraschenderweise zerlegt. Hatte ich alles jedenfalls erst in Episode IX erwartet.
-Das Kommandounternehmen das den Hyperraumorter zerstören soll und das am Ende natürlich völlig "überraschend" auch schafft (wer hätte das bezweifelt) - wird geschnappt mit dem Ziel vor Augen.
-Der "Kamikazekreuzer" (Auch wenn nicht logisch erscheint warum sich Holdo da opfern muss außer aus dem Grund dass es dramatisch aussehen soll... naja). Aber ein überraschendes Manöver.
-Finns heldenhaftes Opfer am Ende das von Rose zunichte gemacht wird. (Auch wenn man sich zurecht fragt wo die jetzt plötzlich her kam). Kann man dumm finden, auch strategisch. Aber die Begründung hatte was zum nachdenken und brachte etwas Menschlichkeit in den verbitterten Kampf voller großer Opfer und Heldentaten. Wie war das "Bekämpfe nicht das Böse sondern rette die die du liebst" oder so ähnlich? Hatte jedenfalls die Tonalität eines ähnlichen Satzes den ich woanders mal hörte den ich ziemlich gut finde. Sinngemäß etwa "Sei nie GEGEN etwas sondern immer FÜR etwas" Kleiner aber feiner Unterschied.
-Böser Waffenhändler beliefert natürlich das Imperium bzw First Order - und die Rebellen.
Ansonsten, Kylo Ren dieser Jammerlappen mit dem Darth-Vader-Gedächtnishelm ging mir in Episode VII nur auf den Keks, ähnlich wie schon Anakin damals. Und als er den Helm zum ersten mal absetzte musste ich mich zwingen nicht laut aufzulachen. Mittlerweile beginne ich mich an ihn zu gewöhnen. Immerhin ist er nicht einfach nur böse weil halt. Wirkt trotzdem nicht ganz überzeugend.
Dicker hat geschrieben:
Kommen wir zu Kylo Ren, einen Charakter den ich ich schon in Episode 7 nicht verstanden habe. Ich verstehe schon, was die Macher mit ihm anstellen wollen und das ist auch mutig und endlich mal was anderes. Aber es ist imo schlecht umgesetzt.
Ich kaufe Kylo seine neue Rolle als Oberbösewicht nicht ab. Im Film wird er eher als verwirrtes Kind dargestellt, das von Zweifeln geplagt seinen Platz in der Welt und in der Macht noch finden muss. Es gibt da diese schöne Szene im Thronsaal, wo er was von, das alte hinter sich lassen, erzählt und es nur konsequent gewesen wäre, wenn er zu einem grauen Jedi geworden wäre. Stattdessen wird er der neue Boss, der nicht böse nur verwirrt und impulsiv aggressiv wirkt. Aber nicht böse.
Das trifft es ganz gut glaube ich.
Zu bemängeln hätte ich hier dass der Umgang mit der Macht die etwas zu mächtig war. Luke kann über Lichtjahre gezielt ein Holo aufbauen (Und stirbt anschließend an Überanstrengung?). Kylo und Rey können über Lichtjahre Zeit und Raum krümmen und sich sehen und berühren (Anscheinend ohne größere Mühe?) ... muss man nicht mögen aber andererseits kann ja auch mal eine Weiterentwicklung stattfinden. Die Widersprüche erklären sich hier vielleicht einfach dadurch dass Kylo und Rey noch mächtiger sind. Oder war das bloß ein Werk von Snoke? Er sagte ja sowas im Thronsaal.
-Leias Ende das keins war. Selbst ohne Carrie Fishers Tod wäre die Szene doof gewesen. Ja klar wieder so ein Johnson "Haahaa reingelegt". Aber das war schon so nicht wirklich gut. Und nach Fishers Tod nur eine unglaublich dumm vermasselte Möglichkeit für ein tolles Ende der Figur.
Kylo zögert seine Mutter umzubringen, was aber dann von einem banalen Jägerpiloten erledigt wird. Das wäre ein großartiges Ende gewesen.
Man hätte da sicher noch nachdrehen und schneiden können? George Lucas hat sowas ja auch gerne gemacht...
-In Episode VII hat man den neuen Todesst... äh Todesplaneten whatever der First Order vernichtet. Die hatten zwar vorher noch einen wichtigen Planeten gesprengt aber dass die jetzt plötzlich so dominant sind dass sie nur noch eine Handvoll Rebellenschiffe als Gegner haben wundert mich sehr.
-Snoke wurde nicht gut etabliert. Kam aus dem Nichts und ging zu plötzlich. Keine Hintergrundgeschichte zu dem Typen die ihn interessant gemacht hätte. Ja das war mit dem Imperator in der alten Trilogie auch aber man hat das dann ja immerhin mit der Prequel-Trilogie geklärt. Aber von Snoke war bis Episode VI ja gar keine Rede. Sith-Lords wachsen anscheinend immer irgendwo nach während Jedis ständig am Rand der Auslöschung stehen.
Noch eine These am Abschluss:
Wäre es nicht ein großartiges Ende gewesen (aber vielleicht kommt das ja noch?) wenn Kylo und Rey sich gefunden und zusammengetan hätten, quasi als Ying und Yang. Das personifizierte Gleichgewicht der Macht.
Wie erwähnt, ein paar Fragezeichen gab es hier auch aber Mein Gesamteindruck vom Film war durchaus positiv.
Ansonsten kann ich mich dem nur anschließen:
TenBoe hat geschrieben:
Allen, die hier ernsthaft physikalische Gesetze in der weit, weit entfernten Galaxis diskutieren, möchte man zurufen: „Leut, wo ist das Kind in euch hin? Das Kind das nie die Funktion eines Laserschwertes in Frage gestellt hat. Schade, dass ihr alle so verdammt alt geworden seid!“
(@TenBoe Der Moderator heißt übrigens Eckart von Hirschhausen und hat sehr lehrreiches und trotzdem lustiges Comedy-Programm!)